European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00150.24D.0401.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die verbleibenden Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 12 zweiter Fall, § 207a Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 2017/117 (I/ und IV/1/) und nach § 207a Abs 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2017/117 (II/), der Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 1 Z 2 dritter Fall StGB (III/) und nach § 207a Abs 3 erster Satz, Abs 3b erster Fall StGB (V/) und „der“ Verbrechen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 12 zweiter Fall, § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 1a StGB (IV/2/) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung und zusammengefasst – in A*
III/ am 7. Februar 2024 wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung einer unmündigen Person an sich selbst und wirklichkeitsnahe, reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte, von anderen Lebensäußerungen losgelöste und der sexuellen Erregung des Betrachters dienende Abbildungen der Genitalien und der Schamgegend Minderjähriger, nämlich eine ein unmündiges Mädchen bei der vaginalen Selbstpenetration zeigende Videodatei sowie zwei Ganzkörpernacktfotos und zwei Nahaufnahmen des Vaginal- und Analbereichs eines sexuell posierenden unmündigen Mädchens (US 11) einer unbekannten Person überlassen,
IV/
1/ von 19. Jänner bis 30. November 2023 minderjährige Mädchen durch Aufforderung dazu bestimmt, pornographische Darstellungen von sich selbst, und zwar Bilddateien von vaginalen Selbstpenetrationen mit Fingern oder Gegenständen sowie reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte, von anderen Lebensäußerungen losgelöste und der sexuellen Erregung des Betrachters dienende Abbildungen ihres Vaginalbereichs herzustellen und ihm via Social Media zu überlassen,
2/ von 1. Dezember 2023 bis 7. Februar 2024 minderjährige Mädchen durch Aufforderung dazu bestimmt, bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen der zu IV/1/ bezeichneten Art von sich selbst herzustellen und ihm zu überlassen, wobei er die Tathandlungen in Bezug auf viele (mehr als 30) solcher Abbildungen oder Darstellungen begangen hat,
V/ im Zuge der zu IV/ genannten Tathandlungen bis 8. Februar 2024 viele (mehr als 300) Abbildungen oder Darstellungen der bezeichneten Art, nämlich Bilddateien von vaginalen Selbstpenetrationen unmündiger und mündiger minderjähriger Mädchen mit Fingern oder Gegenständen sowie reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte, von anderen Lebensäußerungen losgelöste und der sexuellen Erregung des Betrachters dienende Abbildungen ihres Vaginal‑ und Analbereichs besessen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die Mängelrüge zu III/, IV/ und V/ behauptet jeweils, dass die Feststellungen zur auf das Alter der abgebildeten Personen bezogenen subjektiven Tatseite des Beschwerdeführers offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) seien. Ihr zuwider ist die Fundierung dieser Konstatierungen mit dem – ohne Einschränkungen erklärten (ON 42, 3, 6) – „Geständnis, welches auch die subjektive Tatseite umfasst“ (US 14), unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
[5] Mit der eigenen abweichenden Interpretation der Reichweite dieses Geständnisses wird auch keine Aktenwidrigkeit im Sinn eines Fehlzitats aus einem Protokoll (Z 5 fünfter Fall) aufgezeigt, sondern – unter diesem Aspekt unzulässig – die darauf bezogene Bewertung der Tatrichter kritisiert (vgl RIS‑Justiz RS0099431).
[6] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) widerspricht die erschwerende Wertung einschlägiger Vorstrafen, des raschen Rückfalls und der Tatbegehung während offener Probezeiten (US 17) trotz Strafschärfung nach § 39 StGB nicht dem Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil keiner dieser Strafbemessungsaspekte für die – den maßgeblichen Bezugspunkt darstellende – Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) relevant ist (RIS‑Justiz RS0091527 [T3]; 11 Os 115/23f [Rz 4 f]; Riffel in WK² StGB § 32 Rz 60 f, 65).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ebenso bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) wie die angemeldete (ON 44 – RIS‑Justiz RS0098904 [T23]), im kollegialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen Schuld.
[8] Bleibt zu IV/2/ anzumerken, dass dem Angeklagten (nicht mehrere [vgl US 4, 17], sondern) ein Verbrechen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 12 zweiter Fall, § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 1a StGB zur Last fällt.
[9] Nach den Feststellungen (US 11) kam es dem Beschwerdeführer „ab dem 1. Dezember 2023“ darauf an, minderjährige Mädchen dazu zu bestimmen, (sukzessive) mehr als 30 Aufnahmen mit sexualbezogenen Inhalten der bezeichneten Art (US 10) herzustellen und ihm zu übermitteln. Solcherart wurde eine am 1. Dezember 2023 beginnende, auf einer einheitlichen Absicht beruhende, längerfristig und gleichartig angelegte Tatbegehung in Form einer tatbestandlichen Handlungseinheit (vgl RIS‑Justiz RS0122006) – mithin eine Tat materiellen Sinn (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 521) – konstatiert.
[10] Da das quantitative Tatbestandsmerkmal „viele“ in § 207a Abs 1a StGB (ähnlich dem „übersteigend“ in § 28a SMG – vgl RIS‑Justiz RS0131856, RS0133289) eine exakte zahlenmäßige Abgrenzung nicht zulässt, kann das Verbrechen nach § 207a Abs 1 (hier: Z 1) und Abs 1a StGB nicht mehrfach in Idealkonkurrenz (vgl Ratz in WK² StGB Vor §§ 28–31 Rz 11, 16) verwirklicht werden. Solcherart wurde durch die IV/2/ zugrunde liegende (einzige) Tat auch nur ein Verbrechen nach § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 1a StGB begründet.
[11] Auch zu V/ ist anzumerken, dass – soweit hier von Bedeutung – § 207a Abs 3b erster Fall StGB unter anderem den (dem Verschaffen nachfolgenden – vgl RIS‑Justiz RS0132692) Besitz (zahlenmäßig nicht exakt abgrenzbarer) „vieler“ Abbildungen oder Darstellungen qualifiziert. Daher hat der Beschwerdeführer nach Maßgabe der getroffenen Feststellungen auch insoweit (nur) ein Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 3 erster Satz, Abs 3b erster Fall StGB zu verantworten.
[12] Die Entscheidung über die verbleibenden Berufungen und die Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Dieses ist aufgrund der Klarstellung nicht an die fehlerhafte Subsumtion gebunden (RIS‑Justiz RS0118870).
[13] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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