European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00094.25B.0917.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * H* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 30. Oktober 2023 in F* * P* durch einen Messerstich in die rechte Halsseite, welcher einen Blutverlust aus durchtrennten venösen und arteriellen Gefäßen in Kombination mit einer hochgradigen Bluteinatmung zur Folge hatte, getötet.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen auf Z 5, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt.
[5] Soweit sich die Beschwerde auf die „als Beweis- und Bescheinigungsmittel“ vorgelegte „Falldemonstration eines Leichnams namens W* mit Lichtbilddokumentation“ (vgl ON 146 S 7) bezieht, stützt sie sich auf keinen – für die Anfechtungslegitimation erforderlichen – Antrag, der auf gerichtliches Handeln in der Hauptverhandlung gerichtet war (vgl Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.90). Im Übrigen hat der Angeklagte in der Folge sein Einverständnis dazu erklärt, dass diese Unterlage nicht verlesen und den Geschworenen nicht überlassen (§ 322 StPO) wird (ON 146 S 34).
[6] Dem Begehren auf „Einholung eines weiteren gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens“ (ON 146 S 29 ff) legte der Antragsteller die Behauptung eines „massiven Widerspruchs zwischen den Gutachten“ der Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. D* und ao. Univ.‑Prof. Dr. R* zu den Verletzungen des Schildknorpelhorns und der Augen des Opfers zugrunde. Abgesehen davon, dass beide Expertisen übereinstimmend vom Vorliegen einer Durchschnitt- bzw Durchstichverletzung des Halses und einer komprimierenden Gewalteinwirkung gegen den Hals ausgingen (ON 136.1 S 55 f und ON 146 S 15 ff), hat es der Beschwerdeführer unterlassen, gemäß § 127 Abs 3 erster Satz StPO die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens einzufordern (RIS-Justiz RS0120023 [insb T9]).
[7] Die mit bloßen Hinweisen auf Verletzungen des Angeklagten und dessen eigene Kraftanstrengungen verbundenen, zum Beweis des Handelns in Notwehr (§ 3 StGB) gestellten Anträge auf Einholung eines unfallchirurgischen oder orthopädisch-chirurgischen und eines internmedizinischen Sachverständigengutachtens (ON 136.1 S 70 f) gaben nicht bekannt, weshalb von der begehrten Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis zu erwarten gewesen wäre (RIS-Justiz RS0118444).
[8] Die beantragte zeugenschaftliche Vernehmung von * Wu*, * Wü* und * Wa* (ON 136.1 S 72) scheiterte zu Recht, weil das Beweisthema, * W* habe * P* damit beauftragt, den Angeklagten massiv unter Druck zu setzen, keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage erheblichen Umstand ansprach (vgl erneut RIS-Justiz RS0118444 [T2, T4]).
[9] Ebenso wenig ließ der Antrag auf Vernehmung des Zeugen * U* zum Beweis dafür, dass * W* den Genannten mit Geldforderungen massiv unter Druck gesetzt und ihm angedroht habe, ihn zu Unrecht wegen behaupteter Vergewaltigung anzuzeigen (ON 136.1 S 72), einen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage erkennen.
[10] Ebendies gilt auch für die begehrte Vernehmung des Zeugen * I* zum Beweis dafür, dass * W* in Verfolgung ihrer materiellen Interessen vor nichts zurückschrecke (ON 136.1 S 73).
[11] Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot und hat daher auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).
[12] Die auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 zweiter Halbsatz StPO) rekurrierende Instruktionsrüge (Z 8) übersieht, dass Beweisgrundsätze nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung nach § 321 Abs 1 StPO sind (vgl § 321 Abs 2 StPO; RIS-Justiz RS0098508; Świdersky, WK-StPO § 321 Rz 15).
[13] Die weiters vermisste Belehrung, dass die Beurteilung der Notwendigkeit der Verteidigungshandlung aus der Perspektive des Angegriffenen ex ante zu bewerten sei, findet sich – von der Beschwerde prozessordnungswidrig übergangen – auf S 5 Punkt 2. der Rechtsbelehrung (ON 147.8).
[14] Soweit die Tatsachenrüge (Z 10a) die leugnende Einlassung des Angeklagten hervorkehrt und auf das vermeintlich fehlende Motiv hinweist, die Verletzungen des Opfers und die DNA‑Spuren einer eigenständigen Bewertung unterzieht und darauf verweist, dass das Opfer schwerer als der Angeklagte und körperlich überlegen gewesen sei, erweckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen.
[15] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).
[16] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§§ 344, 285i StPO).
[17] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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