OGH 13Os13/25y

OGH13Os13/25y19.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Vogel in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 21. November 2024, GZ 9 Hv 21/24f‑40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00013.25Y.0319.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 28. Juni 2024 in R* * T*

I) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht (§ 15 StGB), indem er sie, als sie nackt an der Bettkante saß und sich anziehen wollte, gewaltsam an den Oberarmen packte, Geschlechtsverkehr einforderte, sie unter Einsatz seiner Körperkraft auf das Bett niederdrückte und wiederholt zum Beischlaf ansetzte, was ihm aufgrund ihrer Gegenwehr misslang, und sie, nachdem sie sich erfolgreich befreit hatte und ins Vorzimmer geflüchtet war, an den Beinen packte und zurück ins Schlafzimmer zu zerren versuchte, und

II) gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sie im Anschluss an die unter I beschriebene Tat kurz losließ, plötzlich eine Langwaffe ergriff und diese wortlos an die Stirn von * T* anhielt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 34.2 S 34) des ersichtlich auf die Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Aussagen des Opfers zielenden Antrags auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, „dass die Vorfälle am 28.06.2024 in der Wohnung des Beschuldigten, insbesondere die von der Zeugin behauptete versuchte Vergewaltigung, nicht stattgefunden haben“ (ON 34.2 S 33 iVm ON 27.2 S 2), keine Verteidigungsrechte verletzt. Denn die Prüfung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft kommt allein dem erkennenden Gericht zu (§ 258 Abs 2 StPO). Die Unterstützung der Tatrichter durch ein Gutachten ist insoweit nur dann geboten, wenn durch Beweisergebnisse konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer nicht realitätsorientierten Aussage, etwa für eine das Aussageverhalten als solches beeinträchtigende psychische Erkrankung, vorliegen (RIS‑Justiz RS0097733 und RS0097576). Solche qualifizierte Anhaltspunkte wurden im Antrag nicht dargelegt. Zudem wäre eine allfällige psychologische oder psychiatrische Untersuchung an die Zustimmung der Zeugin gebunden, deren Bereitschaft zur Untersuchung ihres geistigen Zustands wurde im Antrag aber nicht behauptet (dazu RIS‑Justiz RS0097584 und RS0108614 [T3]).

[5] Der Antrag (ON 34.2 S 33 iVm ON 27.2 S 2 und 4) auf „nochmalige Vernehmung“ des bereits kontradiktorisch einvernommenen Opfers (siehe dazu ON 18), weil dessen Aussagen „äußerst widersprüchlich, lückenhaft und nicht glaubwürdig“ seien, machte nicht klar, weshalb erwartet werden könne, dass sich die gemäß § 156 Abs 1 Z 2 StPO von der Pflicht zur Aussage befreite Zeugin – ungeachtet ihrer Erklärung, nicht neuerlich aussagen zu wollen (ON 18.2 S 21) – dennoch zur Aussage in der Hauptverhandlung bereitfinden werde (zu diesem Erfordernis RIS‑Justiz RS0117928, eingehend 13 Os 127/21g mwN).

[6] Der Antrag auf Einholung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens „um zu befunden, ob die Verletzungen auch von härteren Sexualpraktiken stammen können“ (ON 34.2 S 33), wurde schon deshalb zu Recht abgewiesen (ON 34.2 S 34 f), weil er bereits nach seinem (insoweit eindeutigen) Wortlaut auf eine – in der Hauptverhandlung unzulässige (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 331 mwN) – Erkundungsbeweisführung zielte.

[7] Im Rechtsmittel nachgetragene Ausführungen zur Antragsfundierung haben angesichts des sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[8] Mit eigenen Erwägungen zu der von den Tatrichtern angestellten Beweiswürdigung macht die Mängelrüge (Z 5) keinen Begründungsmangel im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes geltend (zu den fünf vom Gesetz genannten Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen, eingehend 13 Os 35/20a EvBl 2021/63).

[9] Dass dem Urteil nicht zweifelsfrei zu entnehmen sei, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt wurde oder aus welchen konkreten Gründen die Feststellungen entscheidender Tatsachen erfolgt seien (Z 5 erster Fall), wird bloß substratlos behauptet.

[10] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das Vorbringen zur Verfahrensrüge (Z 4) verweist, verkennt sie die Verschiedenheit der Anfechtungskalküle (RIS‑Justiz RS0115902).

[11] Im Übrigen wendet sich das Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[12] Die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach das Erstgericht die von der Beschwerde korrekt dargestellten Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung des Schuldspruchs I (Vorsatz auf Gewaltanwendung [US 5]) und II (Absicht, das Opfer in Furcht und Unruhe zu versetzen und es mit dem Tod zu bedrohen [US 5]) „vermischt“ habe, sodass mangels Vorliegens einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 89 StGB „ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 201 StGB“ nicht festgestellt sei, ist unverständlich.

[13] Den Feststellungen (US 5) ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer Gewalt anwendete, um den Beischlaf zu erzwingen, was die Rechtsrüge prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) übergeht.

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[15] Hinzugefügt sei, dass – soweit hier von Bedeutung – die Konfiskation nach § 19a Abs 1 letzter Halbsatz StGB voraussetzt, dass der vom Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendete Gegenstand, wie vom Erstgericht auch festgestellt (US 5), zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters steht und nicht, wie das Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verfehlt ausführte (US 16), im Zeitpunkt der Begehung der Straftat.

[16] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[17] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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