European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140NS00044.25V.0724.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Das Verfahren ist vom Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zu führen.
Gründe:
[1] Mit am 17. Juli 2024 beim Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zu AZ 1 U 63/24p eingebrachtem Strafantrag legte die Staatsanwaltschaft Steyr S* F* ein als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB subsumiertes Verhalten zur Last. Die Anordnung der Hauptverhandlung erfolgte erstmals am 21. August 2024 für den 3. September 2024 (ON 1.3 und ON 3 im Akt 1 U 63/24p des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems; vgl RIS‑Justiz RS0132157).
[2] Am 10. April 2025 langte beim Bezirksgericht Donaustadt zu AZ 10 U 80/25s ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien unter anderem gegen Lu* (vormals: S*) F* wegen einer nach § 83 Abs 1 StGB qualifizierten Tat ein (ON 3 im Akt 10 U 107/25m des Bezirksgerichts Donaustadt).
[3] Mit Verfügung vom gleichen Tag übermittelte die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Donaustadt das Verfahren dem Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zur gemeinsamen Führung mit dem dort zu AZ 1 U 63/24p (noch) anhängigen Verfahren. Dort langte es spätestens am 11. April 2024 ein (ON 1.2 im Akt 10 U 107/25m des Bezirksgerichts Donaustadt).
[4] Am 19. Mai 2025 verfügte der Einzelrichter des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems die Rückabtretung des Verfahrens an das Bezirksgericht Donaustadt (vgl aber § 38 letzter Satz StPO) mit dem Hinweis darauf, dass ihm „gegenständlicher Akt“ (erst) am 7. Mai 2025 während der Durchführung der Hauptverhandlung gegen Lu* F* im Verfahren zu AZ 1 U 63/24p digital vorgelegt worden sei. Mangels „Überwachung des Task-Managements“ während der Hauptverhandlung habe der Einzelrichter „keine Kenntnis von diesem eigentlich einzubeziehenden Akt“ gehabt. Gemeinsame Führung der Verfahren sei nunmehr zufolge Fällung eines Abwesenheitsurteils zu AZ 1 U 63/24p „nicht mehr möglich“ (ON 1.4 im Akt 10 U 107/25m des Bezirksgerichts Donaustadt).
[5] Daraufhin übermittelte das Bezirksgericht Donaustadt die Akten gemäß § 38 letzter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
[6] Gemäß § 37 Abs 3 erster Halbsatz StPO sind zwei Verfahren zu verbinden, sofern – wie hier – zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein (weiteres) Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist.
[7] Die Verbindung tritt bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwar nicht ex lege ein, sie ist aber zwingend vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0128876).
[8] Wird eines von zwei (mit jeweils rechtswirksamer Anklage zugleich anhängigen) konnexen Hauptverfahren beendet, ohne dass die nach § 37 Abs 3 StPO gebotene Verfahrensverbindung verfügt wurde, ist für das andere, (allein) anhängig verbliebene Verfahren grundsätzlich jenes Gericht örtlich zuständig, in dessen Kompetenz die Verbindung und gemeinsame Verfahrensführung gefallen wäre. Es genügt, wenn die Voraussetzungen dafür objektiv vorliegen (RIS‑Justiz RS0132460; Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 10).
[9] Da für die beiden hier in Rede stehenden Verfahren mit der Abtretungsverfügung des Bezirksgerichts Donaustadt vom 10. April 2025 die Voraussetzungen einer Verbindung nach § 37 Abs 3 StPO objektiv vorlagen (wovon im Übrigen der Einzelrichter des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems nach der Aktenlage spätestens am 14. April 2025 auch Kenntnis hatte [ON 1.2 und ON 1.3 im Akt 10 U 107/25m des Bezirksgerichts Donaustadt]), ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – dieses auch für das Verfahren über den (späteren, ursprünglich beim Bezirksgericht Donaustadt eingebrachten) Strafantrag zuständig. Aus welchen Gründen die Verbindung der Verfahren unterblieb, ist dafür ohne Bedeutung.
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