OGH 11Os78/25t

OGH11Os78/25t29.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juli 2025 durch dieVizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ebner als Schriftführerin in der Strafsache gegen X* K* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8. Jänner 2025, GZ 151 Hv 42/24b‑28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00078.25T.0729.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde X* K* des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 11. Jänner 2024 in G* mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, die im Verfahren AZ * des Bezirksgerichts * zuständige Richterin * M* durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung „falscher Urkunden“, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, seine am 27. April 2023 verstorbene Ehefrau G* K* hätte ihn testamentarisch als Alleinerben eingesetzt, wobei er zwei von ihm selbst am Computer hergestellte, vorgeblich von der Verstorbenen verfasste und unterzeichnete „letztwillige Verfügungen“ per Mail (US 3) an den im genannten Verfahren zuständigen Gerichtskommissär übermittelte und in der Folge eine Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass abgab, zu einer Handlung, und zwar zur Feststellung seines Anspruchs auf einen über den gesetzlichen Erbteil hinausgehenden zusätzlichen Erbteil in der Höhe von zumindest einem Drittel des Verlassenschaftsvermögens zu verleiten, die den gesetzlichen Erben M* K* in dem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von rund 100.000 Euro schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und „9“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die in der Hauptverhandlung am 8. Jänner 2025 gestellten Anträge auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der IT‑Technik zum Beweis dafür, dass die beiden Testamente echt sind“ sowie auf „Beiziehung eines graphologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der in der ON 2.9 ersichtliche handschriftliche Text von der Erblasserin G* K* stammt“ (ON 27 S 9), konnten – der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider – ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden (ON 27 S 9), zielten sie doch auf eine bloße Erkundungsbeweisführung ab. Denn der Antragsteller erklärte nicht, inwiefern die Durchführung der begehrten Beweise das von ihm behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS‑Justiz RS0099453 und RS0118444). Angesichts der Angaben des Zeugen M* K* zu den auch von einem Laien erkennbaren Merkmalen einer digitalen Fälschung der in Rede stehenden Schriftstücke (ON 6.6 S 4 f und ON 27 S 6 f iVm ON 6.10) wäre diesbezüglich nämlich eine besonders eingehende Begründung erforderlich gewesen (RIS‑Justiz RS0099453 [T20]).

[5] Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB), weil „es notorisch [sei], dass eine Verlassenschaftskurator keine Testamente, welche im E‑Mailwege in seinen Bereich gelangt sind, einer Verlassenschaftsabhandlung zugrunde legen würde“. Dabei legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb bei generalisierender Betrachtung (also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls) aus der ex‑ante‑Sicht eines über den Tatplan informierten verständigen Beobachters (vgl RIS‑Justiz RS0115363; Bauer/Plöchl in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 70 ff) die von betrügerischem Vorsatz getragene, an den Gerichtskommissär übermittelte Geltendmachung eines über den gesetzlichen Erbteil hinausgehenden zusätzlichen Erbteils zufolge Vorliegen eines Testaments unter keinen Umständen geeignet sein sollte, einen Betrugsschaden zu verursachen (vgl RIS‑Justiz RS0094148 und RS0115362; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 38 ff).

[7] Hinzugefügt sei, dass die hier zur Täuschung verwendeten E‑Mails als (falschen Urkunden rechtlich gleichwertige [RIS‑Justiz RS0094455]) falsche Daten die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB erfüllen (vgl 14 Os 114/16w; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB, § 147 Rz 5, 28/23, 28/26; RIS‑Justiz RS0130519).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[9] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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