LVwG Steiermark LVwG 20.32-157/2023

LVwG SteiermarkLVwG 20.32-157/202319.7.2023

AVG 1991 §37 ff
VwGVG 2014 §28 Abs6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2023:LVwG.20.32.157.2023.

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Rotschädl über die Beschwerde von A B, wohnhaft in S, S, vertreten durch Mag. C D, RA, B a d M, Fallee, wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag (belangte Behörde) (weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) eine zwangsweise Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG am 07.12.2022 betreffend nach öffentlicher mündlicher Verhandlung

 

z u R e c h t e r k a n n t:

 

I. Gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG wird der Beschwerde

 

F o l g e g e g e b e n

 

und festgestellt, dass die der belangten Behörde zurechenbare Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Form einer Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG rechtswidrig war.

 

II. Der Rechtsträger der belangten Behörde hat dem Beschwerdeführer den Ersatz des Schriftsatzaufwands in der Höhe von € 737,60, den Ersatz des Verhandlungsaufwandes in der Höhe von € 922,00 sowie den Ersatz der Barauslagen in der Höhe von € 30,00 (Eingabegebühr), sohin insgesamt € 1.689,60 an Aufwandersatz gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist keine Revision zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1. Mit Schriftsatz vom 13.01.2023 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer fristgerecht eine Maßnahmenbeschwerde ein und beantragte, die zwangsweise Abnahme von zwölf Hunden vom 07.12.2022 durch die belangte Behörde für rechtswidrig zu erklären samt Zuerkennung eines Kostenersatzes.

 

2. Mit Erledigung vom 31.01.2023 übermittelte die belangte Behörde eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie die Feststellung, wonach sich die verfügte Maßnahme als rechtskonform darstelle.

 

3. Mit hg. Beschluss vom 25.05.2023 wurde dem Verfahren eine veterinärmedizinische Amtssachverständige beigezogen. Dieser wurde der Verfahrensakt der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht.

 

4. Am 18.04.2023 sowie am 19.06.2023 fanden öffentliche mündliche Verhandlungen vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark statt. Zum Sachverhalt befragt wurden der Beschwerdeführer, die Zeugin Mag. E F, der Zeuge Mag. G H sowie der Zeuge Dr. I J.

 

5. Das Erkenntnis wurde in der Verhandlung vom 19.06.2023 mündlich verkündet. Die belangte Behörde hat fristgerecht einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung gestellt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

 

Spruchpunkt I:

 

I.1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) war Halter von 13 Hunden, die er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin auf seinem ca. 6.000 m² großen Anwesen in S betreute. Bei den zwölf abgenommenen Hunden handelt es sich um vier Hunde der Rasse „Alaskan Malamute Mix“, die im Jahr 2009 geboren wurden (Hund „Mae“, Hund „Arico“, Hund „Ajax“, Hund „Coucou“), um drei Hunde der Rasse „Alaskan Malamute“, die 2013 (Hund „Emil“), 2017 (Hund „Sarek“) und 2018 (Hund „Freya“) geboren wurden sowie um fünf Hunde der Rasse „Mischling“, die im Jahr 2019 geboren wurden (Hund „Frigg“, Hund „Chanel“, Hund „Gyfli“ und Hund „Loki“) (siehe OZ 15).

 

Diese zwölf Hunde waren im Freien in Zwingeranlagen auf der Liegenschaft des BF untergebracht. Diese Zwingeranlagen bestehen aus einem überdachten, dreiseitig umschlossenen Zwinger aus Holz und daran anschließend einem aus Baustellenzäunen errichteten Zwinger (in der Folge: „hintere Zwingeranlage“) sowie einem Zubau an diese hintere Zwingeranlage, ebenfalls aus Baustellenzäunen errichtet, der keine überdachte Fläche aufweist (in der Folge: „vordere Zwingeranlage“). Daneben befindet sich eine weitere Zwingeranlage (in der Folge: „Nebenzwinger“), gegenüber der Hauptzwingeranlage, die als Quarantänezwinger diente.

 

Die hintere Zwingeranlage weist eine Breite von 8,10 m und eine Länge von 11,90 m auf, woraus sich eine Gesamtfläche von 96,39 m² ergibt. Der Zugang zu dieser Zwingeranlage erfolgt seitlich über den überdachten Holzverbau. Im Zwinger befinden sich vier abgetrennte Bereiche, in denen jeweils zwei Hunde gehalten wurden, sodass in der hinteren Zwingeranlage insgesamt acht Hunde untergebracht waren. Diese Bereiche sind mit Baustellenzäunen getrennt, sodass die Hunde Sichtkontakt zueinander hatten. Der überdachte Bereich der hinteren Zwingeranlage weist eine Gesamtfläche von 35,64 m² auf und ist mit einem Holzboden ausgestattet. In diesem überdachten Bereich befinden sich vier Hundehütten in Form von Doppelboxen im Ausmaß von 1,50 m x 1,00 m. Zum Zeitpunkt einer von der belangten Behörde nach dem Tierschutzgesetz durchgeführten Kontrolle am 20.09.2022 befand sich in diesem überdachten Bereich keine verformbaren Unterlagen, auf die sich die Hunde hätten legen können. Die Liegeflächen für die Hunde waren in diesem Bereich ausnahmslos aus Holz. Von diesem überdachten Bereich konnten die acht Hunde über eine Art Stufe in den nicht überdachten Bereich der hinteren Zwingeranlage gelangen. Für die älteren Hunde waren zur Überwindung dieser Stufe Rampen vorgesehen. Der nicht überdachte Teil der hinteren Zwingeranlage ist mit Waschbetonplatten ausgestattet, auf denen die Hunde auch ihre Notdurft verrichteten. Naturboden ist in diesem Bereich nicht vorhanden. Abzüglich der Hundehütten stand in der hinteren Zwingeranlage jeweils zwei Hunden eine Fläche von 22 m² zur Verfügung.

 

Die vordere Zwingeranlage ist ein Konstrukt aus Baustellenzäunen, die trapezförmig angelegt ist, mit Waschbetonplatten ausgestattet und durch zwei Zugänge im vorderen Bereich der Anlage sowie über die hintere Zwingeranlage betreten werden kann. Die Gesamtfläche dieser Zwingeranlage beträgt 30 m². Ein überdachter Bereich ist in dieser Zwingeranlage nicht vorhanden und der Zwinger ist nach allen Seiten hin offen ausgeführt. Die vordere Zwingeranlage ist mit Baustellenzäunen in zwei Bereiche unterteilt, in welchem zum Zeitpunkt der Kontrolle der belangten Behörde am 20.09.2022 jeweils zwei Hunde und zum Zeitpunkt der Kontrolle am 05.12.2022 jeweils ein Hund mit Sichtkontakt zueinander untergebracht waren. Zwischen diesen beiden Bereichen befindet sich ein verriegelbarer Durchschlupf. Im rechten Bereich der vorderen Zwingeranlage befindet sich eine Hundehütte mit Flachdach, die etwas erhöht auf einer Art Pfahlbau errichtet ist und eine Größe von 1,20 m x 0,8 m aufweist. Neben dieser Hütte befindet sich eine treppenartige Aufstiegshilfe aus Holz, um in die Schutzhütte zu gelangen. Im linken Bereich der vorderen Zwingeranlage befindet sich eine wiederum in Pfahlbauweise errichtete Hundehütte mit Flachdach samt einer Aufstiegshilfe in Form einer kleineren Hütte aus Holz mit Flachdach. Die Aufstiegshilfen wurden von den Hunden auch als Liegefläche genutzt. Unter Abzug dieser Hundehütten stand den vier bzw. zwei Hunden jeweils eine Gesamtfläche von 15 m² im vorderen Zwinger zur Verfügung. Auch in der vorderen Zwingeranlage waren bis zur Tierabnahme keine verformbaren Unterlagen zum Liegen vorhanden.

 

Gegenüber dieser Hauptzwingeranlage befindet sich ein Nebenzwinger, der unmittelbar auf Naturboden errichtet worden ist und eine Fläche von 34 m² aufweist. Zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle am 05.12.2022 waren zwei Hunde in diesem Nebenzwinger untergebracht, die Sichtkontakt zu den Hunden in der vorderen und hinteren Zwingeranlage hatten.

 

Die Zwingeranlagen wurden vom BF jeden Tag gereinigt und zwar wurde der Kot und je nach Fellwechsel auch das Fell der Hunde bedarfsweise beseitigt. Dieser Vorgang dauerte täglich ca. eine Dreiviertelstunde. Der überdachte Bereich in der hinteren Zwingeranlage wurde vom BF einmal in der Woche bzw. je nach Bedarf geputzt und desinfiziert. Im vorderen Bereich erledigte sich putztechnisch viel von selbst durch Regen und Schnee. Mehrmals im Jahr wurde die gesamte Zwingeranlage gekerchert. Beim Putzen der Zwingeranlage erhielt der BF Unterstützung von seiner Lebensgefährtin.

 

Der BF ist von Beruf Maschinenbautechniker und ist aufgrund seiner Altersteilzeit dreimal in der Woche für acht Stunden beruflich tätig. In dem für die vorliegende Beschwerdesache maßgeblichen Zeitraum von September 2022 (erste Kontrolle der belangten Behörde) bis Dezember 2022 (Abnahme der Tiere durch die belangte Behörde) versorgte der BF seine Hunde täglich in der Früh zunächst mit einer „Suppe“, worunter Wasser angereichert mit Trockenfutter und Ölen zu verstehen ist. Mit dieser „Suppe“ wurden die Hunde in der Früh „gewässert“, also mit Flüssigkeit versorgt. Permanent stand den Hunden zum maßgeblichen Zeitpunkt kein Wasser zur Verfügung, da dieses eingefroren wäre. Zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr wurden die Hunde vom BF gefüttert. Bei diesem Futter handelte es sich um Trockenfutter, welches Stunden zuvor mit Wasser angereichert wurde. Das Futter bestand dabei aus einem Anteil Trockenfutter und 12 Anteilen Wasser. Damit wurde den Hunden über das Futter erneut Flüssigkeit zugeführt. Darüber hinaus erhielten die Hunde täglich Frischfleisch. Dabei handelte es sich um Muskelfleisch und Innereinen vom Schwein bzw. Rind. Durchschnittlich wurden dafür zwischen 30 kg und 35 kg Fleisch in Form von Muskelfleisch und Innereien von Schwein und Rind benötigt.

 

Im Winter unternahm der BF bei entsprechenden Schneeverhältnissen ua. Schlittenfahrten mit einigen Hunden bzw. gewährte diesen täglich gemeinsam Auslauf vor den Zwingeranlagen.

Aufgrund einer Meldung der Tierschutzombudsstelle vom 09.09.2022 nahm die belangte Behörde mit dem BF telefonisch Kontakt auf und teilte diesem mit, eine Überprüfung nach dem Tierschutzgesetz auf der Liegenschaft des BF durchführen zu wollen. In der Folge fand eine solche Überprüfung am 20.09.2022 statt, an der der BF, die Lebensgefährtin des BF, die Zeugin Mag. E F (in der Folge: Zeugin Mag. E F), als Vertreterin der belangten Behörde sowie der Zeuge Mag. G H (in der Folge: Zeuge Mag. G H.) als Amtsstierarzt teilnahmen. Anlässlich dieser Überprüfung haben die Zeugin Mag. E F. und der Zeuge Mag. G H. zunächst die Chips der Hunde ausgelesen und diese mit der Hundedatenbank abgeglichen. In der Folge hat der Zeuge Mag. G H. Fotos von den beiden Zwingeranlagen, in welchen sich anlässlich der Kontrolle insgesamt zwölf Hunde befunden hatten, angefertigt und die gesamte Zwingeranlage vermessen. Eine veterinärmedizinische Untersuchung der einzelnen Hunde fand vor Ort nicht statt. Dies lag zum einen an den unwirtlichen Wetterverhältnissen – es hatte am Tag der Kontrolle stark geregnet, zum anderen am Verhalten der Hunde. Die Tiere verhielten sich den Kontrollorganen gegenüber aufgeregt, aber freundlich, reagierten aber kaum auf Anweisungen des Zeugen Mag. G H., sodass sich bereits das Auslesen der Chips als äußerst schwierig erwiesen hatte. Aus diesen Gründen wurde von einer veterinärmedizinischen Untersuchung der zwölf Tiere vor Ort abgesehen. Medizinische Auffälligkeiten wurden bei den Hunden von den Kontrollorganen nicht festgestellt (siehe OZ 3). Auch eine offensichtliche Abmagerung der Tiere konnte von der Zeugin Mag. E F. vor Ort nicht festgestellt werden, da man aufgrund der Fellmenge diesbezüglich die Tiere angreifen hätte müssen. Mit dem BF wurde in der Folge in dessen Haus ein Gespräch geführt. Anlässlich dieses Gespräches haben die Zeugen Mag. E F. und Mag. G H. dargelegt, welche Verbesserung bei der Haltung der Tiere angezeigt wären. Der konkrete Gesprächsinhalt wurden von der Zeugin Mag. E F. nicht dokumentiert.

 

Auf der als „Überprüfung“ bezeichneten Erledigung vom 20.09.2022 der belangten Behörde, welche von sämtlichen Anwesenden unterfertigt worden war, wurde ua. Folgendes vermerkt: „Auf Grund einer Meldung der Tierschutzombudsschaft Steiermark vom 09.09.2022 und dem dortigen Ersuchen um Kontrolle der gegenständlichen Tierhaltung, Berichterstattung und Mitteilung der angeordneten Maßnahmen wird heute nach telefonischer Vorankündigung ein Ortsaugenschein unter Beiziehung des Amtstierarztes Mag. G H und Hundehalter A B durchgeführt. Auf Grund der Witterungsverhältnisse (starker Regen) wurde von der Aufnahme eines TB-Protokolls Abstand genommen. Die Hunde wurden begutachtet, die Chips gelesen, die Zwinger abgemessen und ein ausführliches Gespräch mit Herrn A B geführt. Das Ergebnis wird in einem Kontrollbericht zusammengefasst. Bilder wurden angefertigt, dokumentieren die Zustände vor Ort und werden dem Akt beigelegt. Dieses wird im Anschluss zum Parteigehör an die Anwesenden sowie die TSO übermittelt werden. Der Amtstierarzt erstellt seine fachliche Stellungnahme anhand einer Checkliste, welche sodann dem Bericht beigelegt wird“ (siehe OZ 2).

 

Eine solche Checkliste wurde vom Amtstierarzt nie erstellt und der Kontrollbericht einschließlich der beschriebenen Beweismittel wurde weder an den BF noch an die Tierschutzombudsperson übermittelt (siehe unten). Die anlässlich der Kontrolle vom 20.09.2022 angefertigten Fotos fanden Eingang in den Verfahrensakt (insgesamt 18 Fotos).

 

Mit Email vom 21.09.2022 übermittelte der Zeuge Mag. G H. eine von ihm angefertigte Skizze von den Zwingeranlagen an die Zeugin Mag. E F. mit der Bemerkung: „Die Boxen sind nur 16 bzw. 19 m² groß (siehe Skizze)“. Der Kontrollbericht über die Überprüfung am 20.09.2022 (siehe OZ 3) wurde knapp drei Wochen später von der Zeugin Mag. E F. gemeinsam mit dem Zeugen Mag. G H. erstellt. Die Zeugin Mag. E F. hatte am Kontrolltag keine persönlichen Aufzeichnungen über die Haltung der Tiere verfasst. Die Aufzeichnungen des Zeugen Mag. G H. fanden mangels Les- und Scanbarkeit keinen Eingang in den Behördenakt und standen bei der Erstellung des Kontrollberichtes insofern auch nicht mehr zur Verfügung. Der Bericht wurde daher anhand der von den Zeugen Mag. E F. und Mag. G H. gemachten und im Gedächtnis verbliebenen Wahrnehmungen der beiden erstellt.

 

In diesem Kontrollbericht wurde zunächst festgehalten, dass die Kontrolle am 20.09.2022 zwischen 9:15 Uhr und 12:00 Uhr unter Angabe der Anwesenden stattgefunden habe. Demgegenüber war auf der Erledigung „Überprüfung vom 20.09.2022“ festgehalten worden, dass die Kontrolle von 9:00 Uhr bis 10:30 Uhr gedauert habe. Diese zeitliche Diskrepanz erwies sich im Nachhinein als Fehler, der sich bei der Erstellung des Kontrollberichtes offenkundig eingeschlichen hatte. Nach einer Beschreibung der Hunde (Name, Rasse usw.) wurde festgehalten, dass die Chips ausgelesen worden seien und mit der Hundedatenbank übereingestimmt hätten. Die Hunde hätten sich beim Auslesen der Chips je zu zweit in einem Zwinger befunden und hätten sich sehr aufgeregt, aber freundlich gezeigt. Medizinische Auffälligkeiten seien augenscheinlich nicht festgestellt worden. Eine Untersuchung jedes einzelnen Hundes sei jedoch nicht durchgeführt worden. Nach der größenmäßigen Beschreibung der Zwingeranlagen wurde zusammengefasst festgehalten, dass die Zwingerflächen und die Hundehütten nicht der 2. THV entsprechen würden. Nach einer Beschreibung der Böden und Wände der Zwingeranlagen sowie der Ausstattung der Hundehütten wurde im Kontrollbericht festgehalten, dass zusätzliche Liegeflächen nicht vorhanden seien. Festgehalten wurde überdies, dass die Hunde in der Zwingeranlage ihren Kot absetzen und urinieren würden. Weiters wurde dokumentiert, dass man den BF gefragt habe, ob die 13 Hunde täglich den für sie erforderlichen Auslauf bekommen würden und dieser geantwortet habe, dass er die Hunde immer wieder rauslasse (Anm.: der BF ist Halter eines weiteren Hundes, der allerdings nicht in der Zwingeranlage untergebracht, von der Behörde nicht abgenommen worden war und daher nicht Verfahrensgegenstand ist). Weiters wurde dokumentiert, dass man den BF aufgefordert habe, vier Hunde aus dem Zwinger zu lassen und diese seien für jeweils ca. fünf Minuten am Grundstück spielend im Kreis gelaufen und hätten ein ausgeprägtes Laufbedürfnis und eine Freude am Spiel miteinander gezeigt. In dieser Zeit hätten sie das Grundstück nicht verlassen und seien auf Rufen des BF auch wieder zurück in die Zwingeranlage gekommen. Während des Freilaufes der Hunde hätten die in der Zwingeranlage verbliebenen Hunde in einer enormen Lautstärke zu jaulen, bellen und springen begonnen und die Aufregung sei enorm angestiegen. Die Behörde hielt fest, dass es aus deren Sicht unglaubwürdig sei, dass alle Hunde in dieser Art und Weise und in ausreichender Dauer täglich Freilauf bekommen würden, was bei 13 Hunden wohl mehrere Stunden täglich, zusätzlich zum Füttern und Putzen und Ausbilden in Anspruch nehmen würde. Auf die Beschäftigung des BF hin befragt, habe der BF angegeben, in Altersteilzeit zu arbeiten. In seiner Abwesenheit würde seine Lebensgefährtin die Hunde betreuen. Diese habe angegeben, mit den Hunden spazieren zu gehen. Im Kontrollbericht wurde Weiters festgehalten, dass der BF lediglich einen SUV mit Platz für max. eine Hundebox besitzen würde, welche im Carport abgestellt worden sei. Vor Ort seien keine Hundeboxen ersichtlich gewesen. Wie der Transport der Tiere und Gegenstände zu all den vom BF beschriebenen Rennen und Ausflügen erfolgt sei, habe der BF nicht erklären wollen. Abschließend wurde festgehalten, dass der BF bereits im Jahr 2017 von der Behörde aufgefordert worden sei, die Zwingeranlage den gesetzlichen Bestimmungen anzupassen. Dieser Aufforderung sei der BF jedoch nicht nachgekommen.

 

Am selben Tag verfasste die Zeugin Mag. E F. eine Erledigung, die an die Tierschutzombudsschaft adressiert und nachrichtlich an den BF übermittelt und diesem per Hinterlegung am 13.10.2022 zugestellt wurde (siehe OZ 4). Diese Erledigung wurde nicht als Bescheid bezeichnet und beinhaltet keine Rechtsmittelbelehrung, enthielt aber unter Hinweis auf die Bestimmung des § 35 Abs. 6 TSchG konkrete Aufforderungen der belangten Behörde an den BF. So war der BF in dieser Erledigung unter Bezugnahme auf die Kontrolle vom 20.09.2022 aufgefordert worden, die Zwingeranlage größenmäßig zu adaptieren und außerhalb der Hundehütte Liegeflächen aus wärmedämmendem Material bereitzustellen. Das Innere des Zwingers sollte sauber, ungezieferfrei und trocken gehalten werden. Die zwei vorderen Zwinger sollten an der Hauptwetterseite geschlossen ausgeführt werden. In den Zwingern sollten überdies bauliche Vorkehrungen getroffen werden, dass für alle im Zwinger gehaltenen Hunde jederzeit schattige Plätze zur Verfügung stünden. Im Hinblick auf die Schutzhütten wurde angeordnet, dass diese aus einem wärmedämmenden Material hergestellt und so beschaffen sein müssten, dass der Hund sich daran nicht verletzen und trocken liegen könne. Die Hundehütte müsste eine der Wetterseite abgewandten Zugang haben, über eine für den Hund geeignete Unterlage verfügen, trocken und sauber gehalten werden und so bemessen sein, dass der Hund sich darin verhaltensgerecht bewegen und hinlegen und den Innenraum mit seiner Körperwärme warmhalten könne, sofern die Schutzhütte nicht beheizbar sei. Abschließend wurde der BF darauf hingewiesen, dass eine dauernde Zwingerhaltung verboten sei und den Hunden mindestens einmal täglich entsprechend ihrem Bewegungsbedürfnis die Möglichkeit zu geben sei, sich außerhalb des Zwingers zu bewegen. Es sei sicherzustellen, dass jeder der 13 Hunde, sich jeden Tag zumindest für eine Stunde außerhalb des Zwingers bewegen, seine Notdurft verrichten, seine Sinne entfalten könne und Menschenkontakt habe (siehe OZ 4).

 

Mit Erledigung vom 29.11.2022 wurde der BF von der Vertreterin der belangten Behörde, der Zeugin Mag. E F., erneut von einer örtlichen Erhebung im Sinne des § 35 TSchG verständigt. Diese Erhebung sollte am 05.12.2022 um 9:00 Uhr stattfinden. Diese Verständigung wurde dem BF mittels RSb-Briefes übermittelt (siehe OZ 8). Die kurzfristige Anberaumung dieser Amtshandlung ergab sich aus dem Umstand, da der belangten Behörde nur am 05.12.2022 ein veterinärmedizinischer Amtssachverständiger zur Verfügung gestanden hatte. Am 05.12.2022 traf die Zeugin Mag. E F. sohin in Begleitung eines Exekutivorgans beim Anwesen des BF ein. Der BF sowie dessen Lebensgefährtin waren zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Die Zeugin Mag. E F. erfuhr vor Ort, dass der Amtstierarzt, der Zeuge Mag. G H. verhindert war und nicht an der Amtshandlung teilnehmen konnte. Die Zeugin Mag. E F. überlegte kurz, was sie nun tun sollte und traf dann den Entschluss, eine – wie sie es anlässlich ihrer Befragung vor dem Verwaltungsgericht nannte – „Beweissicherung“ vor Ort durchzuführen. Zu diesem Zweck betrat die Zeugin Mag. E F. gemeinsam mit dem Exekutivorgan die Liegenschaft des BF in dessen Abwesenheit und traf dort folgende Maßnahmen: die Zeugin Mag. E F. besichtigte von außen erneut die Zwingeranlage des BF und fertigte nun selbst mit ihrem Mobiltelefon, ihren Angaben folgend, elf bis 15 Fotos von der Zwingeranlage an. Von den anlässlich dieser Kontrolle vermeintlich wahrgenommenen Liegeschwielen an den Gelenken der Hunde und deren Fellzustand fertigte die Zeugin Mag. E F. keine Fotos an. Diese wurden erst anlässlich der Tierabnahme am 07.12.2022 erstellt. In weiterer Folge wurde die Zwingeranlage von der Zeugin Mag. E F. und dem anwesenden Exekutivorgan erneut vermessen. Die erhobenen Messdaten über die Zwingeranlage fanden keinen Eingang in den Behördenakt.

 

Von der Kontrolle am 05.12.2022 verfasste die Zeugin Mag. E F. ein als „Aktenvermerk/Kontrollbericht“ bezeichnetes Email (siehe OZ 8), welches sie ua. den beiden Amtstierärzten, dem Zeugen Mag. G H. und dem Amtstierarzt Dr. I J (in der Folge Zeuge Dr. I J)., am 05.12.2022 um 12:29 Uhr, elektronisch übermittelte. Dieser „Aktenvermerk/Kontrollbericht“ wies folgenden Inhalt auf (Textwiedergabe im Original):

 

Aktenvermerk/Kontrollbericht:

Am heutigen Tag fand am Anwesen des A B eine angekündigte Überprüfung der Tierhaltung gemeinsam mit dem Umweltkundigen Organ Inspektor K L statt.

Herr A B war nicht anwesend, das Anwesen konnte ohne Überwindung/Öffnung von Türen oder Toren frei begangen werden. Vor Ort wurde die Hundehaltung und Pferdehaltung kontrolliert.

 

Es waren 12 nordische Hunde in den Zwingern anwesend, der Tibet Mastiff war nicht vor Ort.

Vor Ort konnte festgestellt werden, dass Herr A B den Verbesserungsauftrag der Behörde vom 10.10.2022, welcher ihm eigenhändig zugestellt wurde nicht erfüllt hat. Es wurde keine einzige Verbesserung an den Zwingergrößen, an den Hütten oder Flächen getroffen.

Die Hunde in den vorderen 2 Zwingern hatten auch heute weder Wind, noch Wetterschutz, die Zwinger sind nach wie vor alle zu klein und es wurde weder ausreichend große gedämmten Liegefläche, noch Liegeflächen mit Stroh zur Verfügung gestellt. Die Hunde zeigten sich wie zuletzt aufgeregt, aber menschen gegenüber durchwegs freundlich gesinnt.

 

Die Gegebenheiten waren 1:1 die gleiche wie bei der letzten Kontrolle am 20.09.2022, mit folgenden Besonderheiten:

 

- Zwei Hunde wurden in einen neuen Zwinger neben der eigentlichen Zwingeranlage (Ausmaß 7x5m) verbracht, was dazu führt, dass in den vorderen Zwingern 2 Hunde nun alleine/separiert gehalten werden, obwohl diese Hunde amtsbekannter Weise verträglich sind (waren bei der letzten Kontrolle in Gruppenhaltung!). Auch in diesem Zwinger war die Hundehütte aus schlichtem Holz, ohne Dämmung, ohne Stroh etc.

 

- den Hunden stand am heutigen Tag keinerlei Trinkwasser zur Verfügung, in keinem Zwinger!

- einige Hunde machten einen auffallend schlechten Allgemeineindruck (stumpfes, verfilztes, nasses Fell; verkrümmte Ohren, Schwielen an den Ellenbogen, offene Stellen und Schwielen

an den Pfoten und Extremitäten, steifer Gang)

- die Zwinger waren von Kot gesäubert, aber die gesamte Anlage und die Hunde wiesen einen starken Uringeruch auf

- es lag bereits Schnee und konnte festgestellt werden, dass Herr A B vor Kurzem einen

Ausflug mit seinem Schlitten unternommen hatte (Spuren); was jedoch nicht festgestellt werden konnte war, dass den Hunden am Grund Freilauf gewährt wurde, dafür waren eindeutig viel zu wenig Fußabdrücke im recht frischen Schnee sichtbar

- den Pferden stand kein Futter zur Verfügung, der Boden war nass und stand keine trockene

Liegefläche zur Verfügung (das wenige Einstreu war aufgeweicht und nur sporadisch verteilt)

- der Unterstand der Pferde war derart niedrig, dass beim Aus- und Eingehen in den Freibereich durch das Metalldach Verletzungsgefahr besteht.

 

Die Zwingeranlage wurde nochmals vermessen. Ein Plan wird von Inspektor K L, ebenso wie zahlreiche Bilder an die Behörde übermittelt werden.

Auf Grund der Tatsache, das sich Herr A B den Anordnungen der Behörde beharrlich entzieht und dieser nicht im Ansatz Willens ist die gesetzlichen Mindeststandards umzusetzen, wird seitens der Behörde – nach tierärztlicher Expertise – angeraten, alle Hunde gemäß § 37 TSchG abzunehmen und tierschutzgerecht unterbringen, bis Herr A B die Haltungsanlage den gesetzlichen Bestimmungen gemäß angepasst hat. Das Tierheim M N würde noch diese Woche 8 Plätze in Freilandhaltung zur Verfügung stellen, das Tierheim Kberg 4 Plätze. Die Abnahme könne mit der Tierrettung erfolgen.

 

Da die Haltung bereits mehrfach kontrolliert und mit Herrn A B auch schon mehrfach Gespräche geführt wurden, erscheint diese Maßnahme neben dem Einleiten eines Verwaltungsstrafverfahrens verhältnismäßig, da vor allem Hunde nordischer Rassen an Platzmangel und Bewegungseinschränkung leiden und auch diese Rassen ein Bedürfnis nach einem entsprechenden Liegeplatz sowie ordentlicher medizinischer Versorgung haben – auch wenn diese Umstände von A B stetig negiert werden. Die von Herrn A B der Behörde zuletzt gemachten Angaben, wonach er keine Dämmung machen könne bzw. kein Stroh verwenden könne, da die Hunde alles „auffressen“ würden, verhärtet für die Behörde gemeinsam mit den geleckten und offenen Extremitäten der Hunde den Eindruck, dass diese Tiere bereits starke Verhaltensauffälligkeiten und Stress aufweisen und in ihrem Wohlbefinden durch fehlende Beschäftigungsmöglichkeit, Bewegungseinschränkung, und geringes Platzangebot bereits über eine lange andauernde Zeit beeinträchtigt sind.

 

Mit freundlichen Grüßen

Mag. E F

(…)

 

Mit diesem Email wurden keine Fotos von dieser Kontrolle an die Amtstierärzte übermittelt. Erst am 13.12.2022, also sechs Tage nach der Tierabnahme am 07.12.2022, übermittelte die Zeugin Mag. E F. ein Fotokonvolut an die Tierärzte mittels Emails mit dem Betreff: „Bilder der Pferde vom 05.12.2022 – A B/O P“. Es handelt sich dabei um 13 Fotos, die als Anlage dieses Emails an die beiden Amtstierärzte übermittelt worden war. Sieben Fotos betreffen die Pferdehaltung und sechs Fotos die Hundehaltung des BF. Auf diesen zuletzt genannten Fotos ist ein Hund zu sehen, der eine augenscheinliche Verletzung an der Pfote aufweist. Keines dieser Fotos zeigt Liegeschwielen an den Hunden.

 

Der BF wurde über die in seiner Abwesenheit durchgeführte Kontrolle seiner Zwingeranlage nicht in Kenntnis gesetzt. Auch die Tierschutzombudsperson erhielt diesen Kontrollbericht nicht. Vom Zeugen Mag. G H. wurde dieser Kontrollbericht zunächst nicht gelesen, da er sich im Pflegeurlaub befand. Er führte lediglich ein Telefonat mit der Zeugin Mag. E F., dessen Inhalt im Verfahrensakt nicht dokumentiert wurde. Fotos von der Kontrolle am 05.12.2022 hatte der Zeuge Mag. G H. – vor der Tierabnahme am 07.12.2022 – nicht gesehen. Nach der telefonischen Darstellung der Wahrnehmungen der Zeugin Mag. E F. vor Ort, telefonierte der Zeuge Mag. G H. mit dem Zeugen Dr. T und besprach mit diesem die weitere Vorgehensweise. Noch bevor die Zeugin Mag. E F. die veterinärmedizinische Stellungnahme des Amtstierarztes erhalten hatte, informierte sie mit Email vom 06.12.2022 (siehe OZ 9) bereits die Exekutivorgane über die bevorstehende Tierabnahme. Konkret ersuchte die Zeugin Mag. E F. die PI K, Insp. E.H., als umweltkundiges Organ für 07.11.2022 (gemeint 07.12.2022) in S als Hilfsorgan bei der Abnahme von 13 (!) Schlittenhunden gemäß § 37 TSchG zu entsenden. Dieses Email wurde um 10:17 Uhr verschickt. Um 18:25 Uhr desselben Tages langte ein Email des Amtstierarztes, des Zeugen Dr. I J bei der Zeugin Mag. E F. ein, mit folgendem Inhalt (Textwiedergabe im Original, siehe OZ 10):

 

Liebe E F!

Wie besprochen die Begründung für die Abnahme der Hunde, hoffe es passt so für dich!

Liebe Grüße und toitoitoi!

I J

 

OVR Dr. med. vet. I J

Amtstierarzt

(…)

 

Als Anlage wurde eine teilweise ausgefüllte Bestätigung über die Tierabnahme, vordatiert auf den 07.12.2022 übermittelt. Als Bearbeiter scheint der Zeuge Dr. I J auf. Als Grund der (bevorstehenden) Abnahme wurde Folgendes dokumentiert (Textwiedergabe im Original):

 

Bei einer Kontrolle am 20.09.2022 auf Grund einer Anzeige wurden zahlreiche gravierende Mängel der Haltung der 12 nordischen Mischlingshunde festgestellt. Es stand den Hunde zu wenig Platz zur Verfügung, ein Teil der Zwinger war rundum offen, die Hundehütten waren nicht hundegerecht ausgestattet und teilweise in einem schlechten Zustand, es waren keine witterungsgeschützten Liegeplätz außerhalb der Hundehütten eingerichtet, den Hunden stand im Freien lediglich Steinboden zur Verfügung, ohne geeignete und wirkungsvolle Beschattung.

Bei einer Nachkontrolle am 05.12.2022 wurde offensichtlich, dass die Haltung der Tiere nicht wie angeordnet den Bedürfnissen der Tiere und der Rechtsordnung angepasst worden ist.

Trotz dem unmittelbar bevorstehenden Winter waren die Liegeflächen in den Hundehütten nach wie vor nicht hundegerecht ausgestattet, teilweise waren sie sogar feucht.

Es stand den Hunden KEIN Wasser zur Verfügung, es waren keine witterungsgeschützten Liegeflächen im Freien vorhanden, sodass den Hunden der Aufenthalt im Freien nach wie vor nur auf Steinplattenboden möglich war, der natürlich im Herbst und Winter permanent feucht ist. Einige Hunde zeigten in Folge dessen auch ausgeprägte Liegeschwielen, haarlose Stellen mit verdickter Haut, teilweise entzündet, die bei artgerechter Haltung bei nordischen Hunden

normaler Weise nicht beobachtet werden. Nach wie vor waren die vorderen Zwinger nicht zumindest auf einer Seite abgedichtet, sodass die Hunde darin den Winterstürmen schutzlos

ausgeliefert wären. Anstatt die Zwinger adäquat zu vergrößern – es sind seit der ersten Kontrolle mit Fristsetzung 2 ½ Monate vergangen – hat Herr A B die Hunde auseinandergesperrt und so die gewohnte paarweise Haltung entgegen dem arteigenen Verhalten der Hunde getrennt.

In dieser Form werden den Hunden wesentliche grundlegende arttypische Verhaltensweisen verunmöglicht auf Grund der mangelhaften Ausstattung der Zwinger. Teilweise entstanden

durch die fehlenden Liegeflächen bereits Schäden an der Haut der Tiere. Herr A B weist offensichtlich mangelhafte Kenntnisse in der Hundekunde, insbesondere der Verhaltensbiologie der Tiere auf und ist offensichtlich nicht willens oder auch nicht in der Lage die Dimension der Mängel zu erfassen.

Ein Belassen der Tiere würde die bereits bestehenden Schäden zweifelsfrei verschlechtern, würde den Tieren weiterhin die Möglichkeit nehmen ihre mehrstündige Wachruhephase artgerecht und auf geeigneter Unterlage zu verbringen, würde ihren Bewegungsraum weiterhin einschränken.

Ein Belassen der Hunde in diesen Haltungsverhältnissen würde daher sowohl weitere körperliche Schäden erwarten lassen als auch das Wohlbefinden der Tiere durch die Strukturmängel der Zwinger bedeutend beeinträchtigen. Die Hunde waren deshalb durch die Behörde abzunehmen.

 

Diese veterinärmedizinische Stellungnahme wurde vom Amtstierarzt, dem Zeugen Dr. I J, aufgrund des Emails der Zeugin Mag. E F. vom 05.12.2022 und nicht dokumentierter Telefonate zwischen der Zeugin Mag. E F., dem Zeugen Mag. G H. und dem Zeugen Dr. I J erstellt. Der Zeuge Dr. I J war zu diesem Zeitpunkt noch nie am Anwesen des BF, hatte demzufolge weder die Zwingeranlage noch die Hunde persönlich gesehen und hatte diese zwangsläufig zum Zeitpunkt der Erstellung der Stellungnahme auch nicht untersucht. Vor Verfassen der veterinärmedizinischen Stellungnahme hatte der Zeuge Dr. I J weder ein Foto gesehen, auf dem der Rundrücken von zwei Hunden zu sehen war, noch Fotos auf denen entzündete Liegeschwielen von Hunden sichtbar waren.

 

Diesem seitens des Zeugen Dr. I J angefertigten Entwurf betreffend Tierabnahme war, nach einem weiteren, im Verfahrensakt nicht dokumentierten Telefonat zwischen der Zeugin Mag. E F. und dem Zeugen Dr. I J in der Folge ein weiterer Absatz hinzugefügt worden (Textwiedergabe im Original):

 

„Ein Belassen der Tiere würde die bereits bestehenden Schäden zweifelsfrei verschlechtern, würde den Tieren weiterhin die Möglichkeit nehmen, ihre mehrstündige Wachruhephase artgerecht und auf geeigneter Unterlage zu verbringen, würde ihren Bewegungsraum weiterhin einschränken.

Ein Belassen der Hunde in diesen Haltungsverhältnissen würde daher sowohl weitere körperliche Schäden erwarten lassen als auch das Wohlbefinden der Tiere durch die

Strukturmängel der Zwinger bedeutend stark beeinträchtigen. Auch der lange Zeitraum der mangelhaften Haltung ist hier von Bedeutung. Die Hunde waren deshalb durch die Behörde abzunehmen.“

 

Am 07.12.2022 fand sohin erneut eine Amtshandlung auf der Liegenschaft des BF statt, an der die Zeugin Mag. E F., drei Exekutivorgane der PI B/H, der PI K sowie der PI T sowie zwei Außendienststreifen der PI T, die Tierrettung Steiermark, M N – aktiver Tierschutz Steiermark sowie die Leiterin des Tierheims Kberg teilnahmen. Ein Vertreter der Tierschutzombudsstelle war nicht anwesend. Ein Amtstierarzt wurde der Kontrolle nicht hinzugezogen. Die Zeugin Mag. E F. teilte dem BF gleich zu Beginn der Amtshandlung mit, dass die Hunde am heutigen Tag auf Grund der Nichtumsetzung der Verbesserungsmaßnahmen und der Wahrnehmungen vom 05.12.2022 abgenommen und behördlich untergebracht werden würden. Da der BF der Abnahme nicht zustimmte und auch auf Aufforderung nicht mitwirken wollte, wurde von der Zeugin Mag. E F. der Beginn der Abnahme zwangsweise angeordnet und begannen die Helfer der Tierrettung und der Tierheime die Hunde aus den mit einfachen Türen und Haken versperrten Zwingern anzuleinen, in Boxen unterzubringen und einzuladen. Der BF leistete anlässlich der Tierabnahme körperlichen Widerstand, sodass er von den Exekutivorganen fixiert und ihm Hand- und Fußfessel angelegt wurden (siehe OZ 14). Vor der eigentlichen Tierabnahme wurde keine weitere Kontrolle durch die Zeugin Mag. E F. durchgeführt, dh, die Zeugin kontrollierte und dokumentierte nicht, ob zwischenzeitig Änderungen an der Zwingeranlage vorgenommen worden waren, beispielsweise im Inneren des hinteren Zwingers, der von außen nicht zur Gänze einsichtig ist.

 

Nach Abnahme der Hunde durch die belangte Behörde wurde dem BF die Abnahmebestätigung vor Ort ausgehändigt (siehe OZ 16) bzw. am 16.12.2022 postalisch zugestellt (siehe OZ 17).

 

Am 12.12.2022, also fünf Tage nach der Abnahme der Tiere, übermittelte die Zeugin Mag. E F. per Email (siehe OZ 16) mehrere Fotos an die beiden Amtstierärzte, Mag. G H. und Dr. I J sowie den Bericht über die Tierabnahme vom 07.12.2022. Den Metadaten des ELAK ist zu entnehmen, dass der bezughabende Betreff lautete (Textwiedergabe im Original):

„Tierschutz Anlass 2022; A B, S Nr. **; Hundehaltung – 10 Huskys; Pferdehaltung – Pferde angehängt

Bilder vom 07.12.2022 Kontrolle und Abnahme Huskyhaltung – sowie AV Mag.a. E F“.

 

Insgesamt wurden 25 Fotos, aufgeteilt auf sechs Emails an die Amtstierärzte, die Zeugen Mag. G H. und Dr. I J, übermittelt. Diese Fotos sind undatiert, wurden aber augenscheinlich anlässlich der Tierabnahme am 07.12.2022 angefertigt (siehe Betreff) und im Verfahrensakt der belangten Behörde dokumentiert. Auf diesen Fotos sind ua. Liegeschwielen an nicht näher bezeichneten Hunden zu erkennen.

 

Das Email der Zeugin Mag. E F., mit welchem sie den Bericht über die Tierabnahme am 07.12.2022 an die beiden Amtstierärzte übermittelte, weist folgenden Inhalt auf (Textwiedergabe im Original):

 

„Kontrollbericht:

Allgemeines:

Am 7.12.2022 wurden gegen 10:15 Uhr im Beisein des GI K L, KI Q R, GI S T GI U V und GI W X (allesamt Polizeibeamten der PI B, K und T), Frau Y Z (Leiterin des Tierheims Kberg), Aa B und Team (Tierrettung Steiermark, M N-aktiver Tierschutz Steiermak) 12 Hunde des A B an der Adresse S, S behördlich abgenommen. Das vorausgegangene Verfahren ist aus dem Akt ersichtlich.

Einen Verbesserungsauftrag der Behörde hat Herr A B nicht umgesetzt; der Ladung zur behördlichen Kontrolle am 5.12.2022 hat er ohne Angabe von Gründen nicht gefolgt. Die Gründe der Abnahme wurden in der Abnahmebestätigung, welche ihm über die Polizei ausgehändigt wurde angeführt und wird die Bestätigung auch nochmals RSB zugestellt werden. Die Vorgehensweise wurde mit ATA Dr. I J und Mag. G H abgesprochen und auch veterinärmedizinisch als erforderlich erachtet. Eine Teilnahme eines ATA war auf Grund von Krankheit und Termin Kollision nicht möglich.

Am Tag der Abnahme war Herr A B zuhause und laut eigenen Angaben gerade mit dem „Wässern“ der Hunde beschäftigt. Er wurde mit einem Kübel und einer Kelle angetroffen. Den Hunden würde er nämlich lediglich 2 mal täglich Wasser vermischt mit Futter zur Verfügung stellen; Wasser „ad libidum“ stehe den Tieren nicht zur Verfügung und wurde das behördlich auch erneut so wahrgenommen. Alle Wassernäpfe waren leer.

Die Liegenschaft war frei zugänglich, weshalb auch die 3 Fahrzeuge der Tierrettung und des TH Kberg am Gelände abgestellt werden konnten. Am Tag der Abnahme hatte es frisch geschneit und war bereits zu Beginn der Amtshandlung ersichtlich, dass am Gelände lediglich Pfotenabdrücke von maximal einem Hund vorhanden waren - keine Urinspuren, kein Kot, was darauf hindeutet, dass wie auch zuletzt lediglich der Do Khyi Freigang hatte und die 12 nordischen Hunde nicht.

Herrn A B wurde von der Behördenleiterin gleich zu Beginn der Amtshandlung mitgeteilt, dass die Hunde am heutigen Tag auf Grund der Nichtumsetzung der Verbesserungsmaßnahmen und der Wahrnehmungen am 5.12.2022 abgenommen und behördlich untergebracht würden. Herr A B war nicht einsichtig. Er bezeichnete die Behördenleiterin als korrupt und weigerte sich die Tiere frei zu geben. Er teilte der Behördenleitern mit, dass sie sich nicht mit Hunden auskennen würde, keine Ahnung von seinem Leben hätte, die Hunde in einem tip top Zustand seien und der Amtstierarzt seine Haltung nie bemängelt hätte.

Zudem seien seine Tiere bestens ärztlich durch seine Lebensgefährtin, Tierärztin Dr. O P betreut. Dass die Anlage adaptiert hätte werden sollen, hätte er nicht gewusst, sei aber in seinen Augen absolut unnötig.

Da Herr A B der Abnahme nicht zustimmte und auch auf Aufforderung nicht mitwirken wollte, wurde von der Behördenleitern der Beginn der Abnahme angeordnet und begannen die Helfer der Tierrettung und der Tierheime die Hunde aus den mit einfachen Türen und Haken versperrten Zwingern anzuleinen, in Boxen unterzubringen und in die PKW einzuladen. Da Herr A B hiermit nicht einverstanden war und den Weg versperrte, kam es zu einer Handgreiflichkeit mit den anwesenden Polizeibeamten, welche die Amtshandlung sicherten und welche im Polizeibericht vom 8.12.2022, GZ: PAD/22/02481952/001/KRIM beschrieben wurde. Herr A B wurde festgenommen und auf die Polizeiinspektion verbracht. Weder die

Behördenleiterin, noch ein Mitarbeiter der Tierrettung oder des Tierheims wurden verletzt und setzten ihre Arbeit unbehindert fort.

Zur Abnahme der Hunde:

Die Abnahme der erfolgte Paarweise, da je Zwinger 2 Hunde gehalten wurden. Bis zum Abtransport von Herrn A B waren die Hunde sehr aufgeregt, jaulten und sprangen die Zwinger hoch; danach beruhigte sich die Situation. Die Hunde zeigten sich beim Betreten der Zwinger sehr scheu, den Menschen und Händen gegenüber sehr skeptisch und schwankten in ihrem Verhalten zwischen Rückzug und Verteidigung. Vor Leinen hatten sie großen Respekt und der Einstieg in Transportboxen war vielen der Hunden völlig fremd. Auf Grund der sehr professionellen und ruhigen Art der Tierretter und mit viel Futter, welches die Tiere gierig aufnahmen, konnten jedoch alle 12 Hund innerhalb von 1 Stunde angeleint und in Boxen verbracht werden. Kein Hund biss nach den Leuten, kein Hund und keine Leute wurden verletzt. Alle Hunde wurden mit Pansen und Rindfleischstangen belohnt und waren ab dem Zeitpunkt in dem sie in den Boxen waren ruhiger.

4 ältere Hunde (Mae, Arico, Ajax und Coucou, geboren 2009) kamen ins Tierheim Kberg. 8 jüngere Hunde (Frigg, Chanel, Gyfli, Loki, Thorin, Emil, Sarek, Freya) kamen in die M N nach G.

Angemerkt wird, dass der Gesundheitsstatus jedes einzelnen Hundes im Zuge der Abnahme nicht erhoben werden konnte und nach eingehender tierärztlicher Untersuchung in ruhiger und entspannter Umgebung von den Tierheimen an die Behörde gemeldet werden wird. Was jedoch bereits bei der Abnahme ersichtlich war und auch bildlich festgehalten wurde war, dass manche Hunde extrem verfilztes verwahrlostes Fell, einen wackligen Gang und Rundrücken aufwiesen. Ebenso wurden Schwielen an den Extremitäten festgestellt und war bei manchen Hunden ersichtlich, dass - und dies ist bei Hunde dieser Art mit derart dichtem Fell bemerkenswert ! – diese mangelernährt waren. Ein Hund hatte ein Maul, dass er nicht mehr ganz schließen konnte (Emil). Alle Hunden stanken stark nach Urin und eigenartig nach Verwestem. Auch die Zwinger wurden nach Entfernen der Hunde nochmals genau besichtigt und fotografiert. Viele wiesen Verletzungsgefahren für die Hunde durch herausragende Drähte auf; alle Wassernäpfe waren leer; den Hunden stand der blanke vereiste Betonboden (Betonplatten) oder Holzdielen als Untergrund zum Stehen und Liegen zur Verfügung. Kein Naturboden, keine Decken, kein Stroh, keine Dämmung.

Der Do-Khyi, welcher während der Amtshandlung in einem eigenen Zwinger (7x5m) untergebracht wurde und von der Situation unbeeindruckt eine Hundehütte annagte, wurde behördlich nicht abgenommen. Dies da der Hund zwar auf Herrn A B angemeldet ist,

offenbar jedoch von dessen Lebensgefährtin betreut wird und Zugang ins Wohnhaus sowie in den Garten erhält. Dies wurde bestätigte, da Frau O P am Ende der Amtshandlung, als alle Hunde bereits in den Autos untergebracht waren am Gelände eintraf und den Hund mit sich ins Haus nahm. Er folgte willig. Dieser Hund war auch körperlich gepflegt und gebürstet und machte einen wohl genährten entspannten Eindruck.

Bereits am 9.12.2022 wurden die 4 Hunde im Tierheim Kberg von ATA Dr. I J und Dr. Ca D untersucht und wurden Blutproben genommen. Der Bericht des ATA folgt. Die Behördenleiterin besuchte die Hunde am selben Tag und brachte Futter.

Vom dortigen Personal und Y Z wurde berichtet, dass die Hunde ein abnormales Trinkverhalten aufweisen würden. Zu 4. seien sie auch nicht verträglich, weshalb sie wie bei Herrn A B paarwiese gehalten würden. Alle Hunde seien viel zu dünn, völlig verwahrlost und würden ein stereotypisches Zwingerverhalten aufweisen. Halsbänder hätten teilweise rausgeschnitten werden müssen. Decken und Körbchen, würden die Hunde entgegen den Aussagen des Herrn A B nicht fressen oder annagen. Im Gegenteil, würden sie die weiche Unterlagen gerne annehmen um sich Nester zu formen und sich sodann zu 2. zusammen zu

kuscheln. Alle 4 Hunde seien zugänglich für menschlichen Kontakt und würden keinerlei Aggression zeigen. Tierärztliche Befunde und Bilder sowie Videos würden der Behörde zur Verfügung gestellt werden. Am selben Tag meldete sich auch Frau Aa B der M N und meldete Ähnliches. Die Hunde seien unterernährt, nicht bemuskelt und teilweise nicht miteinander verträglich. Der Hund mit dem offenen Maul (Emil) werde tierärztlich untersucht, da er einen Tumor im Maul habe, der offenbar unbehandelt blieb. Alle würden tierärztlich untersucht werden und würden die Befund der Behörde übermittelt werden. Abschließend wird angemerkt, dass die Behörde ohne Hilfe der Tierrettung des aktiven Tierschutzes Steiermark und des Tierheims Kberg ihre gesetzlichen Aufgaben gemäß § 37 TSchG nicht im Ansatz bewältigen könnte, da weder ausreichendes Personal noch Equipment (Autos, Boxen, Leinen Halsbänder, Futter etc.) zur Verfügung stehen. Die Arbeit der Helfer erfolgte äußerst tierschutzkonform, ruhig und mit viel Einfühlungsvermögen, was von der Behördenleiterin – wenn diese auch kein Tierarzt ist - als vom ÖKV ausgebildete langjährige Hundetrainerin und Hundebesitzerin bestätigt werden kann. Ob eine Rückgabe der Hunde an Herrn A B binnen der gesetzlichen Frist von 2 Monaten - bei entsprechendem Umbau der Zwingeranlage und Errichtung eines Freilaufbereiches – überhaupt in Frage kommt, wird nach Einlangen aller tierärztlichen Atteste und Gutachtenserstellung durch die beiden Amtstierärzte der BHBM entschieden werden.

Eine Sachverhaltsdarstellung an das Sicherheitsreferat oder die StA L folgt, nach Einlangen der Gutachten.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. E F

Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag

(…)“

 

Dieser Abnahmebericht wurde dem BF sowie der Tierschutzombudsschaft erst am 26.01.2023 übermittelt (siehe OZ 37).

Am 21.12.2022 wurde ein Email vom Aktiven Tierschutz im Verfahrensakt der belangten Behörde protokolliert. Dieses war an die Zeugin Mag. E F. und den Zeugen Dr. I J adressiert worden (siehe OZ 22). Diesem Email waren Beschreibungen von acht Hunden angefügt. Es handelte sich dabei um folgende Hunde: Freya (geb. 2018), Chanel (geb. 2019), Frigg (geb. 2019), Thorin (geb. 2019), Sarek (geb. 2017), Loki (geb. 2019), Emil (geb. 2013), Gylfi (geb. 2019). Lediglich beim Hund „Loki“ wurden Liegeschwielen links vorne dokumentiert. Beim Hund „Emil“ wurde eine verkrustete Wunde an der rechten Pfote sowie Zubildungen im Oberkiefer festgehalten. Bei sämtlichen anderen Tieren wurden keine Verletzungen in Form von Liegeschwielen dokumentiert. Zu den übrigen vier Hunden wurden keine Untersuchungsergebnisse rund um den Zeitpunkt der Tierabnahme im Verfahrensakt der belangten Behörde protokolliert. Die diesbezüglichen Untersuchungen wurden von den beiden Amtstierärzten Dr. T und Mag. G H. durchgeführt, wurden aber nicht an die Zeugin Mag. E F. übermittelt, sodass diese sich auch keinen Eingang in den Verfahrensakt der belangten Behörde fanden.

 

I.2. Beweiswürdigung:

Die zuvor getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde (die in Klammer angegebenen OZs beziehen sich auf den Behördenakt), welcher von der belangten Behörde erst am 15.02.2023 nach zweimaliger Aufforderung des Verwaltungsgerichtes vollständig und digital in Vorlage gebracht worden war, in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen und den im Beweisverfahren vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Beweisen.

 

I.2.1. Allgemeines:

Die Feststellungen über die Beschaffenheit der Zwingeranlage, in welcher zwölf Hunde gehalten wurden, wurde aufgrund der plausiblen Lichtbildbeilage der LPD Steiermark vom 12.04.2023 samt Beschreibung der Zwingeranlage getroffen, die im Zuge des Beweisverfahrens vom BF in Vorlage gebracht worden war. Die seitens der belangten Behörde im Zuge der Kontrolle am 20.09.2022 angefertigten Fotos, die vorwiegend die Außenanlage der vorderen und hinteren Zwingeranlage zeigen, bestätigen diese Feststellungen. Hinsichtlich der flächenmäßigen Diskrepanz der einzelnen Zwingerabteile in der hinteren Zwingeranlage – diese weisen pro Abteil eine Fläche von 22 m² für jeweils zwei Hunde auf – während die Vermessung der belangten Behörde eine Fläche von 19 m² ergab, ist festzuhalten, dass die Zeugin Mag. E F. hierzu befragt angab, nicht ausschließen zu können, dass bei der Vermessung der Zwingeranlage durch den Zeugen Mag. G H. ein Fehler passiert sei. Sie selbst habe die Zwingeranlage am 20.09.2022 nicht vermessen. Die Messdaten der Zeugin Mag. E F., die sie anlässlich der Kontrolle am 05.12.2022 erhoben hatte, konnten nicht abgeglichen werden, da die Zeugin Mag. E F. diese, wie sie darlegte, nie erhalten hatte. Diese haben daher auch keinen Eingang in den Verfahrensakt der belangten Behörde gefunden. Zu den Messergebnissen befragt, gab wiederum der Zeuge Mag. G H. an, dass es aufgrund der Ergebnisse der LPD Steiermark wohl so sein müsse, dass hier ein Fehler vorliege. Der Zeuge Mag. G H. konnte jedoch nicht angeben, ob er vor Ort falsch Maß genommen hatte oder ob ihm der Fehler bei der nachträglichen Anfertigung der Skizze passiert war. Er selbst habe die Skizze über die Zwingeranlage aufgrund seiner vor Ort gemachten Notizen erstellt, diese könne er allerdings nicht mehr vorlegen, da diese aufgrund der Nässe „zum Wegwerfen“ gewesen seien.

Die Feststellung, wonach sich im überdachten Bereich der hinteren Zwingeranlage anlässlich der Kontrolle am 20.09.2022 keine verformbaren Unterlagen für die Hunde befanden, konnte zum Teil aufgrund von zwei Lichtbildern der belangten Behörde vom 20.09.2022 sowie aufgrund der diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen der Zeugen Mag. E F. und Mag. G H. getroffen werden. Gleiches gilt für die Feststellungen im Hinblick auf die Ausstattung der Hundehütten und die fehlenden verformbaren Unterlagen in der vorderen Zwingeranlage. Keine Feststellung konnte dahingehend getroffen werden, ob sich anlässlich der Kontrolle am 05.12.2022 verformbare Unterlagen in der hinteren Zwingeranlage im überdachten Bereich befunden hatten, da die Zeugin Mag. E F. diesen Bereich nicht betreten hatte und dieser von außen nicht zur Gänze einsichtig war. Die Feststellung, wonach die vordere Zwingeranlage nach allen Seiten hin offen ausgeführt ist, ergibt sich aus den Fotos der belangten Behörde vom 20.09.2022 und wurde vom BF auch nicht bestritten.

 

Die Feststellungen hinsichtlich des Tagesablaufes des BF mit seinen Hunden, insbesondere der Versorgung der Tiere wurden aufgrund der glaubwürdigen Angaben des BF getroffen. In welchem zeitlichen Ausmaß die Tiere tatsächlich Auslauf erhalten hatten, konnte vom Verwaltungsgericht nicht abschließend geklärt werden. Der BF behauptete diesbezüglich, dass er unter der Woche – bei entsprechenden Schneeverhältnissen – mit einigen Hunden mehrstündige Schlittenfahrten unternommen hätte. Die Hunde seien aber jedenfalls einmal täglich für ca. eine Stunde aus den Zwingeranlagen gelassen worden. Die diesbezüglich getroffenen „Feststellungen“ der belangten Behörde erwiesen sich allesamt als spekulativ und nicht verwertbar. So wurde im Kontrollbericht vom 10.10.2022 seitens der belangten Behörde festgehalten, dass es aus deren Sicht unglaubwürdig sei, dass alle Hunde in der vom BF dargelegten Art und Weise und in ausreichender Dauer täglich Freilauf bekommen würden, was bei 13 Hunden wohl mehrere Stunden täglich, zusätzlich zum Füttern und Putzen und Ausbilden in Anspruch nehmen würde. Der BF hatte diesbezüglich angegeben, dass er die Hunde für eine Stunde täglich gleichzeitig aus dem Zwinger lasse. Wie die belangte Behörde zu der Ansicht kam, dass – entgegen den Ausführungen des BF – hierfür mehrere Stunden notwendig gewesen seien, erschließt sich dem Verwaltungsgericht mangels nachvollziehbarer Begründung nicht. Auch die Darlegungen der Zeugin Mag. E F., wonach für sie nicht glaubwürdig gewesen sei, dass der BF den Hunden tatsächlich ausreichend Auslauf gewährt hätte, da sie anlässlich ihrer Kontrolle am 05.12.2022 um 9.00 Uhr keine Spuren im Schnee vorfinden habe können, erschöpft sich in spekulativen Vermutungen der Zeugin Mag. E F.. Für das Verwaltungsgericht stellt das Fehlen von Spuren im Schnee vor der Zwingeranlage um 9.00 Uhr in der Früh jedenfalls keine verwertbare Feststellung dar, um die Ausführungen des BF zu entkräften, hätte dieser die Hunde beispielsweise am Nachmittag für eine Stunde freilassen können. Für die Feststellung, wonach die Hunde insgesamt zu wenig Auslauf hatten, hätte die Zeugin Mag. E F. über einen längeren Beobachtungszeitraum plausibel nachweisen müssen, dass sich die Hunde permanent oder überwiegend im Zwinger befunden hatten. Der Zeuge Mag. G H. legte dar, dass er den Angaben des BF bezüglich des Auslaufes der Hunde keinen Glauben geschenkt habe, da man die vordere Zwingeranlage nur über die hintere Zwingeranlage betreten habe können und sich bei der Chipauslesung bereits gezeigt habe, dass sich die Hunde untereinander nicht vertragen hätten, da diese beim Öffnen des hinteren Zwingers, um in den vorderen Zwinger zu gelangen, wechselseitig nach einander „geschnappt“ hätten. Um den Hunden ausreichend Auslauf gewähren zu können, hätte man daher zu jedem Zwinger einen eigenen Zugang gebraucht.

 

Abgesehen davon, dass beide Bereiche der vorderen Zwingeranlage bereits am Tag der Kontrolle am 20.09.2022 – unabhängig von der hinteren Zwingeranlage – separat betretbar waren, ist das diesbezügliche Vorbringen des Zeugen Mag. G H. nicht plausibel. Wenn der Zeuge Mag. G H. hinsichtlich des Auslaufs der Tiere Zweifel hegte, dann hätte er sich am Tag der Kontrolle bzw. zu einem anderen, möglicherweise geeigneteren Zeitpunkt, bei weniger Regen, persönlich ein Bild davonmachen müssen, wie der gleichzeitige Freigang von zwölf Hunden tatsächlich von statten geht. Nachdem er dies verabsäumt hat, sind seine diesbezüglich angestellten Überlegungen, die zu dem Schluss führten, dass den Hunden kein entsprechender Auslauf gewährt wurde, rein spekulativer Natur. Auch die weiteren Ausführungen des Zeugen Mag. G H., wonach es sich bei den drei Hunden mit den Liegeschwielen wohl um drei ältere Tiere gehandelt haben musste, da das Alter eines Tieres beim Auftreten von Liegeschwielen eine Rolle spiele und er angenommen habe, dass die anderen neun Hunde, die keine Liegeschwielen aufgewiesen hätten, wohl mehr Auslauf bekommen hätten, waren nur theoretische Annahmen des Amtstierarztes ohne entsprechenden Beweisgehalt. Da der vermeintlich zu geringe Auslauf der Tiere jedoch ohnedies nicht zur Abnahme der Tiere geführt hat (siehe dazu noch I.3.2.), war von der Aufnahme weiterer diesbezüglicher Beweise aus Zweckmäßigkeitsgründen abzusehen.

 

Die Feststellung, wonach den Hunden im Winter kein Wasser permanent zur Verfügung steht, da dieses frieren würde, steht außer Streit.

 

I.2.2. Kontrolle am 20.09.2022:

Unbestritten ist, dass am 20.09.2022 aufgrund einer Meldung der Tierschutzombudsstelle von der belangten Behörde im Beisein des BF eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz durchgeführt worden war. Die Feststellungen, wonach anlässlich dieser Kontrolle die Chips der Hunde gelesen, Fotos von der Zwingeranlage angefertigt und die Zwinger vermessen wurde, konnten aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugin Mag. E F. und dem Zeugen Mag. G H. getroffen werden. Die Zwingeranlage wurde auf insgesamt 18 Fotos im Verfahrensakt der belangten Behörde dokumentiert. Die Feststellung, wonach sich die Hunde beim Auslesen der Chips aufgeregt, aber freundlich verhalten hatten, konnte dem Kontrollbericht vom 10.10.2022 entnommen werden. Die Feststellung, wonach keine veterinärmedizinische Untersuchung der Hunde vor Ort stattgefunden hatte, ergibt sich ebenfalls aus dem Kontrollbericht vom 10.10.2022 und wurde von den Zeugen Mag. E F. und Mag. G H. bestätigt. Die Gründe hierfür (Witterung, Verhalten der Tiere) wurde von den zuvor genannten Zeugen übereinstimmend dargelegt. Die Feststellung, wonach keine medizinischen Auffälligkeiten bei den Hunden festzustellen waren, ergibt sich nachvollziehbar aus dem Kontrollbericht der belangten Behörde vom 10.10.2022, in welchem Folgendes wörtlich dokumentiert wurde: „Medizinische Auffälligkeiten wurden augenscheinlich nicht festgestellt“. Auf den anlässlich der Kontrolle am 20.09.2022 angefertigten Fotos sind keinerlei Verletzungen oder Auffälligkeiten an den Hunden sichtbar, wenngleich nur eine Nahaufnahme eines Hundes angefertigt worden war. Die übrigen Fotos zeigen überwiegend die Beschaffenheit der Zwingeranlage und nicht die Hunde.

 

Hinsichtlich des Nichtvorhandenseins medizinischer Auffälligkeiten gab sowohl die Zeugin Mag. E F., als auch der Zeuge Mag. G H. in der Verhandlung am 19.06.2022 gegenüber dem Verwaltungsgericht an, dass man anlässlich der Kontrolle am 20.09.2022 bei einigen Hunden bereits Liegeschwielen an den Gelenken wahrgenommen habe. Die Zeugin Mag. E F. sprach von Liegeschwielen an fünf bis sechs Hunden, der Zeuge Mag. G H. gab an, Liegeschwielen an drei Hunden in der hinteren Zwingeranlage bemerkt zu haben. Beide teilten dem Verwaltungsgericht mit, dass Fotos von diesen Liegeschwielen am 20.09.2022 angefertigt worden seien. Anlässlich der Verhandlung zeigte der Zeuge Mag. G H. dem Gericht den Ausdruck eines Fotos eines Hundes mit einer Liegeschwiele. Diesbezüglich wird festgehalten, dass weder dieses Foto noch andere Fotos, die Liegeschwielen an den Hunden zeigen würden und – wie die beiden Zeugen übereinstimmend aussagten – bereits am 20.09.2022 angefertigt worden waren, Eingang in den Verfahrensakt der belangten Behörde gefunden haben. Das vom Zeugen Mag. G H. in Vorlage gebrachte Foto war undatiert und es konnte nicht beurteilt werden, wann es aufgenommen worden war. Die Zeugin Mag. E F. gab überdies anlässlich ihrer Befragung vor Gericht an, dass das Fell der Hunde verfilzt und die Hunde insgesamt einen verwahrlosten Eindruck auf sie gemacht hätten. Diese Umstände (Liegeschwielen, verwahrloster Eindruck der Hunde) habe man allerdings nicht dokumentiert. Als Grund für diese Vorgehensweise gab die Zeugin Mag. E F. an, dass der Zeuge Mag. G H. die Tiere vor Ort nicht einzeln untersucht hätte und man dem BF dann die Hunde aufgrund ihres Allgemeinzustandes bereits am 20.09.2022 abnehmen hätte müssen. Insofern sei die Nichtdokumentation des Aussehens der Hunde ein Entgegenkommen gegenüber dem BF von ihr und dem Zeugen Mag. G H. gewesen. Der Zeuge Mag. G H. bestätigte die Angaben der Zeugin Mag. E F. anlässlich dessen Befragung vor dem Verwaltungsgericht.

 

Wenn man berücksichtigt, über welchen Zeitraum Liegeschwielen entstehen (lt. der dem Verfahren beigezogenen Amtstierärztin handelt es sich dabei um Monate und Jahre), ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass bei einigen Hunden bereits zum Zeitpunkt der ersten Kontrolle am 20.09.2022 Liegeschwielen vorhanden waren. Warum diese Liegeschwielen von den Zeugen Mag. E F. und Mag. G H. nicht dokumentiert wurden, sondern – ganz im Gegenteil – im Kontrollbericht vom 10.10.2022 festgehalten worden war, dass keine medizinischen Auffälligkeiten bei den Hunden festgestellt worden waren, erschließt sich dem Verwaltungsgericht nicht. Die rechtliche Argumentation der Zeugin Mag. E F., wonach man dem BF die Hunde sonst bereits am 20.09.2022 abnehmen hätte müssen, rechtfertigt eine solche Vorgehensweise – unabhängig davon, ob man der Rechtsansicht der Zeugin Mag. E F. folgt oder nicht – in keinen Fall. Die Kontrollorgane wären gesetzlich verpflichtet gewesen, den Sachverhalt vor Ort objektiv zu ermitteln und dementsprechend zu dokumentieren.

 

Die Feststellung, wonach die Zeugin Mag. E F. keine Abmagerung der Tiere von außen wahrgenommen habe, da man bei dieser Fellmenge die Hunde angreifen hätte müssen, konnte aufgrund der Angaben der Zeugin Mag. E F. anlässlich deren Befragung vor dem Verwaltungsgericht getroffen werden (siehe VHS vom 19.06.2022, Seite 14).

 

Die Feststellung, wonach der Kontrollbericht vom 10.10.2022 weder an den BF noch der Tierschutzombudsperson übermittelt worden war, ergibt sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde und wurde von der Zeugin Mag. E F. bestätigt.

 

I.2.3. Kontrolle am 05.12.2022:

Die Feststellung, wonach die Anberaumung der örtlichen Erhebung am 05.12.2022 deshalb so kurzfristig erfolgte, da nur an diesem Tag ein veterinärmedizinischer Amtssachverständige zur Verfügung gestanden habe, konnte aufgrund der Angaben der Zeugin Mag. E F. anlässlich deren Befragung vor dem Verwaltungsgericht getroffen werden. Die Feststellung, wonach die Zeugin Mag. E F. am 05.12.2022 die Liegenschaft des BF in dessen Abwesenheit betreten hat, wurde von der Zeugin Mag. E F. nicht bestritten. Die Feststellung, wonach die Zeugin am 05.12.2022 auf der Liegenschaft des BF eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz in dessen Abwesenheit durchgeführt hat, konnte sachverhaltsbezogen aufgrund des von der Zeugin Mag. E F. angefertigten „Aktenvermerkes/Kontrollberichts“ getroffen werden. Die Zeugin Mag. E F. bestritt anlässlich deren Befragung vor dem Verwaltungsgericht auch nicht, sich am Anwesen des BF gemeinsam mit einem Exekutivorgan aufgehalten zu haben, dort Fotos angefertigt und die Zwingeranlage neuerlich vermessen zu haben. Sie legte allerdings dar, dass sie am 05.12.2022 keine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz gemäß § 35 TSchG vorgenommen habe. Sie habe lediglich eine „Beweisaufnahme“ durchgeführt, da es ja nicht verboten sei, zu diesem Zweck eine Liegenschaft zu betreten. Sachverhaltsbezogen kann festgestellt werden, dass es die Zeugin Mag. E F. selbst war, die eine Überprüfung der Tierhaltung“ und eine Kontrolle der Hundehaltung“ in ihrem „Aktenvermerk/ Kontrollbericht dokumentiert hat. Auch in einem weiteren Email an die Amtstierärzte am 13.12.2022 wurde von der Zeugin Mag. E F. festgehalten: „Bei der Kontrolle der Hundehaltung am Anwesen A B, S, T am 5.12.2022 gemeinsam mit GI K L wurden auch die 2 gehaltenen Pferde besichtigt“. Die rechtliche Einschätzung der Zeugin Mag. E F., wonach es sich um keine Kontrolle, sondern (lediglich) um eine Beweisaufnahme gehandelt habe, um allenfalls die von ihr im Alleingang durchgeführte Kontrolle gemäß § 35 TSchG zu legitimieren, wird in der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichtes näher behandelt (siehe I.3.2.).

Die Feststellung, wonach die Messdaten über die Vermessung der Zwingeranlage am 05.12.2022 nicht in den Verfahrensakt Eingang gefunden haben, konnten aufgrund der Aussage der Zeugin Mag. E F. getroffen werden, die anlässlich ihrer Befragung vor dem Verwaltungsgericht darlegte, dass ihr diese Daten seitens des Exekutivorgans nicht übermittelt worden seien.

 

Die Feststellung, wonach die Zeugin Mag. E F. am 05.12.2022 elf bis 13 Fotos angefertigt hatte, konnte aufgrund der diesbezüglich glaubhaften Angaben der Zeugin getroffen werden. Die Feststellung, wonach die Zeugin Mag. E F. kein Foto von den Liegeschwielen der Hunde angefertigt hatte, konnte ebenso aufgrund ihrer glaubwürdigen Aussage getroffen werden (siehe VHS vom 19.06.2023, Seite 10) und wird durch die im Verfahrensakt befindlichen Fotos bestätigt. Keines der am 05.12.2022 angefertigten Fotos zeigt Liegeschwielen an den Hunden. Ein Foto zeigt eine Verletzung an der Pfote eines nicht näher bezeichneten Hundes. Die Feststellung, wonach die von der Zeugin Mag. E F. angefertigten Fotos nicht am 05.12.2022 an die Amtstierärzte übermittelt worden waren, ergibt sich aus den Metadaten der OZ 8. Die Feststellung, wonach zwölf Fotos erst am 13.12.2022 an die beiden Amtstierärzte übermittelt worden waren, ergibt sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde. Die Feststellung, dass es zwölf Fotos waren, ist den Metadaten der OZ 19 zu entnehmen. Dem Email vom 05.12.2022, welches die Zeugin Mag. E F. als „AV/Kontrollbericht“ betitelte und an die Amtstierärzte vor Abnahme der Hunde übermittelt hatte, war der OZ 19 folgend keine Anlage angefügt worden.

 

Die Feststellung, wonach der Kontrollbericht vom 05.12.2022 vom Zeugen Mag. G H. nicht gelesen wurde, da er sich im Pflegeurlaub befand und dieser auch keine Fotos von der Kontrolle am 05.12.2022 gesehen hatte, konnte aufgrund dessen diesbezüglich glaubhaften Aussage vor dem Verwaltungsgericht getroffen werden (siehe VHS 19.06.2022, Seite 20). Die Aussage des Zeugen Mag. G H., wonach dieser mit der Zeugin Mag. E F. telefoniert habe, war grundsätzlich glaubhaft. Die Wiedergabe des Inhaltes des Telefonates mit der Zeugin Mag. E F durch den Zeugen Mag. G H. erwies sich allerdings als falsch, da der Zeuge Mag. G H. behauptet hatte, dass die Zeugin Mag. E F. ihm ua. mitgeteilt habe, dass es nach Verwesung gerochen habe, ein paar Hunde einen Rundrücken aufgewiesen hätten, die Hunde mangelhaft ernährt gewesen seien und eine Verletzungsgefahr der Hunde durch herausstehende Drähte bestanden habe. Weder der Verwesungsgeruch, der vermeintliche Rundrücken der Tiere, die Mangelernährung der Hunde noch die Verletzungsgefahr fanden jedoch im Kontrollbericht vom 05.12.2022 Erwähnung. Diese Wahrnehmungen der Zeugin Mag. E F. wurden von ihr erst am 07.12.2022 gemacht und als Folge dessen im Kontrollbericht vom 07.12.2022 dokumentiert. Diesen Kontrollbericht hat der Zeuge Mag. G H. am 12.12.2022, also fünf Tage nach der Tierabnahme erhalten. Es ist denkunmöglich, dass die Zeugin Mag. E F. dem Zeugen Mag. G H. telefonisch Wahrnehmungen mitgeteilt hat, die sie selbst erst zwei Tage später gemacht hat.

 

Die Feststellung, wonach die beiden Amtstierärzte miteinander telefoniert hatten, konnte aufgrund deren übereinstimmenden Zeugenaussagen getroffen werden. Die Feststellung, wonach der Zeuge Dr. I J, vor der Tierabnahme, kein Foto gesehen hat, auf dem der Rundrücken von zwei Hunden zu sehen ist (dieses Foto zeigte der Zeuge Dr. I J auch dem Verwaltungsgericht anlässlich dessen zeugenschaftlichen Befragung), konnte aufgrund der Tatsache getroffen werden, dass dieses Foto erst anlässlich der Tierabnahme am 07.12.2022 angefertigt worden war. Dies gilt auch für die Feststellung, wonach der Zeuge Dr. I J keine Fotos von Liegeschwielen an den Hunden, das verfilzte Fell und die Verwahrlosung der Hunde gesehen hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zeugin Mag. E F. diese Fotos – wie sie anlässlich ihrer Befragung angegeben hatte – vorab per Handy an den Amtstierarzt Dr. I J übermittelt haben will, stellt sich die Frage, wie der Zeuge Dr. I J auf diesen Fotos bei vier bis fünf Hunden Liegeschwielen bemerkt haben will, wenn es die Zeugin Mag. E F. selbst war, die angegeben hatte, keine Liegeschwielen fotografiert zu haben. Bei den vom Zeugen Dr. I J erwähnten Fotos kann es sich aber auch nicht um jene handeln, die der Zeuge Mag. G H. anlässlich der Kontrolle am 20.09.2022 angefertigt hat und die in den Verfahrensakt der belangten Behörde Eingang gefunden haben. Die Zeugin Mag. E F. und der Zeuge Mag. G H. haben diesbezüglich übereinstimmend dargelegt, dass auf diesen Fotos keine Liegeschwielen zu sehen sind, was den Tatsachen entspricht. Sollte es sich bei den Fotos um jene handeln, die zwar anlässlich der Kontrolle am 20.09.2022 angefertigt worden waren, aber nie Eingang in den Verfahrensakt der belangten Behörde gefunden haben, so wird die Aussage des Amtstierarztes Dr. I J auch nicht wahrer, da dieser auf den Fotos Liegeschwielen an vier bis fünf Hunden bemerkt haben will, der Amtstierarzt Mag. G H. aber nur bei drei Hunden Liegeschwielen gesehen habe. Für das Verwaltungsgericht ist daher bewiesen, dass der Amtstierarzt Dr. I J keine wie von ihm beschriebenen Fotos vor Erstellung seiner Stellungnahme zur Tierabnahme gesehen hat und seine Stellungnahme allein aufgrund der Angaben der Zeugin Mag. E F. erstellt hat.

 

Die Feststellung, wonach der Zeuge Dr. I J keine Fotos von entzündeten Liegeschwielen gesehen hat, ergibt sich aus der zuvor getroffenen Beweiswürdigung. Zum anderen wurde von der dem Beweisverfahren beigezogenen Amtssachverständigen bestätigt, dass auf keinem der im Verfahrensakt der belangten Behörde befindlichen Fotos, die allesamt der Amtssachverständigen zur Verfügung gestellt wurden, entzündete Liegeschwielen erkennbar waren (siehe VHS vom 19.06.2023, Seite 29). Wie der Zeuge Dr. I J zu dieser Aussage kam, erschließt sich dem Verwaltungsgericht nicht, zumal auch die Zeugin Mag. E F. weder in deren Email vom 05.12.2022 noch anlässlich deren Befragung vor dem Verwaltungsgericht entzündete Liegeschwielen erwähnte.

 

Die Feststellung, wonach der Kontrollbericht vom 05.12.2022 weder an den BF noch an die Tierschutzombudsperson übermittelt worden war, ergibt sich aus den Metadaten der OZ 8. Die Feststellung, wonach die Zeugin Mag. E F. – noch bevor sie die veterinärmedizinische Stellungnahme des Amtstierarztes hatte, bereits die Exekutivorgane über die bevorstehende Tierabnahme informierte, ergibt sich aus der OZ 9.

 

I.2.3. Tierabnahme am 07.12.2022:

Die Feststellung, wonach am 07.12.2022 erneut eine Amtshandlung der belangten Behörde auf dem Anwesen des BF stattgefunden hatte, konnte aufgrund der Angaben der Zeugin Mag. E F. getroffen werden, wenngleich die Zeugin rechtlich die Auffassung vertrat, dass keine Kontrolle gemäß § 35 TschG, sondern eine Abnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG stattgefunden hätte. Mit diesem Vorbringen widerspricht sich die Zeugin Mag. E F. sachverhaltsbezogen selbst, da sie im Email vom 12.12.2022, mit welchem sie Fotos sowie ihren Bericht über die Tierabnahme am 07.12.2022 an die Amtstierärzte übermittelt hatte, Folgendes im Betreff festhielt: „Bilder vom 07.12.2022 Kontrolle und Abnahme Huskyhaltung sowie AV Mag. E F“. In diesem AV heißt es: „Bericht über Tierabnahme am 07.12.2022. Kontrollbericht :“.

 

Unbestritten ist, dass dem BF anlässlich dieser Kontrolle am 07.12.2022 zwölf Hunde zwangsweise abgenommen wurden. Um welche Tiere es sich konkret gehandelt hat, konnte aus der Bestätigung der belangten vom 07.12.2022 entnommen werden (siehe OZ 15). Die Feststellung, wonach der BF gegen die Tierabnahme Widerstand geleistet hatte und ihm Hand- und Fußfesseln angelegt worden waren, konnte aufgrund der Berichterstattung der LPD Steiermark vom 08.12.2022 getroffen werden (siehe OZ 14). Von weiteren Feststellungen betreffend Maßnahmen gegenüber dem BF (Fixierung, Anlegen von Fuß- und Handfesseln) wurde abgesehen, da diese sicherheitspolizeilichen Maßnahmen nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sind.

 

Die Feststellung, wonach anlässlich der Tierabnahme Liegeschwielen an einigen Hunden erkennbar waren, ergibt sich aus 25 Fotos, die von der Zeugin Mag. E F. anlässlich der Tierabnahme am 07.12.2022 angefertigt und am 12.12.2022 an die beiden Amtstierärzte übermittelt hat. Keine Feststellungen konnten mangels entsprechender Beweisaufnahme durch die belangte Behörde getroffen werden, welche konkreten Hunde zum Zeitpunkt der Tierabnahme Liegeschwielen aufwiesen. Dass keine entzündeten Liegeschwielen vorlagen, wurde von der beigezogenen Amtstierärztin bestätigt (siehe oben).

 

Die Feststellung betreffend die Untersuchungsergebnisse von acht Hunden, die vom Aktiven Tierschutz übernommen worden waren, ergibt sich nachvollziehbar aus der OZ 22. Die Feststellung, wonach von den übrigen vier Hunden keine Untersuchungsergebnisse vorlagen, konnte aufgrund der Angaben der Zeugin Mag. E F. getroffen werden, die vor dem Verwaltungsgericht angab, dass die Untersuchungen der übrigen vier Hunde von den beiden Amtstierärzten Mag. G H. sowie Dr. I J durchgeführt worden seien. Diese hätten ihr die Untersuchungsergebnisse nicht übermittelt, weshalb diese keinen Eingang in den Verfahrensakt der belangten Behörde gefunden hätten.

 

I.3.1 Rechtslage:

Die für die gegenständliche Beschwerdesache maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten (auszugsweise) wie folgt (Hervorhebungen durch das LVwG):

 

Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG), StF: BGBl. I Nr. 118/2004 idF BGBl. I. Nr. 130/2022:

 

Zielsetzung

§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.

(…)

Begriffsbestimmungen

§ 4. Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Bundesgesetz jeweils folgende Bedeutung:

1. Halter: jene Person, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat;

(…)

Verbot der Tierquälerei

§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer

1. (…)

(…)

13. die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt oder gestaltet, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird;

(…)

Behörden

§ 33. (1) Soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, ist Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes die Bezirksverwaltungsbehörde.

 

Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

§ 34. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben an der Vollziehung des § 37 in Verbindung mit § 5, mit Ausnahme des Abs. 2 Z 1, 2 und 7, in Verbindung mit § 6 sowie mit § 8 durch

1. Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,

2. Maßnahmen zur sofortigen Beendigung von Verwaltungsübertretungen,

3. Maßnahmen, die für die Einleitung und Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind,

4. Maßnahmen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit § 36 und § 37 Abs. 1mitzuwirken.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben außerdem der nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörde über deren Ersuchen zur Sicherung der Ausübung der Befugnisse gemäß §§ 35 bis 39 im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches Hilfe zu leisten.

 

Behördliche Überwachung

§ 35. (1) Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verwaltungsakte obliegt der Behörde.

(…)

(4) Die Behörde ist berechtigt, Tierhaltungen sowie die Einhaltung von Tierhaltungsverboten unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit jederzeit zu kontrollieren. (…)

(5) Die Behörde hat sich bei der Kontrolle solcher Personen zu bedienen, die über eine ausreichende fachliche Qualifikation verfügen. Das Nähere ist durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen festzulegen.

(6) Stellt die Behörde bei einer Überwachungshandlung fest, dass Tiere nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder den darauf gegründeten Verordnungen oder Bescheiden entsprechend gehalten werden, sind dem Tierhalter Änderungen der Haltungsform oder der Anlagen, in denen die Tiere gehalten werden, oder sonstige Maßnahmen vorzuschreiben, mit denen innerhalb einer angemessenen Frist eine den Zielen und sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechende Haltung erreicht werden kann.

(…)

Betreten von Liegenschaften, Räumen und Transportmitteln, Mitwirkungspflicht

§ 36. (1) Die Organe der mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Behörden und die zugezogenen Sachverständigen sowie die Veterinärsachverständigen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben unter Einhaltung der erforderlichen veterinärpolizeilichen Vorkehrungen das Recht, Liegenschaften, Räume und Transportmittel zum Zwecke der Kontrolle (§ 35) zu betreten und sich zu ihnen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel Zutritt zu verschaffen, wenn dieser nicht freiwillig gewährt wird. Dies gilt auch, wenn sich der begründete Verdacht ergibt, dass eine Übertretung dieses Bundesgesetzes erfolgt ist. Dem für die Tierhaltung Verantwortlichen ist, soweit die Erhebungszwecke nicht beeinträchtigt werden, Gelegenheit zu geben, bei der Kontrolle anwesend zu sein.

(2) Die über die betroffenen Liegenschaften, Räume und Transportmittel Verfügungsberechtigten haben die Ausübung der Befugnisse nach Abs. 1 zu dulden.

(3) Die mit der Tierhaltung befassten Personen haben auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften besteht nicht, sofern die genannten Personen dadurch sich selbst oder eine der in § 38 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, genannten Personen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würden; derartige Gründe sind glaubhaft zu machen.

Sofortiger Zwang

§ 37. (1) Die Organe der Behörde sind verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden. Sie sind berechtigt, zu diesem Zweck erforderlichenfalls, insbesondere wenn das Weiterleben für das Tier mit nicht behebbaren Qualen verbunden wäre, für eine schmerzlose Tötung zu sorgen.

(2) Die Organe der Behörde sind verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen. Sie sind berechtigt, ein Tier Personen, die gegen §§ 5 bis 7 verstoßen, abzunehmen, wenn dies für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist.

(2a) Organe der Behörde sind berechtigt, Personen, die gegen § 8 Abs. 2 und 3 oder § 8a verstoßen, die Tiere abzunehmen.

(3) Für abgenommene Tiere gilt § 30. Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere aller Voraussicht nach geschaffen, so sind sie zurückzustellen. Andernfalls sind die Tiere als verfallen anzusehen. Nach Abs. 2a abgenommene Tiere unterliegen dem Verfall im Sinne des § 17 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

 

Strafbestimmungen

§ 38. (1) Wer gegen die Bestimmungen der in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union oder gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verstößt, indem er

1. einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt oder

2. ein Tier entgegen § 6 tötet oder

3. an einem Tier entgegen § 7 Eingriffe vornimmt oder

4. gegen § 8 verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

(2) In schweren Fällen der Tierquälerei ist eine Strafe von mindestens 2 000 Euro zu verhängen.

(3) Wer außer in den Fällen der Abs. 1 und 2 gegen §§ 5, 7, 8a, 9, 11 bis 32, 32c, 32d, 36 Abs. 2 oder 39 oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte oder gegen eine Bestimmung der in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 3 750 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7 500 Euro zu bestrafen.

(4) Nach Maßgabe der Abs. 1 bis 3 ist auch zu bestrafen, wer es duldet, dass eine seiner Aufsicht oder Erziehung unterstehende nicht deliktsfähige Person bzw. eine seiner Aufsicht und Weisung unterstehende Person der in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union, diesem Bundesgesetz oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den in Bescheiden enthaltenen Anordnungen zuwiderhandelt, obwohl er die Tat hätte verhindern können.

(5) Der Versuch ist strafbar.

(5a) Strafbar nach § 38 Abs. 3 ist auch, wer mittels im Ausland gesetzter Aktivitäten im Internet Tiere in Österreich anbietet und dadurch gegen § 8a Abs. 2 verstößt.

(6) Die Behörde hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3, sofern sie nicht nach § 45 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, vorgeht, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere unbedeutend sind. Die Behörde hat den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid zu ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Unter den in diesem Absatz angeführten Voraussetzungen können die Kontrollorgane gemäß § 35 von der Erstattung einer Anzeige, erforderlichenfalls nach Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch den Beanstandeten, absehen; sie haben den Täter in solchen Fällen in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen.

(7) Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn eine in Abs. 1 bis 3 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Haltung von Wirbeltieren, die nicht unter die 1. Tierhaltungsverordnung fallen, über Wildtiere, die besondere Anforderungen an die Haltung stellen und über Wildtierarten, deren Haltung aus Gründen des Tierschutzes verboten ist (2. Tierhaltungsverordnung)

StF: BGBl. II Nr. 486/2004 idF BGBl. II Nr. 341/2018:

 

Besondere Anforderungen an die Haltung von Säugetieren

(…)

§ 3. (1) Für die Haltung von Säugetieren gelten die in der Anlage 1 enthaltenen Mindestanforderungen.

(2) Pflanzenfressern sind Futter und Wasser dauernd und frei zugänglich anzubieten.

(3) Tiere müssen, sofern es ihren artspezifischen Bedürfnissen entspricht, jederzeit die Möglichkeit haben, Bereiche aufzusuchen, die unterschiedliche Klimaparameter aufweisen.

(4) Entsprechend der Herkunft der spezifischen Tierarten und bezogen auf ihre natürlichen Lebensräume ist auf eine Klimatisierung mit besonderer Berücksichtigung der tageszeitlichen und jahreszeitlichen Rhythmen zu achten.

(5) Sind gehaltene Tiere Einzelgänger oder bestehen individuelle Unverträglichkeiten zwischen einzelnen gehaltenen Tieren, sind entsprechende Trennungen erforderlich.

(6) Bei der Haltung von Primaten, die freien Zugang zu Innen- und Außenanlagen haben, sind mindestens zwei offene Durchgänge erforderlich, wobei die Entstehung von Zugluft verhindert werden muss.

(7) Bei besonders kälteempfindlichen oder wärmeliebenden Tierarten ist neben einer Raumheizung bei Bedarf Strahlungswärme anzubieten.

 

Anlage 1

Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren

 

1. Mindestanforderungen für die Haltung von Hunden

 

1.1. Allgemeine Anforderungen an das Halten von Hunden

(1) Hunden muss mindestens einmal täglich, ihrem Bewegungsbedürfnis entsprechend, ausreichend Gelegenheit zum Auslauf gegeben werden.

(2) Hunden, die vorwiegend in geschlossenen Räumen, z. B. Wohnungen, gehalten werden, muss mehrmals täglich die Möglichkeit zu Kot- und Harnabsatz im Freien ermöglicht werden.

(3) Hunden muss mindestens zwei Mal täglich Sozialkontakt mit Menschen gewährt werden.

(4) Wer mehrere Hunde hält, hat sie grundsätzlich in der Gruppe zu halten. Von der Gruppenhaltung darf nur dann abgesehen werden, wenn es sich um unverträgliche Hunde handelt oder wenn dies aus veterinärmedizinischen Gründen erforderlich ist.

(5) Welpen dürfen erst ab einem Alter von über acht Wochen vom Muttertier getrennt werden; dies gilt nicht, wenn die Trennung aus veterinärmedizinischen Gründen zum Schutz des Muttertieres oder zum Schutz der Welpen erforderlich ist. Ist eine vorzeitige Trennung mehrerer Welpen vom Muttertier erforderlich, so sind diese bis zu einem Alter von mindestens acht Wochen gemeinsam zu halten. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn dies dem Wohl der Tiere dient und die Personen, welche die Tiere in ihre Obhut nehmen, über die erforderlichen Möglichkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zur fachgerechten Aufzucht der Welpen verfügen.

(6) Maulkörbe müssen der Größe und Kopfform des Hundes angepasst und luftdurchlässig sein; sie müssen dem Hund das Hecheln und die Wasseraufnahme ermöglichen.

 

1.2. Anforderungen an das Halten von Hunden im Freien

(1) Ein Hund darf nur dann im Freien gehalten werden, wenn sichergestellt ist, dass das Tier auf Grund seiner Rasse, seines Alters und seines Gesundheitszustandes dazu befähigt ist und ihm Gelegenheit gegeben wurde, sich an die Witterungsverhältnisse, die mit einer Haltung im Freien verbunden sind, anzupassen.

(2) Wer einen Hund im Freien hält, hat dafür zu sorgen, dass dem Hund eine Schutzhütte zur Verfügung steht, die den Anforderungen nach Abs. 3 entspricht und außerhalb der Schutzhütte zusätzlich ein witterungsgeschützter, schattiger, wärmegedämmter Liegeplatz zur Verfügung steht.

(3) Die Schutzhütte muss aus wärmedämmendem Material hergestellt und so beschaffen sein, dass der Hund sich daran nicht verletzen und trocken liegen kann. Sie muss einen der Wetterseite abgewandten Zugang haben, über eine für den Hund geeignete Unterlage verfügen, trocken und sauber gehalten werden und so bemessen sein, dass der Hund

1. sich darin verhaltensgerecht bewegen und hinlegen kann und

2. den Innenraum mit seiner Körperwärme warm halten kann, sofern die Schutzhütte nicht beheizbar ist.

(4) Werden Hunde im Freien in Gruppen gehalten, so müssen die Hundehütten und Liegeplätze so dimensioniert und in so großer Zahl vorhanden sein, dass alle Tiere der Gruppe sie gleichzeitig konfliktfrei nützen können.

(…)

1.4. Anforderungen an die Zwingerhaltung

(1) Eine dauernde Zwingerhaltung ist verboten. Hunden ist mindestens ein Mal täglich entsprechend ihrem Bewegungsbedürfnis die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb des Zwingers zu bewegen.

(2) Jeder Zwinger muss über eine uneingeschränkt benutzbare Zwingerfläche von 15 m 2 verfügen. In diese Fläche ist der Platzbedarf für die Hundehütte nicht eingerechnet. Für jeden weiteren Hund sowie für jede Hündin mit Welpen bis zu einem Alter von acht Wochen muss eine zusätzliche uneingeschränkt benutzbare Grundfläche von 5 m 2 zur Verfügung stehen.

(3) Die Einfriedung des Zwingers muss so beschaffen sein, dass der Hund sie nicht zerstören, nicht überwinden und sich nicht daran verletzten kann. Einfriedungen müssen mindestens 1,8 m hoch sein und ausreichend tief im Boden verankert sein.

(4) An der Hauptwetterseite muss der Zwinger geschlossen ausgeführt sein. Die Zwingertüren sind an der Zwingerinnenseite mit einem Drehknauf auszustatten. Die Türen sind so auszuführen, dass sie nach innen aufschwingen.

(5) Der Zwingerboden und alle Einrichtungen des Zwingers müssen so gewählt und gestaltet werden, dass die Gesundheit der Hunde nicht beeinträchtigt wird und dass sie sich nicht verletzten können. Der Boden ist so auszuführen, dass Flüssigkeit abfließen kann. Trennvorrichtungen müssen so beschaffen sein, dass sich die Hunde nicht gegenseitig verletzten können. Mindestens eine Seite des Zwingers muss dem Hund freie Sicht nach außen ermöglichen. Außerhalb der Hundehütte muss eine Liegefläche aus wärmedämmendem Material bereitgestellt werden. Das Innere des Zwingers muss sauber, ungezieferfrei und trocken gehalten werden.

(6) Der Zwinger muss ausreichend natürlich beleuchtet sein.

(7) In Zwingern sind bauliche Vorkehrungen derart zu treffen, dass für alle im Zwinger gehaltenen Hunde jederzeit schattige Plätze zur Verfügung stehen.

(8) In einem Zwinger dürfen bis zu einer Höhe, die der aufgerichtete Hund mit den Vorderpfoten im Sprung erreichen kann, keine stromführenden Vorrichtungen, mit denen der Hund in Berührung kommen kann, oder Vorrichtungen, die elektrische Impulse aussenden, angebracht sein.

(9) Werden mehrere Hunde auf einem Grundstück einzeln in einem Zwinger gehalten, so sind die Zwinger so anzuordnen, dass die Hunde Sichtkontakt zu anderen Hunden haben. Bei unverträglichen Hunden ist Sichtkontakt untereinander zu verhindern.

1.5. Fütterung und Pflege

(1) Der Halter hat dafür zu sorgen, dass dem Hund in seinem gewohnten Aufenthaltsbereich jederzeit Wasser in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung steht.

(2) Der Halter hat den Hund mit geeignetem Futter in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen.

(3) Der Halter hat

1. den Hund unter Berücksichtigung der Rasse regelmäßig zu pflegen und für seine Gesundheit Sorge zu tragen und

2. für ausreichende Frischluft und angemessene Lufttemperatur zu sorgen, wenn der Hund ohne Aufsicht in einem Fahrzeug verbleibt, und

3. den Aufenthaltsbereich des Hundes sauber und ungezieferfrei zu halten. Der Kot ist täglich zu entfernen.

 

Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über die Kontrolle der Einhaltung von Tierschutzbestimmungen (Tierschutz-Kontrollverordnung – TSchKV)

StF: BGBl. II Nr. 492/2004 idF BGBl. II Nr. 430/2020

 

Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung regelt die näheren Vorschriften über die Kontrolle der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen sowie die Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Kontrollorgane.

 

Kontrolle von Tierhaltungen

§ 2. (1) Unbeschadet der Kontrollanforderungen des § 35 Abs. 2 und 4 TSchG ist bei Wahrnehmung eines Verstoßes gegen Tierschutzrechtsvorschriften bei dem betreffenden Tierhalter eine Nachkontrolle zwecks Überprüfung der Behebung des festgestellten Verstoßes nach Ablauf einer festzusetzenden Frist, jedenfalls innerhalb eines Jahres, durchzuführen.

(2) Bei einer Nachkontrolle gemäß Abs. 1 ist § 7 nicht anzuwenden.

(…)

Kontrollorgane

§ 6. (1) Zur Durchführung der Kontrollen hat sich die Behörde der Amtstierärzte oder weiterer von der Landesregierung amtlich beauftragter Tierärzte als Kontrollorgane zu bedienen. Bei der Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des § 32 TSchG und der Tierschutz-Schlachtverordnung, BGBl. II Nr. 488/2004, kann sich die Behörde der zur Schlachttier- und Fleischuntersuchung bestellten oder mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung beauftragten amtlichen Tierärzte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 3 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, bedienen. Die Kontrollen gemäß § 4 Abs. 1 bleiben davon unberührt. Darüber hinaus kann sich die Behörde auch solcher von der Landesregierung bestellten Personen bedienen, die über eine ausreichende fachliche Qualifikation gemäß Anhang 1 Punkt A verfügen.

(2) Amtstierärzte gemäß § 2 Abs. 2 Tierärztegesetz haben entsprechend der Art und Ausrichtung der von ihnen durchzuführenden Kontrollen den Nachweis der Kenntnisse der in Anhang 1 Punkt B genannten Inhalte bzw. über die für sie daraus relevanten Teile oder die Absolvierung des Moduls Tierschutz des Universitätslehrgangs Tierärztliches Physikat zu erbringen. Alle übrigen Personen, die zur Durchführung von Kontrollen eingesetzt werden, ausgenommen die zur Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des § 32 TSchG und der Tierschutz-Schlachtverordnung zur Schlachttier- und Fleischuntersuchung bestellten oder mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung beauftragten amtlichen Tierärzte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 3 LMSVG, müssen ab 1. April 2020 einen Nachweis der Kenntnisse über die in Anhang 1 Punkt B genannten Inhalte oder die Absolvierung des Moduls Tierschutz des Universitätslehrgangs Tierärztliches Physikat erbringen. Sonstige Institutionen, die Ausbildungen oder Prüfungen über die in Anhang 1 Punkt B genannte Ausbildungen anbieten, müssen für die Abhaltung von Kursen und Prüfungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als geeignet anerkannt und durch Kundmachung in den Amtlichen Veterinärnachrichten (AVN) veröffentlicht werden.

(3) Für die Kontrollorgane gilt im Rahmen ihrer Tätigkeit die Verschwiegenheitspflicht.

(4) Die Kontrollorgane sind mit einem Lichtbildausweis auszustatten. Im Ausweis sind einzutragen:

1. der Name,

2. das Bundesland,

3. die Bezeichnung „Kontrollorgan gemäß § 35 des Tierschutzgesetzes“,

4. das Datum der Ausstellung und die Dauer der Gültigkeit

5. der Stempel der ausstellenden Behörde.

(5) Kontrollorgane dürfen in keinem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis oder in keiner Beziehung im Sinne des § 7 AVG zu den kontrollierten Tierhaltungen und zu den kontrollierten Schlachtanlagen stehen.

 

Durchführung der Kontrollen

§ 7. Bei den Kontrollen sind insbesondere die im Anhang 2 angeführten Daten zu erheben.

 

Anhang 1

Qualifikation und Lehrgang für Tierschutzkontrollorgane

 

A. Als ausreichend qualifiziert gemäß § 6 Abs. 1 gelten Personen, die den erfolgreichen Abschluss einer der folgenden Ausbildungen mit einem Zeugnis belegen können:

1. Studienzweig Zoologie der Studienrichtung Biologie;

2. Studium der Veterinärmedizin;

3. Studienzweig Nutztierwissenschaften der Studienrichtung Landwirtschaft;

4. Fischereifacharbeiter oder Fischereimeister bei Einsatzbereich Teichwirtschaft;

5. Lehrberuf Tierpfleger;

6. Höhere Lehranstalt für Landwirtschaft, Höhere Lehranstalt für allgemeine Landwirtschaft oder Höhere Lehranstalt für Landwirtschaft für alpenländische Landwirtschaft;

7. aufgrund eines Staatsvertrages im Rahmen der Europäischen Integration als gleichwertig anerkannte oder zu geltende Ausbildung.

 

B. Qualifizierte Personen gemäß Punkt A haben vor Aufnahme der Kontrolltätigkeit Kenntnisse über folgende Inhalte nachzuweisen:

1. Rechtliche Grundlagen des Tierschutz- und Tiertransportgesetzes einschließlich der dazugehörigen Verfahrensrechte;

2. Tierschutz bei Heim- und Hobbytieren: allgemeine Haltungsanforderungen, Tierzucht (unter besonderer Berücksichtigung von Qualzucht), spezielle Anforderungen an die gewerbliche Haltung von Tieren sowie an die Haltung von Tieren in Tierheimen und Zoos;

3. Tierschutz bei landwirtschaftlichen Nutztieren: grundsätzliche Kenntnisse über die Organisation und Produktionsmethoden der Landwirtschaft;

4. Schutz der Tiere bei der Schlachtung und Tötung: ethische Grundsätze, Betäubungsmethoden, Tötungsmethoden;

5. Konfliktmanagement unter besonderer Berücksichtigung tierschutzrelevanter Aspekte.

 

Anhang 2

Daten, die im Rahmen der Tierschutzkontrolle zu erheben sind

1. Name des Kontrollorgans und der von ihm beigezogenen Personen;

2. Name des Halters;

3. Name, Anschrift, Aufgabenbereich aller Betreuungspersonen;

4. bei der Kontrolle anwesende Personen;

5. Datum, Zeit und Dauer der Kontrolle;

6. Art und Anzahl der Tiere;

7. Alter des Haltungssystems bzw. dessen einzelner Elemente;

8. Ausstattung, Zustand des Haltungssystems;

9. Neu- oder Umbauten bestehender Haltungseinrichtungen nach In-Kraft-Treten des TSchG;

10. Qualifikation und Anzahl der Betreuungspersonen;

11. Durchgeführte Kontrolle des Tierhalters;

12. Erfüllung von Aufzeichnungspflichten auf Grund des TSchG und anderer Rechtspflichten (z. B. Bestandverzeichnisse);

13. Bewegungsfreiheit und Besatzdichte;

14. Hygiene;

15. Fütterung und Tränkung;

16. Medizinische Behandlungen;

17. Eingriffe;

18. Alle sonstigen Anforderungen, die sich aus der Verordnung gemäß § 24 TSchG ergeben;

19. Erkennbare Erkrankungen, Verletzungen, Missbildungen, Verhaltensstörungen;

20. Gesamteindruck zum Wohlbefinden der Tiere;

21. vorgefundene tote Tiere, soweit feststellbar Zeit und Ursache des Todes;

22. sonstige Bemerkungen zur Tierhaltung, insbesondere Art, Ausmaß, Schwere und Dauer eines Verstoßes nach Einschätzung des Kontrollorgans, Bemerkungen zur Mitwirkung des Halters bei der Kontrolle, insbesondere Vermerk über Behinderungen, Verhinderungen oder sonstige Zwischenfälle bei der Kontrolle;

23. Hinweise und aufgetragene Maßnahmen gemäß § 38 TSchG.

 

I.3.2. Rechtliche Würdigung:

 

I.3.2.1 Zulässigkeit der Beschwerde:

Am 07.12.2022 wurden dem BF zwölf Hunde gemäß § 37 Abs. 2 TSchG durch Organe der belangten Behörde unter Hilfeleistung von Exekutivorganen gemäß § 34 Abs. 2 TSchG abgenommen. Diese Amtshandlung der belangten Behörde stellt sich als Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar. Der BF hat als Halter dieser Hunde gegen diese Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt fristgerecht eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht. Die belangte Behörde führte in der Gegenschrift – unter Hinweis auf den seitens des BF gestellten Antrag auf Rückausfolgung der Hunde – aus, dass sich die vorliegende Maßnahmenbeschwerde im Sinne eines subsidiären Rechtsbehelfs als unzulässig erweisen würde und daher zurückzuweisen wäre.

 

Dieses rechtliche Vorbringen der belangten Behörde erweist sich als unrichtig. Die bescheidmäßige Erledigung des Antrages des BF auf Rückausfolgung der abgenommenen Hunde gemäß § 37 Abs. 3 TSchG stellt eine von der zwangsweisen Abnahme der Hunde gemäß § 37 Abs. 2 TSchG unabhängige Entscheidung dar, der ein anderer Entscheidungsgegenstand zugrunde liegt (vgl. VwGH 15.03.2016, Ro2016/02/0003). Die Rechtmäßigkeit der mit Zwangsmitteln durchgeführten Tierabnahme ist daher – entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde – vom Verwaltungsgericht zu prüfen. Die im Wege einer Prognoseentscheidung zu treffende Entscheidung darüber, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Rückstellung entsprechend § 37 Abs. 3 TSchG vorliegen, ist Sache der belangten Behörde und mittels Bescheid zu erledigen.

 

Die Beschwerde des BF erweist sich daher im Lichte des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG als zulässig.

 

I.3.2.2 Inhaltliche Behandlung der Beschwerde:

 

Vor der beschwerdegegenständlichen Tierabnahme am 07.12.2022 hat die belangte Behörde folgende Verfahrensschritte gesetzt:

 

Am 20.09.2022 fand auf der Liegenschaft des BF eine seitens der belangten Behörde telefonisch angekündigte Kontrolle gemäß § 35 Abs. 4 TSchG in Anwesenheit des BF statt. Die Kontrolle wurde von der Zeugin Mag. E F., als Referentin der belangten Behörde sowie dem Zeugen Mag. G H., als Amtstierarzt durchgeführt. Gegenstand der Kontrolle war die Zwingeranlage des BF, die vom Zeugen Mag. G H. vor Ort vermessen und fotografisch festgehalten wurde. Da insbesondere keine veterinärmedizinische Untersuchung der Tiere vor Ort durchgeführt worden war, entsprach die Kontrolle nicht den rechtlichen Vorgaben gemäß § 7 TSchKV iVm Anhang 2. Die im Anhang 2 angeführten und insbesondere zu erhebenden Daten wurden von den beiden Kontrollorganen nicht ermittelt und/oder nicht dokumentiert (zB. erkennbare Erkrankungen, Verletzungen, Missbildungen, Verhaltensstörungen der Tiere, Gesamteindruck zum Wohlbefinden der Tiere usw.). Der Inhalt eines nach der Kontrolle geführten Gesprächs zwischen der Zeugin Mag. E F., dem Zeugen Mag. G H. und dem BF wurde nicht protokolliert und dem BF nicht zur Kenntnis gebracht. Am 10.10.2022, also knapp drei Wochen nach der Kontrolle am 20.09.2022, wurde von der Zeugin Mag. E F. ein Kontrollbericht angefertigt, der dem BF nicht zur Kenntnis gebracht wurde. In diesem Kontrollbericht wurde festgehalten, dass medizinische Auffälligkeiten augenscheinlich nicht festgestellt wurden, eine Untersuchung jedes einzelnen Hundes jedoch nicht durchgeführt worden war.

 

Ein am selben Tag von der Zeugin Mag. E F. verfügter Anpassungsauftrag gemäß § 35 Abs. 6 TSchG wurde an die Tierschutzombudsschaft adressiert und dem BF nachrichtlich zur Kenntnis gebracht. Hierzu ist aus rechtlicher Sicht festzuhalten, dass Anpassungsaufträge gemäß § 35 Abs. 6 TSchG selbstredend mittels Bescheid zu erteilen sind (vgl. Binder, Das österreichische Tierschutzrecht4, § 35, S 149). Auch wenn die Erledigung der belangten Behörde vom 10.10.2022 nicht als Bescheid bezeichnet ist, keine Rechtsmittelbelehrung beinhaltet und von der Zeugin Mag. E F. rechtlich als „Rechtsbelehrung“ bzw. „Informationsschreiben“ deklariert wurde, ist vom Vorliegen eines Bescheides auszugehen, der dem BF mittels Hinterlegung zugestellt und ihm gegenüber rechtswirksam wurde. Wenn der BF in dessen Beschwerde diesbezüglich auf eine fehlende Hinterlegungsanzeige verweist, so ist auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Zustellung auch bei Verlust der Hinterlegungsanzeige als erfolgt, der Bescheid als erlassen und der Fristenlauf als ausgelöst gilt (vgl. VwGH 21.05.1997, 96/19/3508).

 

Im Bescheid vom 10.10.2022 wurde der BF zusammengefasst aufgefordert, die Zwingeranlage zu vergrößern, die Hauptwetterseite bei den beiden vorderen Zwingern zu schließen, den Hunden schattige Plätze zur Verfügung zu stellen und die Schutzhütten mit wärmedämmendem Material auszustatten. Darüber hinaus wurde dem BF aufgetragen, seinen Hunden mindestens einmal täglich für eine Stunde Auslauf außerhalb des Zwingers zu ermöglichen. Von diesem Bescheidinhalt erlangte der BF keine Kenntnis, da er den hinterlegten Bescheid nicht behob.

 

Am 05.12.2022 fand eine weitere, wenn auch sehr kurzfristig angekündigte Kontrolle gemäß § 35 Abs. 4 TSchG in Abwesenheit des BF statt. Diese Kontrolle erweist sich insofern als rechtswidrig, als diese im Alleingang von der Zeugin Mag. E F. in Begleitung eines Exekutivorgans durchgeführt worden war. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen der Zeugin Mag. E F., wonach es sich um keine Kontrolle gemäß § 35 Abs. 4 TSchG, sondern um eine Beweisaufnahme gehandelt habe und es ja nicht verboten sei, ein Grundstück zu einem solchen Zweck zu betreten, waren rechtlich unhaltbar: Zum einen dürfen gemäß § 36 Abs. 1 TSchG die Organe der Behörden Liegenschaften nur zum Zwecke der Kontrolle - für eine Beweisaufnahme iSd § 7 TSchKV - gemäß § 35 TSchG betreten. Zum anderen hat, also muss sich die Behörde gemäß § 35 Abs. 5 TSchG bei der Kontrolle solcher Personen bedienen, die über eine ausreichende fachliche Qualifikation verfügen. Die einschlägigen Qualifikationserfordernisse ergeben sich aus § 6 TSchKV und treffen weder auf die Zeugin Mag. E F. noch auf das hilfsweise beigezogene Exekutivorgan zu. Die Zeugin Mag. E F. hätte, nachdem sie vor Ort erfahren hatte, dass der Amtstierarzt verhindert war, die beabsichtigte Kontrolle gemäß § 35 Abs. 4 TSchG abbrechen und einen neuen Kontrolltermin, zweckmäßigerweise in Anwesenheit des BF, anberaumen müssen. Demgegenüber hat sie eigenmächtig auf der Liegenschaft des BF eine tierschutzrechtliche Kontrolle durchgeführt, in dem sie die Zwingeranlage erneut vermessen und Fotos von dieser angefertigt hat. Diese Vorgehensweise erweist sich mangels gesetzlicher Grundlage hierfür als rechtswidrig.

 

Aufgrund der persönlichen Wahrnehmungen der Zeugin Mag. E F. anlässlich deren Kontrolle am 05.12.2022, die sie den beiden Amtstierärzten, dem Zeugen Mag. G H. und dem Zeugen Dr. I J per Email übermittelte, verfasste der Zeuge Dr. I J eine „veterinärmedizinische Stellungnahme“, welche letztlich in der Bestätigung über die Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG vom 07.12.2022 Eingang fand. Der Amtstierarzt Dr. I J war zu keinem Zeitpunkt persönlich vor Ort und konnte Folge dessen die Hunde nicht selbst besichtigen, geschweige denn untersuchen. Seine „gutachterlichen Schlussfolgerungen“ basierten ausnahmslos auf der Grundlage der persönlichen Schilderungen der Zeugin Mag. E F. im Rahmen einer rechtswidrig durchgeführten Kontrolle. Insofern verwundet es wenig, dass sich im „Gutachten“ des Amtstierarztes (auch) Ausführungen finden, die nicht den Tatsachen entsprachen:

 

Entgegen den Darlegungen des Amtstierarztes, wonach den Hunden, sprich sämtlichen Hunden, zu wenig Platz zur Verfügung stand, hat sich gezeigt, dass die hintere Zwingeranlage (von vornherein) über die notwendige Größe verfügte und sich in der vorderen Zwingeranlage zum Zeitpunkt der Kontrolle am 05.12.2022 nicht mehr vier, sondern nur mehr zwei Hunde befanden, womit die Mindestanforderungen betreffend Zwingergröße in beiden Zwingeranlagen erfüllt waren. Die falsche Vermessung der Zwingeranlage durch den Zeugen Mag. G H. und die fehlenden Messergebnisse der Vermessung durch die Zeugin Mag. E F. hat die belangte Behörde zu vertreten. Auch die Darlegung, wonach keine witterungsgeschützten Liegeplätze außerhalb der Hundehütten vorhanden gewesen seien und den Hunden, sprich sämtlichen Hunden, lediglich Steinboden zur Verfügung gestanden habe, erweisen sich als unpräzise und daher nur teilweise als richtig. Für die acht Hunde in der hinteren Zwingeranlage bestand – neben den Hundehütten – ein auf drei Seiten geschlossener überdachter Bereich, in welchem sich ein Holzboden befand. Nur den beiden Hunden in der vorderen Zwingeranlage stand nur ein Steinboden und kein trockener Unterschlupf neben den Hundehütten zur Verfügung. Die Unterbringung der beiden anderen Hunde in der dritten Zwingeranlage wurde vom Amtstierarzt überhaupt nicht thematisiert. Der Amtstierarzt führte überdies aus, dass aufgrund des Steinplattenbodens, der natürlich im Herbst und Winter permanent feucht sei, einige Hunde in Folge dessen auch ausgeprägte Liegeschwielen, teilweise entzündet, gezeigt hätten. Wegen des Hinweises auf den Steinplattenboden hatte sich der Amtstierarzt dabei – wie dieser anlässlich dessen Befragung vor dem Verwaltungsgericht auch bestätigte – auf die Hunde in der vorderen Zwingeranlage bezogen (bei der maßgeblichen Kontrolle am 05.12.2022 waren dort zwei Hunde untergebracht). Diese Feststellungen zeigten sich zur Gänze als falsch, da – schenkt man dem Amtstierarzt Mag. G H. Glauben – drei Hunden in der hinteren Zwingeranlage, wo sich ua. ein Holzboden befand, Liegeschwielen aufgewiesen hätten. Um welche Hunde es sich dabei konkret gehandelt hatte, konnte nicht festgestellt werden, da die belangte Behörde diesbezügliche Ermittlungen zur Gänze unterlassen hatte. Entzündete Liegeschwielen hatte weder der Zeuge Mag. G H. noch die Zeugin Mag. E F. bemerkt und dokumentiert noch konnten solche von der beigezogenen Amtssachverständigen aufgrund der Fotos im Verfahrensakt der belangten Behörde im Nachhinein festgestellt werden. Welche Auswirkungen ein allfälliger Wassermangel bzw. ein allfällig vorliegender Bewegungsmangel auf die Hunde gehabt hätte, wurde vom Amtstierarzt nicht thematisiert.

 

Diese mangelhafte und damit aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes beweistechnisch nicht verwertbare „veterinärmedizinische Stellungnahme“ des Amtstierarztes Dr. I J führte im Ergebnis zur zwangsweisen Abnahme von zwölf Hunden des BF durch die belangte Behörde:

 

Tierabnahme vom 07.12.2022:

Vorausgeschickt wird, dass sich auch die durchgeführte „Kontrolle“ vom 07.12.2022 als rechtswidrig erweist, da diese – erneut – von der Zeugin Mag. E F. im Alleingang durchgeführt wurde, ohne Beiziehung eines Amtstierarztes. Abgesehen davon erweist sich aber auch die anlässlich dieser Kontrolle durchgeführte Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG und damit die vom BF angefochtene Maßnahme als rechtswidrig.

 

Das Tierschutzgesetz sieht in der Bestimmung des § 37 TSchG folgende Zwangsmaßnahmen vor:

 

Gemäß § 37 Abs. 1 TSchG sind die Organe der Behörde verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 durch unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden. Sie sind berechtigt, zu diesem Zweck erforderlichenfalls, insbesondere wenn das Weiterleben für das Tier mit nicht behebbaren Qualen verbunden wäre, für eine schmerzlose Tötung zu sorgen. Tritt ein Fall von Tierquälerei gemäß § 5 TSchG zu Tage, ist die Behörde demzufolge verpflichtet, diesen Verstoß durch Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, dh ohne vorangehendes Verfahren zu beenden. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben an solchen Maßnahmen gemäß § 34 Abs. 1 Z 4 TSchG mitzuwirken. Ist eine sofortige Abnahme der Tiere zur effektiven Beendigung von Tierquälerei notwendig (Gefahr in Verzug), ist diese gemäß § 37 Abs. 1 TSchG zu veranlassen.

 

Gemäß § 37 Abs. 2 TSchG sind die Organe der Behörde verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen. Sie sind berechtigt, ein Tier Personen, die gegen §§ 5 bis 7 TSchG verstoßen abzunehmen, wenn dies für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist.

 

Im Gegensatz zum § 37 Abs. 1 TSchG, der eine allgemeine Ermächtigung zur Setzung von Befehls- und Zwangsgewalt enthält, regelt die Bestimmung des § 37 Abs. 2 TSchG – die (zwangsweise) Tierabnahme im Interesse des Tierwohls (siehe 1515 der Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage – Erläuterungen, § 37). Der Gesetzgeber sieht hierfür eine von der Behörde obligatorisch zu vollziehende Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG und eine fakultativ zu vollziehende Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 TSchG vor:

 

Eine durch die Behörde verpflichtend zu veranlassende Tierabnahme (Satz 1) ist dann geboten, wenn zwar der Tatbestand der Tierquälerei (noch) nicht erfüllt ist, doch eine solche für den Fall des Untätigbleibens der Behörde unmittelbar zu erwarten ist (Prognose), also das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird und der Halter der Tiere nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen.

 

Eine durch die Behörde in ihrem Ermessen zu veranlassende Tierabnahme ist unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit (Satz 2) dann geboten, wenn eine rechtswidrige Handlung oder Unterlassung des Halters (unter der Schwelle der Tierquälerei und der drohenden Tierquälerei) vorliegt und die Abnahme zur Sicherung des Wohlbefindens notwendig ist, dh, wenn das Wohlbefinden des Tieres im Falle seines Verbleibs beim Halter nicht gewährleistet werden kann (siehe dazu Binder, Das österreichische Tierschutzrecht4, § 37, S 153).

 

Im Beschwerdefall wurde eine Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 TSchG dokumentiert. Ob es sich dabei um eine obligatorische Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG oder um eine fakultative Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 TSchG gehandelt hat, konnte von der Zeugin Mag. E F. auf Nachfrage des Verwaltungsgerichtes zunächst nicht beantwortet werden. Dies erweist sich rechtlich als problematisch, da an die jeweilige Befugnis der Organe der Behörde, Tiere gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 TSchG zwangsweise abzunehmen, unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft sind (siehe oben). Das Verwaltungsgericht gewann im Verfahren den Eindruck, dass die Zeugin Mag. E F. diesbezüglich rechtlich nicht differenziert hatte. Der Zeuge Dr. I J, der die Tierabnahme aus veterinärmedizinischer Sicht befürwortete, ging überhaupt vom Vorliegen der Tierquälerei aus, wenngleich diese in der Verhandlung geäußerte Ansicht keinen Eingang in dessen veterinärmedizinische Stellungnahme gefunden hatte.

 

Im Zuge des Beweisverfahrens gab die Zeugin Mag. E F. an, dass die Tierabnahme auf der Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG erfolgt sei, da der BF nicht willens oder nicht in der Lage gewesen sei, Abhilfe zu schaffen. Diese Tierabnahme findet im Gesetz keine Deckung:

 

Auch wenn bei der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt kein Verfahren iSd §§ 37 AVG ff voranzugehen hat, so sind die gebotenen materiell-rechtlichen Vorgaben sowie die verfahrensrechtlichen Grundsätze von der Behörde jedenfalls einzuhalten. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt – wie in der Beschwerdesache – Grundrechtseingriffe einhergehen können. Wäre die belangte Behörde rechtskonform vorgegangen, hätte ein Amtstierarzt die Hunde anlässlich einer behördlichen Kontrolle vor Ort, im Idealfall in Anwesenheit des BF, untersuchen und die im Anhang 2 der TSchKV erforderlichen Daten nachvollziehbar erheben müssen. Sinnvollerweise hätte man zu Beweiszwecken aussagekräftige Fotos anfertigen müssen. Aufgrund dieser Befundaufnahme vor Ort hätte ein vollständiges, nachvollziehbares und schlüssiges veterinärmedizinisches Gutachten erstellt werden müssen, welches der belangten Behörde als Entscheidungsgrundlage für die weitere Vorgehensweise gedient hätte. Aufgrund dieses Gutachtens hätte die Zeugin Mag. E F. entscheiden müssen, ob für sie rechtlich tatsächlich eine Verpflichtung gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG bestand, sämtliche Hunde unverzüglich abzunehmen oder ob allenfalls andere Möglichkeiten zur Herstellung des gebotenen Rechtszustandes zur Verfügung gestanden wären (Vollstreckung des Anpassungsauftrages, Einleitung eines Strafverfahrens, Abnahme einzelner Hunde usw.).

 

Demgegenüber teilte die Zeugin Mag. E F. bereits in deren Email vom 05.12.2022 den beiden Amtstierärzten mit, dass seitens der Behörde angeraten werde, alle Hunde gemäß § 37 TSchG abzunehmen, dies - „nach tierärztlicher Expertise“. Die Zeugin Mag. E F. erklärte dem Verwaltungsgericht auf diesbezügliche Nachfrage, dass sie aufgrund ihrer Wahrnehmungen vom 05.12.2022 vor Ort rechtlich davon ausgegangen sei, dass sämtliche Hunde abzunehmen waren – sie hierfür aber eine veterinärmedizinische Bestätigung gebraucht hätte. Damit konterkariert die Zeugin Mag. E F. die gesetzlich gebotene Vorgehensweise (Durchführung einer Kontrolle im Beisein eines Amtstierarztes, Befundaufnahme, Erstellung eines veterinärmedizinischen Gutachtens etc.), in dem sie aufgrund ihrer eigenen (laienhaften) Wahrnehmungen, rechtliche Schlüsse zog und um diese (im nachhinein) fachlich zu untermauern, ein dazu passendes „veterinärmedizinisches Gutachten“ von zwei Amtstierärzten erstellen ließ. Bemerkenswert ist dabei insbesondere, dass sich die Zeugin Mag. E F. dabei Amtssachverständigen bediente, die bei der Nachkontrolle am 05.12.2022 nicht vor Ort waren. Der Amtssachverständige Dr. I J war überhaupt zu keinem Zeitpunkt auf dem Anwesen des BF gewesen. Aussagekräftige Fotos von den Wahrnehmungen der Zeugin Mag. E F. (Liegeschwielen, verwahrloster Zustand der Hunde etc.) lagen zu diesem Zeitpunkt auch nicht vor. Dass die Tierabnahme für die Zeugin Mag. E F. bereits vor Erstellung eines veterinärmedizinischen Gutachtens beschlossene Sache war, zeigt sich auch insofern, als sie die beabsichtigte Tierabnahme bereits organisierte, ohne die fachliche Einschätzung des Amtstierarztes abzuwarten. Dies verwundert wenig, da der Amtstierarzt, der Zeuge Dr. I J, die von der Zeugin Mag. E F. verschriftlichten Wahrnehmungen vom 05.12.2022 (die Zeugin Mag. E F. gab anlässlich deren Befragung vor dem Verwaltungsgericht an, dass der Zeuge Dr. I J diesbezüglich keine Fragen an sie hatte) ungeprüft übernahm und seiner „veterinärmedizinischen Stellungnahme“ – ein Sachverständigengutachten, welches diesen Namen auch verdient hätte, wurde im Verfahren nicht erstellt – zu Grunde legte. Aufgrund dieser Vorgehensweise verwundert es auch nicht, dass diese Stellungnahme unpräzise und zum Teil fehlerhaft war (siehe vorne).

 

Ausgehend davon, dass, den Angaben des Zeugen Mag. G H. folgend, nur bei drei Hunden (nicht entzündete) Liegeschwielen vorlagen, erweist sich die unverzügliche Tierabnahme der übrigen neun Hunde – mangels anderer veterinärmedizinisch relevanter Feststellungen iSd § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG – als nicht vertretbar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch diese Hunde in den nächsten Jahren Liegeschwielen entwickelt hätten, wäre kein unverzüglicher Handlungsbedarf durch die belangte Behörde in Form der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gegeben gewesen. Ein solcher Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum ist nicht verhältnismäßig. Aber auch bei jenen drei Hunden, die bereits Liegeschwielen aufgewiesen hatten, war eine verpflichtende sofortige Abnahme der Hunde gesetzlich nicht angezeigt. Beim Vorhandensein von Liegeschwielen ist nicht von „einem Schaden am Tier“ – im Vorstadium der Tierquälerei iSd § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG auszugehen. Der Amtstierarzt Dr. I J bestätigte anlässlich dessen Befragung vor dem Verwaltungsgericht, dass auch Hunde, die in Wohnungen gehalten werden, Liegeschwielen aufweisen, selbst wenn diesen eine verformbare Unterlage zur Verfügung gestellt wird. Manche Hunde würden beispielsweise im Sommer einen kühlen Holzboden bevorzugen. Veterinärmedizinisch wurde von der beigezogenen Amtssachverständigen bestätigt, dass Liegeschwielen, wenn sie nicht entzündet sind, an sich kein Leiden verursachen. Weitere maßgebliche „Schäden“ an den Tieren sowie ein dadurch verursachtes „Leiden“ der Hunde, die eine Abnahme gerechtfertigt hätten, wurden vom Amtstierarzt Dr. I J in dessen Stellungnahme nicht beschrieben.

 

Eine verpflichtend durchzuführende Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG war daher aufgrund des von der belangten Behörde ermittelten Sachverhaltes – ex ante betrachtet – nicht geboten und daher auch nicht vertretbar. Auch wenn der BF eine gewisse Beratungsresistenz hinsichtlich der Haltung seiner Tiere erkennen ließ, hat die belangte Behörde keine Umstände – am Zustand der Tiere – dargetan, die die unverzügliche Tierabnahme auf der Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG gerechtfertigt hätte. Eine ordnungsgemäß durchgeführte veterinärmedizinische Untersuchung hätte allenfalls solche Umstände hervorgebracht. Demgegenüber hat es die belangte Behörde verabsäumt, vor der Ausübung der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt den Sachverhalt nachvollziehbar zu erheben. Insbesondere ist der belangten Behörde der Vorwurf zu machen, dass sie – vor der Tierabnahme – kein plausibles veterinärmedizinisches Gutachten eingeholt hat.

 

Abgesehen davon hat es die belangte Behörde verabsäumt, nachvollziehbare Feststellungen im Hinblick auf das zweite, für eine obligatorische Tierabnahme, erforderliche Tatbestandsmerkmal des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG zu treffen, nämlich, ob der BF a) nicht willens und/oder b) nicht in der Lage war, Abhilfe zu schaffen. Die diesbezüglich seitens der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, wonach bereits mehrfach Kontrollen nach dem TSchG am Anwesen des BF stattgefunden hätten und mehrfach, wenn gleich erfolglos, Gespräche mit diesem geführt worden seien, erwiesen sich als unwahr:

 

Den eigenen Angaben der Zeugin Mag. E F. folgend hatte eine Kontrolle gemäß § 37 Abs. 4 TSchG am Anwesen des BF stattgefunden. Der Inhalt des anlässlich dieser Kontrolle geführten Gesprächs und eine allfällige Reaktion des BF darauf, wurde von der Zeugin Mag. E F. nicht dokumentiert. Der Kontrollbericht vom 10.10.2022 war dem BF nicht übermittelt worden. Von der rechtswidrigen Kontrolle am 05.12.2022 wurde der BF nicht in Kenntnis gesetzt. Eine von der Zeugin Mag. E F. ins Treffen geführte Kontrolle im Jahr 2017, betraf ihren eigenen Angaben folgend eine „andere Sache“. Eine vor sechs Jahren stattgefundene Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz erscheint auch nicht als Beweis dafür geeignet, um von einer, wie es die Zeugin R. beschrieb, „beharrlichen Entziehung behördlicher Anordnungen“ des BF im Jahr 2022 ausgehen zu können. Tatsächlich gab es eine behördliche Anordnung in Form des Anpassungsauftrages vom 10.10.2022. Es trifft zu, dass der BF den Anpassungsauftrag der Behörde vom 10.10.2022 nicht behoben und auf die äußerst kurzfristig anberaumte Nachkontrolle am 05.12.2022 nicht reagiert hatte. Dieses Verhalten des BF hat aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes jedoch (noch) nicht ausgereicht, um im Gegenstandsfall von einem grundsätzlichen „Nicht-Willens-Sein“ des BF iSd § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG ausgehen zu können. Ein zweites persönliches Gespräch mit dem BF, in welchem man ihm die allfälligen Konsequenzen für sein Verhalten gegenüber der Behörde, die einen gesetzlichen Auftrag zu vollziehen hat, aufgezeigt hätte (Vollstreckung des Bescheides, Einleitung eines Strafverfahrens, Tierabnahme), wären gerade im Hinblick auf die Persönlichkeit des BF, der von der Richtigkeit seiner Entscheidungen im Hinblick auf seine Hunde äußerst überzeugt erschien, angezeigt gewesen. Dies bedeutet, dass im Gegenstandsfall nicht vertretbar davon ausgegangen werden konnte, dass das zweite erforderiche Tatbestandsmerkmal des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG erfüllt war.

 

Die auf der Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG verfügte zwangsweise Abnahme von zwölf Hunden erweist sich daher jedenfalls als rechtswidrig.

 

Eine allenfalls gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 TSchG in Betracht gezogenen Tierabnahme zum Wohlbefinden der Tiere hätte sich im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ebenso als unvertretbar und somit rechtswidrig erwiesen. Diese Organbefugnis ist aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes als ultima ratio zu betrachten, wenn der Halter eines Tieres Rechtsverstöße unter der Schwelle der Tierquälerei bzw. unter der Schwelle einer zu erwartenden Tierquälerei nicht hintanhält. Im Beschwerdefall fehlte es letztendlich an verformbaren Unterlagen für die Hunde, die den Stein des Anstoßes für die Tierabnahme gaben bzw. einem witterungsgeschützten Unterschlupf für die Hunde in der vorderen Zwingeranlage. Es wäre jedenfalls angezeigt gewesen, den diesbezüglich – ohnedies bereits erteilten Anpassungsauftrag gemäß § 35 Abs. 6 TSchG – allenfalls mittels Zwangsstrafen zu vollstrecken. Die von der Zeugin Mag. E F. diesbezüglich ins Treffen geführte vermeintliche Personalknappheit bei der belangten Behörde hat bei diesen Überlegungen keine Relevanz. Auch erscheint die Einleitung eines Strafverfahrens, um der Durchsetzung des Wohlbefindens der Tiere Nachdruck zu verleihen, vor der fakultativen Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 TSchG, jedenfalls im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als angezeigt.

 

Insgesamt betrachtet war der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG Folge zu geben und die seitens der belangten Behörde zu vertretende Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Form einer Tierabnahme gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG für rechtswidrig zu erklären.

 

Die belangte Behörde hat während der Anhängigkeit des gegenständlichen Verfahrens den Antrag auf Rückausfolgung der Tiere mit Bescheid vom 20.02.2023 abgewiesen und die Tiere seit 08.02.2023 für verfallen erklärt. Mit dieser bescheidmäßigen Erledigung der belangten Behörde über den weiteren Verbleib der Hunde gemäß § 37 Abs. 3 TSchG endete aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, die aufgrund der Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 2 Satz 1 TSchG verfügt worden war. Ein Ausspruch gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG war daher gesetzlich nicht (mehr) geboten. Geht man davon aus, dass die Zwangsmaßnahme noch andauert, weil der abweisende Bescheid der belangten Behörde, der den ex lege Verfall der Hunde bewirkt, noch nicht rechtskräftig ist, so schadet es rechtlich nicht, dass die Zwangsmaßnahme durch das erkennende Gericht nicht explizit aufgehoben wurde, da auch im Fall einer bloßen Feststellung der Rechtswidrigkeit, die belangte Behörde von Gesetzes wegen verpflichtet ist, eine noch andauernde Zwangsgewalt zu beenden (siehe Bumberger/Lampert/Larcher/Weber (Hrsg), VwGVG, Kommentar, § 28 Abs. 6 VwGVG).

 

Spruchpunkt II:

Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

 

Nach der VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013) beträgt der Ersatz des Schriftsatzaufwands € 737,60 sowie der Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 922,00. Die Eingabebühr in der Höhe von € 30,00 ist als Barauslage ersatzfähig. Daraus ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers in der Höhe von insgesamt € 1.689,60. Dieser Kostenersatz war dem Beschwerdeführer antragsgemäß zuzuerkennen.

 

Spruchpunkt III:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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