European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00025.25B.0430.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt (I./ und II./).
[2] Danach hat er im Jahr 2014 in W* und andernorts mit unmündigen Personen dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er
I./ dieam * 2006 geborene S* S* mit dem Finger anal penetrierte;
II./ der am * 2009 geborenen Y* S* die Ringfingerkuppe in ihren Scheidenbereich einführte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung am 6. Dezember 2024 (ON 148) wurde – ungeachtet eines in der Hauptverhandlung am 28. Mai 2024 vorab erklärten Verzichts der „Verfahrensbeteiligten“ auf Neudurchführung wegen Zeitablaufs (ON 127, 2; zu dessen eingeschränkter Wirksamkeit siehe RIS‑Justiz RS0130725; Danek/Mann, WK‑StPO § 276a Rz 8) – mit Blick auf das Überschreiten der in § 276a zweiter Satz StPO genannten Frist von zwei Monaten in Ansehung der Hauptverhandlung vom 13. August 2024 (ON 139) einverständlich der Inhalt einer Vielzahl einzeln bezeichneter Aktenstücke durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts resümierend dargestellt (§ 252 Abs 2a StPO; ON 148, 4).
[5] Da ein rechtswirksamer Verzicht trotz Ablaufs der 2‑Monatsfrist nicht vorlag, wurde die Hauptverhandlung am 6. Dezember 2024 – ohne formale Beschlussfassung (vgl dazu RIS‑Justiz RS0099022 [T1, T3, T6]) und ungeachtet der Terminologie „Fortsetzung der Hauptverhandlung“ (siehe dazu RIS‑Justiz RS0099052) – neu durchgeführt (§ 276a zweiter Satz StPO; RIS‑Justiz RS0099022).
[6] Voraussetzung einer erfolgversprechenden Rüge aus Z 4 ist – soweit hier von Bedeutung – ein Antrag durch den Beschwerdeführer in dieser, der Urteilsfällung unmittelbar vorangehenden Hauptverhandlung (RIS‑Justiz RS0099049 [T1, T2, T4], RS0099030 [T2]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 310, Danek/Mann, WK‑StPO § 276a Rz 10).
[7] Indem sich die Verfahrensrüge (Z 4) ausschließlich auf in der Hauptverhandlung vom 13. August 2024 (ON 139, 3) gestellte Beweisanträge bezieht, scheitert sie solcherart schon am Erfordernis der Antragstellung in der nach § 276a zweiter Satz StPO wiederholten Hauptverhandlung.
[8] Hinzugefügt sei, dass der hier vorliegende Mangel gehöriger Antragstellung auch durch das dennoch gefällte Zwischenerkenntnis (ON 148, 3 f) nicht saniert wird (RIS‑Justiz RS0098869 [T7] und RS0099099).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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