OGH 10Ob20/25a

OGH10Ob20/25a3.6.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Schober, Dr. Annerl und Dr. Vollmaier und die Hofrätin Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. F*, vertreten durch Mag. Georg Royer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Dr. Manfred Klepeisz, Rechtsanwalt in Güssing, wegen 10.335 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2025, GZ 13 R 247/24g‑24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Güssing vom 10. November 2024, GZ 3 C 169/24y‑16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0100OB00020.25A.0603.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.032,90 EUR (darin 172,15 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger ist Eigentümer eines Waldgrundstücks und der Beklagte Hälfteeigentümer des angrenzenden Waldes.

[2] Der Beklagte leidet am Korsakow‑Syndrom und ist zu einer realitätskonformen situativen Wahrnehmung nicht in der Lage.

[3] Ende 2022 bis Anfang 2023 ließ der Beklagte in seinem und im Wald des Klägers Holzschlägerungsarbeiten durchführen. Er ging zwar davon aus, dass die Arbeiten nur in seinem Wald erfolgten. Tatsächlich wurden aber rund 104 Festmeter Holz aus dem Wald des Klägers geschlagen. Das Holz aus beiden Wäldern wurde zum Teil in Österreich verkauft, der andere zum Teil nach Ungarn verbracht.

[4] Wohin welches Holz geliefert bzw verkauft wurde und ob der Beklagte dafür tatsächlich Geld erhalten hat, konnte nicht festgestellt werden.

[5] Der Kläger begehrt gestützt auf § 1041 ABGB die Abgeltung des Nutzens, der dem Beklagten durch die eigenmächtige Schlägerung und den Verkauf bzw das Verbringen des Holzes nach Ungarn entstanden sei.

[6] Der (durch seinen anwaltlichen Erwachsenenvertreter vertretene) Beklagte hielt dem entgegen, dass (ihm) die Grundstücksgrenzen nicht klar erkennbar gewesen seien und er für die gefällten Bäume auch kein Geld erhalten habe. Er habe daher weder mit Bereicherungsvorsatz gehandelt noch irgendeinen Vorteil aus den Schlägerungsarbeiten gezogen.

[7] Das Erstgericht wies die Klage ab, weil dem insofern beweispflichtigen Kläger der Nachweis eines beim Beklagten eingetretenen Nutzens nicht gelungen sei.

[8] Das Berufungsgericht gab der Klage dagegen statt. Für den geltend gemachten Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB sei weder ein Schaden des Entreicherten noch ein Verschulden des Bereicherten erforderlich, sehr wohl aber ein (objektiv) vorhandener Nutzen des Anspruchsschuldners. Ein solcher liege hier trotz der getroffenen Negativfeststellung vor, weil sowohl der Verkauf als auch das Verbringen des Holzes nach Ungarn dessen vorherige Aneignung voraussetze und daher eine Verfügungshandlung über die Sache darstelle. Der Beklagte habe dem Kläger daher ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt zu entrichten, das sich anhand der Feststellungen zu Menge und Wert des vom Beklagten geschlägerten Holzes in Höhe des Klagebegehrens errechne.

[9] Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zum Nutzen eines Bereicherungsschuldners, der eine fremde Sache an einen anderen Ort verbringt, keine einheitliche Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die vom Kläger beantwortete Revision des Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO angesprochen wird.

[11] 1. Der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB setzt voraus, dass ein Nichtberechtigter eine fremde Sache ohne Rechtsgrund zum eigenen Vorteil benützt (RS0019926), dh daraus einen Nutzen gezogen hat (RS0116468). Der Nutzen kann auch in der Ersparnis von Auslagen liegen (RS0020139; RS0019930 [T5]; RS0019850), weil es für die Annahme eines „Nutzens“ iSd § 1041 ABGB ausreicht, dass die Verhältnisse beim Bereicherten bei vernünftiger Beurteilung verbessert wurden (RS0020148; 1 Ob 182/21b Rz 10 ua). Nur wenn die Verwendung der Sache auch bei objektiver Betrachtung (gar) nicht von Nutzen war, steht dem Eigentümer der Sache unabhängig davon kein Verwendungsanspruch zu, ob die Sache redlich oder unredlich verwendet wurde (RS0116468; 4 Ob 119/15a ErwGr 5.; 6 Ob 205/22y Rz 62).

[12] 2.1 DerBeklagte stellt in der Revision – angesichts§ 295, § 405 ABGB konsequent – nicht in Abrede, durch das eigenmächtige Schlägern von Holz im Wald des Klägers und den anschließenden Verkauf bzw das Verbringen in ein diesem ausschließlich zugewiesenes Rechtsgut eingegriffen zu haben (vgl RS0019960; RS0019971 [insb T6, T7]).

[13] 2.2 Der Beurteilung des Berufungsgerichts hält die Revision nur entgegen, dass dem Kläger angesichts der getroffenen Negativfeststellung der Nachweis eines dem Beklagten entstandenen objektiven Nutzens vor allem in Form eines von ihm vereinnahmten Verkaufspreises nicht gelungen sei.

[14] 2.3 Dabei übergeht der Beklagte, dass es nach der Rechtsprechung nicht darauf ankommt, ob er einen Verkaufserlös oder gar einen Gewinn erzielt hat (vgl 1 Ob 182/21b Rz 10). Es reicht aus, dass er sich eigene Aufwendungen ersparte. Auch wenn nicht feststeht, was genau mit dem von ihm geschlägerten Holz passierte, verfolgte der Beklagte im Anlassfall sowohl mit dem „Verkauf“ als auch dem „Verbringen“ bzw „Liefern“ des Holzes ins Ausland ein wie immer geartetes Ziel. Wenn er dieses umsetzt und dabei fremdes Holz verwendet, hat er sich den Einsatz eigenen Holzes und damit Schlägerungen bzw eine größere Reduktion des Baumbestands in seinem Wald erspart. Dass sich seine Verhältnisse dadurch tatsächlich verbessert haben, steht außer Frage. Die vom Berufungsgericht formulierte Zulassungsfrage stellt sich daher nicht. Der Beklagte hat auch nie behauptet, das Holz bloß an einen anderen Ort (ins Ausland) verbracht bzw geliefert zu haben und darüber (noch) verfügen zu können.

[15] 3. Soweit sich der Beklagte auf § 1424 ABGB beruft, spricht er ebenfalls keine präjudizielle Rechtsfrage an.

[16] 3.1 Aus dem zitierten Rechtssatz RS0048088 lässt sich für den Beklagten nichts Entscheidendes ableiten, weil die Vorinstanzen ohnedies davon ausgegangen sind, den Kläger treffe die Beweislast hinsichtlich des Eintritts eines beim Beklagten eingetretenen Nutzens (vgl RS0033564 [T2]).

[17] 3.2 Sofern er auf eine analoge Anwendung des § 1424 Satz 2 ABGB auf Bereicherungsansprüche (vgl RS0048088 [T1]) – zu denen auch der Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB zählt (RS0010199, RS0116468, RS0020101 [T1]) – hinaus will, ist auch darauf nicht weiter einzugehen. Abgesehen davon, dass dafür ihn die Beweislast für den Wegfall der Bereicherung träfe (vgl RS0048088; 5 Ob 239/20p Rz 13), hat der Beklagte gar nicht behauptet, der Nutzen sei im Sinn der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung 5 Ob 22/02z zwar eingetreten, aber später weggefallen. Vielmehr hat er sich stets nur darauf berufen, nie einen Nutzen aus dem geschlägerten Holz gezogen zu haben.

[18] 4. Dass der Beklagte dem Kläger iSd § 1041 zweiter Halbsatz ABGB ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt zu leisten hat (vgl RS0019850; RS0019930), stellt jener nicht in Abrede. Ebensowenig wendet er sich gegen die Höhe des zuerkannten Betrags.

[19] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296; RS0035979 [T16]).

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