LVwG Steiermark LVwG 47.36-7127/2022

LVwG SteiermarkLVwG 47.36-7127/202215.11.2022

SHG Stmk 1998 §1
SHG Stmk 1998 §15
SHG Stmk 1998 §19
SHG Stmk 1998 §21
SHG Stmk 1998 §35
AVG 1991 §18
AVG 1991 §58

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.47.36.7127.2022

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Leber über die Beschwerde der AB, geb. XXXX, O, T, gegen die Erledigung des Sozialhilfeverbandes Bruck-Mürzzuschlag vom 16.05.2022, GZ: BHBM-263110/2022, den

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wegen Nichtvorliegen eines Bescheides als unzulässig

 

zurückgewiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat Folgendes erwogen:

 

I. Festgestellter Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 14.03.2022 (und weiteren Schreiben) einen Antrag auf Übernahme der Instandsetzungskosten an die Bezirkshauptmannschaft.

 

Nach Einholung verschiedener Unterlagen erging folgende Erledigung des Sozialhilfeverbandes Bruck-Mürzzuschlag an die Beschwerdeführerin:

 

„SozialhilfeVerband

BRUCK-MÜRZZUSCHLAG

 

Geschäftsstelle

Frau

AB…

 

Bearbeiter: A.B.

Tel.: ***

Fax: ***

E-Mail:***

 

Bei Antwortschreiben bitte unser Geschäftszeichen (GZ) und (wenn vorhanden) Ihre E-Mailadresse

GZ: BHBM-263110/2022

Bruck an der Mur, am 16.05.2022

Betr.: Hilfe in besonderen Lebenslagen

 

  

 

 

Sehr geehrte Frau AB

 

Es tut uns sehr leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Antrag auf „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ vom 14.03.2022 (Übernahme der Kosten für Wohnungsrenovierung) nicht befürwortet wurde und daher abgewiesen wird.

 

Im Namen des Vorstandes des Sozialhilfeverbandes Bruck-Mürzzuschlag darf ich Ihnen trotzdem Alles Gute wünschen.

 

Mit freundlichen Grüßen!

Für den Sozialhilfeverband Bruck-Mürzzuschlag:

(CD, MAS)“

 

Gegen diese Erledigung richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

 

II. Beweiswürdigung:

 

Da im gegenständlichen Fall die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

 

Die Feststellungen stützen sich auf den unbedenklichen Akteninhalt.

 

Darüber hinaus handelt es sich der Beurteilung der gegenständlichen strittigen Frage um eine (nicht übermäßig komplexe) rechtliche Beurteilung. Der wesentliche Sachverhalt (nämlich, der tatsächliche Inhalt der angefochtenen Erledigung) ist feststellbar, diesbezüglich wurden Fragen der Beweiswürdigung nicht aufgeworfen. Eine mündliche Erörterung lässt somit eine weitere Klärung der Rechtssache bzw. des Sachverhalts nicht erwarten, weshalb das Landesverwaltungsgericht eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich hält. Eine Verhandlung wurde auch von keiner der Parteien beantragt. Dem Entfall der Verhandlung steht weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Die Verwaltungsgerichte können bei der Entscheidung über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. VwGH 16.11.2015, Ra 2015/11/0091; 29.01.2014, 2013/03/0004 mwN; vgl. auch VwGH 16.10.2013, 2012/04/0086). Der Entfall einer nicht erforderlichen Verhandlung entspricht auch der Zielsetzung der aktuellen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, wonach Zusammenkünfte nur in unbedingt notwendigen Ausnahmesituationen erfolgen sollen.

 

III. Rechtliche Beurteilung:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des SHG, LGBl. Nr. 29/1998 idF LGBl. Nr. 1/2022, lauten (auszugsweise):

 

§ 1

Aufgabe der Sozialhilfe

(1) Durch die Sozialhilfe soll jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

(2) Die Sozialhilfe umfasst:

(3) Die Sozialhilfe ist zu gewähren, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder eine drohende Notlage abzuwenden. Sie ist fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 51/2021

 

B. Hilfe in besonderen Lebenslagen

§ 15

Art, Umfang und Voraussetzungen

(1) Hilfe in besonderen Lebenslagen kann Personen gewährt werden, die auf Grund ihrer besonderen persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder infolge außergewöhnlicher Ereignisse sozialer Gefährdung ausgesetzt sind und zur Eingliederung in die Gemeinschaft und das Erwerbsleben oder zur Festigung der Stellung in der Gemeinschaft und im Erwerbsleben der Hilfe bedürfen.

(2) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen besteht in:

(3) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen kann unabhängig von einem Anspruch auf Hilfe gemäß § 9 Abs. 2 gewährt werden.

(4) Ziel der Hilfe in besonderen Lebenslagen ist es, dem Hilfeempfänger eine Lebensgrundlage zu schaffen, durch die voraussichtlich weitere Leistungen der Sozialhilfe in absehbarer Zeit nicht erforderlich sind.

(5) Geld- und Sachleistungen können von Bedingungen abhängig gemacht oder unter Auflagen gewährt werden, die der Hilfeempfänger zu erfüllen hat, um den bestmöglichen Erfolg der Hilfeleistung sicherzustellen.

(6) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen kann nur nach Abschluß eines Ermittlungsverfahrens zur Prüfung der Voraussetzungen gewährt werden.

(7) Werden im Rahmen dieser Leistungen Darlehen gewährt, sind diese, soweit möglich, durch pfandrechtliche Einverleibung oder Bürgschaft zu sichern und nur in dem Ausmaß zu gewähren, als die Rückzahlung dem Hilfeempfänger zumutbar ist.

(8) Die Rückzahlung von Geldleistungen ist der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Hilfeempfängers anzupassen und kann ganz oder teilweise erlassen werden, wenn durch die Rückzahlung eine wirtschaftliche oder soziale Gefährdung gegeben wäre.

(9) Auf die Hilfe in besonderen Lebenslagen besteht kein Rechtsanspruch.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 51/2021

 

§ 19

Aufgaben der Sozialhilfeverbände (Stadt Graz)

(1) Die Sozialhilfeverbände (Stadt Graz) haben 40% der Kosten der Hilfe gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 zu tragen.

(2) Im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen können die Sozialhilfeverbände (Stadt Graz) allein oder gemeinsam mit dem Land Steiermark Leistungen erbringen.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 7/2015, LGBl. Nr. 51/2021

 

 

§ 21

Organisation der Sozialhilfeverbände

(1) Die Gemeinden des politischen Bezirkes bilden den Sozialhilfeverband.

(2) Die Sozialhilfeverbände führen den Namen der politischen Bezirke.

(3) Die Bildung der Gemeindeverbände, die Zusammensetzung der Organe sowie die Aufgaben der Organe und die Aufsicht richtet sich nach den Bestimmungen des GVOG 1997.

(4) Geschäftsstelle des Sozialhilfeverbandes ist die Bezirkshauptmannschaft. Das Nähere über die inhaltliche Aufgabenstellung, die personellen Belange, den an das Land zu leistenden Kostenersatz für Personal- und Sachaufwand sowie die Verwendung einer einheitlichen Software ist in einem Vertrag zwischen dem Land und dem Sozialhilfeverband zu regeln.

(5) Der dem Land durch die Besorgung von Aufgaben für den Sozialhilfeverband entstehende Personal- und Sachaufwand ist durch den Sozialhilfeverband zu ersetzen.

(6) Die Funktionsdauer eines Vertreters der Gemeinde in der Verbandsversammlung endet

(7) Die Einberufung und Leitung der Sitzungen der Verbandsversammlung obliegt dem Verbandsobmann. Wenn es mindestens ein Drittel der Mitglieder der Verbandsversammlung oder die Aufsichtsbehörde verlangt, ist der Verbandsobmann verpflichtet, die Verbandsversammlung innerhalb von zwei Wochen so einzuberufen, daß sie innerhalb von weiteren zwei Wochen zusammentreten kann.

(8) Das Nähere über die Geschäftsführung der Verbandsversammlung ist in der von der Verbandsversammlung zu beschließenden Geschäftsordnung zu regeln.

(9) Die Mitglieder des Verbandsvorstands sind neu zu wählen

(10) Die Funktionsdauer eines Mitgliedes des Verbandsvorstandes endet vorzeitig:

(11) Die Sitzungen des Verbandsvorstandes haben nach Bedarf, mindestens jedoch einmal im Vierteljahr stattzufinden. Das Nähere über die Geschäftsführung des Verbandsvorstandes ist in der von der Verbandsversammlung zu beschließenden Geschäftsordnung zu regeln.

(12) Die Verbandsversammlung hat neben den im Gemeindeverbandsorganisationsgesetz der Verbandsversammlung zugewiesenen Aufgaben folgende weitere Aufgaben:

(13) Der Verbandsvorstand hat folgende Aufgaben:

(14) Der Obmann des Sozialhilfeverbandes hat die ihm im GVOG zugewiesenen Aufgaben, ausgenommen die Leitung der Geschäftsstelle, wahrzunehmen. Daneben hat er folgende Aufgaben:

(14a) Die Sozialhilfeverbände sind berechtigt bei Besorgung ihrer Aufgaben den Gesamtdatensatz bestimmter Menschen im Datenfernverkehr durch Abfrage im Zentralen Melderegister zu ermitteln (§ 16a Abs. 4 Meldegesetz 1991).

(14b) Die Sozialhilfeverbände sind ermächtigt die zum Zweck der Kostentragung notwendigen personenbezogenen Daten automatisiert zu verarbeiten. Dazu zählen insbesondere Daten zu Hilfeempfänger/innen und bei Minderjährigen zu deren Eltern, zu Leistungserbringern, zu Art, Umfang und Kosten der erbrachten Leistung sowie Daten, die zur Gegen- und Rückverrechnung mit anderen Sozialhilfeträgern erforderlich sind.

(15) Die Sozialhilfeverbände sind berechtigt, ihren durch die eigenen Einnahmen nicht gedeckten Finanzbedarf auf Grund des § 3 Abs. 2 F-VG auf die verbandsangehörigen Gemeinden nach Maßgabe ihrer Finanzkraft (Soll-Aufkommen aus sämtlichen Gemeindeabgaben ohne Benützungsgebühren und aus den Ertragsanteilen ohne Bedarfszuweisungsanteil aus dem zweitvorangegangenen Jahr) umzulegen (Sozialhilfeumlage). Die Höhe der Sozialhilfeumlage ist in einem Hundertsatz dieser Berechnungsgrundlage festzusetzen. Der Hundertsatz bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Sozialhilfeumlage ist von den Gemeinden in monatlichen Teilbeträgen bis zum 15. des darauffolgenden Monats zu entrichten.

(16) Aufwendungen der Gemeinden für die sozialen Dienste gemäß § 16 sind nicht in die Sozialhilfeumlage einzubeziehen.

(17) Bei Zusammenführung von Bezirkshauptmannschaften (politischen Bezirken) gilt Folgendes:

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 102/2011, LGBl. Nr. 47/2018, LGBl. Nr. 51/2021

 

Zuständigkeit

§ 35

Behörde, Entscheidungsfrist

(1) Behörde ist die Bezirksverwaltungsbehörde.

(2) Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Aufenthalt des Hilfeempfängers. In Verfahren betreffend die Unterbringung in stationären Einrichtungen richtet sich die örtliche Zuständigkeit für das Restkostenübernahmeverfahren und das Kostenrückersatzverfahren nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfeempfängers vor Unterbringung in einer stationären Einrichtung, sofern dieser in der Steiermark liegt.

(3) Die Behörde ist verpflichtet, über Anträge auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes im Sinn des § 7, ausgenommen Anträge gemäß § 13, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen, zu entscheiden.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 78/2005, LGBl. Nr. 21/2007, LGBl. Nr. 27/2007, LGBl. Nr. 82/2009, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 87/2013

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF LGBl. Nr. 58/2018 lauten (auszugsweise):

 

Erledigungen

§ 18

 (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.

 

Erlassung von Bescheiden

§ 56

 Der Erlassung eines Bescheides hat, wenn es sich nicht um eine Ladung (§ 19) oder einen Bescheid nach § 57 handelt, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den §§ 37 und 39 voranzugehen.

 

Inhalt und Form der Bescheide

§ 58

 (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4.

 

Im vorliegenden Fall ist zu klären, ob die gegenständlich angefochtene Erledigung Bescheidqualität aufweist.

 

Zu den konstitutiven Bescheidmerkmalen bzw. den Anforderungen an den Spruch eines Bescheides ist Folgendes auszuführen:

 

Unabdingbare (wenn auch noch nicht hinreichende) Voraussetzung für die Qualifikation einer Erledigung als hoheitlich und damit als Bescheid ist, dass sie einer Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinn zugerechnet werden kann. Darunter versteht man ein Verwaltungsorgan, dem durch eine Rechtsvorschrift imperium (Hoheitsgewalt) eingeräumt ist; VfSlg Anh 6/1949; 16.221/2001), und nicht etwa ein bloßes Hilfsorgan ohne selbständige Behördenqualität (vgl VwSlg 5337 A/1960;  Das Fehlen der Behördeneigenschaft (der „Bescheidfähigkeit“ des „bescheiderlassenden“ Organs, dh das Fehlen jeglicher und damit einer auch nur abstrakten Kompetenz zu hoheitlichem Handeln (zB die bloße Ermächtigung zur Ausstellung von Rückstandsausweisen oder zur Setzung von Akten der Privatwirtschaftsverwaltung [VfSlg 4856/1964]), ist ein so wesentlicher Fehler, dass eine von einem solchen Organ ausgehende individuelle normative Entscheidung (ungeachtet ihrer Form) nicht als Bescheid gewertet werden kann, also absolut nichtig ist. Ohne (unmittelbare) Bedeutung für ihre Bescheidqualität (sondern nur für ihre Rechtmäßigkeit) ist hingegen, ob die Behörde in concreto zu (Un-)Recht von ihrer abstrakten Kompetenz Gebrauch gemacht (VfSlg 3952/1961; 4858/1964; 12.574/1990) oder zB eine gerichtliche Zuständigkeit in Anspruch genommen hat. (Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 14 (Stand 1.7.2005, rdb.at)

 

Gemäß § 35 Abs. 1 SHG ist Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde. Gemäß § 19 Abs. 1 SHG haben die Sozialhilfeverbände (Stadt Graz) 40% der Kosten der Hilfe gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 zu tragen. Gemäß § 19 Abs. 2 SHG können im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen die Sozialhilfeverbände (Stadt Graz) allein oder gemeinsam mit dem Land Steiermark Leistungen erbringen.

 

Die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung vermag nur dann Rechtswirkung zu entfalten, wenn sie (irgend)einer bestimmten Behörde zurechenbar ist. Rechtmäßig kann sie nur sein, wenn es sich dabei um die zuständige Behörde handelt. Die somit sowohl für die Wirksamkeit (der Ausfertigung) einer Erledigung als auch für die (Un-) Zuständigkeit einer Behörde entscheidende Frage, ob die Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist anhand des Kopfs, des Spruchs, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Dies muss aus der Erledigung selbst hervorgehen, es reicht nicht, dass das Kuvert den Namen der Behörde aufweist. [vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 (Stand 1.1.2014, rdb.at)]

 

Im vorliegenden Fall ist die Erledigung nach objektiven Gesichtspunkten dem Sozialhilfeverband Bruck-Mürzzuschlag zuzurechnen. Diesem wurde jedoch keine Hoheitsgewalt eingeräumt. Somit kann die angefochtene Erledigung nicht als Bescheid gewertet werden.

 

Bereits aus diesem Grund ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl VwGH 23.03.2006, 2005/07/0091).

 

Darüber hinaus besteht gemäß § 15 Abs. 9 SHG auf die Hilfe in besonderen Lebenslagen kein Rechtsanspruch.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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