OGH 14Os129/24p

OGH14Os129/24p28.1.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin FI Jäger in der Strafsache gegen * A* wegen (richtig: mehrerer) Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 83 Hv 51/20g des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Vorgang der Ausfertigung des Urteils vom 17. Mai 2022 (ON 111) in gekürzter Form ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Dr. Roitner, und des Verteidigers Mag. Langeder LL.M. zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00129.24P.0128.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Im Verfahren AZ 83 Hv 51/20g des Landesgerichts für Strafsachen Wien verletzt der Vorgang der Ausfertigung des Urteils vom 17. Mai 2022 in gekürzter Form § 270 Abs 4 erster Satz iVm § 488 Abs 1 StPO.

Dem Landesgericht für Strafsachen Wien wird aufgetragen, das Urteil nach Maßgabe des § 270 Abs 2 StPO auszufertigen.

 

Gründe:

[1] Mit (unangefochten in Rechtskraft erwachsenem) Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2022, AZ 83 Hv 51/20g, wurde * A* – soweit hier wesentlich – (richtig: jeweils mehrerer) Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (A/II und B/1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, § 84 Abs 2 StGB (A/III und B/II) schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde nach § 21 Abs 2 StGB (idF BGBl I 2010/111) seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet, welche Maßnahme nach § 45 Abs 1 StGB (idF BGBl I 2001/130) ebenfalls bedingt nachgesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der Vorgang der Ausfertigung dieses Urteils in gekürzter Form steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[3] Nach der gemäß § 488 Abs 1 StPO auch für das Hauptverfahren vor dem Landesgericht als Einzelrichter geltenden Vorschrift des § 270 Abs 4 erster Satz StPO ist die Ausfertigung eines Urteils in gekürzter Form (unter anderem dann) nicht zulässig, wenn eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme angeordnet worden ist. Dies ist bei einer – wie hier – ausgesprochenen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB (idF BGBl I 2010/111) der Fall, woran die bedingte Nachsicht dieser Maßnahme (nach § 45 Abs 1 StGB hier idF BGBl I 2001/130) nichts ändert (RIS‑Justiz RS0127071; Danek/Mann, WK‑StPO § 270 Rz 59; Bauer, WK‑StPO [Februar 2020] § 488 Rz 4/1).

[4] Indem die Einzelrichterin das Urteil dennoch gekürzt ausgefertigt hat, verletzte sie § 270 Abs 4 erster Satz iVm § 488 Abs 1 StPO.

[5] Eine für den Verurteilten nachteilige Wirkung dieser Gesetzesverletzung war schon deshalb nicht auszuschließen, weil das Urteil zu den Einweisungsvoraussetzungen – abgesehen von einem pauschalen Verweis auf ein Sachverständigengutachten – keine Ausführungen enthält. Die Feststellung der Gesetzesverletzung war daher nach § 292 letzter Satz StPO auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (vgl 12 Os 98/11w; 14 Os 159/11f; Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 34).

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