OGH 13Ns16/25v

OGH13Ns16/25v30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Rechtspraktikantin Boyer LL.M. (WU), LL.M. in der Strafvollzugssache der * E* in dem zu AZ 48 BE 65/25z des Landesgerichts Salzburg und AZ 31 BE 376/24a des Landesgerichts Leoben zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130NS00016.25V.0430.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Strafvollzugssache ist vom Landesgericht Leoben zu führen.

 

Gründe:

[1] Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Landesgerichts Leoben als Vollzugsgericht vom 9. Jänner 2025 (ON 5) wurde * E* mit Wirksamkeit zum 11. Februar 2025 unter Anordnung der Bewährungshilfe und Erteilung von Weisungen aus einer in der Justizanstalt Leoben verbüßten Freiheitsstrafe – ohne Bekanntgabe einer Entlassungsadresse – bedingt entlassen (ON 6.2 S 1).

[2] Laut der mit Verfügung des Landesgerichts Leoben vom 21. Februar 2025 (ON 8) eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister (ON 9) scheint als Wohnsitz der * E* seit 31. Mai 2023 eine Adresse in Zell am See auf.

[3] Mit „Beschluss“ (richtig: Verfügung [Oshidari, WK-StPO § 38 Rz 1 mwN]) vom 21. Februar 2025 (ON 10) trat das Landesgericht Leoben die Strafvollzugssache „gemäß § 179 StVG“ dem Landesgericht Salzburg zur Weiterführung ab.

[4] In Entsprechung eines Ersuchens des Landesgerichts Salzburg (ON 1.4) teilte der Verein Neustart Salzburg mit zwei Berichten vom 26. Februar 2025 (ON 11.2 und 12.2) mit, dass sich die Verurteilte, die aktuell keine aufrechte Meldeadresse habe, in Graz aufhalte und dort bleiben wolle. Der Akt sei deshalb an den Verein Neustart Steiermark abgetreten worden.

[5] Das Landesgericht Salzburg legte nun die Akten gemäß § 38 StPO iVm §§ 17 Abs 1 Z 3, 180 Abs 1 StVG dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt vor. Begründend führte es aus, dass die Verurteilte nach ihrer bedingten Entlassung weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Landesgerichts Salzburg genommen habe und die (allenfalls ehemalige) Meldeadresse in Zell am See nicht entscheidend sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

[6] Werden einem Verurteilten im Zusammenhang mit einer bedingten Entlassung Weisungen erteilt oder ein Bewährungshelfer bestellt und nimmt der Verurteilte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel eines Landesgerichts, das nicht im selben Bundesland liegt wie das Vollzugsgericht, so geht gemäß § 179 Abs 1 StVG (hier: analog) die Zuständigkeit zur weiteren Führung der Vollzugssache mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidug über die bedingte Entlassung und die damit zusammenhängenden Anordnungen auf dieses Landesgericht über (RIS‑Justiz RS0088481 [T1, T2, T5]). Die polizeiliche An‑ oder Abmeldung kann zwar ein Indiz für das Vorliegen eines Wohnsitzes darstellen, bildet dafür aber alleine keinen hinreichenden Beweis (RIS‑Justiz RS0133892).

[7] Nach dem Akteninhalt besteht kein Hinweis darauf, dass die Verurteilte ihren tatsächlichen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unmittelbar nach der Entlassung aus der Justizanstalt Leoben im Sprengel des Landesgerichts Salzburg genommen habe. Hievon ausgehend ist die Zuständigkeit zur weiteren Führung der Vollzugssache nicht auf Letzteres übergegangen, sondern kommt sie (unverändert) dem Landesgericht Leoben zu.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte