OGH 13Os76/25p

OGH13Os76/25p24.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Hinteregger in der Strafsache gegen * M* wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 32 Hv 14/25y des Landesgerichts St. Pölten, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss jenes Gerichts vom 17. März 2025 (ON 66.3, 50) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, und des Verteidigers Rechtsanwaltsanwärter Mühlböck LL.M. zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00076.25P.0924.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

In der Strafsache AZ 32 Hv 14/25y des Landesgerichts St. Pölten verletzt der zugleich mit dem Urteil jenes Gerichts vom 17. März 2025 ergangene Beschluss auf Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. September 2024, GZ 48 Hv 14/23f-65, gewährten bedingten Strafnachsicht (ON 66.3, 50) § 495 Abs 2 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird dem Landesgericht Wiener Neustadt die Entscheidung über den Widerruf aufgetragen.

 

Gründe:

[1] Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. September 2024, GZ 48 Hv 14/23f-65, wurde * M* eines Vergehens schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

[2] Mit ebenso rechtskräftigem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts St. Pölten vom 17. März 2025 (ON 66.3) wurde der Genannte – wegen vor dem 2. September 2024 begangener Taten – mehrerer Vergehen schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme (§ 31 Abs 1 StGB) auf das zuvor erwähnte Urteil zu einer unbedingten Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe verurteilt. Zugleich damit fasste der Einzelrichter „[g]emäß § 55 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO“ den (gleichermaßen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen) Beschluss auf Widerruf der M* in jenem früheren Urteil gewährten bedingten Strafnachsicht (ON 66.3, 50).

Rechtliche Beurteilung

[3] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[4] Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) richtet sich nach § 495 Abs 2 StPO und nicht nach § 494a StPO (RIS‑Justiz RS0111521 und Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 55 Rz 5).

[5] Im Gegenstand war daher das Landesgericht Wiener Neustadt – als jenes Gericht, dessen Urteil die bedingte Nachsicht enthält (vgl 13 Os 103/07g) – im Verfahren AZ 48 Hv 14/23f (nach Rechtskraft des Urteils des Landesgerichts St. Pölten) zur Entscheidung über die Widerrufsfrage berufen. Die Beschlussfassung zugleich mit der nachträglichen Verurteilung durch das (erkennende) Landesgericht St. Pölten war hingegen verfehlt.

[6] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

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