European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00134.24Y.0225.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde J* M* – soweit hier von Bedeutung – jeweils mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1), des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (2) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (3) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er von September 2022 bis Juni 2024 in E*
1/ an der 2016 geborenen, somit unmündigen, L* M* mehrfach außer dem Fall des § 206 Abs 1 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er unterhalb ihrer Kleidung ihre Vagina nicht bloß flüchtig berührte und streichelte, bei anderen Gelegenheiten an ihrer Vagina leckte sowie geschlechtliche Handlungen von ihr an sich selbst vornehmen lassen, indem er das Opfer Masturbationsbewegungen an seinem Penis ausführen ließ;
2/ mit L* M* mehrfach dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er sie mit einem Finger vaginal penetrierte und mit diesem Finger in ihrer Vagina mehrmals ein- und ausführende Bewegungen machte;
3/ die zu den Punkten 1/ und 2/ beschriebenen geschlechtlichen Handlungen an seinem Stiefkind L* M* vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Antrag auf „Beiziehung eines gynäkologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass weder der Angeklagte, noch jemand anderes die minderjährige L* M* je digital penetriert habe“ (ON 44, 3), schon deshalb zu Recht abgewiesen, weil anlässlich der Antragstellung nicht dargetan wurde, dass die – zur Mitwirkung nicht verpflichtete – Zeugin und ihr gesetzlicher Vertreter mit einer Exploration einverstanden wären (vgl RIS‑Justiz RS0097584). Davon abgesehen ließ das Begehren nicht erkennen, weshalb die beantragte Beweisaufnahme ein (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) erhebliches Ergebnis erwarten ließ und war deshalb auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0118444 [T6]; vgl im Übrigen RS0094905 [T29]).
[5] Die Mängelrüge (Z 5) verfehlt mit der Behauptung, das Erstgericht habe die Feststellungen zu Punkt 2/ ausschließlich auf die Aussage des Opfers gestützt, die gebotene (RIS‑Justiz RS0119370) Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl US 6 f). Die teilweise geständige Verantwortung des Beschwerdeführers haben die Tatrichter ohnehin erörtert, dessen eine vaginale Penetration leugnende Angaben jedoch mit mängelfreier Begründung als „bloße Schutzbehauptung“ verworfen (US 6 f), weshalb der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ins Leere geht. Im Ergebnis erschöpft sich das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[6] Tatzeit und ‑ort stellen bei – wie hier – ansonsten ausreichend individualisierten Taten keine entscheidenden Tatsachen dar (RIS‑Justiz RS0098557 [insbesondere T2]), weshalb die (nominell im Rahmen der Mängelrüge vorgetragene) Kritik am Fehlen insofern näherer Konkretisierung den gesetzlichen Bezugspunkt vermissen lässt (RIS‑Justiz RS0117499).
[7] Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt, indem sie aus der vom Erstgericht teilweise als nicht glaubhaft verworfenen Verantwortung des Beschwerdeführers für diesen günstigere Schlussfolgerungen zieht als die Tatrichter, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (vgl RIS‑Justiz RS0099674).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[9] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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