B-VG Art 135 Abs4
Gastgewerbe-Verordnung §1 Abs1 Z2
GewO 1994 §94 Z26
GewO 1994 §111 Abs1
GewO 1994 §111 Abs2
StGG Art6
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2023:VGW.121.082.10188.2022
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Trefil über die Beschwerde der A. GmbH vom 12.8.2022 gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 14.7.2022, Zl. ..., betreffend Gewerbeberechtigung nach der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.5.2023,
zu Recht erkannt und verkündet:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 25a VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende GmbH hat ihren Sitz in Wien und ist im Firmenbuch beim Handelsgericht Wien unter FN ... registriert. Sie ist im Geschäftszweig der Personalberatung tätig. Ihr alleiniger (selbständig vertretungsbefugter) Geschäftsführer ist B. C..
Die beschwerdeführende GmbH verfügt entsprechend einer früheren Gewerbeanmeldung vom 10.6.2022 über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden (§ 111 Abs. 2 Z 3 GewO 1994). Der handelsrechtliche Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.
Am 15.6.2022 (über behördliche Aufforderung mit nachfolgender Klarstellung vom 14.7.2022) hat die beschwerdeführende GmbH das Gastgewerbe in der (nicht eingeschränkten) Betriebsart "Kaffee Restaurant" gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 (beginnend ab dem 1.7.2022) angemeldet und ihren alleinigen, selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt. Als Befähigungsnachweis verwies die beschwerdeführende GmbH auf das begonnene, teils weit fortgeschrittene, jedoch nicht abgeschlossene Studium ihres Geschäftsführers. Dazu wurden Diplomprüfungszeugnisse der Studienrichtungen Betriebswirtschaftslehre bzw. Wirtschaftsrecht beigefügt, wobei mit diesen Erfolgsnachweisen kein erfolgreicher Abschluss einer Studienrichtung belegt (und insoweit auch nicht geltend gemacht) wird.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes in der Betriebsart "Kaffee Restaurant" durch die beschwerdeführende GmbH nicht vorliegen und untersagte die Ausübung des Gewerbes. Gleichzeitig wurde auf Grund der Anzeige über die Ausübung dieses Gewerbes durch den Geschäftsführer der GmbH festgestellt, dass die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Die beschwerdeführende GmbH erhob fristgerecht Beschwerde und machte geltend, die Rechtsansicht der belangten Behörde sei zwar "möglicherweise durch den Gesetzeswortlaut" der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das Gastgewerbe (Gastgewerbe-Verordnung), BGBl. II Nr. 51/2003, gedeckt, die belangte Behörde argumentiere aber in "rechtswissenschaftlich unredlicher Art und Weise" und verstoße im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gegen die Bundesverfassung. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH habe zwei Studien belegt und in beiden Studien ausreichend ECTS Punkte erlangt, um ihm einen gewissen Grad an akademischer Ausbildung zuzugestehen (mehr als 150 ECTS). Dies reiche zwar nicht, um einen Studienabschluss, aber ein hinreichendes akademisches Ausbildungsniveau vorzuweisen, das dem mit dem Gastgewerbe in der Betriebsart "Kaffee Restaurant" gemäß § 1 Abs. 1 lit. 2 Gastgewerbe-Verordnung vorzuweisenden Qualifizierungsgrad entspreche.
Der Abschluss eines Studiums sei im Normalfall der Nachweis des Erlernens einer wissenschaftlichen Arbeitsweise, die in der Gastronomie nicht gefordert und "als Zugangsvoraussetzung für die Gewerbeausübung realitätsfremd" sei. Wenn Architekten, Historiker oder Mediziner "genauso wie Verfahrenstechniker oder Elektromediziner" einen Gastgewerbebetrieb betreiben könnten, so sei hier eindeutig der Hinweis gegeben, dass die Gastgewerbe-Verordnung keine fachlichen Voraussetzungen fordere, um im Sinne des Konsumentenschutzes oder der Gefahrenabwehr im Bereich z.B. der Hygiene einen Zugang zum Gewerbe zu reglementieren. Auch das "kleine Gastgewerbe" (im Sinne des § 111 Abs. 2 GewO 1994) weise "sachlich wie fachlich eine viel zu geringe Abgrenzung" zum "großen Gastgewerbe" (im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994) auf. Wenn es nämlich der beschwerdeführenden GmbH zum Beispiel erlaubt sei (diese Gewerbeberechtigung sei nicht verwehrt worden), ein Wiener Schnitzel in einer Schnitzelsemmel zu verabreichen, ungeachtet der fachlichen Vorkenntnisse im Bereich der Gastronomie der gewerberechtlichen Geschäftsführung, der damit verbundenen Hygiene und somit Gefahrenabwehr, so sei es unverständlich, "welche 'größere' Gefahr für Leib und Leben" damit verbunden sein sollte, wenn das Wiener Schnitzel auf einem großen Teller mit Beilagen an einem gedeckten Tisch verabreicht werde. Gleiches gelte für das vorgebrachte Beispiel, ein "Pizzastück sei bei der 'kleinen Gastro' erlaubt, die gesamte Pizza auf einem Teller zu verabreichen diesen Gastronomiebetreibern der 'kleinen Gastro' … hingegen verboten". Auch hieraus lasse sich keinerlei Gefahrenabwehr und sachliche Abgrenzung bei der Beschränkung der Erwerbsfreiheit ableiten.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (Verweis auf VfGH 27.11.2023, G 49/2013) dürfe die Einordnung eines Berufs als reglementiertes Gewerbe nur dann erfolgen, wenn eine entsprechende sachliche Verhältnismäßigkeit der Regelung aus Gründen der Gefahrenabwehr oder des Konsumentenschutzes in Abwägung mit dem höheren Rechtsgut des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung bestehe. Durch die Einführung eines freien Gewerbes im Gastgewerbe bestehe keine hinreichende fachliche Abgrenzung zum reglementierten Gastgewerbe, die eine Abwägung der Verhältnismäßigkeit der Regelung aus Gründen der Gefahrenabwehr oder des Konsumentenschutzes aufweise, sodass der Eindruck einer sachlich ungerechtfertigten Zugangsbeschränkung zum Gastgewerbe erweckt werde.
2. Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich beweiswürdigend auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten und gänzlich unstrittigen Akteninhalt.
3. Rechtlicher Rahmen
§ 16 und § 111 GewO 1994, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 204/2022, samt Überschrift lauten:
"4. Besondere Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben
Befähigungsnachweis
Allgemeine Bestimmungen
§ 16. (1) Voraussetzung für die Ausübung von reglementierten Gewerben und von Teilgewerben ist ferner der Nachweis der Befähigung. Kann der Einschreiter diesen Nachweis nicht erbringen, so hat er einen Geschäftsführer (§ 39) zu bestellen. Dies gilt nicht für das Gewerbe der Rauchfangkehrer (§ 94 Z 55). § 9 Abs. 2 gilt in diesen Fällen mit der Maßgabe, dass die Bestellung des neuen Geschäftsführers binnen einem Monat zu erfolgen hat.
(2) Unter Befähigungsnachweis ist der Nachweis zu verstehen, daß der Einschreiter die fachlichen einschließlich der kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbständig ausführen zu können.
(3) Die Befähigung zum Ausbilden von Lehrlingen wird durch die erfolgreiche Ablegung der Ausbilderprüfung oder einer dieser gleichzuhaltenden Prüfung oder durch die erfolgreiche Absolvierung des Ausbilderkurses oder einer diesem gleichzuhaltenden Ausbildung (§§ 29a, 29g und 29h des Berufsausbildungsgesetzes) nachgewiesen.
(4) Ausländische Prüfungszeugnisse über die Befähigung für einen einem reglementierten Gewerbe entsprechenden Beruf sind den österreichischen Prüfungszeugnissen für ein reglementiertes Gewerbe gleichgehalten, wenn dies in Staatsverträgen oder durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, mit der die Gleichwertigkeit festgestellt wurde, festgelegt worden ist. Hierüber ist über Antrag eine Bestätigung durch die Behörde auszustellen.
Gastgewerbe
§ 111. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für
1. die Beherbergung von Gästen;
2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.
(2) Keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe bedarf es für
1. den Ausschank und den Verkauf von in handelsüblich verschlossenen Gefäßen abgefüllten Getränken durch zur Ausübung des mit Omnibussen betriebenen Mietwagen-Gewerbes berechtigte Gewerbetreibende an ihre Fahrgäste;
2. die Beherbergung von Gästen, die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, den Ausschank von Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen im Rahmen eines einfach ausgestatteten Betriebes, der in einer für den öffentlichen Verkehr nicht oder nur schlecht erschlossenen Gegend gelegen und auf die Bedürfnisse der Bergsteiger und Bergwanderer abgestellt ist (Schutzhütte);
3. die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden;
4. die Beherbergung von Gästen, wenn nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereitgestellt werden, und die Verabreichung des Frühstücks und von kleinen Imbissen und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen sowie von gebrannten geistigen Getränken als Beigabe zu diesen Getränken an die Gäste;
5. die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken nach Maßgabe des § 143 Z 7 der Gewerbeordnung 1994 in der Fassung vor dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002, wenn die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Zusammenhang mit der Ausübung des Buschenschankes (§ 2 Abs. 9) nach Maßgabe landesgesetzlicher Vorschriften erfolgt;
6. den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, wenn der Ausschank oder der Verkauf durch Automaten erfolgt.
(3) Unter Verabreichung und unter Ausschank ist jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.
(4) Unbeschadet der den Gastgewerbetreibenden gemäß § 32 zustehenden Rechte stehen ihnen noch folgende Rechte zu:
1. das Einstellen von Fahrzeugen ihrer Gäste,
2. das Halten von Spielen,
3. soweit Gäste beherbergt werden, das Anbieten und die Veranstaltung von Pauschalreisen sowie das Anbieten und die vertragliche Zusage von verbundenen Reiseleistungen, jeweils bestehend aus der Unterbringung im eigenen Betrieb und dem Anbieten folgender sonstiger touristischer Leistungen: Ski- und Liftkarten, Verleih von Sportausrüstung, Sport- und Wanderführungen, Eintrittskarten für Veranstaltungen und Freizeiteinrichtungen, Wellnessbehandlungen, Veranstaltung von Tagesausflügen.
3a. die Ausübung von Tätigkeiten der Massage (§ 94 Z 48) an den Beherbergungsgästen im Rahmen der Beherbergung, wenn die Leistung durch facheinschlägig ausgebildete Fachkräfte, die zumindest auf dem Niveau der Massage-Verordnung, BGBl. II Nr. 68/2003 in der Fassung BGBl. II Nr. 20/2017, ausgebildet sind, erbracht wird,
4. während der Betriebszeiten des Gastgewerbebetriebes der Verkauf folgender Waren:
a) die von ihnen verabreichten Speisen und ausgeschenkten Getränke, halbfertige Speisen, die von ihnen verwendeten Lebensmittel sowie Reiseproviant;
b) Waren des üblichen Reisebedarfes (zB Treib- und Schmierstoffe, Toiletteartikel, Badeartikel, Fotoverbrauchsmaterial, Ansichtskarten, Lektüre, übliche Reiseandenken);
c) Geschenkartikel.
Beim Verkauf von Waren gemäß lit. a bis c muss der Charakter des Betriebes als Gastgewerbebetrieb gewahrt bleiben. Liegt auch eine Berechtigung nach § 94 Z 3 oder Z 19 vor, genügt es, dass der Charakter des Betriebes als Bäcker oder Fleischer gewahrt bleibt, hiebei müssen Verabreichungsplätze bereit gestellt werden.
(5) Bei der Gewerbeanmeldung (§ 339) ist die Betriebsart zu bezeichnen, in der das Gastgewerbe ausgeübt werden soll. Änderungen der Betriebsart sind der Behörde anzuzeigen; Änderungen einer in Abs. 2 genannten Betriebsart auf eine Betriebsart, für die ein Befähigungsnachweis für das reglementierte Gastgewerbe vorgeschrieben ist, sind im Verfahren gemäß § 339 anzumelden."
Die Gastgewerbe-Verordnung in ihrer unverändert gebliebenen Stammfassung des BGBl. I Nr. 51/2003 hat folgenden Wortlaut:
"Zugangsvoraussetzungen
§ 1. (1) Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation zum Antritt eines Gastgewerbes (§ 94 Z 26 GewO 1994) als erfüllt anzusehen:
1. Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer Fachakademie für Tourismus oder
2. Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität oder eines zur Verleihung eines international gebräuchlichen Mastergrades führenden Universitätslehrganges oder
3. Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges, dessen schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich des Tourismus liegt, oder
4. Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss einer Höheren Lehranstalt für Tourismus oder einer Höheren Lehranstalt für Fremdenverkehrsberufe oder deren Sonderformen und Schulversuche, sofern im Rahmen der Schulausbildung ein Praktikum von insgesamt mindestens drei Monaten absolviert wurde, oder
5. Zeugnisse über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung in einem gastgewerblichen Lehrberuf (Koch, Restaurantfachmann, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Systemgastronomie-fachmann) oder in einem kaufmännischen Lehrberuf, sofern die kaufmännische Berufsausbildung im Rahmen eines Gastgewerbebetriebes absolviert wurde, oder
6. Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss einer mindestens dreijährigen berufsbildenden mittleren oder einer nicht durch Z 4 erfassten berufsbildenden höheren Schule, in der schwerpunktmäßig gastgewerbliche Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, sofern im Rahmen der Schulausbildung ein Praktikum von insgesamt mindestens drei Monaten absolviert wurde, oder
7. Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss eines nicht durch eine andere Ziffer erfassten mindestens zweijährigen Speziallehrganges oder Lehrganges, in dem schwerpunktmäßig gastgewerbliche Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, sofern im Rahmen des Ausbildungsganges ein Praktikum von insgesamt mindestens drei Monaten absolviert wurde, oder
8. Zeugnis über eine ununterbrochene dreijährige Tätigkeit in leitender Stellung (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) im Gastgewerbe oder
9. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Konditor (Zuckerbäcker) und eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens eineinhalbjährige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) im Gastgewerbe oder
10. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Konditor (Zuckerbäcker) und eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens zweieinhalbjährige Tätigkeit in leitender Stellung im Gastgewerbe oder
11. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung.
(2) Die fachliche Qualifikation zum Antritt eines Gastgewerbes in der Betriebsart einer Kaffeekonditorei oder eines Eissalons ist weiters durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung im Handwerk der Konditoren (Zuckerbäcker) einschließlich der Lebzelter und der Konditen-, Gefrorenes- und Schokoladewarenerzeugung (§ 94 Z 40 GewO 1994) als erfüllt anzusehen.
Übergangsbestimmungen
§ 2. Zeugnisse über eine erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung gemäß § 1 Z 3 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 387/1974, sowie über eine erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung gemäß § 2 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. II Nr. 19/1997, gelten als Zeugnisse über die Befähigungsprüfung gemäß § 1 Z 11."
4. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 bedarf es für die (uneingeschränkte) Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken einer Gewerbeberechtigung, für die ein Befähigungsnachweis vorgeschrieben ist (§ 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 94 Z 26 GewO 1994).
Die beschwerdeführende GmbH hat ihren (alleinigen, selbständig vertretungsbefugten) handelsrechtlichen Geschäftsführer zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt.
Ein Befähigungsnachweis im Sinne des § 1 Abs. 1 Gastgewerbe-Verordnung wurde nicht vorgelegt. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH hat seine beiden begonnenen Studien nicht abgeschlossen, sodass insbesondere der Beleg über die fachliche Qualifikation durch den "erfolgreichen Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität" nicht vorliegt (§ 1 Abs. 1 Z 2 Gastgewerbe-Verordnung).
Somit lagen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 nicht vor.
Die beschwerdeführende GmbH macht jedoch geltend, die gewerberechtliche Bestimmung sei verfassungswidrig bzw. die Gastgewerbe-Verordnung gesetzeswidrig, weil die Voraussetzung des Vorliegens eines Befähigungsnachweises (gemäß § 94 Z 26 in Verbindung mit § 111 Abs. 1 Z 2 GewO) bzw. die Anforderungen an einen Befähigungsnachweis (insbesondere § 1 Abs. 1 Z 2 Gastgewerbe-Verordnung) unverhältnismäßig und überschießend sind.
Verfassungsrechtliche Bedenken an den genannten Bestimmungen der GewO 1994 bzw. der Gastgewerbe-Verordnung sind beim Verwaltungsgericht Wien nicht entstanden:
Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass Befähigungsnachweiserfordernisse Schranken für den Antritt zu einer Berufsausübung darstellen und daher nur dann als Eingriff in die Erwerbsfreiheit (Art. 6 StGG) verfassungsrechtlich zulässig sind, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. Der Gesetzgeber ist dabei im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt des Art. 6 StGG nicht auf bestimmte öffentliche Interessen (wie etwa nur den Schutz vor Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit und den Konsumentenschutz) beschränkt, sondern es ist ihm ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht13 Rz 888 f).
Mit der Reglementierung des Gastgewerbes werden mehrere gewichtige öffentliche Interessen verfolgt. Zunächst sind der Konsumentenschutz und die Abwehr von Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit von Kunden und Mitarbeitern zu nennen. Gastgewerbetreibende müssen daher im Rahmen ihrer Ausbildung die relevanten Hygienevorschriften, gesundheitsrechtlichen Bestimmungen und Lebensmittelvorschriften vermittelt bekommen. Gleiches gilt für die Brandschutz- und Jugendschutzvorschriften und die Vorschriften zum Alkoholmissbrauch und Nichtraucherschutz. Denn es besteht eine besondere Verantwortung des Gastgewerbetreibenden, die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten, sei es in der Hotellerie oder der Gastronomie. Die Betriebsanlagen- und sonstigen Ausübungsregelungen allein reichen für einen hinreichenden Schutz von Gesundheit und Sicherheit nicht aus. Aber auch Konsumentenschutz im Sinne eines Vermögensschutzes und der Sicherung einer hohen Qualität in Gastronomie und Hotellerie spielen eine wichtige Rolle. Das Befähigungsnachweiserfordernis ist somit auch vor dem Hintergrund der Förderung des Tourismusstandorts Österreich, der Insolvenzprophylaxe und der Sicherung von Ausbildungsplätzen für Lehrlinge zu sehen (vgl. dazu Michael Potacs/Claudia Wutscher, Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Befähigungsnachweiserfordernissen in der GewO, ÖZW 2017, 173 (179)).
Das Erfordernis eines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe erscheint somit grundsätzlich aus verfassungsrechtlicher Sicht gerechtfertigt zu sein (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 111 (Stand 1.10.2022, rdb.at) Anm. 22). An dieser Einschätzung ändert auch nicht, dass gewisse eingeschränkte gastgewerbliche Tätigkeiten (§ 111 Abs. 2 GewO 1994) ohne einen Befähigungsnachweis erbracht werden dürfen (sog. "freies Gastgewerbe"), weil diese spezielle Konstellationen betreffen (z.B. Schutzhütte, Buschenschank, Automatenverkauf, Würstelstand), die in ihrem betrieblichen Umfang und dem nötigen Organisationsgrad nicht mit einem durchschnittlichen Gastronomiebetrieb (Gasthaus, Restaurant oder Kaffeehaus) vergleichbar sind (vgl. dazu insbesondere auch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien, abgedruckt bei Erlacher in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 111 (Stand 1.1.2015, rdb.at)).
Nicht übertragbar erscheint auch das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des VfGH vom 27.11.2013, G 49/2013, VfSlg. 19.814/2013, zu Berufsfotografen, wo die Besonderheiten dieses Falles zur Aufhebung der Reglementierung führten. Es hatte sich die Gewerbeausübung aufgrund technischer Entwicklung von der analogen zur digitalen Fotografie und der erhöhten Verbreitung der Fotografie in der Allgemeinbevölkerung stark verändert, was ausweislich der Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 85/2012, mit der ursprünglich eine Abschaffung der Reglementierung geplant war, auch dem Gesetzgeber bewusst war. Den Konsumenten war es überdies nach Ansicht des VfGH in ausreichender Weise möglich, durch Vorabbegutachtung und Vergleich mit Fotoaufnahmen anderer Berufsfotografen die Qualität der Tätigkeit abzuschätzen (vgl. abermals mit weiteren Ausführungen bei Michael Potacs/Claudia Wutscher, Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Befähigungsnachweiserfordernissen in der GewO, ÖZW 2017, 173 (176)).
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die Gastgewerbe-Verordnung in ihrem § 1 Abs. 1 Z 2, der - im Unterschied insbesondere etwa zu § 1 Abs. 1 Z 3 - für Universitätsabsolventen keinen fachspezifischen Ausbildungsinhalt verlangt, wofür eine sachliche Rechtfertigung auf den ersten Blick nicht einleuchtet (gleichheitsrechtliche Bedenken merken auch Michael Potacs/Claudia Wutscher, Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Befähigungsnachweiserfordernissen in der GewO, ÖZW 2017, 173 (179), an). Allerdings sind weder Z 2 noch Z 3 des § 1 Abs. 1 der Gastgewerbe-Verordnung im vorliegenden Fall auf den Beschwerdeführer anzuwenden, insbesondere da er nicht über einen erfolgreichen Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges verfügt, dessen schwerpunktmäßige Ausbildung in einem anderen Bereich als Tourismus liegt, sodass er von diesem Unterschied nicht nachteilig betroffen sein kann. Selbst wenn eine fachspezifische Einschränkung in der Z 3 entfallen würde oder eine solche in der Z 2 eingefügt würde, was die vom Beschwerdeführer zu diesem Aspekt behauptete Verfassungswidrigkeit in der Gastgewerbe-Verordnung wohl beseitigen müsste, würde sich dies auf die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalls nicht auswirken. Es mangelt daher im vorliegenden Verfahren an der Präjudizialität dieser allenfalls bedenklichen Bestimmungen, sodass schon aus diesem Grund eine Antragslegitimation des Verwaltungsgerichts Wien gemäß Art. 89 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 Abs. 4 B-VG ausscheidet.
Der Beschwerdeführer führt auch ins Treffen, dass die von ihm im Rahmen seines betriebswirtschaftlichen bzw. wirtschaftsrechtlichen Universitätsstudiums bereits abgelegten Prüfungen als ausreichender Befähigungsnachweis anzuerkennen wären und hält die Gastgewerbe-Verordnung insgesamt auch deswegen für verfassungswidrig, weil sie nur auf Studienabschlüsse abstellt.
Dazu ist anzumerken, dass die Festsetzung von Bedingungen für den Antritt eines Erwerbszweiges im Sinne des Art. 6 StGG in Zusammenhalt mit der Berufswahl- und ‑ausbildungsfreiheit gemäß Art. 18 StGG verstanden werden muss. Wenn es gemäß Art. 18 StGG jedermann freisteht, "seinen Beruf zu wählen, wie und wo er will", so ist der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber zwar nicht gehindert, gemäß Art. 6 StGG für den Antritt eines Erwerbszweiges entsprechende, für die Ausübung des Erwerbszweiges erforderliche und adäquate Ausbildungsgänge vorzuschreiben. Er ist jedoch auf Grund von Art. 18 StGG verfassungsrechtlich verpflichtet, sachlich gleichwertige Ausbildungsalternativen zu berücksichtigen und die Absolvierung ihrer Art nach gleichwertiger Ausbildungsgänge zuzulassen (vgl. beispielsweise VfGH vom 27.11.2002, V 27/02, VfSlg. 16.734/2002; weitere Nachweise bei Czech in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B‑VG und Grundrechte, Art. 18 StGG (Stand 1.1.2021, rdb.at) Rz 8).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien stellt ein teilweiser Studienerfolg im Vergleich zu fertigen Lehrgangs- oder Studienabschlüssen - und das selbst im Vergleich zu anderen, etwa kürzeren und spezialisierten, Lehrgängen - keine gleichwertige Ausbildungsstufe dar, mögen auch die für die angestrebte Berufsausübung relevantesten Fächer bereits mit positiver Prüfung abgeschlossen worden sein. Der Nachweis einzelner erfolgreich abgelegter Prüfungen aus einem Studien- oder Lehrgang stellt in der Praxis kein handhabbares objektives Beurteilungskriterium zur Verfügung, das eine Vergleichbarkeit des von den einzelnen Personen erreichten Ausbildungsstands ermöglicht und das in einen generellen Rechtsakt Eingang finden könnte. Es erscheint daher sachlich gerechtfertigt, wenn die Gastgewerbe-Verordnung bei der Aufzählung der Belege in § 1 Abs. 1, die zur Erfüllung der fachlichen Qualifikation vorgelegt werden können, bei Schulen und Lehrgängen ausschließlich auf den erfolgreichen Abschluss der jeweiligen Ausbildung abstellt.
Im Ergebnis hegt somit das Verwaltungsgericht Wien an der Verfassungskonformität der von ihm anzuwendenden Bestimmungen der GewO 1994 und der Gastgewerbe-Verordnung keine Bedenken.
Die Untersagung der Gewerbeausübung durch den angefochtenen Bescheid ist daher zu Recht erfolgt. Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines Befähigungsnachweises keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zu beurteilen war.
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