European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00069.25V.0729.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten * R* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – * V* (I A und B) und * R* (I B) jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach haben sie in W*
(I) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar
(A) V* vom Jahr 2022 bis Anfang Oktober 2024 zusammen 22,6 Kilogramm Cannabiskraut (enthaltend 2.735,6 Gramm THCA und 207,9 Gramm Delta‑9‑THC) und 1.090 Gramm Kokain (enthaltend 612,8 Gramm Cocain-Base), indem er es in einer Vielzahl von Angriffen verschiedenen Abnehmern übergab, sowie
(B) R* am 7. Oktober 2024, indem er 500 Gramm Kokain (mit einem Wirkstoffgehalt von 95 % an Cocain-Base [US 10]) von einem Lieferanten „übernahm und“ an V* übergab, der ihn seinerseits durch entsprechende Aufforderung „zur Ausführung der Tat bestimmt“ (§ 12 zweiter Fall StGB) hatte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen den ihn betreffenden Schuldspruch I B wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R*.
[4] Seine den angefochtenen Schuldspruch tragenden Feststellungen (US 10 f) erschloss das Schöffengericht in vernetzter Betrachtung einer Mehrzahl von Beweisergebnissen – darunter der (nur das äußere Tatgeschehen einräumenden) Verantwortung des Beschwerdeführers und des Wortlauts mehrerer „Chatprotokolle“ – und daran geknüpfter Plausibilitätserwägungen (US 16 bis 23).
[5] Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat es die den Beschwerdeführer (in subjektiver Hinsicht) entlastenden Angaben des V* in der Hauptverhandlung (ON 116.4, 10 ff) dabei nicht „mit Stillschweigen übergangen“, sondern – ausdrücklich – als unglaubhaft verworfen (US 16 f und 19).
[6] Soweit die Rüge einen – im Rechtsmittel isoliert hervorgekehrten – Teil des Referats dieser Einlassung in den Urteilsgründen, wonach V* „[ein]gestand[en]“ habe, „seinen Bruder aufgefordert zu haben, die 500 g reines Kokain […] abzuholen und zu ihm zu bringen“ (US 16), als aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) bezeichnet, versäumt sie es, die Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe in den Blick zu nehmen (siehe aber RIS-Justiz RS0119370). Darin kommt nämlich unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich die angesprochene Urteilsaussage bloß auf das Eingeständnis des V*, R* zur Abholung des betreffenden „Paket[s]“ (US 17) aufgefordert zu haben, (gerade) nicht jedoch darauf bezieht, jener hätte den Beschwerdeführer auch davon in Kenntnis gesetzt, dass dieses Suchtgift enthalte.
[7] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass die vom (unbekämpften) Schuldspruch I B des V* (mit-)umfasste, festgestellte Aufforderung zur Suchtgiftübergabe an ihn selbst (US 10) – für sich genommen – eine rechtliche Beurteilung dieses Verhaltens nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall (und Abs 4 Z 3) SMG nicht zuließe. Denn „Überlassen“ von Suchtgift setzt die (intendierte) Weitergabe an einen „anderen“, also eine vom (hier: Bestimmungs-)Täter verschiedene Person, voraus (14 Os 26/19h SSt 2019/31 [mwN], RIS-Justiz RS0132558 und RS0118879 [T1]). Da schon die zu I A festgestellte – von V* im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit Dritten überlassene (US 8 f und 10 f) – Suchtgiftmenge das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge überschreitet, trägt das Feststellungssubstrat gleichwohl die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) der vom Schuldspruch I umfassten Verhaltensweisen dieses Angeklagten als ein Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (zu überschüssigen Feststellungen siehe Ratz, WK-StPO § 282 Rz 14), weshalb es mit diesem Hinweis sein Bewenden hat.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[9] Über die Berufung und die Beschwerde hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
[10] Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
