BVwG W218 2178194-1

BVwGW218 2178194-127.2.2020

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W218.2178194.1.00

 

Spruch:

W218 2178194-1/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. TAURER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, bevollmächtigt vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 24.10.2017, Zl. XXXX , wegen §§ 3, 8, 10, 57, 55 AsylG und §§ 46, 52, 55 FPG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.01.2020, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste illegal in Österreich ein und stellte am 23.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, Staatsangehöriger von Afghanistan, ledig, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, mit muslimischem Glaubensbekenntnis, am XXXX in Kapisa geboren und im Iran wohnhaft gewesen zu sein.

 

Er habe Afghanistan bereits im Alter von einem Jahr verlassen und im Iran gelebt. Den Iran habe er vor ca. zwei Monaten verlassen und sei anschließend schlepperunterstützt bis nach Österreich gelangt.

 

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe den Iran aus Angst, nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden, verlassen. Er könne nicht nach Afghanistan zurück, da sein Leben in Gefahr sei, weil sein Onkel vor ca. 32 Jahren von den Mujaheddins getötet worden sei.

 

3. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 25.08.2017 gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er gesund sei. Er habe keine Angehörigen mehr in Afghanistan. Er habe im Iran sechs Jahre die Schule besucht und könne sowohl lesen als auch schreiben. Der Beschwerdeführer habe als Schweißer gearbeitet. Die Familie lebe nach wie vor im Iran.

 

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei verdächtigt worden, den Kommandanten der Mujaheddin getötet zu haben, daher werde seine Familie verfolgt und drohe dem Beschwerdeführer die Ermordung.

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß

 

§ 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß

 

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß

 

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß

 

§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

 

5. Gegen diesen ordnungsgemäß zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Iran aus Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan bzw. einem Einsatz in Syrien verlassen habe. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten Afghanistan bereits vor fast 30 Jahren verlassen, da der Vater beschuldigt worden sei, einen Kommandanten der Mujaheddin getötet zu haben. Einige Jahre zuvor sei der Onkel des Beschwerdeführers von diesem Kommandanten getötet worden, daher sei der Verdacht auf den Vater des Beschwerdeführers gefallen.

 

Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Die belangte Behörde habe ihre Entscheidung auf unvollständige und teils veraltete Länderberichte gestützt. Der Beschwerdeführer sei im Iran aufgewachsen und habe Afghanistan nur als Baby gesehen. Die afghanische Kultur und Traditionen seien ihm fremd und habe er dort keine Familie. Er befinde sich seit 2015 in Österreich und sei strafrechtlich unbescholten.

 

6. Mit Schreiben vom 24.06.2019 übermittelte der Beschwerdeführer mehrere Bestätigungen über abgelegte Kurse.

 

7. Mit Schreiben vom 13.01.2020 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass für den Beschwerdeführer aufgrund seines Aufenthaltes im Iran seit seinem zweiten Lebensjahr und dem Nichtvorhandensein von Familie und Bekannten in Afghanistan eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe. Ihm sei zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer sei zudem in Österreich gut integriert und lebe mit der Schwester und ihrer Familie gemeinsam. Dem Beschwerdeführer sei daher eine Aufenthaltsbewilligung nach

 

§ 55 AsylG zu erteilen.

 

8. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachte Beschwerde am 14.01.2020 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung des Beschwerdeführers.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken. Er ist in Afghanistan geboren, lebte ab seinem zweiten Lebensjahr bis zu seiner Ausreise im Iran. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

 

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen des Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht. Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden im Heimatland.

 

Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen sind nicht glaubhaft und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt.

 

Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann, der Dari und Farsi, somit eine der Landessprachen Afghanistans, auf muttersprachlichem Niveau spricht. Der Beschwerdeführer war sechs Jahre in einer afghanischen Schule im Iran, kann lesen und schreiben und hat als Schweißer gearbeitet. Seine Familie lebt nunmehr in der Türkei. Er kennt durch seine afghanischen Eltern die Sitten und Gebräuche seines Herkunftsstaats. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer sowohl im Iran mit Afghanen gelebt und gearbeitet und hält auch in Österreich gute Kontakte zu afghanischen Staatsangehörigen.

 

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer wegen der Fluchtgeschichte seines Vaters einer aktuellen Verfolgungsgefahr in Afghanistan ausgesetzt wäre, da schon die Fluchtgeschichte seines Vaters nicht glaubhaft ist und der Zeitpunkt, zu dem seine Eltern Afghanistan verlassen haben, bereits über 30 Jahre her ist.

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Österreich keinen derart ausgeprägten "westlichen" Lebensstil angenommen hat, dass er deswegen in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, auch nicht aufgrund der Tatsache, dass er im Iran aufgewachsen ist bzw. sich zuletzt mehrere Jahre in Europa aufgehalten hat, psychischer und/oder physischer Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt wäre.

 

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert und er hatte auch mit den Behörden des Herkunftsstaates keine Probleme. Er war in Afghanistan auch nie politisch tätig und gehörte dort keiner politischen Partei an. Eine politisch motivierte Verfolgung wird daher ausgeschlossen.

 

Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer in Kabul, Mazar-e Sharif oder auch Herat keine konkret gegen ihn gerichtete Gefahr psychischer und/oder physischer Gewalt droht. Der Beschwerdeführer wird weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung noch aus anderen Gründen verfolgt.

 

Festgestellt wird weiters, dass das Leben des Beschwerdeführers weder in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet ist oder er dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt ist.

 

Durch die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Heimatstaat würde dieser - unter Beachtung der Lage im Herkunftsstaat und der individuellen Situation - nicht in den Rechten gemäß Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt oder würde diese für ihn als Zivilperson nicht eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen.

 

Der Beschwerdeführer hat zunächst die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Mit dieser Unterstützung ist ihm der Aufbau einer Existenzgrundlage in den Städten Herat, Mazar-e-Sharif oder Kabul möglich. Seine Existenz könnte er dort - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er wird in der Lage sein, in den Städten Herat, Mazar-e-Sharif oder Kabul eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer kann die Hauptstadt Kabul und die Städte Herat und Mazar-e-Sharif - über Kabul - von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

 

Im Alter von einem Jahr zog er mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in den Iran. Seine Familienangehörigen leben nunmehr in der Türkei und in Österreich. Den Iran verließ er im Jahr 2015 aufgrund seines dortigen illegalen Aufenthaltes und der damit einhergehenden Probleme, insbesondere was seine Zukunftsperspektiven angeht. Diesen Problemen im Iran kommt im gegenständlichen Verfahren keine Entscheidungsrelevanz zu.

 

Der Beschwerdeführer war im Iran als Schweißer am Bau tätig, er ist im Iran im afghanischen Familienverband aufgewachsen und daher mit den afghanischen Sitten, Gebräuchen und Traditionen vertraut. Er gibt an, Farsi zu sprechen. Dari und Farsi sind miteinander verwandte Sprachen, die sich in kleinen Bereichen unterscheiden. Selbst wenn leichte Sprachdifferenzen auffallen sollten, so handelt es sich dennoch nur um einen Dialekt, den er schnell ablegen wird können. Da er auch im Iran mit Afghanen Umgang pflegte, ist er auch mit den - leichten - sprachlichen Differenzen vertraut. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in Österreich mit afghanischen Staatsangehörigen den Daridialekt geübt und beherrscht diesen nun jedenfalls. Er verbrachte den Großteil seines Lebens im Iran und ist daher mit den Gepflogenheiten eines islamischen Landes vertraut. Dem Beschwerdeführer ist es möglich und zumutbar, dass er sich in Afghanistan integriert und wird es nicht weiter auffallen, dass er nicht in Afghanistan aufgewachsen ist.

 

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in einer der großen Städte, wie Herat, Mazar-e-Sharif oder Kabul zur Verfügung. Kabul ist von Österreich aus mit dem Flugzeug erreichbar, von dort aus kann der Beschwerdeführer mit dem Flugzeug nach Herat oder Mazar e Sharif weiterreisen.

 

Schließlich würde auch sein Status als "Rückkehrer" für kein erkennbar erhöhtes Gefährdungspotenzial sorgen. Den Feststellungen betreffend die Situation von Rückkehrern nach Afghanistan wurde gleichfalls in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten - allein UNHCR hat in den vergangenen 10 Jahren die Rückkehr von rund 3,5 Millionen Afghanen unterschiedlichster ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeit begleitet. Dies wäre undenkbar, wenn es nur halbwegs schlüssige Hinweise auf eine generelle Verfolgung dieser Personengruppe gäbe.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund, lebt von der Grundversorgung, geht keiner legalen Beschäftigung nach, und hat keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte in Österreich. In Österreich leben noch zwei Schwestern des Beschwerdeführers mit ihren Familien. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er bei seiner Schwester wohnt und ihr mit den Kindern hilft. Ein gemeinsamer Wohnsitz besteht erst seit 23.12.2019, wobei auch andere Personen and dieser Adresse gemeldet sind. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

 

Zur relevanten Situation in Afghanistan:

 

Hinsichtlich der relevanten Situation in Afghanistan wird zunächst prinzipiell auf die Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Afghanistan verwiesen. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Bundesverwaltungsgericht keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

 

Ergänzend wird Folgendes festgestellt:

 

Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierungen und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 3.9.2019).

 

So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und Ghazni über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 3.9.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 7.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 7.12.2018; vgl. ARN 23.6.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit - insbesondere in den Provinzen Ghazni, Zabul, Balkh und Jawzjan. (UNGASC 3.9.2019).

 

Für das gesamte Jahr 2018, registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.2.2019).

 

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevanter Vorfälle - eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 3.9.2019). Für den Berichtszeitraum 8.2-9.5.2019 registrierte die UN insgesamt 5.249 sicherheitsrelevante Vorfälle - ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.6.2019).

 

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften, weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet - 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 3.9.2019).

 

Im Gegensatz dazu, registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit

29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten, beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.).

 

Global Incident Map (GIM) verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 3.540 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahr 2018 waren es 4.433.

 

Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

 

Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.1.2019).

 

Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.4.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019).

 

Zivile Opfer

 

Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 1.1.-30.9.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) - dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September - im Gegensatz zu 2019 - von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019).

 

Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.4.2019) berichtet bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge, entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl - Kabul (1.866) und Nangarhar (1.815) - 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten, wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.2.2019; vgl. SIGAR 30.4.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.2.2019).

 

High-Profile Angriffe (HPAs)

 

Sowohl im gesamten Jahr 2018 (USDOD 12.2018), als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018). Diese Angriffe sind stetig zurückgegangen (USDOD 6.2019). Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt (Vorjahreswert: 73) (USDOD 12.2018), zwischen 1.12.2018 und15.5.2019 waren es 6 HPAs (Vorjahreswert: 17) (USDOD 6.2019).

 

Anschläge gegen Gläubige und Kultstätten, religiöse Minderheiten

 

Die Zahl der Angriffe auf Gläubige, religiöse Exponenten und Kultstätten war 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2017: bei 22 Angriffen durch regierungsfeindliche Kräfte, meist des ISKP, wurden 453 zivile Opfer registriert (156 Tote, 297 Verletzte), ein Großteil verursacht durch Selbstmordanschläge (136 Tote, 266 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

 

Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 19 Vorfälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten dokumentiert, bei denen es insgesamt zu 747 zivilen Opfern kam (223 Tote, 524 Verletzte). Dies ist eine Zunahme von 34% verglichen mit dem Jahr 2017. Während die Mehrheit konfessionell motivierter Angriffe gegen Schiiten im Jahr 2017 auf Kultstätten verübt wurden, gab es im Jahr 2018 nur zwei derartige Angriffe. Die meisten Anschläge auf Schiiten fanden im Jahr 2018 in anderen zivilen Lebensräumen statt, einschließlich in mehrheitlich von Schiiten oder Hazara bewohnten Gegenden. Gezielte Attentate und Selbstmordangriffe auf religiöse Führer und Gläubige führten, zu 35 zivilen Opfern (15 Tote, 20 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

 

Angriffe im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Oktober 2018

 

Die afghanische Regierung bemühte sich Wahllokale zu sichern, was mehr als 4 Millionen afghanischen Bürgern ermöglichte zu wählen (UNAMA 11.2018). Und auch die Vorkehrungen der ANDSF zur Sicherung der Wahllokale ermöglichten eine Wahl, die weniger gewalttätig war als jede andere Wahl der letzten zehn Jahre (USDOS 12.2018). Die Taliban hatten im Vorfeld öffentlich verkündet, die für Oktober 2018 geplanten Parlamentswahlen stören zu wollen. Ähnlich wie bei der Präsidentschaftswahl 2014 warnten sie Bürger davor, sich für die Wahl zu registrieren, verhängten "Geldbußen" und/oder beschlagnahmten Tazkiras und bedrohten Personen, die an der Durchführung der Wahl beteiligt waren (UNAMA 11.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Von Beginn der Wählerregistrierung (14.4.2018) bis Ende des Jahres 2018, wurden 1.007 Opfer (226 Tote, 781 Verletzte) sowie 310 Entführungen aufgrund der Wahl verzeichnet (UNAMA 24.2.2019). Am Wahltag (20.10.2018) verifizierte UNAMA 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) durch Wahl bedingte Gewalt. Die höchste Anzahl an zivilen Opfern an einem Wahltag seit Beginn der Aufzeichnungen durch UNAMA im Jahr 2009 (UNAMA 11.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen

 

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (USDOD 6.2019; vgl. CRS 12.2.2019) und stellt nicht nur für die beiden Länder eine Sicherheitsherausforderung dar, sondern eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität (USDOD 6.2019):

 

Taliban

 

Die USA sprechen seit rund einem Jahr mit hochrangigen Vertretern der Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Afghanistan-Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen (FAZ 21.8.2019). Während dieser Verhandlungen haben die Taliban Forderungen eines Waffenstillstandes abgewiesen und täglich Operationen ausgeführt, die hauptsächlich die afghanischen Sicherheitskräfte zum Ziel haben. (TG 30.7.2019). Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zu Ziel. Das wird als Versuch gewertet, in den Friedensverhandlungen ein Druckmittel zu haben (USDOD 6.2019).

 

Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.8.2019; vgl. FA 3.1.2018) - Stellvertreter sind Mullah Mohammad Yaqub - Sohn des ehemaligen Taliban-Führers Mullah Omar - und Serajuddin Haqqani (CTC 1.2018; vgl. TN 26.5.2016) Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (TN 13.1.2017). Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o. D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 4.7.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 6.12.2018).

 

Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.6.2017). Die Gesamtstärke der Taliban wurde von einem Experten im Jahr 2017 auf über 200.000 geschätzt, darunter angeblich 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Der Experte schätzte jedoch, dass die Zahl der Vollzeitkämpfer, die gleichzeitig in Afghanistan aktiv sind, selten 40.000 übersteigt (LI 23.8.2017). Im Jänner 2018 schätzte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums die Gesamtstärke der Taliban in Afghanistan auf 60.000 (NBC 30.1.2018). Laut dem oben genannten Experten werden die Kämpfe hauptsächlich von den Vollzeitkämpfern der mobilen Einheiten ausgetragen (LI 23.8.2017; vgl. AAN 3.1.2017; AAN 17.3.2017).

 

Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll12 Ableger, in acht Provinzen betreibt (Helmand, Kandahar, Ghazni, Ghor, Saripul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.8.2019).

 

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt (LI 23.8.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.8.2017).

 

Haqqani-Netzwerk

 

Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida (CRS 12.2.2019). Benannt nach dessen Begründer, Jalaluddin Haqqani (AAN 1.7.2010; vgl. USDOS 19.9.2018; vgl. CRS 12.2.2019), einem führenden Mitglied des antisowjetischen Jihad (1979-1989) und einer wichtigen Taliban-Figur; sein Tod wurde von den Taliban im September 2018 verlautbart. Der derzeitige Leiter ist dessen Sohn Serajuddin Haqqani, der seit 2015, als stellvertretender Leiter galt (CTC 1.2018).

 

Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk, seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt (NYT 20.8.2019) und wird für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich gemacht (CRS 12.2.2019).

 

Islamischer Staat (IS/ISIS/ISIL/Daesh), Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP)

 

Erste Berichte über den Islamischen Staat (IS, auch ISIS, ISIL oder Daesh genannt) in Afghanistan gehen auf den Sommer 2014 zurück (AAN 17.11.2014; vgl. LWJ 5.3.2015). Zu den Kommandanten gehörten zunächst oft unzufriedene afghanische und pakistanische Taliban (AAN 1.8.2017; vgl. LWJ 4.12.2017). Schätzungen zur Stärke des ISKP variieren zwischen 1.500 und 3.000 (USDOS 18.9.2018), bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern (UNSC 13.6.2019). Nach US-Angaben vom Frühjahr 2019 ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Auch soll der Islamische Staat vom zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan sowie von aus Syrien geflohenen Kämpfern profitieren (BAMF 3.6.2019; vgl. VOA 21.5.2019).

 

Berichten zufolge, besteht der ISKP in Pakistan hauptsächlich aus ehemaligen Teherik-e Taliban Mitgliedern, die vor der pakistanischen Armee und ihrer militärischen Operationen in der FATA geflohen sind (CRS 12.2.2019 ;vgl. CTC 12.2018). Dem Islamischen Staat ist es gelungen, seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan dadurch zu stärken, dass er Partnerschaften mit regionalen militanten Gruppen einging. Seit 2014 haben sich dem Islamischen Staat mehrere Gruppen in Afghanistan angeschlossen, z.B. Teherik-e Taliban Pakistan (TTP)-Fraktionen oder das Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), während andere ohne formelle Zugehörigkeitserklärung mit IS-Gruppierungen zusammengearbeitet haben, z.B. die Jundullah-Fraktion von TTP oder Lashkar-e Islam (CTC 12.2018).

 

Der islamische Staat hat eine Präsenz im Osten des Landes, insbesondere in der Provinz Nangarhar, die an Pakistan angrenzt (CRS 12.2.2019 ;vgl. CTC 12.2018). In dieser sind vor allem bestimmte südliche Distrikte von Nangarhar betroffen (AAN 27.9.2016; vgl. REU 23.11.2017; AAN 23.9.2017; AAN 19.2.2019), wo sie mit den Taliban um die Kontrolle kämpfen (RFE/RL 30.10.2017; vgl. AAN 19.2.2019). Im Jahr 2018 erlitt der ISKP militärische Rückschläge sowie Gebietsverluste und einen weiteren Abgang von Führungspersönlichkeiten. Einerseits konnten die Regierungskräfte die Kontrolle über ehemalige IS-Gebiete erlangen, andererseits schwächten auch die Taliban die Kontrolle des ISKP in Gebieten in Nangarhar (UNSC 13.6.2019; vgl. CSR 12.2.2019). Aufgrund der militärischen Niederlagen war der ISKP dazu gezwungen, die Anzahl seiner Angriffe zu reduzieren. Die Gruppierung versuchte die Provinzen Paktia und Logar im Südosten einzunehmen, war aber schlussendlich erfolglos (UNSC 31.7.2019). Im Norden Afghanistans versuchten sie ebenfalls Fuß zu fassen. Im August 2018 erfuhr diese Gruppierung Niederlagen, wenngleich sie dennoch als Bedrohung in dieser Region wahrgenommen wird (CSR 12.2.2019). Berichte über die Präsenz des ISKP könnten jedoch übertrieben sein, da Warnungen vor dem Islamischen Staat laut einem Afghanistan-Experten "ein nützliches Fundraising-Tool" sind: so kann die afghanische Regierung dafür sorgen, dass Afghanistan im Bewusstsein des Westens bleibt und die Auslandshilfe nicht völlig versiegt (NAT 12.1.2017). Die Präsenz des ISKP konzentrierte sich auf die Provinzen Kunar und Nangarhar. Außerhalb von Ostafghanistan ist es dem ISKP nicht möglich, eine organisierte oder offene Präsenz aufrechtzuerhalten (UNSC 13.6.2019).

 

Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele, verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit (CSR 12.2.2019; vgl. UNAMA 24.2.2019; AAN 24.2.2019; CTC 12.2018; UNGASC 7.12.2018; UNAMA 10.2018). Im Jahr 2018 war der ISKP für ein Fünftel aller zivilen Opfer verantwortlich, obwohl er über eine kleinere Kampftruppe als die Taliban verfügt (AAN 24.2.2019). Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt (UNAMA 24.2.2019), nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab (UNAMA 30.7.2019).

 

Der ISKP verurteilt die Taliban als "Abtrünnige", die nur ethnische und/oder nationale Interessen verfolgen (CRS 12.2.2019). Die Taliban und der Islamische Staat sind verfeindet. In Afghanistan kämpfen die Taliban seit Jahren gegen den IS, dessen Ideologien und Taktiken weitaus extremer sind als jene der Taliban (WP 19.8.2019; vgl. AP 19.8.2019). Während die Taliban ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte beschränken (AP 19.8.2019), zielt der ISKP darauf ab, konfessionelle Gewalt in Afghanistan zu fördern, indem sich Angriffe gegen Schiiten richten (WP 19.8.2019).

 

Al-Qaida und ihr verbundene Gruppierungen

 

Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Beide Gruppierungen haben immer wieder öffentlich die Bedeutung ihres Bündnisses betont (UNSC 15.1.2019). Unter der Schirmherrschaft der Taliban ist al-Qaida in den letzten Jahren stärker geworden; dabei wird die Zahl der Mitglieder auf 240 geschätzt, wobei sich die meisten in den Provinzen Badakhshan, Kunar und Zabul befinden. Mentoren und al-Qaida-Kadettenführer sind oftmals in den Provinzen Helmand und Kandahar aktiv (UNSC 13.6.2019).

 

Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen. Des Weiteren fungieren al-Qaida-Mitglieder als Ausbilder und Religionslehrer der Taliban und ihrer Familienmitglieder (UNSC 13.6.2019).

 

Im Rahmen der Friedensgespräche mit US-Vertretern haben die Taliban angeblich im Jänner 2019 zugestimmt, internationale Terrorgruppen wie Al-Qaida aus Afghanistan zu verbannen (TEL 24.1.2019).

 

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Kabul

 

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans (PAJ o.D.) und grenzt an Parwan und Kapisa im Norden, Laghman im Osten, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden sowie Wardak im Westen. Provinzhauptstadt ist Kabul-Stadt (NPS o.D.). Die Provinz besteht aus den folgenden Distrikten: Bagrami, Chahar Asyab, Dehsabz, Estalef, Farza, Guldara, Kabul, Kalakan, Khak-e-Jabar, Mir Bacha Kot, Musahi, Paghman, Qara Bagh, Shakar Dara und Surubi/Surobi/Sarobi (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

 

Laut dem UNODC Opium Survey 2018 verzeichnete die Provinz Kabul 2018 eine Zunahme der Schlafmohnanbaufläche um 11% gegenüber 2017. Der Schlafmohnanbau beschränkte sich auf das Uzbin-Tal im Distrikt Surubi (UNODC/MCN 11.2018).

 

Kabul-Stadt - Geographie und Demographie

 

Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Es ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 5.029.850 Personen für den Zeitraum 2019-20 (CSO 2019). Die Bevölkerungszahl ist jedoch umstritten. Einige Quellen behaupten, dass sie fast 6 Millionen beträgt (AAN 19.3.2019). Laut einem Bericht, expandierte die Stadt, die vor 2001 zwölf Stadtteile - auch Police Distrikts (USIP 4.2017), PDs oder Nahia genannt (AAN 19.3.2019) - zählte, aufgrund ihres signifikanten demographischen Wachstums und ihrer horizontalen Expansion auf 22 PDs (USIP 4.2017). Die afghanische zentrale Statistikorganisation (Central Statistics Organization, CSO) schätzt die Bevölkerung der Provinz Kabul für den Zeitraum 2019-20 auf 5.029.850 Personen (CSO 2019). Sie besteht aus Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

 

Hauptstraßen verbinden die afghanische Hauptstadt mit dem Rest des Landes (UNOCHA 4.2014). In Kabul-Stadt gibt es einen Flughafen, der mit internationalen und nationalen Passagierflügen bedient wird (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

 

Die Stadt besteht aus drei konzentrischen Kreisen: Der erste umfasst Shahr-e Kohna, die Altstadt, Shahr-e Naw, die neue Stadt, sowie Shash Darak und Wazir Akbar Khan, wo sich viele ausländische Botschaften, ausländische Organisationen und Büros befinden. Der zweite Kreis besteht aus Stadtvierteln, die zwischen den 1950er und 1980er Jahren für die wachsende städtische Bevölkerung gebaut wurden, wie Taimani, Qala-e Fatullah, Karte Se, Karte Chahar, Karte Naw und die Microraions (sowjetische Wohngebiete). Schließlich wird der dritte Kreis, der nach 2001 entstanden ist, hauptsächlich von den "jüngsten Einwanderern" (USIP 4.2017) (afghanische Einwanderer aus den Provinzen) bevölkert (AAN 19.3.2019), mit Ausnahme einiger hochkarätiger Wohnanlagen für VIPs (USIP 4.2017).

 

Was die ethnische Verteilung der Stadtbevölkerung betrifft, so ist Kabul Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt, je nach der geografischen Lage ihrer Heimatprovinzen:

Dies gilt für die Altstadt ebenso wie für weiter entfernte Stadtviertel, und sie wird in den ungeplanten Gebieten immer deutlicher (Noori 11.2010). In den zuletzt besiedelten Gebieten sind die Bewohner vor allem auf Qawmi-Netzwerke angewiesen, um Schutz und Arbeitsplätze zu finden sowie ihre Siedlungsbedingungen gemeinsam zu verbessern. Andererseits ist in den zentralen Bereichen der Stadt die Mobilität der Bewohner höher und Wohnsitzwechsel sind häufiger. Dies hat eine disruptive Wirkung auf die sozialen Netzwerke, die sich in der oft gehörten Beschwerde manifestiert, dass man "seine Nachbarn nicht mehr kenne" (AAN 19.3.2019).

 

Nichtsdestotrotz, ist in den Stadtvierteln, die von neu eingewanderten Menschen mit gleichem regionalen oder ethnischen Hintergrund dicht besiedelt sind, eine Art "Dorfgesellschaft" entstanden, deren Bewohner sich kennen und direktere Verbindungen zu ihrer Herkunftsregion haben als zum Zentrum Kabuls (USIP 4.2017). Einige Beispiele für die ethnische Verteilung der Kabuler Bevölkerung sind die folgenden: Hazara haben sich hauptsächlich im westlichen Viertel Chandawal in der Innenstadt von Kabul und in Dasht-e-Barchi sowie in Karte Se am Stadtrand niedergelassen;

Tadschiken bevölkern Payan Chawk, Bala Chawk und Ali Mordan in der Altstadt und nördliche Teile der Peripherie wie Khairkhana;

Paschtunen sind vor allem im östlichen Teil der Innenstadt Kabuls, Bala Hisar und weiter östlich und südlich der Peripherie wie in Karte Naw und Binihisar (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017), aber auch in den westlichen Stadtteilen Kota-e-Sangi und Bazaar-e-Company (auch Company) ansässig (Noori 11.2010); Hindus und Sikhs leben im Herzen der Stadt in der Hindu-Gozar-Straße (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017).

 

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018).

 

Aufgrund eben dieser öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf Kabul-Stadt kündigte die afghanische Regierung bereits im August 2017 die Entwicklung eines neuen Sicherheitsplans für Kabul an (AAN 25.9.2017). So wurde unter anderem das Green Village errichtet, ein stark gesichertes Gelände im Osten der Stadt, in dem unter anderem, Hilfsorganisationen und internationale Organisationen (RFERL 2.9.2019; vgl. FAZ 2.9.2019) sowie ein Wohngelände für Ausländer untergebracht sind (FAZ 2.9.2019). Die Anlage wird stark von afghanischen Sicherheitskräften und privaten Sicherheitsmännern gesichert (AJ 3.9.2019). Die Green Zone hingegen ist ein separater Teil, der nicht unweit des Green Villages liegt. Die Green Zone ist ein stark gesicherter Teil Kabuls, in dem sich mehrere Botschaften befinden - so z.B. auch die US-amerikanische Botschaft und andere britische Einrichtungen (RFERL 2.9.2019).

 

In Bezug auf die Anwesenheit von staatlichen Sicherheitskräften liegt die Provinz Kabul mit Ausnahme des Distrikts Surubi im Verantwortungsbereich der 111. ANA Capital Division, die unter der Leitung von türkischen Truppen und mit Kontingenten anderer Nationen der NATO-Mission Train, Advise and Assist Command - Capital (TAAC-C) untersteht. Der Distrikt Surubi fällt in die Zuständigkeit des 201. ANA Corps (USDOD 6.2019). Darüber hinaus wurde eine spezielle Krisenreaktionseinheit (Crisis Response Unit) innerhalb der afghanischen Polizei, um Angriffe zu verhindern und auf Anschläge zu reagieren (LI 5.9.2018).

 

Im Distrikt Surubi wird von der Präsenz von Taliban-Kämpfern berichtet (TN 26.3.2019; vgl. SAS 26.3.2019). Aufgrund seiner Nähe zur Stadt Kabul und zum Salang-Pass hat der Distrikt große strategische Bedeutung (WOR 10.9.2018).

 

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

 

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 1.866 zivile Opfer (596 Tote und 1.270 Verletzte) in der Provinz Kabul. Dies entspricht einer Zunahme von 2% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

 

Die afghanischen Sicherheitskräfte führten insbesondere im Distrikt Surubi militärische Operationen aus der Luft und am Boden durch, bei denen Aufständische getötet wurden (KP 27.3.2019; vgl. TN 26.3.2019, SAS 26.3.2019, TN 23.10.2018,. KP 23.10.2018, KP 9.7.2018). Dabei kam es unter anderem zu zivilen Opfern (TN 26.3.2019; vgl. SAS 26.3.2019). Außerdem führten NDS-Einheiten Operationen in und um Kabul-Stadt durch (TN 7.8.2019; vgl. PAJ 7.7.2019, TN 9.6.2019, PAJ 28.5.2019). Dabei wurden unter anderem Aufständische getötet (TN 7.8.2019) und verhaftet (TN 7.8.2019; PAJ 7.7.2019; vgl TN 9.6.2019, PAJ 28.5.2019), sowie Waffen und Sprengsätze konfisziert (TN 9.6.2019; vgl. PAJ 28.5.2019).

 

IDPs - Binnenvertriebene

 

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 35 konfliktbedingt aus dem Distrikt Surubi vertriebene Personen, die alle in der Provinz Logar Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA keine durch gewaltsamen Konflikt aus der Provinz Kabul vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 9.422 Vertriebene, welche in die Provinz Kabul kamen, die meisten davon in den Distrikt Kabul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 2.580 Vertriebene in die Provinz Kabul, alle in den Distrikt Kabul. Sie stammten aus Kapisa, Kunar, Nangarhar wie auch Logar, Ghazni, Baghlan und Wardak (UNOCHA 18.8.2019).

 

Bis zu zwei Drittel aller Afghanen, die außerhalb ihrer Provinz vertrieben wurden, bewegen sich in Richtung der fünf Regionalhauptstädte (NRC 30.1.2019) und Kabuls Wachstum war besonders umfangreich. Die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in Kabul ist nicht bekannt. Die Bewegung in und innerhalb der Stadt fluktuiert und viele kehren regelmäßig in friedlicheren Zeiten in ihr Herkunftsgebiet zurück (Metcalfe et al. 6.2012; vgl. AAN 19.3.2019). Im September 2018 schätzte der afghanische Minister für Flüchtlinge und Repatriierung die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in Kabul auf 70.000 bis 80.000 Menschen (TN 21.9.2018).

 

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Balkh

 

Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar-e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt:

Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, Mazar-e Sharif, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

 

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

 

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von Mazar-e Sharif von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA Staatendokumentation 25.3.2019). Im Januar 2019 wurde ein Luftkorridor für Warentransporte eröffnet, der Mazar-e Sharif und Europa über die Türkei verbindet (PAJ 9.1.2019).

 

Laut dem Opium Survey von UNODC für das Jahr 2018 belegt Balkh den

7. Platz unter den zehn größten Schlafmohn produzierenden Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Dürre sank der Mohnanbau in der Provinz 2018 um 30% gegenüber 2017 (UNODC/MCN 11.2018).

 

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

 

Balkh zählt zu den relativ stabilen (TN 1.9.2019) und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten (AN 6.5.2019). Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Mohammed Noor, zurückzuführen (RFE/RL o.D.; RFE/RL 23.3.2018). In den letzten Monaten versuchen Aufständische der Taliban die nördliche Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren. Drei Schlüsseldistrikte, Zari, Sholagara und Chahar Kant, zählen zu jenen Distrikten, die in den letzten Monaten von Sicherheitsbedrohungen betroffen waren. Die Taliban überrannten keines dieser Gebiete (TN 22.8.2019). Einem UN-Bericht zufolge, gibt es eine Gruppe von rund 50 Kämpfern in der Provinz Balkh, welche mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisiert (UNSC 1.2.2019). Bei einer Militäroperation im Februar 2019 wurden unter anderem in Balkh IS-Kämpfer getötet (BAMF 11.2.2019).

 

Das Hauptquartier des 209. ANA Shaheen Corps befindet sich im Distrikt Dehdadi (TN 22.4.2018). Es ist für die Sicherheit in den Provinzen Balkh, Jawzjan, Faryab, Sar-e-Pul und Samangan zuständig und untersteht der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - North (TAAC-N), welche von deutschen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019). Deutsche Bundeswehrsoldaten sind in Camp Marmal in Mazar-e Sharif stationiert (TS 22.9.2018).

 

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

 

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen. UNAMA verzeichnete für das Jahr 2018 insgesamt 99 zivile Opfer durch Bodenkämpfe in der Provinz (UNAMA 24.2.2019). Hinsichtlich der nördlichen Region, zu denen UNAMA auch die Provinz Balkh zählt, konnte in den ersten 6 Monaten ein allgemeiner Anstieg ziviler Opfer verzeichnet werden (UNAMA 30.7.2019).

 

Im Winter 2018/2019 (UNGASC 28.2.2019) und Frühjahr 2019 wurden ANDSF-Operationen in der Provinz Balkh durchgeführt (UNGASC 14.6.2019). Die ANDSF führen auch weiterhin regelmäig Operationen in der Provinz (RFERL 22.9.2019; vgl KP 29.8.2019, KP 31.8.2019, KP 9.9.2019) unter anderem mit Unterstützung der US-amerikanischen Luftwaffe durch (BAMF 14.1.2019; vgl. KP 9.9.2019). Taliban-Kämpfer griffen Einheiten der ALP, Mitglieder regierungsfreundlicher Milizen und Sicherheitsposten beispielsweise in den Distrikten Chahrbulak (TN 9.1.2019; vgl. TN 10.1.2019), Chemtal (TN 11.9.2018; vgl. TN 6.7.2018), Dawlatabad (PAJ 3.9.2018; vgl. RFE/RL 4.9.2018) und Nahri Shahi (ACCORD 30.4.2019) an.

 

Berichten zufolge, errichten die Taliban auf wichtigen Verbindungsstraßen, die unterschiedliche Provinzen miteinander verbinden, immer wieder Kontrollpunkte. Dadurch wird das Pendeln für Regierungsangestellte erschwert (TN 22.8.2019; vgl. 10.8.2019). Insbesondere der Abschnitt zwischen den Provinzen Balkh und Jawjzan ist von dieser Unsicherheit betroffen (TN 10.8.2019).

 

IDPs - Binnenvertriebene

 

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 1.218 aus der Provinz Balkh vertriebene Personen, die hauptsächlich in der Provinz selbst in den Distrikten Nahri Shahi und Kishindeh Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 4.361 konfliktbedingt Vertriebene aus Balkh, die allesamt in der Provinz selbst verblieben (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 15.313 Vertriebene in die Provinz Balkh, darunter

1.218 aus der Provinz selbst, 10.749 aus Faryab und 1.610 aus Sar-e-Pul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 14.301 Vertriebene nach Mazar-e-Sharif und Nahri Shahi, die aus der Provinz Faryab, sowie aus Balkh, Jawzjan, Samangan und Sar-e-Pul stammten (UNOCHA 18.8.2019).

 

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Kapisa

 

Die Provinz Kapisa liegt im zentralen Osten Afghanistans, umgeben von den Provinzen Panjshir im Norden, Laghman im Osten, Kabul im Süden und Parwan im Westen (UNOCHA 4.2014). Kapisa ist in die folgenden Distrikte unterteilt: Alasai, Hissa-e-Awali Kohistan, Hissa-e-Duwumi Kohistan, Koh Band, Mahmood Raqi, Nijrab und Tagab. Mahmood Raqi ist die Provinzhauptstadt von Kapisa (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

 

Die afghanische zentrale Statistikorganisation (CSO) schätzte die Bevölkerung von Kapisa für den Zeitraum 2019-20 auf 479.875 Personen (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in Kapisa sind Tadschiken, Paschtunen und Nuristani (FP 11.11.2014; vgl. NPS o.D.), wobei die Tadschiken als größte Einzelgruppe hauptsächlich im nördlichen Teil der Provinz leben (AAN 6.4.2015).

 

Eine Hauptstraße verbindet die Provinzhauptstadt Mahmood Raqi mit Kabul (iMMAP 19.9.2017).

 

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte Kapisa 2018 nicht zu den zehn wichtigsten afghanischen Provinzen, die Schlafmohn anbauen. Die Größe der Anbaufläche verringerte sich 2018 im Vergleich zu 2017 um 60%. Schlafmohn wurde hauptsächlich in den Distrikten Tagab und Alasai angebaut (UNODC/MCN 11.2018).

 

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

 

Kapisa hat strategische Bedeutung: für Aufständische ist es einfach, die Provinzhauptstadt von Kapisa und die benachbarten Provinzen zu erreichen (AAN 24.4.2012). Die Taliban sind in entlegeneren Distrikten der Provinz aktiv und versuchen oft, terroristische Aktivitäten gegen die Regierung oder Sicherheitskräfte durchzuführen (KP 23.5.2019); wie z.B. im zentral gelegenen Distrikt Nijrab (AN 21.5.2019). Im März 2019 konnten sie beispielsweise drei Dörfer - Afghania, Pachaghan und Ghin Dara - in Kapisa erobern (AT 24.3.2019).

 

Aufseiten der Regierungskräfte liegt Kapisa in der Verantwortung des

201. ANA Corps (USDOD 6.2019; vgl. FRP 5.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - East (TAAC-E) untersteht, welche von US-amerikanischen und polnischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019).

 

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

 

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 139 zivile Opfer (39 Tote und 100 Verletzte) in Kapisa. Dies entspricht einer Zunahme von 38% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Kämpfe am Boden, gefolgt von Luftangriffen und improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge) (UNAMA 24.2.2019).

 

Kapisa zählt zu den relativ volatilen Provinzen (KP 23.5.2019; vgl. KP 29.4.2019). Die Regierungstruppen führen, teils mit Unterstützung der USA, regelmäßig Operationen in Kapisa durch (z.B. KP 29.6.2019; KP 12.6.2019; MENAFN 8.5.2019; KP 29.4.2019; FRP 5.1.2019; PAJ 2.1.2019; PAJ 6.12.2018; XI 1.12.2018; PAJ 26.11.2018; NYT 26.9.2018; RFE/RL 21.4.2018; AA 11.3.2018; PAJ 6.3.2018; KP 1.3.2018). Auch werden Luftangriffe ausgeführt (PAJ 26.11.2018 ; UNAMA 25.9.2019, CC 27.7.2018) - in manchen Fällen werden dabei auch hochrangige Taliban getötet (CC 27.7.2018) oder Dörfer von den Taliban zurück erobert (PAJ 18.1.2019). Immer wieder kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften (XI 14.8.2019; vgl. FRP 5.1.2019).

 

IDPs - Binnenvertriebene

 

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 7.560 konfliktbedingt aus der Provinz Kapisa vertriebene Personen, die hauptsächlich in der Provinz selbst, sowie in den benachbarten Provinzen Kabul und Parwan Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 1.617 aus der Provinz Kapisa vertriebene Personen, die vor allem nach Kabul (973) kamen oder in Kapisa verblieben (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.789 Vertriebene in die Provinz Kapisa, die vor allem aus der Provinz selbst (5.600) und aus benachbarten Provinzen stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 539 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz Kapisa, die alle aus dem Distrikt Nijrab stammten (UNOCHA 18.8.2019).

 

Quellen:

 

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Herat

 

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Weiters grenzt Herat an die Provinzen Badghis im Nordosten, Ghor im Osten und Farah im Süden (UNOCHA 4.2014). Herat ist in 16 Distrikte unterteilt: Adraskan, Chishti Sharif, Fersi, Ghoryan, Gulran, Guzera (Nizam-i-Shahid), Herat, Enjil, Karrukh, Kohsan, Kushk (Rubat-i-Sangi), Kushk-i-Kohna, Obe/Awba/Obah/Obeh (AAN 9.12.2018; vgl. PAJ o.D., PAJ 13.6.2019), Pashtun Zarghun, Shindand, Zendahjan. Zudem bestehen vier weitere "temporäre" Distrikte - Poshtko, Koh-e-Zore (Koh-e Zawar), Zawol und Zerko (CSO 2019; vgl. IEC 2018) -, die zum Zweck einer zielgerichteteren Mittelverteilung aus dem Distrikt Shindand herausgelöst wurden (AAN 3.7.2015; vgl. PAJ 1.3.2015). Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (CSO 2019). Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans (PAJ o.D.).

 

Die CSO schätzt die Bevölkerung der Provinz für den Zeitraum 2019-20 auf 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen (PAJ o.D.). Herat-Stadt war historisch gesehen eine tadschikisch dominierte Enklave in einer paschtunischen Mehrheits-Provinz, die beträchtliche Hazara- und Aimaq-Minderheiten umfasst (USIP 2015). Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert. Der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 besonders gestiegen, da viele aus dem Iran rückgeführt oder aus den Provinzen Zentralafghanistans vertrieben wurden (AAN 3.2.2019). Der Grad an ethnischer Segregation ist in Herat heute ausgeprägt (USIP 2015; vgl. BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

 

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden (TD 5.12.2017). Eine Hauptstraße führt von Herat ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach Kabul. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch-iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala (iMMAP 19.9.2017). Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Herat-Stadt (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

 

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte Herat 2018 nicht zu den zehn wichtigsten Schlafmohn anbauenden Provinzen Afghanistans. 2018 sank der Schlafmohnanbau in Herat im Vergleich zu 2017 um 46%. Die wichtigsten Anbaugebiete für Schlafmohn waren im Jahr 2018 die Distrikte Kushk und Shindand (UNODC/MCN 11.2018).

 

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

 

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen (KP 19.5.2019; vgl. KP 17.12.2018). Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

 

Auch im Vergleich zu Kabul gilt Herat-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-Kabul zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet:

Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in Herat nicht in solch einem Ausmaß wie in Kabul (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

 

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz Herat zunehmend von Kampfhandlungen betroffen. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

 

Innerhalb der Taliban kam es nach der Bekanntmachung des Todes von Taliban-Führer Mullah Omar im Jahr 2015 zu Friktionen (AAN 11.1.2017; vgl. RUSI 16.3.2016; SAS 2.11.2018). Mullah Rasoul, der eine versöhnlichere Haltung gegenüber der Regierung in Kabul einnahm, spaltete sich zusammen mit rund 1.000 Kämpfern von der Taliban-Hauptgruppe ab. Die Regierungstruppen kämpfen in Herat angeblich nicht gegen die Rasoul-Gruppe, die sich für Friedensgespräche und den Schutz eines großen Pipeline-Projekts der Regierung in der Region einsetzt (SAS 2.11.2018). Innerhalb der Taliban-Hauptfraktion wurde der Schattengouverneur von Herat nach dem Waffenstillstand mit den Regierungstruppen zum Eid al-Fitr-Fest im Juni 2018 durch einen als Hardliner bekannten Taliban aus Kandahar ersetzt (UNSC 13.6.2019).

 

2017 und 2018 hat der IS bzw. ISKP Berichten zufolge drei Selbstmordanschläge in Herat-Stadt durchgeführt (taz 3.8.2017; Reuters 25.3.2018).

 

Aufseiten der Regierung ist das 207. Zafar-Corps der ANA für die Sicherheit in der Provinz Herat verantwortlich (USDOD 6.2019; vgl. PAJ 2.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - West (TAAC-W) untersteht, welche von italienischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019; vgl. KP 16.12.2018).

 

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

 

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

 

In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (KP 16.6.2019; vgl. KP 28.9.2019, KP 29.6.2019, KP 17.6.2019, 21.5.2019). Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte (KP 16.6.2019; vgl. AN 23.6.2019). In manchen Fällen wurden bei Drohnenangriffen Talibanaufständische und ihre Führer getötet (AN 23.6.2019; vgl. KP 17.12.2018; KP 25.12.2018). Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften (NYTM 12.12.2018; AJ 7.12.2018; AN 30.11.2018; KP 28.4.2018; VoA 13.4.2018). Regierungskräfte führten beispielsweise im Dezember 2018 (KP 17.12.2018) und Januar 2019 Operationen in Shindand durch (KP 26.1.2019). Obe ist neben Shindand ein weiterer unsicherer Distrikt in Herat (TN 8.9.2018). Im Dezember 2018 wurde berichtet, dass die Kontrolle über Obe derzeit nicht statisch ist, sondern sich täglich ändert und sich in einer Pattsituation befindet (AAN 9.12.2018). Im Juni 2019 griffen die Aufständischen beispielsweise mehrere Posten der Polizei im Distrikt an (AT 2.6.2019; vgl. PAJ 13.6.2019) und die Sicherheitskräfte führten zum Beispiel Anfang Juli 2019 in Obe Operationen durch (XI 11.7.2019). Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (KP 5.7.2019; vgl. PAJ 30.6.2019) wie z.B in den Distrikten Adraskan, Fersi, Kushk-i-Kohna, Obe, Rabat Sangi, Shindand und Zawol (PAJ 30.6.2019).

 

Auf der Autobahn zwischen Kabul und Herat sowie Herat und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (ST 14.12.2018).

 

IDPs - Binnenvertriebene

 

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 609 konfliktbedingt aus der Provinz Herat vertriebene Personen, von denen die meisten in der Provinz selbst Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 586 aus der Provinz Herat vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.482 Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (2.755) aus Ghor stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 6.459 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (4.769) aus Badghis stammten (UNOCHA 18.8.2019).

 

Quellen:

 

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Abounding: Trying to make sense of the attacks against Shias in Herat city,

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AAN - Afghanistan Analysts Network (9.12.2018): One Land, Two Rules (2): Delivering public services in insurgency-affected Obeh Distrikt of Herat province,

https://www.afghanistan-analysts.org/one-land-two-rules-2-delivering-public-services-in-insurgency-affected-obeh-Distrikt-of-herat-province/ , Zugriff 5.7.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (11.1.2017): The Battle between Law and Force: Scattered political power and deteriorating security test Herat's dynamism,

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https://www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-soldiers-killed-coordinated-taliban-attack-herat-181207082508638.html , Zugriff 4.7.2019

 

AN - Ariana News (30.11.2018): Infighting Leaves 45 Taliban Militants Killed or Wounded in Herat, https://ariananews.af/infighting-leaves-45-taliban-militants-killed-or-wounded-in-herat/ , Zugriff 4.7.2019

 

AN - Ariana News (23.6.2019): US Airstrike Kills Taliban Shadow District Chief in Herat,

https://ariananews.af/us-airstrike-kills-taliban-shadow-district-chief-in-herat/ , Zugriff 16.8.2019

 

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BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.6.2019): Analyse der Staatendokumentation: Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz Herat auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_Herat_2019_06_13.pdf , Zugriff 19.6.2019

 

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KP - Khaama Press (28.4.2018): Clash among Afghan forces and Taliban leaves 15 dead, wounded in Herat, https://www.khaama.com/clash-among-afghan-forces-and-taliban-leaves-15-dead-wounded-in-herat-05010/ , Zugriff 4.7.2019

 

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ST - Salaam Times (14.12.2018): Afghan forces move to secure highways against Taliban's 'customs tax' extortion, http://afghanistan.asia-news.com/en_GB/articles/cnmi_st/features/2018/12/14/feature-01 , Zugriff 3.7.2019

 

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UNOCHA - United Nations Office on Coordination of Humanitarian Affairs (28.1.2019): Summary of conflict induced displacements (1 Jan to 31 Dec 2018),

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UNSC - United Nations Security Council (13.6.2019): Tenth report of the Analytical Support and Sanctions Monitoring Team submitted pursuant to resolution 2255 (2015) concerning the Taliban and other associated individuals and entities constituting a threat to the peace, stability and security of Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010658/S_2019_481_E.pdf , Zugriff 1.7.2019

 

USDOD - United States Department of Defense (6.2019): Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://media.defense.gov/2019/Jul/12/2002156816/-1/-1/1/ENHANCING-SECURITY-AND-STABILITY-IN-AFGHANISTAN.PDF , Zugriff 23.7.2019

 

USIP - United States Institute of Peace (2015): Political and Economic Dynamics of Herat,

https://www.usip.org/sites/default/files/PW107-Political-and-Economic-Dynamics-of-Herat.pdf , Zugriff 3.7.2019

 

VoA - Voice of America (13.4.2018): 11 Afghan Forces Killed in Taliban Attack on Herat Province, https://www.voanews.com/east-asia/11-afghan-forces-killed-taliban-attack-herat-province , Zugriff 4.7.2019

 

XI - Xinhua News Agency (11.7.2019): 53 militants killed as Afghan gov't forces step up operations: officials, http://www.xinhuanet.com/english/2019-07/11/c_138218520.htm , Zugriff 16.8.2019

 

Relevante ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen zwischen 32 und 35 Millionen Menschen (CIA 30.4.2019; vgl. CSO 2019). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA 7.2016 ; vgl. CIA 30.4.2019).

Schätzungen zufolge, sind: 40 bis 42% Pashtunen, 27 bis 30% Tadschiken, 9 bis 10% Hazara, 9% Usbeken, ca. 4% Aimaken, 3% Turkmenen und 2% Belutschen. Weiters leben in Afghanistan eine große Zahl an kleinen und kleinsten Völkern und Stämmen, die Sprachen aus unterschiedlichsten Sprachfamilien sprechen (GIZ 4.2019; vgl. CIA 2012, AA 2.9.2019).

 

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet" (BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 2.9.2019). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen zu haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.3.2019).

 

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 2.9.2019). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.3.2019).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (7.2016): AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, https://www.ecoi.net/en/file/local/1236701/90_1470057716_afgh-stammes-und-clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf , Zugriff 7.5.2019

 

CIA - Central Intelligence Agency (30.4.2019): The World Factbook - Afghanistan,

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CSO - Central Statistics Organization Islamic Republic of Afghanistan (2019): Estimated Population of Afghanistan 2019-20, http://cso.gov.af/Content/files/ ریاست دیموگرافی/population/Estemated Population 1398.pdf, Zugriff 7.5.2019

 

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019): Länder-Informations-Portal Afghanistan - Gesellschaft, https://www.liportal.de/afghanistan/gesellschaft/ , Zugriff 7.5.2019

 

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004129.html , Zugriff 7.5.2019

 

Tadschiken

 

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan (MRG o.D.b; vgl. RFERL 9.8.2019) und hat einen deutlichen politischen Einfluss im Land (MRG o.D.b). Sie machen etwa 27 bis 30% der afghanischen Bevölkerung aus (GIZ 4.2019; vgl. CIA 2012). Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan (Provinzen Badakhshan, Takhar, Baghlan, Parwan, Kapisa und Kabul) bilden Tadschiken in weiten Teilen des Landes ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit (GIZ 4.2019).

 

Als rein sesshaftes Volk kennen die Tadschiken im Gegensatz zu den Paschtunen keine Stammesorganisation (GIZ 4.2019; vgl. MRG o.D.b). Aus historischer Perspektive identifizierten sich dari-persisch sprechende Personen in Afghanistan nach sehr unterschiedlichen Kriterien, etwa durch das Siedlungsgebiet oder der Herkunftsregion. Dementsprechend nannten sie sich zum Beispiel kaboli (aus Kabul), herati (aus Herat), mazari (aus Mazar-e Scharif), panjsheri (aus Panjsher) oder badakhshi (aus Badakhshan). Sie konnten auch nach ihrer Lebensweise benannt werden. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete ursprünglich traditionell sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (BFA 7.2016; vgl. GIZ 4.2019, MRG o.D.b). Heute werden unter dem Terminus tajik "Tadschike" fast alle dari/persisch sprechenden Personen Afghanistans, mit Ausnahme der Hazara, zusammengefasst (BFA 7.2016).

 

Tadschiken dominierten die "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, welche die Taliban bekämpfte und nach dem Fall der Taliban die international anerkannte Regierung Afghanistans bildete. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien, die dominierendste davon ist die Jamiat-e Islami, vertreten (MRG o.D.b). Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (BI 29.9.2017).

 

Quellen:

 

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (7.2016): AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, https://www.ecoi.net/en/file/local/1236701/90_1470057716_afgh-stammes-und-clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf , Zugriff 7.5.2019

 

BI - Brookings Institution, the (29.9.2017): Afghanistan Index, https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2016/07/21csi_20171002_afghanistan_index.pdf , Zugriff 7.5.2019

 

CIA - Central Intelligence Agency (2012): Afghanistan Country Profile (Wall Map),

https://legacy.lib.utexas.edu/maps/middle_east_and_asia/txu-pclmaps-oclc-814380561-afghanistan_country_profile_2012-01.jpg , Zugriff 7.5.2019

 

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019): Länder-Informations-Portal Afghanistan - Gesellschaft, https://www.liportal.de/afghanistan/gesellschaft/ , Zugriff 7.5.2019

 

MRG - Minority Rights Group (o.D.b) [letztes Referenzdatum: 4.2017]:

Afghanistan - Tajiks, https://minorityrights.org/minorities/tajiks/ , Zugriff 7.5.2019

 

RFERL - Radio Free Europe Radio Liberty (9.8.2019): Who's Who Among The Afghan Presidential Candidates, https://www.rferl.org/a/afghan-presidential-election-candidates/30102105.html , Zugriff 3.9.2019

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 13.3.2019; vgl. MPI 27.1.2004, FH 4.2.2019). Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen. Als zentrale Hürde für die Bewegungsfreiheit werden Sicherheitsbedenken genannt. Besonders betroffen ist das Reisen auf dem Landweg (AA 2.9.2019). Dazu beigetragen hat ein Anstieg von illegalen Kontrollpunkten und Überfällen auf Überlandstraßen (AA 2.9.2019; vgl. USDOS 13.3.2019, FH 4.2.2019). In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht (FH 4.2.2019, USDOS 13.3.2019). Auch schränken gesellschaftliche Sitten die Bewegungsfreiheit von Frauen ohne männliche Begleitung ein (AA 2.9.2019).

 

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die sozialen Netzwerke vor Ort und deren Auffangmöglichkeiten spielen eine zentrale Rolle für den Aufbau einer Existenz und die Sicherheit am neuen Aufenthaltsort. Für eine Unterstützung seitens der Familie kommt es auch darauf an, welche politische und religiöse Überzeugung den jeweiligen Heimatort dominiert. Für Frauen ist es kaum möglich, ohne familiäre Einbindung in andere Regionen auszuweichen. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (AA 2.9.2019).

 

Bewohner der zentralen Stadtbereiche neigen zu häufigerem Wohnortwechsel, um näher bei ihrer Arbeitsstätte zu wohnen oder um wirtschaftlichen Möglichkeiten und sicherheitsrelevanten Trends zu folgen. Diese ständigen Wohnortwechsel haben einen störenden Effekt auf soziale Netzwerke, was sich oftmals in der Beschwerde bemerkbar macht "man kenne seine Nachbarn nicht mehr" (AAN 19.3.2019).

 

Auch in größeren Städten erfolgt in der Regel eine Ansiedlung innerhalb von ethnisch geprägten Netzwerken und Wohnbezirken. Die Absorptionsfähigkeit der genutzten Ausweichmöglichkeiten, vor allem im Umfeld größerer Städte, ist durch die hohe Zahl der Binnenvertriebenen und der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan bereits stark in Anspruch genommen. Dies schlägt sich sowohl in einem Anstieg der Lebenshaltungskosten als auch in einem erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt nieder (AA 2.9.2019).

 

Es gibt internationale Flughäfen in Kabul, Herat, Kandahar und Mazar-e Sharif, bedeutende Flughäfen, für den Inlandsverkehr außerdem in Ghazni, Nangharhar, Khost, Kunduz und Helmand sowie eine Vielzahl an regionalen und lokalen Flugplätzen. Es gibt keinen öffentlichen Schienenpersonenverkehr (AA 2.9.2019).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004321.html , Zugriff 9.5.2019

 

MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 9.5.2019

 

USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices for 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004129.html , Zugriff 9.5.2019

 

Meldewesen

 

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, ebenso wenig "gelbe Seiten" oder Datenbanken mit Telefonnummerneinträgen (EASO 2.2018; vgl. BFA 13.6.2019). Auch muss sich ein Neuankömmling bei Ankunft nicht in dem neuen Ort registrieren. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer (BFA 13.6.2019). Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (AA 2.9.2019).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.6.2019): Analyse der Staatendokumentation: Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz Herat auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_Herat_2019_06_13.pdf , Zugriff 19.6.2019

 

EASO - European Asylum Support Office (2.2018): Afghanistan Networks https://www.ecoi.net/en/file/local/1433356/1226_1527147803_afghanistan-networks.pdf , Zugriff 10.5.2019

 

IDPs und Flüchtlinge

 

Im Jahresverlauf 2018 verstärkten sich Migrationsbewegungen innerhalb des Landes aufgrund des bewaffneten Konfliktes und einer historischen Dürre (USDOS 13.3.2019). UNHCR berichtet für das gesamte Jahr 2018 von ca. 350.000-372.000 Personen, die aufgrund des bewaffneten Konfliktes zu Binnenvertriebenen (IDPs, internally displaced persons) wurden (UNHCR 25.2.2019; vgl. IDMC 5.2019, USAID 14.2.2019, UNOCHA 28.1.2019). Trotz des im Zeitvergleich hohen Ausmaßes der Gewalt war im Jahr 2018 das Ausmaß der konfliktbedingten Vertreibungen geringer als im Jahr 2017, als ca. 450.000-474.000 Menschen durch den Konflikt innerhalb Afghanistans vertrieben wurden (IDMC 5.2019). Aufgrund der Dürre, vorwiegend in den Provinzen Herat und Badghis, kommen ca. 287.000 IDPs hinzu (USAID 14.2.2019). Nach Angaben von UNOCHA sind im ersten Halbjahr 2019 rund 210.000 neue Konflikt induzierte Binnenflüchtlinge hinzugekommen (UNOCHA 18.8.2019). Mehr als die Hälfte von ihnen stammen aus den Provinzen Takhar, Faryab und Kunar (UNOCHA 18.8.2019; vgl. AA 2.9.2019).

 

Die Gesamtzahl von Binnenflüchtlingen lag IDMC zufolge Stand Jahresende 2018 bei ca. 2,598,000 Menschen (IDMC 5.2019).

 

Im Jahr 2018 kam es in 33 der 34 Provinzen zu konfliktbedingten Vertreibungen. Der Auslöser für Flucht war häufig Einschüchterung durch bewaffnete Akteure. Beispielsweise wurden im Zuge des Angriffes der Taliban auf die Stadt Ghazni im August 2018 rund 36.000 Menschen zu IDPs. Auch wurden zum Beispiele im November 2018 in Folge eines bewaffneten Konfliktes zwischen Hazara und Taliban

6.400 Menschen aus bis dahin sicheren Distrikten der Provinz Ghazni vertrieben (IMDC 5.2019).

 

Die meisten IDPs stammen aus unsicheren ländlichen Ortschaften und kleinen Städten und suchen nach relativ besseren Sicherheitsbedingungen sowie Regierungsdienstleistungen in größeren Gemeinden und Städten innerhalb derselben Provinz (USDOS 13.3.2019).

 

Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie Rückkehrer aus Pakistan und Iran, in Flüchtlingslagern, angemieteten Unterkünften oder bei Gastfamilien. Die Bedingungen sind prekär. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe ist stark eingeschränkt. Der hohe Konkurrenzdruck führt oft zu Konflikten. Ein Großteil der Binnenflüchtlinge ist auf humanitäre Hilfe angewiesen (AA 2.9.2019).

 

Der begrenzte Zugang zu humanitären Hilfeleistungen führt zu Verzögerungen bei der Identifizierung, Einschätzung und zeitnahen Unterstützung von Binnenvertriebenen. Diesen fehlt weiterhin Zugang zu grundlegendem Schutz, einschließlich der persönlichen und physischen Sicherheit sowie Unterkunft (USDOS 13.3.2019).

 

IDPs sind in den Möglichkeiten eingeschränkt, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Oft kommt es nach der ersten Binnenvertreibung zu einer weiteren Binnenwanderung (USDOS 13.3.2019). Mehr als 80% der Binnenvertriebenen benötigen Nahrungsmittelhilfe (USAID 30.4.2018). Vor allem binnenvertriebene Familien mit einem weiblichen Haushaltsvorstand haben oft Schwierigkeiten, grundlegende Dienstleistungen zu erhalten, weil sie keine Identitätsdokumente besitzen (USDOS 13.3.2019).

 

Die afghanische Regierung kooperiert mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, Rückkehrern und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Unterstützungsfähigkeit der afghanischen Regierung bezüglich vulnerabler Personen - inklusive Rückkehrern aus Pakistan und Iran - ist beschränkt und auf die Hilfe durch die internationale Gemeinschaft angewiesen. Die Regierung hat einen Exekutivausschuss für Vertriebene und Rückkehrer sowie einen politischen Rahmen und einen Aktionsplan eingerichtet, der erfolgreiche Integration von Rückkehrern und Binnenvertriebenen fördert (USDOS 13.3.2019) sowie humanitäre und entwicklungspolitische Aktivitäten erstellt und diese koordiniert (WB 27.11.2018).

 

Dürre und Überschwemmungen

 

Der Jahresbericht 2018 des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) nennt eine Zahl von rund 371.000 neuen IDPs aufgrund der Dürre in Afghanistan im Jahr 2018 (IDMC 5.2019). Durch die Dürre wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2018 mehr als 260.000 Menschen aus den Provinzen Badghis, Daikundi, Herat und Ghor zu IDPs (UNOCHA 20.1.2018), zahlreiche Menschen verließen auch ihre Heimatprovinzen Jawzjan und Farah (BFA 13.6.2019). Die meisten von ihnen kamen in Lager in den Städten Herat oder Qala-e-Naw (Badghis). Die Lager werden täglich mit Wasser und Lebensmitteln beliefert und es werden Zelte, Notunterkünfte, Hygiene-, Gesundheits- und Nahrungsdienste zur Verfügung gestellt (UNOCHA 20.1.2018). Im Jahr 2018 sind im Westen Afghanistans aufgrund der Dürre ca. 19 Siedlungen für Binnenvertriebene entstanden, der Großteil davon ca. 20-25 km von Herat-Stadt entfernt. Vertriebene Personen siedelten sich hauptsächlich in Stadtrandgebieten an, um sich in der Stadt Zugang zu Dienstleistungen (die in den Siedlungen, welche grundsätzlich auf leeren Feldern entstanden, nicht vorhanden sind) und dem Arbeitsmarkt zu verschaffen. In der Stadt kam es zu Demonstrationen von Bewohnern, welche die Binnenvertriebenen bezichtigten, ihnen die Arbeitsplätze wegzunehmen. Das gestiegene Angebot an billigen Arbeitskräften drückte den Tageslohn von 6-8 USD auf 2-3 USD (BFA 13.6.2019).

 

Flüchtlinge in Afghanistan

 

Afghanistan hat die UN-Konvention für Flüchtlinge unterzeichnet. Die afghanischen Gesetze enthalten keine Regelungen zur Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus, jedoch haben Flüchtlinge und Asylwerber Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Die staatliche Verwaltung erlaubt Flüchtlingen keine Umsiedlung oder Einbürgerung und leistet keine Unterstützung bei einer freiwilligen Rückkehr. Das Büro des UNHCR registriert und koordiniert den Schutz von ca. 500 Flüchtlingen in Städten (USDOS 13.3.2019; vgl. UNHCR 25.2.2019).

 

In Afghanistan leben ca. 75.000 pakistanische Flüchtlinge, die 2014 aus Nord-Wasiristan in die Provinzen Khost und Paktika geflüchtet sind. Das vom UNHCR betriebene Flüchtlingslager Gulan beherbergt ca. 13.000 pakistanische Flüchtlinge. Viele Flüchtlinge, die sich in den lokalen Gemeinschaften angesiedelt haben, erhalten Unterstützung von UNHCR (UNHCR 25.2.2019).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

AJ - Al Jazeera (12.8.2018): Drought raises food security fears in Afghanistan,

https://www.aljazeera.com/news/2018/08/drought-raises-food-security-fears-afghanistan-180812063301371.html , Zugriff 24.9.2019

 

BFA Staatendokumentation (13.6.2019): Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz Herat auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_Herat_2019_06_13.pdf , Zugriff 2.7.2019

 

EASO - European Asylum Support Office (4.2019): Country of Origin Information Report Afghanistan: Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/publications/EASO-COI-Afghanistan-KSEI-April-2019.pdf , Zugriff 3.6.2019

 

FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (23.11.2018): Afghanistan Drought Response, http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/emergencies/docs/CA2268EN.pdf , Zugriff 24.9.2019

 

FEWS NET - Famine Early Warning Network (4.2019): Afghanistan Food Security Outlook Update,

http://fews.net/sites/default/files/documents/reports/AFGHANISTAN_Food_Security_Outlook_Update_April 2019_Final_0.pdf, Zugriff 16.5.2019

 

GN - Guardian, the (6.3.2019): 'Chilling reality': Afghanistan suffers worst floods in seven years, https://www.theguardian.com/global-development/2019/mar/06/chilling-reality-afghanistan-suffers-worst-floods-in-seven-years , Zugriff 16.5.2019

 

IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (5.2019): Afghanistan Figure Analysis - Displacement related to conflict and violence, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008239/GRID 2019 - Conflict Figure Analysis - AFGHANISTAN.pdf, Zugriff 4.6.2019

 

IOM/DTM - International Organization for Migration / Displacement Tracking Matrix (25.9.2018): Afghanistan - Baseline Mobility Assessment Summary Results (April - June 2018), https://displacement.iom.int/system/tdf/reports/Afghanistan-Baseline-Mobility-Assessment-Summary-Results-June-2018-English.pdf?file=1&type=node&id=4265 , Zugriff 3.6.2019

 

UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (25.2.2019): Operational Fact Sheet Afghanistan 25 February 2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/68200.pdf , Zugriff 3.6.2019

 

UNOCHA - United Nations Office on Coordination of Humanitarian Affairs (18.8.2019): Summary of conflict induced displacements (1 Jan to 04 Aug 2019),

https://data.humdata.org/dataset/241e9899-bd51-400b-83e3-7563f1539e59/resource/2fd20780-8a54-4549-93ec-e5615c582042/download/afghanistan_conflict_displacements_2019.xlsx , Zugriff 3.9.2019

 

UNOCHA - United Nations Office on Coordination of Humanitarian Affairs (28.1.2019): Summary of conflict induced displacements (1 Jan to 31 Dec 2018),

https://data.humdata.org/dataset/8a6ea378-1813-4c3c-9d4c-b9d1adcefa8d/resource/0cfe97fb-7288-47cd-aa08-94450a437176/download/afghanistan_conflict_displacements_2018.xlsx , Zugriff 3.9.2019

 

UNOCHA - United Nations Office on Coordination of Humanitarian Affairs (20.10.2018): Humanitarian Bulletin Afghanistan, https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/documents/files/20181019draft_ocha_afghanistan_monthly_humanitarian_bulletin_july-september_2018_en_final.pdf , Zugriff 25.9.2019

 

USAID - U.S. Agency for International Development (14.2.2019):

Afghanistan - Complex Emergency Fact Sheet #1, Fiscal Year (FY) 2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1458254/1788_1551189406_1402.pdf , Zugriff 3.6.2019

 

USAID - U.S. Agency for International Development (30.4.2018):

Afghanistan - Complex Emergency https://www.ecoi.net/en/file/local/1433122/1788_1526997854_3004.pdf , Zugriff 3.6.2019

 

USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices of 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004129.html , Zugriff 3.6.2019

 

WB - World Bank, the (27.11.2018): International Development Association Project Appraisal Document on a Proposed Grant in the Amount of SDR 108.6 Million (US$ 150 Million Equivalent) and a Proposed Grant from the Afghanistan Reconstruction Trust Fund in the Amount of US$ 50 Million to the Islamic Republic of Afghanistan for an Afghanistan: Eshteghal Zaiee - Karmondena (EZ-KAR) Project, https://www.globalcrrf.org/wp-content/uploads/2019/01/Project-Appraisal-Document-PAD-from-the-World-Bank.pdf , Zugriff 12.7.2019

 

WHO - World Health Organization (3.2019): Situation report March 2019,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/COPub_AFG_Situation_rep_Mar_2019_EN.pdf , Zugriff 16.5.2019

 

Grundversorgung

 

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt (AA 2.9.2019; AF 2018). Trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung und kontinuierlicher Fortschritte belegte Afghanistan 2018 lediglich Platz 168 von 189 des Human Development Index. Die Armutsrate hat sich laut Weltbank von 38% (2011) auf 55% (2016) verschlechtert. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant: Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte gibt es vielerorts nur unzureichende Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (AA 2.9.2019).

 

Die afghanische Wirtschaft ist stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Das Budget zur Entwicklungshilfe und Teile des operativen Budgets stammen aus internationalen Hilfsgeldern (AF 2018; vgl. WB 7.2019). Jedoch konnte die afghanische Regierung seit der Fiskalkrise des Jahres 2014 ihre Einnahmen deutlich steigern (USIP 15.8.2019; vgl. WB 7.2019).

 

Die afghanische Wirtschaft stützt sich hauptsächlich auf den informellen Sektor (einschließlich illegaler Aktivitäten), der 80 bis 90 % der gesamten Wirtschaftstätigkeit ausmacht und weitgehend das tatsächliche Einkommen der afghanischen Haushalte bestimmt (ILO 5.2012; vgl. ACCORD 7.12.2018). Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (FAO 2018; vgl. Haider/Kumar 2018), wobei der landwirtschaftliche Sektor gemäß Prognosen der Weltbank im Jahr 2019 einen Anteil von 18,7% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat (Industrie: 24,1%, tertiärer Sektor: 53,1%; WB 7.2019). Das BIP Afghanistans betrug im Jahr 2018 19,36 Mrd. US-Dollar (WB o. D.). Die Inflation lag im Jahr 2018 durchschnittlich bei 0,6% und wird für 2019 auf 3,1% prognostiziert (WB 7.2019).

 

Afghanistan erlebte von 2007 bis 2012 ein beispielloses Wirtschaftswachstum. Während die Gewinne dieses Wachstums stark konzentriert waren, kam es in diesem Zeitraum zu Fortschritten in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Seit 2014 verzeichnet die afghanische Wirtschaft ein langsames Wachstum (im Zeitraum 2014-2017 durchschnittlich 2,3%, 2003-2013: 9%) was mit dem Rückzug der internationalen Sicherheitskräfte, der damit einhergehenden Kürzung der internationalen Zuschüsse und einer sich verschlechternden Sicherheitslage in Verbindung gebracht wird (WB 8.2018). Im Jahr 2018 betrug die Wachstumsrate 1,8%. Das langsame Wachstum wird auf zwei Faktoren zurückgeführt: einerseits hatte die schwere Dürre im Jahr 2018 negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, andererseits verringerte sich das Vertrauen der Unternehmer und Investoren. Es wird erwartet, dass sich das Real-BIP in der ersten Hälfte des Jahres 2019 vor allem aufgrund der sich entspannenden Situation hinsichtlich der Dürre und einer sich verbessernden landwirtschaftlichen Produktion erhöht (WB 7.2019).

 

Arbeitsmarkt

 

Schätzungen zufolge sind 44% der Bevölkerung unter 15 Jahren und 54% zwischen 15 und 64 Jahren alt (ILO 2.4.2018). Am Arbeitsmarkt müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neuankömmlinge in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA 4.2018). Somit treten jedes Jahr sehr viele junge Afghanen in den Arbeitsmarkt ein, während die Beschäftigungsmöglichkeiten aufgrund unzureichender Entwicklungsressourcen und mangelnder Sicherheit nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten können (WB 8.2018). In Anbetracht von fehlendem Wirtschaftswachstum und eingeschränktem Budget für öffentliche Ausgaben, stellt dies eine gewaltige Herausforderung dar. Letzten Schätzungen zufolge sind 1,9 Millionen Afghan/innen arbeitslos - Frauen und Jugendliche haben am meisten mit dieser Jobkrise zu kämpfen. Jugendarbeitslosigkeit ist ein komplexes Phänomen mit starken Unterschieden im städtischen und ländlichen Bereich. Schätzungen zufolge sind 877.000 Jugendliche arbeitslos; zwei Drittel von ihnen sind junge Männer (ca. 500.000) (BFA 4.2018; vgl. CSO 2018).

 

Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Es gibt einen großen Anteil an Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen, was auf das hohe Maß an Informalität des Arbeitsmarktes hinweist, welches mit der Bedeutung des Agrarsektors in der Wirtschaft einhergeht (CSO 8.6.2017). Im Rahmen einer Befragung an 15.012 Personen, gaben rund 36% der befragten Erwerbstätigen gaben an, in der Landwirtschaft tätig zu sein (AF 2018).

 

Fähigkeiten, die sich Rückkehrer/innen im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Bei der Arbeitssuche spielen persönliche Kontakte eine wichtige Rolle. Eine Quelle betont jedoch die Wichtigkeit von Netzwerken, ohne die es nicht möglich sei, einen Job zu finden. (BFA 4.2018). Bei Ausschreibung einer Stelle in einem Unternehmen gibt es in der Regel eine sehr hohe Anzahl an Bewerbungen und durch persönliche Kontakte und Empfehlungen wird mitunter Einfluss und Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt (BFA 13.6.2019). Eine im Jahr 2012 von der ILO durchgeführte Studie über die Beschäftigungsverhältnisse in Afghanistan bestätigt, dass Arbeitgeber persönliche Beziehungen und Netzwerke höher bewerten als formelle Qualifikationen. Analysen der norwegischen COI-Einheit Landinfo zufolge, gibt es keine Hinweise darüber, dass sich die Situation seit 2012 geändert hätte (BFA 4.2018).

 

In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Ministerium für Arbeit und Soziale Belange (MoLSAMD) und der NGO ACBAR angeboten; dabei soll der persönliche Lebenslauf zur Beratung mitgebracht werden. Auch Rückkehrende haben dazu Zugang - als Voraussetzung gilt hierfür die afghanische Staatsbürgerschaft. Für das Anmeldeverfahren sind das Ministerium für Arbeit und Soziale Belange und die NGO ACBAR zuständig; Rückkehrende sollten auch hier ihren Lebenslauf an eine der Organisationen weiterleiten, woraufhin sie informiert werden, inwiefern Arbeitsmöglichkeiten zum Bewerbungszeitpunkt zur Verfügung stehen. Unter Leitung des Bildungsministeriums bieten staatliche Schulen und private Berufsschulen Ausbildungen an (BFA 4.2018).

 

Neben einer mangelnden Arbeitsplatzqualität ist auch die große Anzahl an Personen im wirtschaftlich abhängigen Alter (insbes. Kinder) ein wesentlicher Armutsfaktor (CSO 2018; vgl. Haider/Kumar 2018): Die Notwendigkeit, das Einkommen von Erwerbstätigen mit einer großen Anzahl von Haushaltsmitgliedern zu teilen, führt oft dazu, dass die Armutsgrenze unterschritten wird, selbst wenn Arbeitsplätze eine angemessene Bezahlung bieten würden. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind (CSO 2018).

 

Wirtschaft und Versorgungslage in den Städten Herat, Kabul und Mazar-e Sharif

 

Kabul

 

Die Wirtschaft der Provinz Kabul hat einen weitgehend städtischen Charakter, wobei die wirtschaftlich aktive Bevölkerung in Beschäftigungsfeldern, wie dem Handel, Dienstleistungen oder einfachen Berufen tätig ist (CSO 8.6.2017). Kabul-Stadt hat einen hohen Anteil an Lohnarbeitern, während Selbstständigkeit im Vergleich zu den ländlichen Gebieten Afghanistans weniger verbreitet ist (USIP 10.4.2017). Zu den wichtigsten Arbeitgebern in Kabul gehört der Dienstleistungssektor, darunter auch die öffentliche Verwaltung (CSO 8.6.2017). Die Gehälter sind in Kabul im Allgemeinen höher als in anderen Provinzen, insbesondere für diejenigen, welche für ausländische Organisationen arbeiten (USIP 10.4.2017). Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach Kabul, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten (USIP 10.4.2017).

 

Ergebnisse einer Studie ergaben, dass Kabul unter den untersuchten Provinzen den geringsten Anteil an Arbeitsplätzen im Agrarsektor hat, dafür eine dynamischere Wirtschaft mit einem geringeren Anteil an Arbeitssuchenden, Selbständigen und Familienarbeitern. Die besten (Arbeits)Möglichkeiten für Junge existieren in Kabul. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in Kabul am größten (49,6 Prozent). Im Gegensatz dazu zeigt die Provinz Ghor ist der traditionelle Agrarsektor hier bei weitem der größte Arbeitgeber, des weiteren, existieren hier sehr wenige Möglichkeiten (Jobs und Ausbildung) für Kinder, Jugendliche und Frauen (CSO 8.6.2019).

 

Herat

 

Der Einschätzung einer in Afghanistan tätigen internationalen NGO zufolge gehört Herat zu den "bessergestellten" und "sichereren Provinzen" Afghanistans und weist historisch im Vergleich mit anderen Teilen des Landes wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf (BFA 13.6.2019). Aufgrund der sehr jungen Bevölkerung ist der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter in Herat - wie auch in anderen afghanischen Städten - vergleichsweise klein. Erwerbstätige müssen also eine große Anzahl an von ihnen abhängigen Personen versorgen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der arbeitstätigen Bevölkerung in Herat Tagelöhner sind, welche Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt in besonderem Ausmaß ausgesetzt sind (USIP 2.4.2015).

 

Die Herater Wirtschaft bietet seit langem Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019, WB/NSIA 9.2018), wie auch Bergbau und Produktion (EASO 4.2019). Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019). Manche alten Handwerksberufe (Teppichknüpfereien, Glasbläsereien, die Herstellung von Stickereien) haben es geschafft zu überleben, während sich auch bestimmte moderne Industrien entwickelt haben (z.B. Lebensmittelverarbeitung und Verpackung) (EASO 4.2019). Die meisten der in KMUs Beschäftigten sind entweder Tagelöhner oder kleine Unternehmer (GOIRA 2015). Die Arbeitsplätze sind allerdings von der volatilen Sicherheitslage bedroht (insbesondere Entführungen von Geschäftsleuten oder deren Angehörigen durch kriminelle Netzwerke, im stillen Einverständnis mit der Polizei). Als weitere Probleme werden Stromknappheit, bzw. -ausfälle, Schwierigkeiten, mit iranischen oder anderen ausländischen Importen zu konkurrieren und eine steigende Arbeitslosigkeit genannt (EASO 4.2019).

 

Mazar-e Sharif

 

Mazar-e Sharif ist ein regionales Handelszentrum für Nordafghanistan, wie auch ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen, welche Kunsthandwerk und Teppiche anbieten (GOIRA 2015).

 

Dürre und Überschwemmungen

 

Während der Wintersaat von Dezember 2017 bis Februar 2018 gab es in Afghanistan eine ausgedehnte Zeit der Trockenheit. Dies verschlechterte die Situation für die von Lebensmittelunsicherheit geprägte Bevölkerung weiter und hatte zerstörerische Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen, was wiederum zu Binnenflucht führte und es den Binnenvertriebenen mittelfristig erschwert, sich wirtschaftlich zu erholen sowie die Grundbedürfnisse selbständig zu decken (FAO 23.11.2018; vgl. AJ 12.8.2018).

 

Günstige Regenfälle im Frühling und beinahe normale Temperaturen haben 2019 die Weidebedingungen wieder verbessert. Da sich viele Haushalte noch von der Dürre des Jahres 2018 erholen müssen, gilt die Ernährungslage für viele Haushalte im Zeitraum 10.2019-1.2020, weiterhin als "angespannt" bis "krisenhaft". Es wird erwartet, dass viele Haushalte vor allem in den höher gelegenen Regionen ihre Vorräte vor dem Winter aufbrauchen werden und bei begrenztem Einkommen und Zugang auf Märkte angewiesen sein werden (FEWS NET 8.2019).

 

Im März 2019 fanden in Afghanistan Überschwemmungen statt, welche Schätzungen zufolge, Auswirkungen auf mehr als 120.000 Personen in 14 Provinzen hatten. Sturzfluten Ende März 2019 hatten insbesondere für die Bevölkerung in den Provinzen Balkh und Herat schlimme Auswirkungen (WHO 3.2019). Unter anderem waren von den Überschwemmungen auch Menschen betroffen, die zuvor von der Dürre vertrieben wurden (GN 6.3.2019).

 

Armut und Lebensmittelsicherheit

 

Einer Befragung aus dem Jahr 2016/2017 an rund 155.000 Personen zufolge (Afghan Living Condition Survey - ALCS), sind rund 45% oder 13 Millionen Menschen in Afghanistan von anhaltender oder vorübergehender Lebensmittelunsicherheit betroffen (CSO 2018; vgl. USAID 11.4.2019), wobei der Anteil der Betroffenen im Osten, Norden und Nordosten am höchsten ist (CSO 2018). Gegenüber dem Zeitraum 2011-12 ist ihr Anteil bei einem Ausgangsniveau von 30% um 15 Prozentpunkte gestiegen (CSO 2018).

 

Im Zeitraum 2016-17 lebten dem ALCS zufolge 54,5% der Afghanen unter der Armutsgrenze. Gegenüber früheren Erhebungen ist der Anteil an armen Menschen in Afghanistan somit gestiegen (2007-08: 33,7%, 2011-12: 38,3%). Im ländlichen Raum war der Anteil an Bewohnern unter der Armutsgrenze mit 58,6% höher als im städtischen Bereich (41,6%) (CSO 2018). Es bestehen regionale Unterschiede: In den Provinzen Badghis, Nuristan, Kundus, Zabul, Helmand, Samangan, Uruzgan und Ghor betrug der Anteil an Menschen unter der Armutsgrenze gemäß offizieller Statistik 70% oder mehr, während er in einer Provinz - Kabul - unter 20% lag (NSIA 2019). Schätzungen zufolge, ist beispielsweise der Anteil der Bewohner unter der Armutsgrenze in Kabul-Stadt und Herat-Stadt bei rund 34-35%. Damit ist der Anteil an armen Menschen in den beiden urbanen Zentren zwar geringer als in den ländlichen Distrikten der jeweiligen Provinzen, jedoch ist ihre Anzahl aufgrund der Bevölkerungsdichte der Städte dennoch vergleichsweise hoch. Rund 1,1 Millionen Bewohner von Kabul-Stadt leben unter der Armutsgrenze. In Herat-Stadt beträgt ihre Anzahl rund 327.000 (WB/NSIA 9.2018).

 

2018 gaben rund 30% der 15.012 Befragten an, dass sich die Qualität ihrer Ernährung verschlechtert hat, während rund 17% von einer Verbesserung sprachen und die Situation für rund 53% gleich blieb. Im Jahr 2018 lag der Anteil der Personen, welche angaben, dass sich ihre Ernährungssituation verschlechtert habe, im Westen des Landes über dem Anteil in ganz Afghanistan. Beispielsweise die Provinz Badghis war hier von einer Dürre betroffen (AF 2018).

 

Bank- und Finanzwesen

 

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird dabei nach folgendem fragen: Ausweisdokument (Tazkira), 2 Passfotos und 1.000 bis 5.000 AFN als Mindestkapital für das Bankkonto. Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv: unter anderem die Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, oder The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank (IOM 2018).

 

Hawala-System

 

Über Jahrhunderte hat sich eine Form des Geldaustausches entwickelt, welche Hawala genannt wird. Dieses System, welches auf gegenseitigem Vertrauen basiert, funktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich. Hawala wird von den unterschiedlichsten Kundengruppen in Anspruch genommen: Gastarbeiter, die ihren Lohn in die Heimat transferieren wollen, große Unternehmen und Hilfsorganisationen bzw. NGOs, aber auch Terrororganisationen (WKO 2.2017; vgl. WB 2003; FA 7.9.2016).

 

Das System funktioniert folgendermaßen: Person A übergibt ihrem Hawaladar (X) das Geld, z.B. 10.000 Euro und nennt ihm ein Passwort. Daraufhin teilt die Person A der Person B, die das Geld bekommen soll, das Passwort mit. Der Hawaladar (X) teilt das Passwort ebenfalls seinem Empfänger-Hawaladar (M) mit. Jetzt kann die Person B einfach zu ihrem Hawaladar (M) gehen. Wenn sie ihm das Passwort nennt, bekommt sie das Geld, z.B. in Afghani, ausbezahlt (WKO 2.2017; vgl. WB 2003).

 

So ist es möglich, auch größere Geldsummen sicher und schnell zu überweisen. Um etwa eine Summe von Peshawar, Dubai oder London nach Kabul zu überweisen, benötigt man sechs bis zwölf Stunden. Sind Sender und Empfänger bei ihren Hawaladaren anwesend, kann die Transaktion binnen Minuten abgewickelt werden. Kosten dafür belaufen sich auf ca. 1-2%, hängen aber sehr stark vom Verhandlungsgeschick, den Währungen, der Transaktionssumme, der Vertrauensposition zwischen Kunde und Hawaladar und nicht zuletzt von der Sicherheitssituation in Kabul ab. Die meisten Transaktionen gehen in Afghanistan von der Hauptstadt Kabul aus, weil es dort auch am meisten Hawaladare gibt. Hawaladare bieten aber nicht nur Überweisungen an, sondern eine ganze Auswahl an finanziellen und nicht-finanziellen Leistungen in lokalen, regionalen und internationalen Märkten. Beispiele für das finanzielle Angebot sind Geldwechsel, Spendentransfer, Mikro-Kredite, Tradefinance oder die Möglichkeit, Geld anzusparen. Als nichtmonetäre Leistungen können Hawaladare Fax- oder Telefondienste oder eine Internetverbindung anbieten (WKO 2.2017; vgl. WB 2003).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

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WKO - Wirtschaftskammer Österreich (2.2017): Länderreport Afghanistan, per E-Mail erhalten

 

Rückkehr

 

Die Zahlen der Rückkehrer aus Iran sind auf hohem Stand, während ein deutliches Nachlassen an Rückkehrern aus Pakistan zu verzeichnen ist (2017: 154.000; 2018: 46.000), was im Wesentlichen mit den afghanischen Flüchtlingen jeweils gewährten Rechten und dem gewährten Status in Iran bzw. Pakistan zu begründen ist (AA 2.9.2019). Insgesamt sind in den Jahren 2012-2018 ca. 3,2 Millionen Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Seit dem Jahr 2016 hat sich die Zahl der Rückkehrer jedes Jahr deutlich verringert, jedoch hat sich die Zahl der Rückkehrer aus Europa leicht erhöht 15% aller Rückkehrer siedeln in die Provinz Nangarhar (IOM 15.3.2019).

 

Je nach Organisation variieren die Angaben zur Zahl der Rückkehrer:

 

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Davon waren 32.260 zwangsweise und 31.189 freiwillige Rückkehrer; 25.561 Personen kehrten aus dem Iran und aus Pakistan zurück; 1.265 aus Europa. 672 Personen erhielten Unterstützung von Hilfsorganisationen (MoRR o. D:): Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (AA 2.9.2019) bzw. 180.000 Personen aus dem Iran und 125.000 Personen aus Pakistan (IOM 15.3.2019). Im Jahr 2017 stammten 464.000 Rückkehrer aus dem Iran 464.000 und 154.000 aus Pakistan (AA 2.9.2019).

 

Rückkehrer haben zu Beginn meist positive Reintegrationserfahrungen, insbesondere durch die Wiedervereinigung mit der Familie. Jedoch ist der Reintegrationsprozess der Rückkehrer oft durch einen schlechten psychosozialen Zustand charakterisiert. Viele Rückkehrer sind weniger selbsterhaltungsfähig als die meisten anderen Afghanen. Rückkehrerinnen sind von diesen Problemen im Besonderen betroffen (MMC 1.2019).

 

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (BFA 4.2018). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Wegen der hohen Fluktuation im Land und der notwendigen Zeit der Hilfsorganisationen, sich darauf einzustellen, ist Hilfe nicht immer sofort dort verfügbar, wo Rückkehrer sich niederlassen. UNHCR beklagt zudem, dass sich viele Rückkehrer in Gebieten befinden, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (AA 2.9.2019).

 

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert (BFA 13.6.2019). Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z.B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken (Kolleg/innen, Mitstudierende etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind manche Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA 4.2018).

 

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Zudem können fehlende Vertrautheit mit kulturellen Besonderheiten und sozialen Normen die Integration und Existenzgründung erschweren. Das Bestehen sozialer und familiärer Netzwerke am Ankunftsort nimmt auch hierbei eine zentrale Rolle ein. Über diese können die genannten Integrationshemmnisse abgefedert werden, indem die erforderlichen Fähigkeiten etwa im Umgang mit lokalen Behörden sowie sozial erwünschtes Verhalten vermittelt werden und für die Vertrauenswürdigkeit der Rückkehrer gebürgt wird (AA 2.9.2019). UNHCR verzeichnete jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (BFA 13.6.2019).

 

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Dem deutschen Auswärtigen Amt sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden (AA 2.9.2019). UNHCR berichtet von Fällen zwangsrückgeführter Personen aus Europa, die von religiösen Extremisten bezichtigt werden, verwestlicht zu sein; viele werden der Spionage verdächtigt. Auch glaubt man, Rückkehrer aus Europa wären reich und sie würden die Gastgebergemeinschaft ausnutzen. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (BFA 13.6.2019).

 

Haben die Rückkehrer lange Zeit im Ausland gelebt oder haben sie zusammen mit der gesamten Familie Afghanistan verlassen, ist es wahrscheinlich, dass lokale Netzwerke nicht mehr existieren oder der Zugang zu diesen erheblich eingeschränkt ist. Dies kann die Reintegration stark erschweren. Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab (AA 2.9.2019). Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung, vulnerable Personen einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran zu unterstützen, bleibt begrenzt und ist weiterhin von der Hilfe der internationalen Gemeinschaft abhängig (USDOS 13.3.2019). Moscheen unterstützen in der Regel nur besonders vulnerable Personen und für eine begrenzte Zeit. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch. Deshalb versuchen sie in der Regel, so bald wie möglich wieder in den Iran zurückzukehren (BFA 13.6.2019).

 

Viele Rückkehrer, die wieder in Afghanistan sind, werden de-facto IDPs, weil die Konfliktsituation sowie das Fehlen an gemeinschaftlichen Netzwerken sie daran hindert, in ihre Heimatorte zurückzukehren (UNOCHA 12.2018). Trotz offenem Werben für Rückkehr sind essentielle Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit in den grenznahen Provinzen nicht auf einen Massenzuzug vorbereitet (AAN 31.1.2018). Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (UNOCHA 12.2018).

 

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA 4.2018). Rückkehrer/innen erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer (BFA 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück (AAN 19.5.2017).

 

In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Return and Reintegration Network (ERRIN) wird im Rahmen des ERRIN Specific Action Program sozioökonomische Reintegrationsunterstützung in Form von Beratung und Vermittlung für freiwillige und erzwungene Rückkehrer angeboten (IRARA 9.5.2019).

 

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

 

Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs sehen bei der Reintegration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen eine Grundstücksvergabe vor, jedoch gilt dieses System als anfällig für Korruption und Missmanagement. Es ist nicht bekannt, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben und zu welchen Bedingungen (BFA 4.2018).

 

Die Regierung Afghanistans bemüht sich gemeinsam mit internationalen Unterstützern, Land an Rückkehrer zu vergeben. Gemäß dem 2005 verabschiedeten Land Allocation Scheme (LAS) sollten Rückkehrer und IDPs Baugrundstücke erhalten. Die bedürftigsten Fälle sollten prioritär behandelt werden (Kandiwal 9.2018; vgl. UNHCR 6.2008). Jedoch fanden mehrere Studien Probleme bezüglich Korruption und fehlender Transparenz im Vergabeprozess (Kandiwal 9.2018; vgl. UNAMA 3.2015, AAN 29.3.2016, WB/UNHCR 20.9.2017). Um den Prozess der Landzuweisung zu beginnen, müssen die Rückkehrer einen Antrag in ihrer Heimatprovinz stellen. Wenn dort kein staatliches Land zur Vergabe zur Verfügung steht, muss der Antrag in einer Nachbarprovinz gestellt werden. Danach muss bewiesen werden, dass der Antragsteller bzw. die nächste Familie tatsächlich kein Land besitzt. Dies geschieht aufgrund persönlicher Einschätzung eines Verbindungsmannes, und nicht aufgrund von Dokumenten. Hier ist Korruption ein Problem. Je einflussreicher ein Antragsteller ist, desto schneller bekommt er Land zugewiesen (Kandiwal 9.2018). Des Weiteren wurde ein fehlender Zugang zu Infrastruktur und Dienstleistungen, wie auch eine weite Entfernung der Parzellen von Erwerbsmöglichkeiten kritisiert. IDPs und Rückkehrer ohne Dokumente sind von der Vergabe von Land ausgeschlossen (IDMC/NRC 2.2014).

 

Bereits 2017 hat die afghanische Regierung mit der Umsetzung des Aktionsplans für Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge begonnen. Ein neues, transparenteres Verfahren zur Landvergabe an Rückkehrer läuft als Pilotvorhaben mit neuer rechtlicher Grundlage an, kann aber noch nicht flächendeckend umgesetzt werden. Eine Hürde ist die Identifizierung von geeigneten, im Staatsbesitz befindlichen Ländereien. Generell führt die unklare Landverteilung häufig zu Streitigkeiten. Gründe hierfür sind die jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, mangelhafte Verwaltung und Dokumentation von An- und Verkäufen, das große Bevölkerungswachstum sowie das Fehlen eines funktionierenden Katasterwesens. So liegen dem afghanischen Innenministerium Berichte über widerrechtliche Aneignung von Land aus 30 Provinzen vor (AA 2.7.2019).

 

Unterstützung durch IOM

 

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) bietet im Bereich Rückkehr verschiedene Programme zur Unterstützung und Reintegration von Rückkehrern nach Afghanistan an (BFA 13.6.2019; vgl. BFA 4.2018). Hinsichtlich des Ausmaßes und der Art von Unterstützung wird zwischen freiwillig und unfreiwillig zurückgeführten Personen unterschieden (BFA 13.6.2019).

 

So ist beispielsweise die Provinz Herat hauptsächlich von der Rückkehr von Afghanen aus dem Iran betroffen. Landesweit ist die Zahl der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan höher, als die der Rückkehrer aus Europa. Das von IOM durchgeführte Assisted Voluntary Return and Reintegration (AVRR) Programme besteht aus einer Kombination von administrativen, logistischen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Personen, welche beschließen, freiwillig aus Europa, Australien und der Türkei in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren (BFA 13.6.2019). Im Zuge des AVRR-Programmes wurden im Jahr 2018 von IOM 2.182 Rückkehrer unterstützt. Etwa die Hälfte von ihnen erhielt Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens (IOM 30.1.2019).

 

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an (BFA 13.6.2019). 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz (IOM 30.1.2019). Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (BFA 13.62019).

 

IOM gewährte bisher zwangsweise rückgeführten Personen für 14 Tage Unterkunft in Kabul. Seit April 2019 erhalten Rückkehrer nur noch eine Barzahlung in Höhe von ca. 150 Euro (BAMF 20.5.2019; vgl. IOM 23.9.2019) sowie Informationen, etwa über Hotels (BAMF 20.5.2019). Die zur Verfügung gestellten 150 Euro sollen zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse dienen und können, je nach Bedarf für Weiterreise, Unterkunft oder sonstiges verwendet werden (IOM 23.9.2019). Nach Auskunft des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) hat lediglich eine geringe Anzahl von Rückgeführten die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM genutzt (BAMF 20.5.2019).

 

Freiwillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer, die am Reintegrationsprojekt RESTART II teilnehmen, haben nach wie vor die Möglichkeit, neben der Unterstützung in Bargeld von 500 Euro, die zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse vorgesehen sind, eine Unterstützung für die Weiterreise und für temporäre Unterkunft bis zu max. 14 Tagen (in Kabul: Spinzar Hotel) zu erhalten. Unterstützungsleistungen aus dem Projekt RESTART II, welches durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert wird, können im gesamten Land bezogen werden und sind daher in Städten wie Mazar-e Sharif und/oder Herat dieselben wie in Kabul. Wichtig ist, dass die Teilnahme am Reintegrationsprojekt RESTART II durch das BFA und IOM für die Rückkehrerinnen und Rückkehrer bewilligt wurde (IOM 23.9.2019).

 

In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro durchgeführt und vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) kofinanziert. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor (IOM o.D.).

 

Wohnungen

 

In Kabul und im Umland sowie in anderen Städten steht eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Private Immobilienhändler in den Städten bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser und Wohnungen an. Die Miete für eine Wohnung liegt zwischen 300 USD und 500 USD. Die Lebenshaltungskosten pro Monat belaufen sich auf bis zu 400 USD (Stand 2018), für jemanden mit gehobenem Lebensstandard. Diese Preise gelten für den zentral gelegenen Teil der Stadt Kabul, wo Einrichtungen und Dienstleistungen wie Sicherheit, Wasserversorgung, Schulen, Kliniken und Elektrizität verfügbar sind. In ländlichen Gebieten können sowohl die Mietkosten, als auch die Lebenshaltungskosten um mehr als 50% sinken. Betriebs- und Nebenkosten wie Wasser und Strom kosten in der Regel nicht mehr als 40 USD pro Monat. Abhängig vom Verbrauch können die Kosten allerdings höher sein (IOM 2018).

 

Wohnungszuschüsse für sozial Benachteiligte oder Mittellose existieren in Afghanistan nicht (IOM 2018).

 

Afghanische Flüchtlinge in Pakistan

 

Laut aktuellen Zahlen des UNHCR beherbergt Pakistan knapp unter 1,4 Millionen registrierte afghanische Flüchtlinge. Hinzu kommen ca. 850.000 Personen mit beantragter Afghan Citizen Card (ACC, hauptsächlich in den Grenzgebieten) und ca. 300.000-550.000 illegal im Land aufhältige Personen (hauptsächlich in Karatschi) (ÖB 10.2018; vgl. UNHCR 10.2018).

 

IOM stellt für vulnerable Rückkehrer humanitäre Hilfeleistungen an den beiden Grenzübergängen Spin Boldak/Chaman und Torkham in Transit Centres zur Verfügung (IOM 20.6.2017, IOM 23.5.2017).

 

Afghanische Flüchtlinge im Iran

 

In den letzten zwei bis drei Jahren bewegten sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zu. Eine zwischenzeitliche Verbesserung der Situation für Afghanen bedeutet wegen begrenzter Mittel eine große Herausforderung für die iranischen Behörden (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. AA 11 .2018). In der Realität erfolgen viele Rückkehren unter Zwang (AA 11 .2018).

 

Im Zeitraum 1.1.-30.11.2018 sind mehr als 700.000 Afghanen vor dem Hintergrund einer angespannten Wirtschaftslage aus dem Iran zurückgekehrt (REU 5.12.2018). Im Juni 2019 wurde berichtet, dass der Iran infolge der US-Sanktionen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2019 100.000 Afghanen abgeschoben habe und weitere 85.000 freiwillig zurückgekehrt seien (MEMO 10.6.2019).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

AA - Auswärtiges Amt (11.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf , Zugriff 27.9.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (31.1.2018): Still Caught in Regional Tensions? The uncertain destiny of Afghan refugees in Pakistan,

https://www.afghanistan-analysts.org/still-caught-in-regional-tensions-the-uncertain-destiny-of-afghan-refugees-in-pakistan/ , Zugriff 28.5.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (19.5.2017): Voluntary and Forced Returns to Afghanistan in 2016/17: Trends, statistics and experiences,

https://www.afghanistan-analysts.org/voluntary-and-forced-returns-to-afghanistan-in-201617-trends-statistics-and-experiences/ , Zugriff 19.7.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (29.3.2016): Afghanistan's Returning Refugees: Why are so many still landless?, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistans-returning-refugees-why-are-so-many-still-landless/ , Zugriff 27.9.2019

 

Asylos (8.2017): Afghanistan: Situation of young male 'Westernised' returnees to Kabul,

https://www.asylos.eu/Handlers/Download.ashx?IDMF=687d4df7-bf78-4000-8acc-3f2c07c750ef , Zugriff 24.5.2019

 

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Bundesrepublik Deutschland (20.5.2019): Briefing Notes 20. Mai 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010479/briefingnotes-kw21-2019.pdf , Zugriff 27.9.2019

 

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1430912/5818_1524829439_03-onlineversion.pdf , Zugriff 24.5.2019

 

- LI - Landinfo (29.6.2017): Rekrutierung durch die Taliban (Afghanistan: Rekruttering til Taliban); Arbeitsübersetzung BFA, https://www.ecoi.net/en/file/local/1416499/5618_1509111275_afgh-landinfo-bericht-taliban-zwangsrekrutierung-2017-06-29-ke.PDF , Zugriff 28.8.2019

 

IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre/NRC Norwegian Refugee Council (2.2014): Still at Risk, https://www.nrc.no/globalassets/pdf/reports/still-at-risk---afghanistan.pdf , Zugriff 27.9.2019

 

IOM - International Organization for Migration (23.9.2019):

Information per E-Mail, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

 

IOM - International Organization for Migration (15.3.2019):

Afghanistan - Baseline Mobility Assessment Summary Results (October-December 2018),

https://displacement.iom.int/reports/afghanistan-—-baseline-mobility-assessment-summary-results-october—december-2018 , Zugriff 24.5.2019

 

IOM - International Organization for Migration (30.1.2019): IOM Afghanistan - Assisted Voluntary Return and Reintegration (AVRR) Annual Report 2018,

https://afghanistan.iom.int/sites/default/files/Reports/avrr_statistical_report_jan-dec_2018.pdf , Zugriff 28.5.2019

 

IOM - International Organization for Migration (2018):

Läünderinformationsblatt Afghanistan 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698612/18363835/Afghanistan_-_Country_Fact_Sheet_2018,_deutsch.pdf?nodeid=20100935&vernum=-2 , Zugriff 16.9.2019

 

IOM - International Organization for Migration (20.6.2017):

Australia Announces New Funding for Undocumented Afghan Returnees on World Refugee Day,

https://www.iom.int/news/australia-announces-new-funding-undocumented-afghan-returnees-world-refugee-day , Zugriff 24.5.2019

 

IOM - International Organization for Migration (23.5.2017):

Expansion of IOM Transit Center on Pakistan Border Increases Aid for Afghan Returnees,

https://www.iom.int/news/expansion-iom-transit-center-pakistan-border-increases-aid-afghan-returnees , Zugriff 24.5.2019

 

IOM - International Organization for Migration (o.D.): RESTART II - Reintegrationsunterstützung für Freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und Iran, https://austria.iom.int/de/restart-ii , Zugriff 28.5.2019

 

IRARA - International Returns and Reintegration Assistance (9.5.2019): ERRIN Program, https://www.irara.org/erin-sa/ , Zugriff 28.5.2019

 

Kandiwal, Wali Mohammad (9.2018): Homeland, but no land for Home - A Case Study of Refugees in Towns - Jalalabad, Nangarhar Province, Afghanistan,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Tufts+RIT+Report+Jalalabad,+Afghanistan.pdf , Zugriff 29.5.2019

 

MEMO - Middle East Monitor (10.6.2019): Iran deports 100,000 Afghan refugees due to sanctions,

https://www.middleeastmonitor.com/20190610-iran-deports-100000-afghan-refugees-due-to-sanctions/ , Zugriff 12.7.2019

 

MMC - Mixed Migration Centre (1.2019): Distant Dreams - Understanding the aspirations of Afghan returnees, http://www.mixedmigration.org/wp-content/uploads/2019/02/061_Distant_Dreams.pdf , Zugriff 24.5.2019

 

MoRR - Ministry of Refugees and Repatriations of the Islamic Republic of Afghanistan (o.D.): Statistics, http://www.morr.gov.af/index.php/en/statistics-0 , Zugriff 29.5.2019

 

ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018):

Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]

 

REU - Reuters (5.12.2018): More than 700,000 Afghans leave Iran as economy slows,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-iran-migrants/more-than-700000-afghans-leave-iran-as-economy-slows-idUSKBN1O4145 , Zugriff 12.7.2019

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (3.2015):

The Stolen Lands of Afghanistan and its People, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_land_report_2_state_land_distribution_system_final_19march15_0.pdf , Zugriff 27.9.2019

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (10.2018):

UNHCR's Support Toward the Implementation of the Solutions Strategy for Afghan Refugees - Enhancing Resilience and Co-Existence through Greater Responsibility-Sharing, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/66534 , Zugriff 24.5.2019

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (6.2008): Land Allocation Scheme,

https://www.unhcr.org/subsites/afghancrisis/48722db42/land-allocation-scheme.html , Zugriff 27.9.2019

 

UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2018): 2019 Humanitarian Needs Overview - Afghanistan, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_2019_humanitarian_needs_overview.pdf , Zugriff 28.5.2019

 

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004129.html , Zugriff 28.5.2019

 

WB - World Bank/UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (20.9.2017): Afghanistan's Forced Displacement, Legal & Policy Framework Assessment,

http://documents.worldbank.org/curated/en/117261515563099980/pdf/122556-WP-AfghanistanForcedDisplacementLegalandPolicyFrameworKAssessmentF-PUBLIC.pdf , Zugriff 27.9.2019

 

Dokumente

 

Das Personenstands- und Beurkundungswesen in Afghanistan weist gravierende Mängel auf und stellt aufgrund der Infrastruktur, der langen Kriege, der wenig ausgebildeten Behördenmitarbeiter und weitverbreiteter Korruption ein Problem dar. Von der inhaltlichen Richtigkeit formell echter Urkunden kann nicht in jedem Fall ausgegangen werden. Personenstandsurkunden werden oft erst viele Jahre nachträglich, ohne adäquaten Nachweis und sehr häufig auf Basis von Aussagen mitgebrachter Zeugen ausgestellt. Gefälligkeitsbescheinigungen und/oder Gefälligkeitsaussagen kommen sehr häufig vor (AA 2.9.2019). Sämtliche Urkunden in Afghanistan können problemlos gegen finanzielle Zuwendungen oder aus Gefälligkeit erhalten werden (ÖB 28.11.2018).

 

Des Weiteren kommen verfahrensangepasste Dokumente häufig vor. Im Visumverfahren werden teilweise gefälschte Einladungen oder Arbeitsbescheinigungen vorgelegt. Medienberichten zufolge sollen insbesondere seit den Parlamentswahlen 2018 zahlreiche gefälschte Tazkiras im Rahmen der Wählerregistrierung in Umlauf sein (AA 2.9.2019).

 

Die Beschaffung verschiedener Dokumente erfolgt dezentral auf Provinzebene und die Dokumentation weist in der Regel keine zuverlässigen Sicherheitsmerkmale auf (DFAT 18.9.2017). Personenstands- und weitere von Gerichten ausgestellte Urkunden werden zentral vom Afghan State Printing House (SUKUK) ausgestellt (ÖB 28.11.2018).

 

Auf Grundlage bestimmter Informationen können echte Dokumente ausgestellt werden. Dafür notwendige unterstützende Formen der Dokumentation wie etwa Schul-, Studien- oder Bankunterlagen können leicht gefälscht werden. Dieser Faktor stellt sich besonders problematisch dar, wenn es sich bei dem primären Dokument um eine Tazkira handelt, welches zur Erlangung anderer Formen der Identifizierung verwendet wird. Es besteht ein Risiko, dass echte, aber betrügerisch erworbene Tazkiras zur Erlangung von Reisepässen verwendet werden (DFAT 18.9.2017).

 

Die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland hat das Legalisationsverfahren von öffentlichen Urkunden aus Afghanistan wegen der fehlenden Urkundensicherheit eingestellt (DV 8.1.2019).

 

Tazkira

 

Das afghanische Bevölkerungsgesetz von 2014 beinhaltet u.a. Regelungen zur Bürgerregistrierung. Gemäß Artikel 9 des Gesetzes sollen nationale Personalausweise [Anm.: Tazkira] zum Zwecke des Identitätsnachweises und der Bevölkerungsregistrierung ausgestellt werden (NLB/NA 2014). Eine Tazkira wird benötigt, um sich als Wähler registrieren zu lassen. Erstmals in der Geschichte des Landes wurden für die Parlamentswahlen 2018 wahlberechtigte Bürger für ein bestimmtes Wahllokal registriert. Die Bestätigung der Registrierung als Wähler, die auf der Tazkira angebracht wird, beinhaltet Informationen zum Wohnort (Provinz und Distrikt) sowie zum Wahllokal. Kutschi sind nicht an ein fixes Wahllokal gebunden (AAN 27.5.2018).

 

Ein Personenstandsregisterauszug (Tazkira) wird nur afghanischen Staatsangehörigen nach Registrierung und dadurch erfolgtem Nachweis der Abstammung von einem Afghanen ausgestellt. In der Regel erfolgt der Nachweis der Abstammung durch die Vorlage der Tazkira eines Verwandten 1. Grades oder durch Zeugenerklärungen in Afghanistan (AA 2.9.2019). Einer Quelle zufolge können Frauen Tazkiras und Pässe für sich und ihre Kinder ohne die Anwesenheit eines männlichen Zeugen beantragen (RA KBL 9.5.2018).

 

In der Tazkira sind Informationen zu Vater und Großvater, jedoch nicht zur Mutter enthalten. Erst seit ca. 2014 gibt es die Möglichkeit, eine Birth Registration Card zu beantragen, in der ein konkretes Geburtsdatum und die Mutter eines Kindes genannt werden. Diese kann aber auch jederzeit nachträglich für Personen ausgestellt werden, die vor 2014 geboren wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Ausstellung daher ohne weitere Prüfung vorgenommen wird (AA 2.9.2019).

 

Tazkiras können sowohl in der Hauptstadt Kabul als auch dem jeweiligen Geburtsort in Afghanistan, nicht jedoch von afghanischen Auslandsvertretungen ausgestellt werden (AA 2.9.2019). Sie können jedoch über eine afghanische Auslandsvertretung beim afghanischen Innenministerium beantragt werden (AA 2.9.2019; vgl. AFB BER 22.10.2018), wobei ein Vertreter des Antragstellers die Tazkira in Kabul entgegennehmen und beglaubigen lassen muss, um sie dann an den Antragsteller ins Ausland zu schicken (AFB BER 22.10.2018).

 

Eintragungen in der Tazkira sind oft ungenau. Geburtsdaten werden häufig lediglich in Form von "Alter im Jahr der Beantragung", z. B. "17 Jahre im Jahr 20xx" erfasst, genauere Geburtsdaten werden selten erfasst und wenn, dann meist geschätzt (AA 2.9.2019). Insgesamt sind in Afghanistan sechs Tazkira-Varianten im Umlauf (AAN 22.2.2018). Es gibt keine einheitlichen Druckverfahren oder Sicherheitsmerkmale für die Tazkiras in A4- Format. Im Februar 2018 wurde die e-Tazkira (elektronischer Personalausweis) mit der symbolischen Beantragung u. a. durch Präsident Ghani gestartet (AAN 22.2.2018). Seit 3. Mai 2018 werden e-Tazkiras (auch electronic Tazkira) in Form einer Chipkarte ausgestellt, die Einführung läuft jedoch nur sehr schleppend (AA 2.9.2019).

 

Die Vorlage einer Tazkira ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses. Es sind Fälle bekannt, in denen afghanische Auslandsvertretungen Reisepässe nach nur oberflächlicher Prüfung ausstellten, ohne Vorlage einer Tazkira und ggf. aufgrund der Aussage zweier Zeugen. Ein derart ausgestellter Reisepass stellt daher im Gegensatz zur Tazkira nur bedingt einen Nachweis der Staatsangehörigkeit dar (AA 2.9.2019). Einige afghanische Bürger, insbesondere Frauen im ländlichen Raum, besitzen keine Tazkira (AAN 27.5.2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Juli_2019),_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (27.5.2018): The Afghanistan Election Conundrum (8): Controversies over voter registration, https://www.afghanistan-analysts.org/the-afghanistan-election-conundrum-8-controversies-over-voter-registration/ , Zugriff 10.5.2019

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (22.2.2018): The E-Tazkera Rift:

Yet another political crisis looming?, https://www.afghanistan-analysts.org/the-e-tazkera-rift-yet-another-political-crisis-looming/ , Zugriff 10.5.2019

 

AFB BER - Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Berlin (22.10.2018): Verbalnote VN-82, https://www.frsh.de/fileadmin/pdf/Aktuelles/Afgh.Botschaft_zu-Passfragen-und-Tskira_20181022.pdf , Zugriff 10.5.2019

 

DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade (18.9.2017): DFAT Country Information Report Afghanistan, https://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-afghanistan.pdf , Zugriff 3.6.2019

 

DV - Deutsche Vertretungen in Afghanistan (8.1.2019): Afghanische Urkunden/ Urkundenüberprüfung,

https://afghanistan.diplo.de/af-de/service/-/1898412 , Zugriff 3.6.2019

 

NLB/NA - National Legislative Bodies / National Authorities (2014):

Afghanistan: Law of 2014 on Registration of Population Records, http://www.refworld.org/docid/544a4c434.html , Zugriff 10.5.2019

 

ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad (28.11.2018): Auskunft per E-Mail.

 

RA KBL - Lokaler Rechtsanwalt in Kabul (9.5.2018): Auskunft per E-Mail.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu seiner familiären Situation in Afghanistan und in Österreich ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er wohne mit einer Schwester im gemeinsamen Haushalt konnte aufgrund der eingeholten Auszüge aus dem Zentralen Melderegister des Beschwerdeführers vom 12.12.2019 und dem seiner Schwester vom 07.01.2020 nicht gefolgt werden. Aus diesen Auszügen geht ein getrennter Hauptwohnsitz hervor.

 

Dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keine Probleme mit den dortigen Behörden hatte, ergibt sich aus den Angaben im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister und ins Grundversorgungssystem und den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Es obliegt dem Beschwerdeführer, die Umstände der Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus den Angaben des Beschwerdeführers lässt sich jedoch keine lineare Handlung erkennen, die objektiv geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen.

 

Der Beschwerdeführer hat keinerlei Erinnerung an Afghanistan und kann nicht schlüssig und nachvollziehbar angeben, wieso seine Familie Afghanistan verlassen hat. Vielmehr bezieht er sich auf die schwierigen Lebensumstände im Iran, die zwar glaubhaft sind, denen aber mangels Bezug zum Herkunftsland keine Asylrelevanz zukommt.

 

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er in Afghanistan niemanden mehr habe und sich dort auch nicht auskenne, dem ist entgegenzuhalten, dass er auch sich mit den Lebensumständen in Europa nicht auskennt und dennoch hat er sich in Österreich zurechtgefunden. Dies muss daher umso mehr möglich sein, da er sich mit den afghanischen Sitten und Gebräuchen auskennt, eine der üblichen Landessprachen spricht und lesen und schreiben gelernt hat. Er war auch bereits im Iran berufstätig, es wird ihm daher gelingen, eine Stelle in Afghanistan zu finden. Er ist im afghanischen Familienverband aufgewachsen und war in einer afghanischen Schule, er ist daher durchaus mit afghanischen Umgangsformen vertraut. Hinzu kommt, dass er selbst vorbringt in Österreich mit Afghanen Kontakte geknüpft zu haben und in Österreich den "Dari-Dialekt" gelernt zu haben, da er in Österreich so viel auf Dari spreche. Es wird ihm daher auch möglich sein, in Afghanistan neue Kontakte zu knüpfen und sich problemlos zu verständigen.

 

In der mündlichen Verhandlung zu seinen Fluchtgründen befragt, bringt er detaillos vor, sein Onkel väterlicherseits sei vor ca. 30 bis 35 Jahren von den Mujaheddin bedroht und getötet worden und sei seine Familie ca. vier oder fünf Jahre später in den Iran geflohen, da der Kommandant, der seinen Onkel getötet habe, nunmehr selbst ermordet worden sei und der Vater des Beschwerdeführers beschuldigt worden sei, diesen getötet zu haben. Diesbezüglich ist anzumerken, dass er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde noch vorbrachte, dass ein Angriff auf das Haus der Familie getätigt worden sei und seine Eltern deshalb ausgereist seien. Dies erwähnte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr. Der Beschwerdeführer war im gesamten Verfahren nicht in der Lage Details über die Bedrohung durch die Mujaheddin zu nennen und konnte er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde nur anführen, dass der Kommandant wahrscheinlich Nasratullah heiße. Einen tatsächlichen Vorfall über die Bedrohung durch die Mujaheddin konnte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht benennen und konnte er auch nicht glaubhaft und nachvollziehbar schildern, dass seine Familie wegen der Ermordung eines Kommandanten ausreisen musste. Es ist nicht glaubhaft und nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer keine Details über den Grund der Ausreise aus seinem Herkunftsstaat weiß, zumal er selbst vorbrachte, einige Male mit seinem Vater über eine Rückkehr nach Afghanistan gesprochen zu haben und dieser dagegen gewesen sei. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sein Vater ihm dabei nicht die genauen Gründe für die Ausreise aus Afghanistan genannt haben soll. Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen des Verfahrens mehrfach die Möglichkeit geboten, ausführliche Angaben zum Fluchtgrund zu machen, seine Angaben blieben aber stets detaillos und vage.

 

Selbst wenn die Bedrohung durch die Mujaheddin tatsächlich stattgefunden hätte, ist nicht nachvollziehbar, dass dem Beschwerdeführer nach über dreißig Jahren noch eine Verfolgung in Afghanistan drohen würde, insbesondere da er nicht in seine Herkunftsregion zurückkehren würde/ müsste, sondern in eine größere Stadt wie Kabul, Herat oder Mazar -e- Sharif. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme an, die Angreifer auf sein Haus würden überall Leute haben, doch ist es nicht glaubhaft, dass diese den Beschwerdeführer in einer größeren Stadt wie Kabul, in der nach dem Länderinformationsbericht vom 13.11.2019 über fünf Millionen Einwohner leben und es kein Meldewesen gibt, nach über dreißig Jahren finden würden. Der Beschwerdeführer war bei der Ausreise aus Afghanistan erst ein Jahr alt und seitdem nicht mehr in Afghanistan aufhältig, daher ist kein Grund ersichtlich, dass die Mujaheddin ihn noch suchen würden. Darüber hinaus ist der Vater des Beschwerdeführers, welcher für den Tod des Kommandanten beschuldigt worden sei, nunmehr verstorben. Dem Beschwerdeführer ist es im gesamten Verfahren nicht gelungen, einen glaubhaften und nachvollziehbaren Grund zu nennen, warum die Mujaheddin ihn in ganz Afghanistan nach einer so langer Zeit noch suchen oder töten würden.

 

Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer auf explizites Nachfragen, warum er nicht zurück nach Afghanistan gehen könne, an, er habe keine Dokumente und sei sein Vater dagegen gewesen. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung geht hervor, dass der Beschwerdeführer mangels Vorliegens einer Tazkira nicht nach Afghanistan zurückkehren wolle. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er müsse mit seinem Vater in sein Geburtsdorf zurückkehren, um eine Tazkira zu erhalten, geht aus dem Länderinformationsbericht vom 13.11.2019 hervor, dass eine Tazkira auch in der Hauptstadt Kabul erhältlich ist und über eine afghanische Auslandsvertretung beim afghanischen Innenministerium beantragt werden kann. Für die Ausstellung wird die Vorlage einer Tazkira eines Verwandten 1. Grades oder eine Zeugenerklärung benötigt, die Anwesenheit seines Vaters, der bereits verstorben ist, ist daher nicht erforderlich. Aus dem Länderinformationsbericht vom 13.11.2019 ergibt sich weiters, dass die Tazkira zum Zwecke des Identitätsnachweises und der Bevölkerungsregistrierung ausgestellt werden, diese wird benötigt, um sich als Wähler registrieren zu lassen. Aus diesem Länderinformationsbericht geht nicht hervor, dass in Afghanistan per se eine Tazkira benötigt wird. Den Angaben des Beschwerdeführers über die Unmöglichkeit der Rückkehr nach Afghanistan mangels Vorliegens einer Tazkira kann somit nicht gefolgt werden.

 

Der Beschwerdeführer bringt im Laufe des Verfahrens durchgehend vor, sein Vater sei dagegen gewesen, dass der Beschwerdeführer nach Afghanistan zurückkehre. Er konnte im Verfahren aber keinen nachvollziehbaren Grund vorbringen und führte er als private Probleme bei Rückkehr insbesondere den Nichtbesitz einer Tazkira an. Eine tatsächliche Verfolgung bei Rückkehr nach Afghanistan bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, im Verfahren widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben zu tätigen, warum er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne.

 

Aus den Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren lässt sich ableiten, dass er 2015 den Iran verlassen habe, da er keinen Aufenthaltstitel gehabt hat und gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst an, dass er sich Österreich ausgesucht hat und "ein ruhiges Leben haben" wollte. Daraus und aus seinen unschlüssigen und unglaubhaften Angaben lässt sich schließen, dass er keine Fluchtgründe bezüglich Afghanistan aufweisen kann, sondern nur die "offenen Grenzen" nutzte, um nach Europa zu reisen.

 

Dabei ist festzuhalten, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Befragung auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich schlüssiger Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit der Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ist nicht glaubhaft, zumal es zum einen widersprüchlich und vage ist. Der Beschwerdeführer führt sein Vorbringen zu seinen Fluchtgründen oberflächlich aus und konkretisierte dies trotz wiederholter Nachfragen zu keinem Zeitpunkt. Der Beschwerdeführer wurde mehrmals aufgefordert, konkrete Angaben zu machen - die Antworten entbehrten jedoch weiterhin jeglicher detaillierter Angaben.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261 mwH). Dabei wird nicht verkannt, dass sich die Angaben in der Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen haben (vgl. VfGH 27.06.2012, U 98/12) und auch auf das Alter, den Entwicklungsstand und die psychische Gesundheit des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen ist. Wie oben angeführt, hat der Beschwerdeführer in der Erstbefragung gar keine konkrete gegen sich gerichtete individuelle Verfolgungshandlung vorgebracht, sondern lediglich vorgebracht, dass sein Onkel vor 32 Jahren getötet worden sei, da er Mädchen unterrichtet habe.

 

Das erkennende Gericht geht folglich angesichts des sehr oberflächlich gehaltenem Vorbringens des Beschwerdeführers in zentralen Punkten unter Einbeziehung des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Unglaubwürdigkeit der Angaben zum Fluchtgrund und davon aus, dass die angeblichen (fluchtauslösenden) Ereignisse in der geschilderten Form in Wahrheit nicht stattgefunden haben und die behauptete Bedrohung durch die Mujaheddin tatsächlich nicht besteht. Es kann dem Beschwerdeführer nicht geglaubt werden, dass er über dreißig Jahre nach dem behaupteten Vorfall mit seinem Onkel und dem Tod des Kommandanten von den Mujaheddin in ganz Afghanistan noch gesucht oder gefunden werden würde.

 

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig anzusehen, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

 

Der Beschwerdeführer hat zusammengefasst kein substantiiertes nachvollziehbares Vorbringen dahingehend erstattet, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt wäre. Aus den äußerst vagen Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren lässt sich nicht auf eine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers schließen. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass er oder ein Familienmitglied eine persönliche Feindschaft in Afghanistan hatte bzw. hat. Eine individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers als Familienangehöriger seines Vaters lässt sich aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers diesbezüglich nicht ableiten. Er brachte auch im gesamten Verfahren nicht vor, dass gerade er als Sohn seines Vaters gesucht und verfolgt oder getötet werden würde.

 

Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers auf die schwierigen Lebensumstände im Iran aufhältiger Afghanen bezieht, so ist ihm entgegen zu halten, dass dieses Vorbringen zwar glaubhaft ist und der Beurteilung zu Grunde gelegt wird, dass aber

 

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auf Grund der afghanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit sein Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

 

Die Feststellungen zur zukünftig erwartbaren (existenziellen) Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, den obigen Länderberichten und aus den Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer kann in Kabul, Herat oder Mazar- e - Sharif Arbeit als Schweißer oder Hilfsarbeiter suchen. Folglich kann im konkreten Fall davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht in eine derart ausweglose Lage geraten würde, die ihm jegliche Existenzgrundlage entzieht.

 

Wie oben festgestellt, ist der Beschwerdeführer ausreichend gesund, verfügt über eine Schulbildung und Berufserfahrung und ist im erwerbsfähigen Alter. In Kabul, Mazar-e-Sharif oder Herat ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb Kabul existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Die afghanische Regierung behält jedoch die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungsgebäude) oder NGO¿s ereignen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul als ausreichend sicher zu bewerten ist.

 

Dem Beschwerdeführer ist es auch nicht gelungen darzulegen, dass er aus in seiner Person gelegenen individuellen Gründen (auch in Verbindung mit Konfession und/oder Volksgruppenzugehörigkeit) in Afghanistan Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Dass der Beschwerdeführer durch den Aufenthalt im Iran einen Lebenswandel angenommen habe, der sich im Vergleich zu jenem in Afghanistan üblichen generell als "westlich" oder "liberal" abhebt, kann angesichts der notorischen politisch-ideologischen Verfasstheit des Iran ausgeschlossen werden. Schließlich würde auch sein Status als "Rückkehrer" für kein erkennbar erhöhtes Gefährdungspotenzial sorgen. Den Feststellungen betreffend die Situation von Rückkehrern nach Afghanistan wurde gleichfalls in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten - allein UNHCR hat in den vergangenen 10 Jahren die Rückkehr von rund 3,5 Millionen Afghanen unterschiedlichster ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeit begleitet. Dies wäre undenkbar, wenn es nur halbwegs schlüssige Hinweise auf eine generelle Verfolgung dieser Personengruppe gäbe.

 

Die fallbezogenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, sowie den EASO-Bericht ‚Country Guidance: Afghanistan' von Juni 2019, die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 und beruhen auf einer Vielzahl von jeweils angeführten verschiedenen, voneinander unabhängigen Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen. In ihrer Kernaussage bieten diese Dokumentationen ein stimmiges und einheitliches Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche und besteht daher für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der darin getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

 

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. So hat sich insbesondere auch seit der Verhandlung auf Basis der aktuellen Quellenlage, vor allem der aktualisierten Version des Länderinformationsblatts vom 13.11.2019, die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht wesentlich verändert beziehungsweise nicht in einer Weise oder in einem Ausmaß verändert, die für den Beschwerdeführer asylrechtlich von Relevanz wäre beziehungsweise für die Frage der Schutzgewährung entscheidungswesentlich wäre.

 

Die Ausführungen und Einwände des Beschwerdeführers waren nicht geeignet, den zu Grunde gelegten Länderfeststellungen und Quellen substantiiert entgegenzutreten und diese nachhaltig zu erschüttern.

 

Es wird nicht verkannt, dass laut den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschen- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar sei; dies schließt aber nicht aus, dass eine solche unter gewissen Umständen doch möglich sein kann (vgl. dazu auch die Einschätzung als rechtliche Beurteilung unter 3.2.3.1.).

 

Unter Bezugnahme auf den EASO-Leitfaden, auf den UNHCR tragend verweist, ergibt sich eine differenzierte Einschätzung zur (Sicherheits‑)Situation in der Stadt Kabul. Grundsätzlich trifft der EASO-Leitfaden hinsichtlich willkürlicher Gewalt eine dreiteilige Einschätzung (vgl. EASO-Leitfaden Juni 2019). Kabul zählt zu Landesteilen, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der/die Antragsteller/in ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er/sie aufgrund seiner/ihrer persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist.

 

Hinsichtlich einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts trifft EASO die Einschätzung, dass eine reale Gefahr eines solchen ernsthafter Schaden allenfalls nur bei Hinzutreten weiterer, konkreter persönlicher Umstände anzunehmen ist. Ein solches Profil ist aber beim Beschwerdeführer - wie bereits dargelegt - nicht gegeben.

 

In Kabul Stadt geht nach zusammenschauender Würdigung des Berichtsmaterials und der Einschätzungen von UNHCR und EASO nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich konkret in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellen würde. Das Vorherrschen eines so hohen Niveaus an willkürlicher Gewalt, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson, die an alltäglichen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten teilnimmt, wäre generell und allein aufgrund ihrer Anwesenheit dem realen Risiko einer ersthaften individuellen Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit ausgesetzt, wie UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018, S. 127 f andeutet, ist für das erkennende Gericht aus den Länderberichten insgesamt in Zusammenschau mit den individuellen Verhältnissen des Beschwerdeführers nicht ableitbar und konnte auch durch die aktualisierte Version des Länderinformationsblatts vom 13.11.2019, wonach die Zahl der zivilen Opfer in Kabul Stadt im gesamten Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr zwar angestiegen ist (UNAMA 24.2.2019), in den letzten Monaten des Jahres 2018 bis November die Selbstmordanschläge aber um 37% zurückgegangen sind, was möglicherweise auf erfolgreiche Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad zurückzuführen ist (SIGAR 30.1.2019), nicht manifestiert werden.

 

Die Grundversorgung ist in Afghanistan generell - und so insbesondere auch in der Stadt Mazar e Sharif bzw. in Herat - grundlegend gesichert. Zwar ist die Situation, insbesondere in Herat, wegen der Zahl der Binnenvertriebenen und der Dürre im Jahr 2018 sowie der notorischen jüngeren Überflutungen in einzelnen Distrikten der Provinz Herat angespannt. Der aktuellen Quellenlage ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in Mazar-e Sharif oder Herat generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre. Auch aus den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 ist nicht ableitbar, dass aus diesem Grund eine Rückkehr generell nicht in die genannten Städte möglich ist. (vgl. dazu auch die Erwägungen unter Pkt. 3.2.3.2.)

 

Insgesamt zeigt die Quellenlage keine Situation insbesondere in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat auf, welche generell einer Rückkehr entgegenstehen würde, dies auch unter Berücksichtigung der UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018 (vgl. dazu die rechtliche Beurteilung).

 

Es wird nicht verkannt, dass sich die Lage für Rückkehrer aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Afghanistan als durchaus schwierig erweisen und für Rückkehrer ohne soziales Netzwerk eine besondere Herausforderung darstellen kann, jedoch kann, wie dargetan, auf Basis der Berichtslage nicht davon ausgegangen werden, dass eine Rückkehr nach Afghanistan allgemein nicht zugemutet werden kann und für jeden Rückkehrer eine existenzbedrohende Situation entsteht.

 

Wenn sich der Rechtsvertreter in der mündlichen Verhandlung darum bemüht, eine "westliche Lebensweise" des Beschwerdeführers aufzuzeigen, in dem er ihn fragt, ob er Alkohol und Schweinefleisch esse, so wird dazu angemerkt, dass dies erst thematisiert wurde, als er von seinem Rechtsberater dezidiert darauf angesprochen wurde und nicht geeignet ist, aufzuzeigen, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr nicht mehr möglich sei. Er hat bereits manchmal im Iran, wo Alkohol verboten ist, Alkohol konsumiert und dass er - vielleicht -Schweinefleisch gegessen hat, zeigt auch noch keine "westliche Orientierung" auf. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine Anpassung an die österreichischen Gegebenheiten handelt und dies in Afghanistan wohl niemand erfahren wird. Abgesehen davon ist es notorisch, dass auch Moslems Alkohol trinken, obwohl dies grundsätzlich verboten ist.

 

Ein besonders intensives Familienleben mit seiner Schwester konnte er nicht glaubhaft machen, dass er sie unterstützt, da diese vier Kinder hat, ist löblich, aber nicht unabdingbar. Abgesehen davon, dass eine Schwester in Innsbrick lebt und die andere, die er wohl meinte, in Wien lebte, in ihrer mittlerweile stattgefundenen Verhandlung allerdings nichts davon erwähnte, dass ihr Bruder ihr helfe. Die Schwester ist verheiratet und gab an, dass ihr Mann ihr hilft. Es besteht auch erst seit kurzem ein gemeinsamer Wohnsitz.

 

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in die Städte Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat möglich und zumutbar ist, ergibt sich zunächst daraus, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens nicht glaubhaft machen konnte, dass er im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt wäre.

 

Dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat möglich und zumutbar ist, basiert auf einer Zusammenschau der länderspezifischen Feststellungen und den beim Beschwerdeführer vorliegenden persönlichen Umständen. Diesbezüglich sind insbesondere auch seine Sprachkenntnisse und seine Arbeitserfahrung als Schweißer im Iran zu berücksichtigen. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso er in Kabul, Mazar-e Sharif oder in Herat nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden. Er könnte in allen drei Städten seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse befriedigen und würde nicht in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Lage geraten. Der Beschwerdeführer findet in diesen Städten zwar kein soziales Netzwerk vor, jedoch weist der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer keine besondere Vulnerabilität auf.

 

Zur Erleichterung seiner Rückkehr könnte der Beschwerdeführer zudem eine finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, die zumindest in der ersten Zeit als Überbrückung dienen kann, bis er eine Arbeit gefunden hat.

 

Zusammengefasst ergibt sich unter Zugrundelegung der in den Feststellungen wiedergegebenen Länderberichte unter dem Aspekt der Sicherheitslage weder in Kabul noch Mazar-e Sharif oder Herat eine besondere Gefährdungssituation für den Beschwerdeführer; auch hinsichtlich der Versorgunglage in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat wurde keine Situation aufgezeigt, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers dorthin grundsätzlich entgegenstehen würde.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan bzw. zur besonderen Situation in der Stadt Kabul, Mazar-e-Sharif, Herat und in der Provinz Kapisa beruhen auf den angeführten Quellen. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." (vgl. VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.6.2010, U 613/10).

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031; 6.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 28.5.2009, 2008/19/1031. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.2.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793¿19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101).

 

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

 

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in seinem Herkunftsstaat glaubhaft darzutun, war der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 AsylG 2005 abzuweisen. Erachtet nämlich die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers als bereits abstrakt nicht asylrelevant und hinsichtlich der behaupteten Verfolgungshandlungen in Afghanistan auch als nicht glaubhaft.

 

Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubhaftigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf die Fluchtgründe aus einer Gesamtschau der Angaben im Verfahren, insbesondere aber auch aufgrund des Verlaufes und des Eindrucks in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Zudem konnte entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser nach einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen bzw. Bedrohungssituationen ausgesetzt wäre.

 

Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Die allgemeine Situation in Afghanistan sei nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12. Jänner 2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u. a., Nr. 46 856/07). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt, reicht auch der Verlust (oder die Schwierigkeit der Beschaffung) eines Arbeitsplatzes nicht aus, eine Asylgewährung zu begründen, solange damit nicht eine ernsthafte Bedrohung der Lebensgrundlage verbunden ist (VwGH 19.06.1997, 95/20/0482; vgl. 28.05.1994, 94/20/0034). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

 

Eine gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr auf Grund der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe wurde von dem Beschwerdeführer bei der Antragstellung explizit verneint. Im Verlauf der niederschriftlichen Einvernahme verneinte der Beschwerdeführer jegliche Probleme in Afghanistan, die nicht in Zusammenhang mit den Problemen seines Vaters stehen. Konkrete Hinweise auf eine Gefahr der Verfolgung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat Afghanistan sind im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde und in der Beschwerde nicht hervorgekommen. Schließlich sind im Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

 

Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention im Herkunftsstaat glaubhaft darzutun, war der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 AsylG 2005 abzuweisen.

 

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Hinsichtlich der Bezugspunkte bei der Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 13.09.2013, U370/2012 Folgendes ausgeführt: "Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013, U1674/12; 12.06.2013, U2087/2012)."

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. April 2017, Ra 2017/01/0016, zur Prüfung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Folgendes ausgeführt:

 

"Nach der ständigen Rechtsprechung ist bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr (‚real risk') einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036, und VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0063, jeweils mwN).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. dazu VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mit Hinweisen auf Rechtsprechung des EGMR und EuGH).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits wiederholt mit dem Kriterium nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer realen Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung durch eine Rückkehr nach Afghanistan auseinandergesetzt (vgl. etwa VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0067; 18.7.2019, Ra 2019/19/0197; 30.9.2019, Ra 2018/01/0068, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. ausführlich zu Art. 3 EMRK als Prüfmaßstab für § 8 Abs. 1 AsylG 2005 VwGH 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, insb. Rn. 27).

 

Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. auf die ständige Judikatur des EGMR verwiesen, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa jüngst VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0068; sowie aus der ständigen Rechtsprechung des EGMR 8.10.2019, R.K./Russland, 30.261/17, Z 46;

s. aber auch EGMR (GK) 23.3.2016, F.G./Schweden, 43.611/11, Z 120;

(GK) 23.8.2016, J.K./Schweden, 59.116/12, Z 91 f, jeweils mwN).

 

In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren, zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des EGMR ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Es reicht für den Antragsteller nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen. Die allgemeine Situation in Afghanistan ist nämlich nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. VwGH Ra 2018/01/0068; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN)."

 

Nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 MRK darstellen würde - obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

 

Im Hinblick auf das Vorliegen einer allgemein prekären Sicherheitslage hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung von EGMR und EuGH - zum Vorliegen eines realen Risikos iSd Art. 3 EMRK ausgesprochen, dass diese Voraussetzung nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") erfüllt ist. In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa erneut VwGH Ra 2018/01/0068; und jüngst EGMR 19.11.2019, T.K. and S.R./Russland, 28.492/15, 49.975/15, Z 79).

 

Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfordert im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül insbesondere nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (Hinweis E vom 8. September 1999, 98/01/0614, mwN) sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit (vgl. Art. 8 der Statusrichtlinie). (VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/20/0233 u.a.)

 

Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, so wird dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein.

 

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne.

 

Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118).

 

In den aktuellen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 äußert UNHCR angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage sowie der menschenrechtlichen und humanitären Situation in Kabul die Auffassung, dass eine interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative in dieser Stadt "generell" nicht zur Verfügung stehe (arg. S. 114:

"UNHCR considers that given the current security, human rights and humanitarian situation in Kabul, an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA) is generally not available in the city.").

 

UNHCR änderte damit in Relation zu den Richtlinien vom 19.04.2016 seine Schlussfolgerung zur Relevanz und Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative in der Stadt Kabul, dies auf Basis der (sofern nichts anderes angegeben) dem UNHCR am 31.05.2018 bekannten Informationen (vgl. FN 2 auf S. 5 der Richtlinien).

 

Nach den aktuellen Richtlinien vom 30.08.2018 ist UNHCR außerdem vor dem näher dargestellten Hintergrund der Ansicht, dass eine vorgeschlagene innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative nur sinnvoll möglich (und zumutbar) ist, wenn die Person Zugang zu Unterkünften, grundlegenden Dienstleistungen, wie Sanitärversorgung, Gesundheitsversorgung und Bildung sowie Möglichkeiten für den Lebensunterhalt oder nachgewiesene und nachhaltige Unterstützung für den Zugang zu einem angemessenen Lebensstandard hat. Darüber hinaus hält UNHCR eine innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative nur für zumutbar, wenn die Person Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk von Mitgliedern ihrer (erweiterten) Familie oder Mitgliedern ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft in der Gegend der potenziellen Umsiedlung hat, die beurteilt wurden, bereit und in der Lage zu sein, dem Antragsteller in der Praxis echte Unterstützung zu leisten.

 

Das europäische Asyl- Unterstützungsbüro EASO geht in seiner Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018 [in Folge: "EASO-Länderleitfaden Afghanistan"], abrufbar hier:

https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf , vgl. dort S. 30) generell davon aus, dass in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif interne Schutzalternativen für "Single able-bodied adult men" als zumutbar angesehen werden können, auch wenn der Antragsteller in der jeweiligen Region kein unterstützendes Netzwerk hat. Obwohl die Situation in Bezug auf die Ansiedlung in den drei Städten mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist, kann, so der Leitfaden, dennoch der Schluss gezogen werden, dass diese Antragsteller ihren Lebensunterhalt, Unterkunft und Hygiene unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ihre individuellen Umstände keine zusätzlichen Vulnerabilitäten darstellen, gewährleisten können.

 

§ 11 Abs. 1 AsylG 2005 legt als Voraussetzungen für die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative fest, dass dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist nach dem zweiten Satz dieser Norm gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

Mit dieser Norm macht der österreichische Asylgesetzgeber von der in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) eröffneten Möglichkeit Gebrauch, dem Asylwerber keinen internationalen Schutz zu gewähren, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht (lit. a) oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Art. 7 Statusrichtlinie hat (lit. b), und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

 

§ 11 AsylG 2005 unterscheidet nach seinem klaren Wortlaut zwei getrennte und selbständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative. Zum einen ist zu klären, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist. Demgemäß verbietet sich die Annahme, der Schutz eines Asylwerbers sei innerstaatlich zumindest in einem Teilgebiet gewährleistet, jedenfalls dann, wenn in dieser Region Verhältnisse herrschen, die Art. 3 EMRK widersprechen.

 

Zum anderen setzt die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraus, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes ist daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die Art. 3 EMRK widersprechen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen.

 

Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen.

 

In der internationalen Literatur wird zwar am Erfordernis der "Zumutbarkeit" bei der Prüfung des internen Schutzes von Asylwerbern vereinzelt Kritik geübt (vgl. etwa Hathaway/Foster, The Law of Refugee Status2 (2014), 350 ff). Das Kriterium der Zumutbarkeit ist ungeachtet dessen in der Staatenpraxis vielfach anerkannt, findet sich - wie dargestellt - sowohl im einschlägigen Unionsrecht als auch im österreichischen nationalen Recht und wird vom UNHCR in seinen Auslegungshilfen zur Genfer Flüchtlingskonvention angeführt (vgl. insbesondere die Richtlinien des UNHCR zum internationalen Schutz Nr. 4 "Interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative" vom 23. Juli 2003 (im Folgenden: Richtlinien Nr. 4)).

 

Nach allgemeiner Auffassung soll die Frage der Zumutbarkeit danach beurteilt werden, ob der in einem Teil seines Herkunftslandes verfolgte oder von ernsthaften Schäden (iSd Art. 15 Statusrichtlinie) bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen kann (vgl. etwa UNHCR Richtlinien Nr. 4., Rz 22 ff; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie (2009), 226 ff).

 

Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005; vgl. auch die im Wesentlichen gleichlautenden Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie).

 

Marx (a.a.O., 227) argumentiert, die zentrale Frage laute, ob bei Berücksichtigung sämtlicher konkreter Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten vom Asylwerber vernünftigerweise verlangt werden könne, einen anderen Ort innerhalb seines Herkunftslandes aufzusuchen. Der dort zur Verfügung stehende Schutz müsse angemessen und erreichbar sein. Zusätzlich zu konkreten Sicherheitsfragen erfordere dies eine Berücksichtigung grundlegender ziviler, politischer und sozioökonomischer Rechte. Kontroversen kämen indes auf, wenn es um konkrete Fragen, wie etwa den Zugang zu angemessenen Arbeitsmöglichkeiten und um soziale Unterstützung gehe. Insoweit bestehe lediglich Übereinstimmung, dass die soziale und wirtschaftliche Existenz am Ort der innerstaatlichen Schutzalternative sichergestellt sein müsse.

 

Der UNHCR formuliert in seinen Richtlinien Nr. 4, Rz 24 ff, dass die Beantwortung der Frage, ob dem Asylwerber ein Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet des Herkunftsstaates zugemutet werden kann, von mehreren Faktoren abhängt. Dazu müssten die persönlichen Umstände des Betroffenen (einschließlich allfälliger Traumata infolge früherer Verfolgung), die Sicherheit, die Achtung der Menschenrechte und die Aussichten auf wirtschaftliches Überleben in diesem Gebiet beurteilt werden. Zum Aspekt des wirtschaftlichen Überlebens führt der UNHCR u.a. aus, dass ein voraussichtlich niedrigerer Lebensstandard oder eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation keine ausreichenden Gründe seien, um ein vorgeschlagenes Gebiet als unzumutbar abzulehnen. Die Verhältnisse in dem Gebiet müssten aber ein für das betreffende Land relativ normales Leben ermöglichen. Wäre eine Person in dem Gebiet etwa ohne familiäre Bindungen und ohne informelles soziales Netzwerk, sei eine Neuansiedlung möglicherweise nicht zumutbar, wenn es der Person nicht auf andere Weise gelingen würde, ein relativ normales Leben mit mehr als dem bloßen Existenzminimum zu führen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hält fest, dass die Frage der Sicherheit des Asylwerbers in dem als innerstaatliche Fluchtalternative geprüften Gebiet des Herkunftsstaates selbstverständlich wesentliche Bedeutung hat. Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, so wird dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein.

 

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118).

 

Dem ist lediglich hinzuzufügen, dass bei dieser Sichtweise dem Kriterium der "Zumutbarkeit" neben jenem der Gewährleistung von Schutz vor Verhältnissen, die Art. 3 EMRK widersprechen, durchaus Raum gelassen wird. Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr - im Sinne des bisher Gesagten - möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

 

Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. dazu nochmals VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118, mwN). (VwGH vom 23.01.2018, Ra 2018/18/0001)

 

Die Beurteilung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach den Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Antragstellenden erfolgen (vgl. S. 122). Die UNHCR-Richtlinien stehen damit zu den differenzierenden Prüfkriterien nach den EASO-Guidelines nicht im Widerspruch.

 

So heißt es in den EASO-Guidelines vom Juni 2019 (S. 139) wörtlich:

 

"Afghan nationals who resided outside of the country over a prolonged period of time may lack essential local knowledge necessary for accessing basic subsistence means and basic services. An existing support network could also provide the applicant with such local knowledge. The background of the applicant, including their educational and professional experience and connections, as well as previous experience of living on their own outside Afghanistan, could be relevant considerations.

 

For applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time, IPA [Internal Protection Alternative] may not be reasonable if they do not have a support network which would assist them in accessing means of basic subsistence."

 

Nach diesen Richtlinien kann eine innerstaatliche Fluchtalternative für Antragsteller, die außerhalb Afghanistans geboren wurden und/oder dort sehr lange Zeit gelebt haben, nicht zumutbar sein, wenn sie über kein unterstützendes Netzwerk verfügen, das ihnen dabei hilft, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Richtlinien verweisen darauf, dass bei der Prüfung der Zumutbarkeit der persönliche Hintergrund der betroffenen Person, insbesondere deren Selbständigkeit, die vorhandene Ausbildung und allfällige Berufserfahrungen, ins Kalkül gezogen werden müssen.

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden kann, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren worden ist, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen ist (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0160; 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 124).

 

Daraus folgt, dass eine spezifische Vulnerabilität nach der zitierten Rechtsprechung auch nicht allein dadurch begründet wird, dass der Mitbeteiligte im Iran aufgewachsen ist (vgl. VwGH 7.3.2018, Ra 2018/18/0103; 29.5.2018, Ra 2018/20/0146; 10.9.2018, Ra 2018/19/0312; 28.3.2019, Ra 2018/14/0067; 7.5.2019, Ra 2019/20/0144; 27.5.2019, Ra 2019/14/0153; 17.6.2019, Ra 2018/20/0500; mwN).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 2017, E 2068/2017, ausgesprochen, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er - wie im entschiedenen Fall - nicht in Afghanistan geboren worden sei, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan habe, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen sei.

 

In seinem jüngsten Erkenntnis vom 12. Dezember 2019, E 3369/2019, hat der VfGH darauf hingewiesen, dass die Country-Guidance des EASO aus Juni 2018 (die aktuellere Fassung aus Juni 2019 enthält keine hier relevanten Neuerungen) von dieser Beurteilung ausdrücklich jene Gruppe von Rückkehrern ausnimmt, die entweder außerhalb Afghanistans geboren wurden oder lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben (S 109):

 

Aus dem Bericht des EASO geht sohin hervor, dass für die genannte Personengruppe eine innerstaatliche Fluchtalternative dann nicht in Betracht komme, wenn am Zielort der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kein Unterstützungsnetzwerk für die konkrete Person vorhanden sei, das sie bei der Befriedigung grundlegender existenzieller Bedürfnisse unterstützen könnte, und dass es einer Beurteilung im Einzelfall unter Heranziehung der folgenden Kriterien bedürfe:

Unterstützungsnetzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person bzw. Verbindungen zu Afghanistan sowie sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund (insbesondere Bildungs- und Berufserfahrung, Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans).

 

Hierzu wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über Berufserfahrung verfügt, eine der üblichen Landessprachen spricht und auch im Gegensatz zu Afghanen, die innerhalb Afghanistans in einen anderen Landesteil übersiedeln, keine schlechteren Chancen hat, sich in einer Großstadt zurechtzufinden. Es ist ihm gelungen, in Österreich Kontakt zu Afghanen zu knüpfen, dies wird ihm auch in Afghanistan gelingen. Er ist im afghanischen Familienverband aufgewachsen und mit den afghanischen Sitten und Gebräuchen vertraut. ER hat sich auch in Österreich eine afghanische Freundin ausgesucht, daher sucht er aktiv Kontakt zu afghanischen Landsleuten.

 

Weiters ist festzuhalten, dass die Städte Mazar-e Sharif und Herat jeweils über einen mehrere Kilometer außerhalb der Stadt gelegenen internationalen Flughafen verfügen, der untertags sicher erreichbar ist (siehe dazu das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018; vgl. auch die dahingehenden Ausführungen unter Pkt. V. der EASO Country Guidance von Juni 2018). Beide Städte sind daher ohne unangemessene Schwierigkeiten und ersthaften Risiken erreichbar.

 

Sowohl bei der Stadt Mazar-e Sharif als auch bei der Stadt Herat handelt es sich folglich um Orte, an denen die willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass es im Allgemeinen für Zivilisten nicht geradezu wahrscheinlich erscheint, dass sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein werden.

 

Zur Versorgungslage:

 

Hinsichtlich der in den Städten Mazar-e Sharif und Herat bestehenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen und unter Berücksichtigung des sonstigen ins Verfahren eingebrachten Berichtsmaterials Folgendes auszuführen:

 

Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts keineswegs verkannt, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist und dass Personen, die sich ohne jegliche familiäre oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte, Fachausbildung oder finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten durch Dritte in den beiden genannten Städten ansiedeln, mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sein werden.

 

Allerdings ist aus den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten ableitbar, dass die Stadt Mazar-e Sharif sich wirtschaftlich gut entwickelt. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Auch hinsichtlich Herat ist aus den Länderberichten ableitbar, dass es sich um eine relativ entwickelte Provinz Afghanistans handelt, in der im Harirud-Tal Baumwolle, Obst sowie Ölsaat angebaut werden und in der Safran produziert werden soll, was wiederum zu Arbeitsplätzen führen soll, und dass die Wirtschaftslage vergleichsweise gut ist.

 

Laut den Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 ist eine interne Schutzalternative u.a. nur dann zumutbar, wenn die betroffene Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, die betroffene Person tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis stellen alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne besondere Gefährdungsfaktoren dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen.

 

EASO prüft in seiner Country Guidance von Juni 2019 spezielle Personenprofile im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative in den afghanischen Städten Mazar-e Sharif, Herat und Kabul. Dabei kommt EASO für das Personenprofil der Antragsteller, welche außerhalb von Afghanistan geboren sind bzw. über einen sehr langen Zeitraum im Ausland gelebt haben, zum Ergebnis, dass diesen eine interne Schutzalternative in diesen Städten dann nicht zumutbar sein könnte, wenn sie dort über keinerlei Unterstützungsnetzwerk verfügen, das ihnen bei der Bestreitung ihres Lebensunterhalts behilflich sein könnte. Diesbezüglich ist bei der Prüfung auf folgende Teilaspekte Bedacht zu nehmen: Vorhandensein eines Unterstützungsnetzwerks, Ortskenntnisse und sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund des Antragstellers.

 

Im Hinblick auf diese Ausführungen betonen sowohl UNHCR als auch EASO, dass diese immer vor dem Hintergrund einer Einzelfallprüfung zu verstehen sind.Unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art 3 EMRK iVm § 8 AsylG darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v. United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03). Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen von dem Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden bzw. detailliert und konkret dargelegt werden, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.05.2016; Ra 2016/19/0036; 08.09.2016, Zl. Ra 2016/20/0063).

 

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu der persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen auch keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in den Herkunftsstaat Afghanistan.

 

Nach den Ergebnissen des Verfahrens vor dem Bundesamt und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht muss - wie bereits oben ausgeführt - davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer weder aus "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Asylgründe sein Heimatland verlassen hat, noch dass er im Falle ihrer Rückkehr einer "realen Gefahr" iSd Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre, die subsidiären Schutz notwendig machen würde.

 

Dass es sich sowohl bei der Frage, ob im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, als auch bei der Frage der Zumutbarkeit einer in Betracht kommenden innerstaatlichen Fluchtalternative jeweils um eine rechtliche Beurteilung handelt, welche freilich in den Feststellungen Deckung finden muss, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt (vgl. etwa VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 21.03.2018, Ra 2017/18/0372; 02.08.2018, Ra 2017/19/0229). Diese rechtliche Beurteilung kann durch die Richtlinien des UNHCR (ebenso wenig wie durch den dem Verfahren zugrunde gelegten EASO-Bericht, der zu einem anderen Schluss kommt als UNHCR) nicht vorweggenommen werden.

 

Auf Basis der bereits dargestellten Judikatur des EGMR, des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs führt aufgrund des festgestellten Sachverhalts die Prüfung der maßgeblichen Kriterien daher entgegen der allgemeinen Einschätzung des UNHCR und in Übereinstimmung mit dem EASO-Leitfaden im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer bei Inanspruchnahme der innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul keine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte droht und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Wie schon beweiswürdigend dargelegt, erachtet das erkennende Gericht das Vorherrschen eines so hohen Niveaus an willkürlicher Gewalt, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson, die an alltäglichen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten teilnimmt, wäre generell und allein aufgrund ihrer Anwesenheit dem realen Risiko einer ersthaften individuellen Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit in Kabul ausgesetzt, wie UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018, S. 127 f andeutet, auf Basis der vorliegenden Quellenlage insgesamt in Zusammenschau mit den individuellen Verhältnissen des Beschwerdeführers als nicht gegeben und kann die Einschätzung einer solchen Situation in dieser Allgemeinheit auch der höchstgerichtlichen Judikatur bis dato nicht entnommen werden.

 

Die Inanspruchnahme innerstaatlicher Fluchtalternative in Kabul ist dem Beschwerdeführer auch zumutbar, da es ihm möglich ist, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten dort Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden kann, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren worden ist, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen ist (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0160; 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 124).

 

Unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art 3 EMRK iVm § 8 AsylG darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v. United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03). Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen von dem Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden bzw. detailliert und konkret dargelegt werden, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.05.2016; Ra 2016/19/0036; 08.09.2016, Zl. Ra 2016/20/0063).

 

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass sich aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen und den in das Verfahren einfließenden sonstigen Informationen für das erkennende Gericht ergibt, dass es sich bei der Provinz Kapisa um eine relativ volatile Provinz in Afghanistan handelt und eine allfällige Rückführung des Beschwerdeführers in diese Region mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden ist, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin nicht zugemutet werden kann.

 

Dem Beschwerdeführer wäre eine Ansiedelung in Mazar-e-Sharif und in Herat auch ohne vorhandene soziale Kontakte möglich, da er in einem afghanischen Familienverband aufwuchs, eine afghanische Schule besuchte und mit den generellen Strukturen und den landestypischen sozialen Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut ist. Darüber hinaus pflegt der Beschwerdeführer in Österreich auch rege Kontakte zu anderen Afghanen und zu seiner in Österreich lebenden Schwester mit ihrer Familie, sodass davon auszugehen ist, dass er sich in Afghanistan integrieren kann.

 

Was die Reise in Gebiete außerhalb der Hauptstadt Kabul betrifft, ist auszuführen, dass angesichts der auf den meisten Hauptverkehrsrouten gestiegenen Unsicherheit grundsätzlich zwar nicht erwartet werden kann, dass afghanische Staatsangehörige von Kabul aus auf dem Landweg durch unsichere Gebiete reisen müssen, um ihren endgültigen (sicheren) Zielort zu erreichen. Im gegenständlichen Fall ist jedoch festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan die Möglichkeit offen steht, auf dem Luftweg von Kabul nach Mazar-e Sharif und Herat zu gelangen, auch wenn diese Art der Reise mit höheren Kosten als die Anreise auf dem Landweg verbunden ist. Wie sich aus den Länderberichten ergibt, stehen in der Hauptstadt Kabul mehrere Transportmöglichkeiten in andere Gebiete Afghanistans zur Verfügung.

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind.

 

Aus den herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er bereits im Iran gearbeitet hatte und er gerne in Österreich arbeiten möchte, es ist daher davon auszugehen, dass er bereit und im Stande ist, in seinem Heimatland zu arbeiten.

 

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in das Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte.

 

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde.

 

Auch wenn in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, in der Hauptstadt Kabul nach einem - wenn auch anfangs nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen und sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Letztlich steht dem Beschwerdeführer ergänzend auch die Möglichkeit offen, sich an in Kabul ansäßige staatliche, nicht-staatliche oder internationale Hilfseinrichtungen, im Speziellen solche für Rückkehrer aus dem Ausland, zu wenden, wenngleich nicht verkannt wird, dass von diesen Einrichtungen individuelle Unterstützungsleistungen meist nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gewährt werden können.

 

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung):

 

Das Verfahren wird bezüglich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides nach § 10 AsylG in der geltenden Fassung geführt.

 

§ 10 AsylG mit der Überschrift: "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme" lautet:

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG ergangen.

 

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der VfGH und der VwGH haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

 

Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon ausgeht, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, der sich seit Oktober 2015 - sohin seit etwas mehr als vier Jahren - in Österreich aufhält, als "kurz" zu bewerten. Zwar kann nach der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen "kann" und somit schon allein aufgrund des Aufenthalts von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber der privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. VwGH 23.02.2016, Zl. Ra 2015/01/0134-7). Im konkreten Fall liegt die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich mit etwas mehr als vier Jahren nur unwesentlich über den im zitierten Erkenntnis angesprochenen drei Jahren und sind auch darüber hinaus keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers hervorgekommen. Der durch die Ausweisung des Beschwerdeführers allenfalls verursachte Eingriff in sein Recht auf Privat- oder Familienleben jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt:

 

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Asylantragstellung im Oktober 2015 im Bundesgebiet auf und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts des Asylverfahrens. Der Beschwerdeführer ist illegal nach Österreich eingereist und stellte in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen hat. Die Dauer des Verfahrens übersteigt mit etwas mehr als vier Jahren auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nur schwach integriert: Er lebt erst seit etwas mehr als vier Jahren im Bundesgebiet und verfügt über keine ausgeprägteren sozialen Bindungen. Er kann sich mittlerweile in einfachen Sätzen in der deutschen Sprache unterhalten.

 

Eine darüber hinausgehende Integration ist nicht hervorgekommen, die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit spricht gegen eine verfestigte Eingliederung des Beschwerdeführers.

 

Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste: Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

 

Zur Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme trotz langjährigem Aufenthalt in Österreich und mangelnder Integration in Österreich ist insbesondere auf folgende höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen: VwGH 17.11.2005, 2005/21/0370 (7-jähriger Aufenthalt mit "nicht stark ausgeprägter Integration" - Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0348 (5-jähriger Aufenthalt - Ausweisung zulässig), VwGH 3.7.2007, 2007/18/0361(5-jähriger Aufenthalt - Ausweisung zulässig), VwGH 26.9.2007, 2006/21/0288 (7-jähriger Aufenthalt - Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (8-jähriger Aufenthalt - Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0416 (4-jähriger Aufenthalt - "kein individuelles Bleiberecht" - Ausweisung zulässig), VwGH 28.2.2008, 2008/18/0087 (eineinhalbjähriger Aufenthalt - Ausweisung zulässig), VwGH 18.5.2007, 2007/18/0136 (11-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt (von insgesamt 15 Jahren) - Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (4-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt nach 4-jährigem Asylverfahren - Ausweisung zulässig), VfGH 29.9.2007, B 1150/07, EuGRZ 2007, 728 (11-jähriger Aufenthalt, zwei Scheinehen, zwei Asylanträge - Ausweisung zulässig).

 

Der Beschwerdeführer hat zwei Schwestern in Österreich, beide leben mit ihren jeweiligen Familien gemeinsam. Aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister geht seit kurzem ein gemeinsamer Wohnsitz mit einer seiner Schwestern hervor. Der Beschwerdeführer kam unabhängig von seinen Schwestern nach Österreich. Es liegt ein Familienleben geringer Intensität vor. Den vorliegenden Bindungen kommt nur geringes Gewicht zu, weil der erwachsene Beschwerdeführer nicht aufgrund besonderer Umstände auf die Unterstützung und Hilfe seiner Angehörigen in Österreich angewiesen ist. Darüber hinaus ist die in Wien lebende Schwester des Beschwerdeführers auch nicht im Zuge der Kinderbetreuung von diesem abhängig, da sie laut GSV Auszug vom 07.01.2020 nicht erwerbstätig ist. Eine weitere gegenseitige Abhängigkeit wurde im Verfahren nicht vorgebracht. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Die in Wien lebende Schwester ist verheiratet und wird bei der Kindererziehung von ihrem Ehemann unterstüzt.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist als sehr kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein. Der Beschwerdeführer übt in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

 

Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht dargetan. Er hat begonnen, sich Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen.

 

Es ist davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers kein Grad an Integration erreicht worden ist.

 

Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im afghanischen Familienverband verbracht hat und auch in Österreich Kontakte zu afghanischen Staatsangehörigen hält, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal der Beschwerdeführer auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrscht.

 

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine relevante Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Daher ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG nicht gegeben.

 

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen (zwei Wochen) festgelegt worden.

 

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen war dem Beschwerdeführer nicht zu erteilen. Im Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, welche auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung aus den in § 57 AsylG angeführten Gründen hätten schließen lassen. Ferner sind auch keine Umstände bekannt, welchen zufolge gegenständlich von einem Anwendungsfall des § 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG gesprochen werden könnte.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55 und 57 AsylG sowie §§ 52 und 55 FPG, in der jeweils geltenden Fassung, als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A angeführten zahlreichen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Sofern die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Verfassungsgerichtshofes zu (zum Teil) alten Rechtslagen erging, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar (vgl. dazu insb. Notwendigkeit einer maßgeblichen Verfolgungswahrscheinlichkeit und dem Ungenügen der entfernten Möglichkeit einer Verfolgung VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 23.09.1998, 98/01/0224; 26.11.1998, 98/20/0309, u.v.a; sowie zur Bewertung der aktuellen [Rückkehr-]situation in Afghanistan EGMR AGR/Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08 und das dementsprechende rezente Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2016, Zl. Ra 2015/01/0134-7). Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 ergeben sich aus der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, jene für den Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides an.

 

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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