OGH 1Nc16/22a

OGH1Nc16/22a27.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätin Mag. Wurzer und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zu AZ 11 Nc 2/22s anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers K*, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010NC00016.22A.0727.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Oberlandesgericht Innsbruck zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller begehrte im Verfahren 43 Nc 2/21a des Landesgerichts Feldkirch die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Amtshaftungsansprüchen, die er aus Entscheidungen des Landesgerichts Salzburg und des Oberlandesgerichts Linz ableitete. Mit Beschluss vom 18. 11. 2021 wies das Landesgericht Feldkirch diesen Antrag ab, weil die beabsichtigte Klageführung offenbar aussichtslos und offenbar mutwillig sei. Das Oberlandesgericht Innsbruck bestätigte diese Entscheidung mit dem (dem Antragsteller am 22. 2. 2022 zugestellten) Beschluss vom 1. 2. 2022.

[2] Mit Eingabe vom 29. 11. 2021 im gegenständlichen Verfahren 11 Nc 2/22s beantragte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Amtshaftungsansprüchen, die er aus der erstinstanzlichen Entscheidung im Verfahren 43 Nc 2/21a des Landesgerichts Feldkirch ableitete.

[3] Mit Beschluss vom 10. 1. 2022 bestimmte das Oberlandesgericht Innsbruck gemäß § 9 Abs 4 AHG das Landesgericht Innsbruck für die Bearbeitung dieses Verfahrenshilfeantrags sowie zur Verhandlung und Entscheidung in einer allenfalls nachfolgenden Amtshaftungsklage als zuständig.

[4] Mit Beschluss vom 17. 3. 2022 wies das Landesgericht Innsbruck den Verfahrenshilfeantrag ab. Den dagegen erhobenen Rekurs des Antragstellers legte das Erstgericht dem Oberlandesgericht Innsbruck vor.

[5] Das Oberlandesgericht Innsbruck legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 9 Abs 4 AHG vor, weil der Antragsteller im Rekurs nunmehr auch geltend mache, dass die Entscheidung des Rekursgerichts vom 1. 2. 2022 im Verfahren 43 Nc 2/21a des Landesgerichts Feldkirch unvertretbar falsch sei.

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung – auch über Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung einer Amtshaftungsklage (RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0122241) – unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landesgerichts oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher (nur dann) vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verfahren auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RS0056449 [T32]).

[7] Der hier zu beurteilende Verfahrenshilfeantrag hatte ausschließlich die beabsichtigte Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aus der erstinstanzlichen Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch vom 18. 11. 2021 zum Gegenstand. Seinen allein auf ein vermeintliches Fehlverhalten der Richterin des Landesgerichts Feldkirch gestützten Sachvortrag hat der Antragsteller in erster Instanz weder ergänzt noch erweitert. Erstmals in seinem gegen den antragsabweisenden Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17. 3. 2022 erhobenen Rekurs führte der Antragsteller unter anderem aus, dass auch den Richtern des Oberlandesgerichts Innsbruck ein Rechtsmissbrauch anzulasten sei.

[8] Daraus ergibt sich noch nicht, dass er nunmehr auch Amtshaftungsansprüche aus der Rekursentscheidung im Verfahren 43 Nc 2/21a geltend machen will (vgl RS0122240 [T1]), zumal er im Rechtsmittel ausdrücklich von einem ihm im Zeitraum vom 1. 8. 2021 bis 18. 11. 2021 durch die Richterin des Landesgerichts Feldkirch zugefügten Schaden spricht. Selbst wenn man das aber anders sehen wollte, könnte er Ansprüche aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 1. 2. 2022 wegen des im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbots (RS0042091; RS0108589) nicht mehr zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrenshilfeantrags machen.

[9] Da es schon an der Einleitung eines Verfahrens über allfällige aus der Rekursentscheidung vom 1. 2. 2022 abgeleitete Amtshaftungsansprüche fehlt, sind die Voraussetzungen für eine Delegierung der Rechtssache an ein anderes Oberlandesgericht nicht erfüllt (vgl RS0108886).

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