OGH 13Os60/25k

OGH13Os60/25k2.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 7. März 2025, GZ 79 Hv 88/24h-24,nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00060.25K.0702.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wirdzurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* jeweils eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (1) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in M* mit oder an einer unmündigen Person, nämlich der * 2010 geborenen * H*,

(1) im Juli oder August 2023 eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er ihre nackte Brust und ihren nackten Intimbereich massierte und mit einem Finger in ihre Scheide eindrang, sowie

(2) am 25. Dezember 2023 außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er ihr nacktes Gesäß und ihre nackte Brust massierte, anschließend ihre Beine über seine Schultern legte und sie neben dem Intimbereich (US 4) küsste.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 (richtig) lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich, indem es eigene Überlegungen zum Beweiswert der Aussage der Zeugin * H* anstellt und anhand dieser für den Angeklagten günstige Schlüsse ableitet, in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung (vgl RIS-Justiz RS0099419).

[5] Die leugnende Verantwortung des Angeklagten haben die Tatrichter mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 4 ff). Das Eingehen auf jedes Detail dieser Aussagen war aus dem Blickwinkel des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO nicht erforderlich, es hätte vielmehr gegen das Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verstoßen (RIS‑Justiz RS0098778 und RS0106295).

[6] Soweit die Rüge die Glaubwürdigkeitsbeurteilung angreift, übersieht sie, dass die erstgerichtliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen (also die Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen und Angeklagten) – so sie nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist (was hier nicht behauptet wird) – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588 [T3, T4, T8, T9 und T13]).

[7] Die Kritik aus Z 5a (als Aufklärungsrüge), wonach das Erstgericht kein psychologisches Glaubwürdigkeitsgutachten eingeholt habe, versäumt bereits die Darlegung, wodurch der Angeklagte an sachgerechter Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RIS-Justiz RS0115823).

[8] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen bloß für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, verlässt auch sie den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099674).

Mit dem Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers und den Aktenvermerk in Bezug auf die Angaben der * H* bei einer informativen Befragung (ON 2.13) weckt die Tatsachenrüge beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

[9] Durch die Behauptung, das Erstgericht habe den Zweifelsgrundsatz nicht richtig angewendet, wird einmal mehr ein aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS-Justiz RS0102162).

[10] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen zu einer sexuellen Motivation vermisst, leitet sie nicht aus dem Gesetz ab, weshalb eine derartige Willensausrichtung zur Subsumtion nach § 206 Abs 1 StGB oder nach § 207 Abs 1 StGB erforderlich sein sollte (siehe aber RIS-Justiz RS0116565, vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0095226).

[11] Die Sanktionsrüge (Z 11) wendet ein, das Erstgericht habe Milderungsgründe außer Acht gelassen, und fordert die bedingte Nachsicht zumindest eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe. Solcherart erstattet sie bloß ein Berufungsvorbringen (RIS-Justiz RS0099911 und RS0099865).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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