Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld zurückgewiesen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs. 1 StGB die Verwahrungshaft in der Dauer vom 24. Jänner 1978 10,50 Uhr bis 25. Jänner 1978
15,30 Uhr auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate erhöht.
Die Angeklagte wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 18. Februar 1941 geborene Hausfrau Margit A des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs. 1 Z 3, Abs. 2 und § 15 StGB schuldig erkannt.
Nach den Urteilsfeststellungen gab sich die Angeklagte am 23. Jänner 1978 in Wien gegenüber dem Kaufmann Ing. Carl Hans B als Richter(in) des Handelsgerichtes Wien (und Ehefrau eines bekannten Journalisten) aus und veranlaßte ihn durch die Zusage, in einem bei diesem Gerichtshof anhängigen Prozeß zu seinen Gunsten einzuschreiten, zur übergabe eines Bargeldbetrages von 1.950 S, wovon ein Teil angeblich auf Stempelgebühren entfallen sollte. Am 24. Jänner 1978 erschien die Angeklagte abermals bei Ing. B und verlangte für weitere in seiner Angelegenheit zu unternehmende Schritte noch 3.500 S; Ing. B hatte sich jedoch inzwischen überzeugt, daß er am Vortag getäuscht worden war, ging auf dieses Ansinnen nicht mehr ein, sondern erstattete die Anzeige.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Z 4, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt die Beschwerdeführerin in der Abweisung der von ihrem Verteidiger während der Hauptverhandlung gestellten Anträge, a) Edith B (die Gattin des Ing. Carl Hans B) darüber, daß sie (die Beschwerdeführerin) sich nicht als Richterin ausgegeben, sondern es bloß (aus Schamgefühl oder Eitelkeit) unterlassen habe, den bezüglichen Irrtum der Eheleute B aufzuklären, ohne dabei eine Schädigungsabsicht zu verfolgen, b) ihren Ehegatten (Erwin A) über ihr Vorhaben, am 24. Jänner 1978 (keinen weiteren Geldbetrag herauszulocken, sondern) den bereits entstandenen Schaden gutzumachen, als Zeugen zu vernehmen (S. 68).
Der Schöffensenat hat jedoch diese Beweisanträge mit (im Ergebnis zur Gänze) zutreffender Begründung und ohne daß dadurch Rechte der Verteidigung verletzt worden wären, abgewiesen (S. 69). Denn das von der Angeklagten selbst zugegebene Verhalten beschränkte sich nicht etwa auf das Bestehenlassen eines bei Ing. B entstandenen Irrtums; vielmehr hatte sie den Genannten durch eigene öußerungen, ja sogar durch das Führen fingierter Telefongespräche vor ihm - unter anderem (vermeintlich) mit dem Handelsgericht - in seinem Irrtum nachhaltig bestärkt (S. 17-18, 21; S. 65, 67). Im übrigen läuft schon die in der Hauptverhandlung (S. 68 - mit dem übrigen Inhalt des Ermittlungsaktes ON 2) verlesene polizeiliche Aussage der Edith B (S. 25-28), die darnach nur an der einleitenden Phase des Gesprächs teilgenommen hat, dem Vorbringen des zu a) gestellten Beweisantrags zuwider, wobei die Beschwerdeführerin nicht darzutun vermag, inwiefern ihre Verteidigungsrechte durch das Unterbleiben einer Einvernahme der Edith B vor Gericht bei dieser Sachlage beeinträchtigt werden konnten. Der dem Verhalten der Angeklagten am 23.
Jänner 1978 zugrunde gelegene Vorsatz und ihr Vorhaben am folgenden Tag sind innere Vorgänge, die sich einer unmittelbaren Wahrnehmung entziehen und worüber Zeugen naturgemäß nur (in den Bereich der dem erkennenden Gericht vorbehaltenen freien Beweiswürdigung eingreifende) Mutmaßungen anstellen könnten. Die in letzterem Zusammenhang durch den beantragten Zeugen Erwin A noch unter Beweis gestellte Tatsache, daß die Angeklagte - entgegen ihren Angaben vor der Polizei (S. 16) - das am 23. Jänner 1978 von Ing. B erhaltene Geld nicht ausgegeben habe, läßt einen Rückschluß auf die subjektive Tatseite hinsichtlich ihres (als Versuch eines neuerlichen Betrugs inkriminierten) Verhaltens am folgenden Tag nicht zu, an dem die Angeklagte mit Ing. B abermals ein längeres Gespräch führte, ohne dabei ihre angebliche Bereitschaft zur Schadensgutmachung zu realisieren oder auch nur zu erkennen zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge erweist sich somit als unbegründet. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO rügt die Beschwerdeführerin, die einleitend wiedergegebenen Urteilsfeststellungen stünden mit den Verfahrensergebnissen in Widerspruch. Sie vermag jedoch kein zu ihren Gunsten lautendes Beweisergebnis konkret zu bezeichnen, das vom Erstgericht entweder mit Stillschweigen übergangen oder aktenwidrig dargestellt worden wäre. Ob aber die Beschwerdeführerin am 24. Jänner 1978 - wie von ihr behauptet wird - zur Rückerstattung des am Vortag von Ing. B erhaltenen Betrages imstande war oder nicht, ist, wie schon zur Verfahrensrüge erwähnt, angesichts des Unterbleibens eines dahin lautenden Angebotes der Angeklagten ohne entscheidungswesentliche Bedeutung und bedurfte demnach keiner Erörterung.
Sohin wird auch eine Nichtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO durch die Beschwerde nicht aufgezeigt. Mit formeller Beziehung auf Z 9 lit. a und Z 10
des § 281 Abs. 1 StPO, der Sache nach jedoch nur den zuletzt angeführten Nichtigkeitsgrund ausführend, wendet sich die Beschwerdeführerin schließlich gegen den die Beurteilung der Tat als schwerer Betrug (auch) nach § 147 Abs. 1 Z 3 StGB begründenden Vorwurf, sie habe den Betrug begangen, indem sie sich zur Täuschung fälschlich für einen Beamten ausgab; hiezu bedürfe es der Vortäuschung einer 'richtigen' Amtshandlung, die Entgegennahme von Bestechungs- oder Schmiergeldern für ein in Aussicht gestelltes scheinbar amtsmißbräuchliches Verhalten genüge nicht. Auch die Rechtsrüge versagt jedoch.
Richtig ist, daß die Qualifikation des Betrugs nach § 147 Abs. 1 Z 3 StGB den Einsatz vorgetäuschter amtlicher Autorität zur Einflußnahme auf den Willen des Opfers voraussetzt; dient sie doch dem verstärkten Schutz vor Täuschungen des Einzelnen hinsichtlich seiner Gehorsamspflicht gegenüber der Obrigkeit (RZ 1978/75 = ÖJZ-LSK 1978/171). Allerdings wird die darnach geforderte Eignung des Täterverhaltens in erster Linie solchen Täuschungshandlungen zukommen, die sich dem Getäuschten mit dem Anschein gesetzmäßiger Ausübung amtlicher Befugnisse präsentieren. Dabei macht es aber keinen Unterschied, ob vom Getäuschten die Befolgung des vermeintlich durch den Täter repräsentierten Willens der Obrigkeit unbedingt oder nur für den Fall gefordert wird, daß er seinerseits eine bestimmte damit im Zusammenhang stehende Amtshandlung anstrebt; es genügt die Vortäuschung einer amtlichen Befugnis, der eine (ebenfalls vorgetäuschte), wenn auch bloß bedingte, Rechtspflicht des Getäuschten zu einem bestimmten - für den Eintritt des Vermögensschadens kausalen - Verhalten entspricht.
Im gegenständlichen Fall täuschte die Beschwerdeführerin, sich fälschlich als Richter(in) des Handelsgerichtes Wien ausgebend, nach den Urteilsfeststellungen eine ihr in dieser (Beamten-)Eigenschaft (im Sinne des § 74 Z 4 StGB) zukommende amtliche Befugnis vor, auf die - vermeintlich ihr obliegende (S. 17-18) - Entscheidung eines bei diesem Gerichtshof anhängigen Prozesses bestimmenden Einfluß zu nehmen. In diesem Zusammenhang spiegelte sie dem solcherart getäuschten Ing. Carl Hans B vor, er habe unter anderem im Zusammenhang mit der ihm in Aussicht gestellten (günstigen) richterlichen Entscheidung einen bestimmten Betrag an Gerichtsgebühren zu entrichten. Schon die von der Beschwerdeführerin bei Ing. B betrügerisch bewirkte (wenngleich unzutreffende) Vorstellung, zu der in Rede stehenden Gebührenentrichtung (rechtlich) verpflichtet zu sein, durch die er sich zur Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages an die Angeklagte bestimmen ließ, rechtfertigt bereits die Beurteilung der Tat (auch) nach § 147 Abs. 1 Z 3 StGB, sodaß auf den Einwand, das weitere Begehren der Angeklagten sei - auch für den Getäuschten erkennbar - auf die Zahlung von (rechtlich verbotenen) 'Schmiergeldern' gerichtet gewesen, nicht mehr einzugehen ist.
Die gänzlich unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Soweit die Angeklagte auf ihre Beschwerdegründe auch eine 'Schuldberufung' stützen will, übersieht sie, daß das Urteil eines Schöffengerichtes mit Berufung nur im Ausspruch über die Strafe und - was vorliegend nicht in Betracht kommt - über die privatrechtlichen Ansprüche angefochten werden kann (§ 283 Abs. 1 StPO).
Insoweit nimmt sie daher das Berufungsgericht in einer Richtung in Anspruch, in der es ihr nicht zusteht, weshalb ihre Berufung in diesem Umfang zurückzuweisen war (§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO). Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof auch überzeugen, daß das Gesetz zum Nachteil der Angeklagten in der Bestimmung des § 38 Abs. 1 StGB verletzt wurde. Nach dem Akteninhalt (S. 3 d. A) wurde die Angeklagte am 24. Jänner 1978, 10,50 Uhr in (polizeiliche) Verwahrungshaft genommen und erst am 25. Jänner 1978, 14,30 Uhr, nach ihren Angaben im Gerichtstag um 15,30 Uhr wieder entlassen. Diese, jedenfalls den Zeitraum eines Tages überschreitende Haft wurde entgegen den Bestimmungen des § 38 Abs. 1 StGB der Angeklagten, welche diese gemäß § 281 Abs. 1 Z 11 StPO vorliegende Nichtigkeit ungerügt ließ, nicht auf die Strafe angerechnet, so daß aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil diesbezüglich gemäß § 290 Abs. 1 StPO wie im Spruche zu ergänzen war, wobei zu Gunsten der Angeklagten der Entlassungszeitpunkt entsprechend ihren Angaben angenommen wurde.
Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach § 147 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten und nahm bei der Strafbemessung als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die mehrfache Qualifikation der Tat zum Vergehen des (qualifizierten) schweren Betruges und den raschen Rückfall in der Probezeit, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, die Schadensgutmachung, sowie den Umstand an, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.
Die Berufung der Angeklagten strebt Herabsetzung der Freiheitsstrafe und ihre bedingte Nachsicht, jene der Staatsanwaltschaft eine Erhöhung des Strafausmaßes an.
Allein die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Abgesehen davon, daß zu den vom Erstgericht sonst im wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen als erschwerend zusätzlich noch die Tatwiederholung ins Gewicht fällt, erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe bei Berücksichtigung des Vorlebens der Angeklagten, welches auf Grund der erlittenen einschlägigen Vorstrafkn eine zumindest gleichgültige, wenn nicht ablehnende Haltung gegenüber rechtlich geschützten Werten erkennen läßt, als zu gering bemessen, um den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit der Angeklagten gerecht zu werden. Sie war daher wie im Spruche zu erhöhen, um die Angeklagte in Hinkunft nachdrücklich zur Rechtstreue anzuhalten und ihrer erwiesenen schädlichen Neigung entgegenzuwirken.
Ihre für eine Strafminderung ins Treffen geführten Argumente hingegen wurden vom Erstgericht ohnedies im Rahmen der Milderungsgründe berücksichtigt, bzw. erweisen sich nicht als durchschlagend. Einer bedingten Nachsicht der Freiheitsstrafe steht die evidente Wirkungslosigkeit einer gleichgelagerten Maßnahme, abgesehen von der derzeit nicht günstigen Prognose entgegen. Es war daher der Berufung der Staatsanwaltschaft wie im Spruche Folge zu geben, die Angeklagte hingegen mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung findet in der bezogenen Gesetzesstelle ihre Begründung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)