AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W146.2139685.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016, 15-1078049208-150854894-BMI-BFA_STM_RD, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien und Angehöriger der arabischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.07.2015 den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich der Erstbefragung des Beschwerdeführers am 15.07.2015 gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet sei, weil seit Oktober 2011 seine Heimatstadt XXXX in die Kriegshandlungen intensiv verwickelt worden sei. Sie hätten 2011 die Stadt verlassen müssen und seien immer wieder vor den Kriegshandlungen in Syrien durch verschiedene Städte geflohen, bis sie schlussendlich im Oktober 2013 in die Türkei geflohen seien. In Syrien sei ein friedliches und sicheres Leben nicht mehr möglich gewesen. Er und seine Familie hätten im Krieg alles verloren.
Am 11.10.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er an, dass er seit 1996 verheiratet sei und sechs gemeinsame Kinder habe. Seine Familie habe gemeinsam mit ihm Syrien verlassen und halte sich derzeit in der Türkei auf.
Der Beschwerdeführer sei von Beruf Bauingenieur und habe eine staatliche Anstellung gehabt. Er habe noch seinem Vater und insgesamt elf Geschwister, bis auf eine Schwester seien alle seine Angehörigen weiterhin in XXXX in Syrien aufhältig.
Ihr Viertel in XXXX sei eines der ersten gewesen, wo bewaffnete Auseinandersetzungen eingesetzt hätten. Deswegen habe er und seine Familie schon bald von zuhause weg müssen. Sie seien dann von 2011 bis 2013 als Binnenflüchtlinge unterwegs gewesen. Sie seien sicherlich zehnmal umgezogen, um nicht von den Kampfhandlungen in Mitleidenschaft gezogen zu werden. 2013 sei die Situation so schlimm gewesen, dass sie sich veranlasst gesehen hätten, Syrien zu verlassen.
Es habe zwar keine gegen ihn persönlich gerichtete Bedrohung oder Verfolgung gegeben, aber man habe jeden Tag damit rechnen müssen, dass man willkürlich in irgendeiner Weise von den Kriegsereignissen betroffen werde. Der Beschwerdeführer habe aufgrund der ständigen Kämpfe nicht seiner Arbeit nachgehen können und würde daher von staatlicher Seite möglicherweise als Regimegegner angesehen. Er könne nicht nach Syrien zurückkehren, er habe seinen Arbeitsplatz einfach so verlassen und werde als Feind betrachtet.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.10.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer syrischer Staatsbürger mit Herkunft XXXX sei. Er sei keiner religiösen oder ethnischen Minderheit zugehörig. Bis auf eine Schwester würden alle seine elf Geschwister und sein Vater weiterhin in XXXX aufhältig seien. Der Beschwerdeführer sei von Beruf Bauingenieur und Staatsangestellter gewesen. Von 2011 bis 2013 sei er als Binnenflüchtling unterwegs gewesen. Im Jahr 2013 habe er mit seiner Familie Syrien verlassen und sei mit ihnen in die Türkei geflüchtet, wo seine Kernfamilie weiterhin aufhältig sei.
Der Beschwerdeführer habe keinen individuellen, asylrelevanten Verfolgungsgrund geltend machen können. Der alleinige Umstand, dass in Syrien Bürgerkrieg herrsche, sei jedenfalls nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme sowohl angegeben habe, für die syrische Regierung als Bauingenieur gearbeitet zu haben, als auch aus XXXX zu stammen, einer Stadt die als Rebellenhochburg gelte, wobei dem Bundesamt angesichts der als notorisch geltenden UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen sowie der Judikatur des BVWG bekannt sein müsste, dass beide Umstände anhängig vom Einzelfall zu einer Asylgewährung gemäß § 3 AsylG führen können. Seine Manuduktionspflicht habe das Bundesamt im gegenständlichen Verfahren aufgrund des Unterlassens von Nachfragen verletzt. Der Beschwerdeführer hätte auf Nachfrage seine berufliche Tätigkeit näher beschreiben können, sowie die Umstände, warum er seine Arbeit nicht mehr angetreten habe und warum er annehme, aus diesem Grund als Regimegegner betrachtet zu werden.
Der Beschwerdeführer stamme aus XXXX , einer Rebellenhochburg. Seine Herkunft sei auf seiner Identitätskarte ersichtlich, die er bei jedem Checkpoint der Regierung herzeigen müsse. Insbesondere komme im Fall des Beschwerdeführers hinzu, dass er 20 Jahre Regierungsangestellter gewesen sei, aber seine Arbeit nicht mehr antreten habe können. Dies aufgrund der Sicherheitslage, jedoch könnte ihm vom Regime unterstellt werden, seine Arbeit aus politischen Gründen zurückgelegt zu haben, dies insbesondere da er aus einer regierungsfeindlichen Stadt stamme.
Das Bundesamt hätte dem Beschwerdeführer daher Asyl aufgrund seiner begründeten Furcht vor Verfolgung aufgrund einer unterstellten politischen Gesinnung durch das syrische Regime gewähren müssen.
Am 09.11.2016 legte das BFA die Beschwerde des Beschwerdeführers samt den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Am 13.02.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache und in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch. Die belangte Behörde entschuldigte sich bezüglich der Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er ab dem Jahr 1994 seinen zweijährigen Wehrdienst abgeleistet habe. Sein Wehrdienstbuch habe er in der zerstörten Wohnung in XXXX zurückgelassen. Die Wohnung sei am 15.12.2011 zerstört worden und er sei niemals dorthin zurückgekehrt. Im Zuge seines Wehrdienstes habe er an Radaranlagen gearbeitet. Zu dieser Zeit sei er auch am Auge operiert worden und sei er nach dieser Operation nicht mehr bei den Radaranlagen tätig gewesen, sondern habe danach Pläne für seinen Kommandanten ausgearbeitet. Er habe nach der Beendigung seines Militärdienstes seine Stelle beim Staat wieder angetreten und habe keine neuerliche Einberufung zum Militär erhalten.
Er habe im XXXX in der Abteilung für XXXX als Zivilingenieur gearbeitet. Er sei bereits 1993 im XXXX angestellt worden, dieser Dienst sei wegen des Militärdienstes unterbrochen worden und sei er sodann von 1995 bis 2013 dort tätig gewesen. Er habe in der Zentrale in XXXX gearbeitet. Es habe noch weitere 16 Stützpunkte in der Umgebung von XXXX gegeben und er sei für die Lager und Gebäude dieser Stützpunkte zuständig gewesen. Er sei auch für die Errichtung neuer Gebäude zuständig gewesen, er habe immer die Bauarbeiten kontrolliert und sie beaufsichtigt. Er habe keinen Nachweis seiner Tätigkeit im XXXX . Bei einer Rückkehr befürchte er sofort festgenommen zu werden. Sein Name stehe auf einer Liste, die er vorlegte, und welche zeige, dass er vom Regime gesucht werde.
Der Beschwerdeführer sei aufgrund von Bestechungsgeldern legal ausgereist. Er habe aber bei den zuständigen Behörden und bei seinen Arbeitgeber nicht um die Ausreise angesucht, das heiße, dass er seine Stelle als Regierungsbeamter unerlaubt verlassen habe.
Er sei bis zum 20.09.2013 tätig gewesen und habe das Land am 06.10.2013 verlassen.
Auf Vorhalt, warum der Beschwerdeführer dieses Vorbringen bisher im Verfahren noch nicht vorgebracht habe, gab dieser an, er habe bei seiner Einvernahme starke Schmerzen gehabt und habe versucht seine Einvernahme zu verschieben. Auf Vorhalt, warum er dann bei der Einvernahme gesagt habe, er sei physisch und psychisch in der Lage die Fragen zu beantworten, gab er an, er habe das damals nicht beachtet und auch verabsäumt vom Arzt eine Bestätigung zu erhalten, dass er nicht einvernahmefähig sei.
Aufgrund der vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vorgelegten ärztlichen Bestätigung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer ein Geschwür an der rechten Wade hatte. Dieses besteht bereits seit September 2016 und hat sich durch die Behandlung immer mehr verbessert. Auf diesbezüglichen Vorhalt, warum der Beschwerdeführer dann am 11.10.2016 die Fragen beim BFA nicht hätte beantworten können, gab er an, er habe weiterhin starke Schmerzen gehabt. Auf Vorhalt, warum dies nicht in der Beschwerde angeführt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, der Dolmetscher habe das wahrscheinlich damals ignoriert. Es sei ihm gesagt worden, er sollte sich beeilen, weil noch viele Leute auf ihre Interviews warten würden.
Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer seinen Vorgesetzten in Syrien nicht mitgeteilt habe, dass er nicht mehr zur Arbeit erscheinen werde, gab der Beschwerdeführer an, dieser hätte ihn sofort verhaften lassen.
Auf den Vorhalt, der Beschwerdeführer habe vor dem Bundesamt behauptet, XXXX bereits im Jahr 2011 verlassen zu haben und durch verschiedene Städte Syrien geflohen zu sein, wohingegen er nun angebe bis 20.09.2013 in XXXX gearbeitet zu haben, gab der Beschwerdeführer an, er habe sich seit 2011 in verschiedenen Städten aufgehalten und sie seien am 15.09.2012 wieder nach XXXX zurückgekehrt und habe er wieder seinen Arbeitsplatz aufgesucht.
Auf Vorhalt, offenbar war die Abwesenheit vom Dienst monatelang kein Problem, gab der Beschwerdeführer an, es sei Chaos gewesen und es habe damals keine Anwesenheitspflicht gegeben. Es seien nur ganz wenige Beamte im XXXX anwesend gewesen. Es sei niemanden aufgefallen, dass er monatelang nicht zur Arbeit erschienen sei. Obwohl er sich nach seiner Rückkehr zum XXXX meist woanders aufgehalten und keine Arbeitsaufträge erhalten habe, habe er trotzdem sein Geld monatlich erhalten.
Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe vor dem BFA erklärt, er sei mit seiner Familie sicherlich zehnmal innerhalb Syriens umgezogen und er habe dabei nie von einer Rückkehr an seine Arbeitsstelle gesprochen, gab der Beschwerdeführer an, er könne sich an einzelne Angaben nicht erinnern, er bringe erst heute die richtigen Angaben und das, was er heute schildere, sei richtig. Auf Vorhalt, wenn er innerhalb von Syrien mehrmals umgezogen worden sei, hätte er ja auch an den zahlreichen Checkpoints angehalten und kontrolliert werden müssen, gab er an, er sei nicht kontrolliert worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien sowie Angehöriger der arabischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis und führt den im Spruch genannten Namen.
Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , welches unter Regierungskontrolle steht, und hat eine Ausbildung als Bauingenieur. Seine Frau und die sechs Kinder sind in der Türkei aufhältig. Sein Vater und seine Geschwister sind weiterhin in XXXX aufhältig.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.10.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Bauingenieur für das syrische XXXX in XXXX tätig war.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nach 2011 für besagtes XXXX tätig war.
Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien in Hinblick auf eine - allenfalls nur unterstellte - oppositionelle Gesinnung relevanten Verfolgungsmaßnahmen des syrischen Staates ausgesetzt wäre.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst von 1994 bis 1996 absolviert. Er hat keine besondere Qualifikation dabei erworben und war auch in keiner Spezialeinheit. Der Beschwerdeführer hat keinen weiteren Einberufungsbefehl erhalten. Eine Befürchtung, im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum Militärdienst herangezogen zu werden, besteht somit nicht.
Der Beschwerdeführer reiste legal aus Syrien aus. Nicht festgestellt werden kann eine "legale" Ausreise aufgrund von Bestechungsgeldern.
Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer hier relevanten Verfolgung durch oppositionelle Kräfte ausgesetzt wäre.
Zur hier relevanten Situation in Syrien
Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit über 50 Jahren, seit Hafez al-Assad 1963 mit fünf anderen Offizieren einen Staatsstreich durchführte und sich dann 1971 als der Herrscher Syriens ernannte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad diese Position. Seit dieser Zeit haben Vater und Sohn keine politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 3.3.2017). Bei dieser Wahl gab es erstmals seit Jahrzehnten zwei weitere mögliche, jedoch relativ unbekannte, Kandidaten. Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten, wodurch ein großer Teil der syrischen Bevölkerung nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Die Wahl wurde als undemokratisch bezeichnet. Die syrische Opposition bezeichnete sie als "Farce" (Haaretz 4.6.2014; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 3.3.2017). Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Jeder der 200 Kandidaten auf der Liste der "Nationalen Einheit" bekam einen Parlamentssitz. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2017)
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016). Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierte Gebiete aufgeteilt (BS 2016). Der IS übernahm seit 2014 vermehrt die Kontrolle von Gebieten in Deir ez-Zour und Raqqa, außerdem in anderen Regionen des Landes und rief daraufhin ein "islamisches Kalifat" mit der Hauptstadt Raqqa aus (USDOS 3.3.2017). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer, die noch nicht aus Syrien geflohen sind, leben (Reuters 13.4.2016). Verschiedene oppositionelle Gruppen mit unterschiedlichen Ideologien und Zielen kontrollieren verschiedene Teile des Landes. Vielfach errichten diese Gruppierungen Regierungsstrukturen bzw. errichten sie wieder, inklusive irregulär aufgebauter Gerichte (USDOS 3.3.2017). Seit 2016 hat die Regierung große Gebietsgewinne gemacht, jedoch steht noch beinahe die Hälfte des syrischen Territoriums nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Alleine das Gebiet, welches unter kurdischer Kontrolle steht wird auf etwa ein viertel des syrischen Staatsgebietes geschätzt (DS 23.12.2017; vgl. Standard 29.12.2017).
Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz und schiitische Milizen aus dem Irak unterstützen das syrische Regime militärisch, materiell und politisch. Seit 2015 schickte Russland auch Truppen und Ausrüstung nach Syrien und begann außerdem Luftangriffe von syrischen Militärbasen aus durchzuführen. Während Russland hauptsächlich auf von Rebellen kontrollierte Gebiete abgezielt, führt die von den USA geführte internationale Koalition Luftangriffe gegen den IS durch (FH 27.1.2016; vgl. AI 24.2.2016).
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Sicherheitslage
Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen das Regime ist in eine komplexe militärische Auseinandersetzung umgeschlagen, die grundsätzlich alle Städte und Regionen betrifft. Nahezu täglich werden landesweit Tote und Verletzte gemeldet. Die staatlichen Strukturen sind in zahlreichen Orten zerfallen und das allgemeine Gewaltrisiko ist sehr hoch (AA 27.12.2017).
Grob gesagt stehen auf der Seite der syrischen Regierung Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah und schiitische Milizen, die vom Iran im Irak, in Afghanistan und im Jemen rekrutiert werden. Auf der Seite der diversen Gruppierungen, die zur bewaffneten Opposition bzw. zu den Rebellen gehören, stehen die Türkei, die Golfstaaten, die USA und Jordanien, wobei diese Akteure die Konfliktparteien auf unterschiedliche Arten unterstützen. Zudem sind auch die Kurden in Nordsyrien und der sogenannte Islamische Staat (IS) am Konflikt beteiligt (BBC 7.4.2017).
- AA - Auswärtiges Amt (27.12.2017): Länderinformationen - Syrien:
Reisewarnung,
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- ISW - Institute for the Study of War (16.10.2017): Russia Renews Targeting Civilians: August 14 - October 7, 2017, https://iswresearch.blogspot.co.at/2017/10/russia-renews-targeting-civilians.html , Zugriff 28.12.2017
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- NYT - The New York Times (17.10.2017): Raqqa, ISIS "Capital", Is Captured, U.S.-Backed Forces Say, https://www.nytimes.com/2017/10/17/world/middleeast/isis-syria-raqqa.html , Zugriff 27.12.2017
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- Die Presse (24.1.2018): Türkische Offensive in Syrien: 260 "Extremisten" getötet,
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- REACH Initiative (11.2017): Ar-Raqqa Crisis Overview: November 2016 - October 2017,
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- Reuters (27.12.2017a): Russia accuses U.S. of training former Islamic State fighters in Syria, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-russia-usa/russia-accuses-u-s-of-training-former-islamic-state-fighters-in-syria-idUSKBN1EL0KZ , Zugriff 29.12.2017
- Reuters (27.12.2017b): Turkey's Erdogan calls Syria's Assad a terrorist, says impossible to continue with him, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-turkey/turkeys-erdogan-calls-syrias-assad-a-terrorist-says-impossible-to-continue-with-him-idUSKBN1EL0W5 , Zugriff 29.12.2017
- SD - Syria Deeply (24.11.2017): The Troubling Triumvirate Ruling Over Aleppo,
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- Spiegel - Spiegel Online (29.11.2017): Der Syrienkrieg ist noch lange nicht vorbei,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-der-krieg-ist-noch-lange-nicht-vorbei-a-1180857.html , Zugriff 28.12.2017
- Spiegel - Spiegel Online (5.12.2017): Israel greift offenbar Militäreinrichtung bei Damaskus an, http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-israel-greift-offenbar-militaereinrichtung-bei-damaskus-an-a-1181742.html , Zugriff 28.12.2017
- Der Standard (21.12.2016): Evakuierung Ost-Aleppos weitgehend abgeschlossen,
http://derstandard.at/2000049650171/Evakuierung-Ost-Aleppos-stockt , Zugriff 27.12.2017
- Der Standard (17.10.2017): Kurden-Sieg in Raqqa, Verlust von Kirkuk,
https://derstandard.at/2000066158956/Irakisches-Militaer-draengt-Kurden-weiter-zurueck , Zugriff 27.12.2017
- Der Standard (3.11.2017): Syrien: Wo ein Krieg zu Ende geht, drohen neue,
https://derstandard.at/2000067071797/Syrien-Wo-ein-Krieg-zu-Ende-geht-drohen-neue , Zugriff 28.12.2017
- Der Standard (6.11.2016): Miliz: Offensive auf syrische IS-Hochburg Raqqa begonnen,
http://derstandard.at/2000047036591/Miliz-Offensive-auf-syrische-IS-Hochburg-Raqqa-begonnen , Zugriff 27.12.2017
- Der Standard (7.12.2017): Moskau verkündet komplette Befreiung Syriens vom IS,
https://derstandard.at/2000069812571/Moskau-Syrien-komplett-vom-IS-befreit?ref=rec , Zugriff 29.12.2017
- Der Standard (9.12.2017): Aktivisten: IS-Miliz wieder zurück in syrischer Provinz Idlib,
https://derstandard.at/2000069923966/Aktivisten-IS-Miliz-wieder-zurueck-in-syrischer-Provinz-Idlib?ref=rec , Zugriff 3.1.2018
- Der Standard (15.12.2017): Syrien-Runde in Genf war ein Schlag ins Wasser,
https://derstandard.at/2000070412731/Achte-Syrien-Gespraechsrunde-in-Genf-endete-mit-Schuldzuweisungen?ref=rec , Zugriff 28.12.2017
- Der Standard (19.12.2016): Evakuierung Ostaleppos wieder angelaufen,
http://derstandard.at/2000049518752/Evakuierung-von-Ost-Aleppo-wieder-aufgenommen?ref=rec , Zugriff 27.12.2017
- Der Standard (21.12.2017): Russland will Marinebasis im syrischen Tartus ausbauen,
https://derstandard.at/2000070849430/Russland-will-Marinebasis-im-syrischen-Tartus-ausbauen , Zugriff 29.12.2017
- Der Standard (27.12.2017): Schwerkranke können syrische Rebellenbastion verlassen,
https://derstandard.at/2000071090896/Schwerkranke-koennen-syrische-Rebellenbastion-verlassen , Zugriff 29.12.2017
- Der Standard (20.1.2018): Erdogan: Bodenoffensive in Syrien hat "de facto" begonnen,
https://derstandard.at/2000072656629/Tuerkische-Armee-attackierte-erneut-Kurden-Stellungen-in-Syrien?ref=rec , Zugriff 24.1.2018
- Der Standard (22.1.2018): Arabische Staaten kritisieren türkischen Feldzug in Syrien,
https://derstandard.at/2000072788745/Kritik-arabischer-Staaten-an-tuerkischem-Feldzug , Zugriff 24.1.2018
- UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.2017): Humanitarian Needs Overview - Syrian Arab Republic, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1512548740_2018-syr-hno-english.pdf , Zugriff 27.12.2017
- Welt (3.10.2016): USA brechen Syrien-Gespräche mit Russland ab, https://www.welt.de/politik/article158530735/USA-brechen-Syrien-Gespraeche-mit-Russland-ab.html , Zugriff 27.12.2017
- Zeit Online (19.9.2016): Assad erklärt Waffenruhe für beendet, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-09/syrien-waffenruhe-ende-luftangriffe-usa , Zugriff 27.12.2017
- Zeit Online (17.10.2017): Kurdisches Bündnis meldet Einnahme von Rakka,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-10/syrien-rakka-islamischer-staat-befreiung , Zugriff 27.12.2017
- Zeit Online (7.1.2018): 18 Tote bei Luftangriffen in Ost-Ghouta, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-01/syrien-luftangriff-tote-rebellen-regierungstruppen-damaskus , Zugriff 17.1.2018
- Zeit Online (23.1.2018): 5.000 Menschen auf der Flucht vor türkischer Offensive,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/tuerkische-offensive-syrien-afrin-fluechtlinge-kurden/komplettansicht , Zugriff 24.1.2018
Sicherheitsbehörden und regierungstreue Milizen
Die Regierung hält die Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte aufrecht, kann jedoch die Kontrolle über paramilitärische, nicht-uniformierte regierungstreue Milizen, welche oft autonom und ohne Aufsicht oder Führung der Regierung arbeiten, nicht immer gewährleisten (USDOS 3.3.2017).
Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weit verbreitetes Problem. Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann einen Haftbefehl im Fall von Verbrechen durch Militäroffiziere, Mitglieder der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffiziere im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten ausstellen. Solche Fälle müssen vor einem Militärgericht verhandelt werden. In der Praxis gibt es keine bekannte rechtliche Verfolgung oder Verurteilung von Polizei- und Sicherheitskräften hinsichtlich Missbrauchs und Korruption, und die Sicherheitskräfte operieren unabhängig und generell außerhalb des Gesetzes. Es gibt keine Berichte von Aktionen der Regierung zur Reformierung der Sicherheitskräfte oder der Polizei (USDOS 3.3.2017; vgl. GS 11.2.2017). Beispielsweise sind die Shabiha bzw. die NDF und andere paramilitärische Gruppierungen mit Verbindung zum syrischen Regime an Menschenrechtsverletzungen beteiligt, darunter auch Massaker, willkürliche Tötungen, Entführungen von Zivilisten, willkürliche Festnahmen und Vergewaltigung als Kriegstaktik (USDOS 13.4.2016, zu Shabiha und NDF siehe USCIRF 26.4.2016).
Die Einheiten, die auf der Seite der Assad-Regierung kämpfen, sind sehr vielfältig. Manche davon gehören regulären Streitkräften an, andere gehören zu verschiedenen Milizen. Manche bestehen aus nicht mehr als ein paar Dutzend Männern, andere Gruppen bestehen aus tausenden Männern und besitzen ihre eigenen Trainingscamps und Netzwerke (BBC 12.12.2016). Auch Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah und der Irak unterstützen die syrische Regierung, auch mit Einsätzen an der Seite der syrischen Streitkräfte (JT 24.3.2017).
Es ist schwierig Informationen über die Aktivitäten von spezifischen Regierungs- oder regierungstreuen Einheiten zu spezifischen Zeiten oder an spezifischen Orten zu finden, weil die Einheiten seit dem Beginn des Bürgerkrieges oft nach Einsätzen organisiert ("task-organized") sind oder aufgeteilt oder mit anderen Einheiten für spezielle Einsätze zusammengelegt werden. Berichte sprechen so oft von einer speziellen Militäreinheit an einem bestimmten Einsatzort (z.B. eine Brigade) wobei die genannte Einheit eigentlich aus Teilen mehrerer verschiedener Einheiten nur für diesen speziellen Einsatz oder eine gewisse Zeit zusammengesetzt wurde (C. Kozak 28.12.2017).
Quellen:
- BBC News (12.12.2016): Syrian conflict: Assad's fragmenting military, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-38289313 , Zugriff 5.12.2017
- Christopher Kozak, Senior Research Analyst, Insitute for the Study of War (28.12.2017): Informationen per e-Mail
- GS - Global Security (11.2.2017): Syria Intelligence Security Agencies,
http://www.globalsecurity.org/intell/world/syria/intro.htm , Zugriff 25.8.2017
- JT - Jamestown Foundation (24.3.2017): Institutionalized 'Warlordism': Syria's National Defense Force; Terrorism Monitor Volume: 15 Issue: 6,
https://www.ecoi.net/local_link/338196/481168_de.html , Zugriff 11.12.2017
- USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (26.4.2016): United States Commission on International Religious Freedom 2017 Annual Report; 2017 Country Reports: USCIRF Recommended Countries of Particular Concern (CPC): Syria, https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494489917_syria-2017.pdf , Zugriff 25.8.2017
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html , Zugriff 22.12.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/337226/479990_de.html , Zugriff 11.8.2017
Streitkräfte
Die syrischen Streitkräfte bestehen aus der Armee, der Marine und der Luftwaffe. Sie sind für die Verteidigung des nationalen Territoriums und den Schutz des Staates vor internen Bedrohungen verantwortlich (UK HOME 11.9.2013).
Vor dem Konflikt soll die syrische Armee eine Mannstärke von geschätzten 295.000 Personen gehabt haben (UK HOME 8.2016). Sie kann das gesamte syrische Staatsgebiet nicht mehr unabhängig sichern und sechs Jahre mit Überläufen zu den Regimegegnern, Desertionen und Verlusten durch den Konflikt haben die Mannstärke aus den Vorkriegszeiten stark dezimiert - auf geschätzte 100.000 - 175.000 Mann in 2014 und 2015, großteils bestehend aus mangelhaft ausgerüsteten und trainierten Wehrdienstleistern (ISW 8.3.2017; vgl. FIS 23.8.2016).
Der Aufbau der syrischen Armee basiert auf dem sogenannten Quta'a-System [arab. Sektor, Landstück]. Hierbei wird jeder Division (firqa) ein bestimmtes Gebiet zugeteilt. Dies verbindet jeden Sektor (quta'a) mit einer Division (firqa) und somit Karriere und Leben eines Offiziers mit einer Armee-Division und dem dazugehörigen Gebiet. Mit diesem System wurde in der Vergangenheit verhindert, dass Offiziere überlaufen. Gleichzeitig gab die Armee dem Divisionskommandeur eine Carte blanche über das Gebiet, für das er zuständig ist, wonach er "jeden Vorfall in seiner quta'a selbst regeln kann, ohne die Führung (das Verteidigungsministerium in Damaskus) zu involvieren, wenn keine Kommunikation möglich ist, oder ein Notfall vorliegt". Gleichzeitig kann dadurch der Präsident den Einfluss einzelner Divisionskommandeure einschränken, indem er sie gegeneinander ausspielt (CMEC 14.3.2016). Im Zuge des Konfliktes hat das Regime jedoch loyale Einheiten in größere Einheiten eingebaut, um eine bessere Kontrolle auszuüben und ihre Effektivität im Kampf zu verbessern (ISW 8.3.2017).
Quellen:
- CMEC - Carnegie Middle East Center (14.3.2016): Strengh in Weakness: The Syrian Army's Accidental Resilience, http://carnegie-mec.org/2016/03/14/strength-in-weakness-syrian-army-s-accidental-resilience-pub-62968 , Zugriff 11.12.2017
- FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,
https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf , Zugriff 11.12.2017
- ISW - Institute for the Study of War (8.3.2017): Iran's Assad Regime,
http://www.understandingwar.org/sites/default/files/Iran's Assad Regime.pdf, Zugriff 11.12.2017
- UK HOME - UK Home Office (11.9.2013): Syrian Arab Republic Country of Origin Information (COI) Report, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1379488369_syr-cr-2013-09-11-ukhomeoffice.pdf , Zugriff 11.12.2017
- UK HOME - UK Home Office (8.2016): Country Information and Guidance Syria: the Syrian Civil War, https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1472706544_cig-syria-security-and-humanitarian.pdf , Zugriff 11.12.2017
Volkskomitees und shabiha-Milizen
Die shabiha ("Geister" bzw. "Phantome") sind bewaffnete Milizen, welche die regierende Baath-Partei unterstützen und der Assad-Familie treu sind. Sie kämpfen, um die Opposition zu unterdrücken und sich zu bereichern. Die shabiha wurden in den 1970ern in der Gegend von Latakia gegründet und bestanden aus einem Schmugglernetzwerk. Im Jahr 2000 waren die shabiha von Bashar al-Assad aufgelöst worden, 2011 nahmen sie jedoch ihre Aktivitäten im Zuge des steigenden Konfliktes wieder auf. Sie bestehen aus ca. 10.000 Mitgliedern und gehen skrupellos gegen die Opposition vor (COI Unit Poland 6.2015).
Zu Beginn des Konfliktes 2011 wurden außerdem die sogenannten Volkskomitees spontan gegründet oder wurden von Nachrichtendiensten oder pro-Assad-Geschäftsmännern als Gegenstück zu der Mobilisierung von oppositionellen Demonstranten rekrutiert. Die Volkskomitees, welche anfangs nur ihre Nachbarschaften nach Zeichen des Widerstandes überwachen und Demonstrationen auflösen sollten, entwickelten sich mit der Zeit zu lokalen Autoritäten und später zu bewaffneten Milizen, nachdem der Staat an Macht verlor und die Opposition militarisiert wurde. Diese Milizen wurden von der Opposition häufig als "Shabiha" bezeichnet (CMEC 2.3.2015).
Quellen:
- CMEC - Carnegie Middle East Center (2.3.2015): Who Are the Pro-Assad Militias?, http://carnegie-mec.org/diwan/59215?lang=en , Zugriff 7.12.2017
- COI Unit Poland - Danecki, Janusz; Górak-Sosnowska,Katarzyna; Office for Foreigners (Poland), COI Unit (6.2015): Religious Problems in Syria,
http://wikp.udsc.gov.pl/images/Raporty_ekspertow/SYRIA_-_EN_21.092015.pdf , Zugriff 7.12.2017
Folter und unmenschliche Behandlung
Willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folter und Verschwindenlassen durch die Einheiten der Regierung sind weit verbreitet und systemisch in Syrien und geschehen zudem in einem Klima der Straflosigkeit (HRW 12.1.2017). Folter wird eingesetzt, um an Informationen zu gelangen und um die Zivilbevölkerung zu bestrafen und zu terrorisieren (UNHRC 11.8.2016). Folter und andere Misshandlungen wurden durch das syrische Regime schon seit Jahrzehnten genutzt, um Widerstand zu unterdrücken (AI 17.8.2016). Das syrische Regime und die mit ihm verbündeten Milizen begehen physische Misshandlungen und Folter an Oppositionellen und Zivilisten. Regierungsangestellte misshandeln Gefangene. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und auch von Minderjährigen sind weit verbreitet und werden als Kriegstaktik eingesetzt (USDOS 3.3.2017). Manche Opfer von Folter werden festgenommen, weil sie Aktivisten sind, oder weil sie nicht als ausreichend regimetreu wahrgenommen werden. Mitglieder oder Verwandte von Mitgliedern bewaffneter Gruppen werden auch Opfer von Folter (UNHRC 11.8.2016). Berichten zufolge wurden Familienmitglieder durch die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung festgenommen, darunter auch Kinder, um gesuchte Personen dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften zu stellen (HRW 27.1.2016; vgl. AI 22.2.2017). Menschenrechtsgruppen zufolge hat das Regime seit März 2011 zwischen 17.500 und 60.000 Männer, Frauen und Kinder zu Tode gefoltert oder exekutiert. Die Toten werden häufig in Massengräbern begraben oder verbrannt und nur selten ihren Verwandten überstellt (Economist 20.12.2017). Das syrische Regime stellt falsche Totenscheine aus, offenbar mit dem Ziel, die wahre Ursache und den Ort des Todes der Gefangenen zu verschleiern (USDOS 3.3.2017).
Rebellengruppierungen begehen ebenfalls schwere Menschenrechtsverletzungen, wie Inhaftierungen, Folter, Hinrichtungen von (als solche wahrgenommenen) Andersdenkenden und Rivalen (FH 1.2017). Manche oppositionelle Gruppen fügen Gefangenen, von denen vermutet wird, sie wären Mitglieder von regierungstreuen Milizen, schweren körperlichen und psychischen Schmerz zu, um Informationen oder Geständnisse zu erlangen, oder als Bestrafung oder Zwangsmittel (USDOS 3.3.2017). Auch der IS begeht Misshandlungen, Folter, Bestrafungen von Individuen, und agiert mit Brutalität. Der IS bestraft regelmäßig Opfer in der Öffentlichkeit und zwingt Bewohner, inklusive Kindern, Hinrichtungen und Amputationen mitanzusehen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AI - Amnesty International (17.8.2016): "It breaks the human":
Torture, disease and death in Syria's prisons [MDE 24/4508/2016], http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471499119_mde2445082016english.PDF , Zugriff 4.12.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - Syria,
https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-north-africa/syria/report-syria/ , Zugriff 5.12.2017
- The Economist (20.12.2017): Assad's torture dungeons - Pit of hell,
https://www.economist.com/news/middle-east-and-africa/21712142-dissidents-are-being-exterminated-syrian-jails-assads-torture-dungeons , Zugriff 5.12.2017
- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/341821/485142_de.html , Zugriff 4.12.2017
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/318418/443598_en.html , Zugriff 5.12.2017
- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/334763/477343_de.html , Zugriff 5.12.2017
- UNHRC - United Nations Human Rights Council (11.8.2016): Report of the Independent International Commission of inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/33/35],
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1474461066_g1617860.pdf , Zugriff 5.12.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/337226/479990_de.html , Zugriff 11.8.2017
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder lokalen bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Militärdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht. In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016).
Die Rekrutierung von männlichen Syrern findet nach wie unvermindert statt (DRC/DIS 8.2017). Für männliche syrischen Staatsbürger und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 5.12.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017). Diejenigen männlichen palästinensischen Flüchtlinge, im Alter von 18 bis 42 Jahren, welche vor 1956 bei der General Administration for Palestine Arab Refugees (GAPAR) registriert waren, und deren Nachkommen müssen den verpflichtenden Wehrdienst bei der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA), einer Einheit der syrischen Streitkräfte, ableisten. Für diese Palästinenser gelten die gleichen Voraussetzungen für den Wehrdienst wie für Syrer (BFA 8.2017).
Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsatz verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. "Rekrut" ist der niedrigste Rang, und die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (BFA 8.2017).
Normalerweise werden Einberufungsbefehle schriftlich mit der Post zugestellt, zur Zeit wird jedoch eher auf persönlichem Wege zum verpflichtenden Militärdienst rekrutiert, um ein Untertauchen der potentiellen Rekruten möglichst zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Mitarbeiter des Rekrutierungsbüros zum Haus der Wehrpflichtigen geschickt. Wenn der Gesuchte zu Hause ist, wird er direkt mitgenommen. Wenn er nicht zu Hause ist, wird der Familie mitgeteilt, dass er sich bei der nächsten Kaserne zu melden habe. Es gibt immer wieder Razzien, wie zum Beispiel Anfang Mai 2017, als bei einem Fußballspiel in Tartus alle Männer beim Verlassen des Stadions versammelt und zum Dienst verpflichtet wurden. Einige Zeit zuvor gab es einen weiteren Vorfall, bei dem vor einem Einkaufszentrum in Damaskus alle wehrfähigen Männer eingesammelt und rekrutiert wurden. Auch ein "Herauspflücken" bei einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet. Die Altersgrenze ist auf beiden Enden des Altersspektrums nur theoretisch und jeder Mann in einem im weitesten Sinne wehrfähigen Alter, kann rekrutiert werden (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. Syria Direct 7.12.2017). Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, die das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2015).
Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (FIS 23.8.2016; vgl. ISW 8.3.2017). Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es gibt auch Männer im kampffähigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).
Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017).
Das Militärbuch zeigt lediglich Informationen über den verpflichtenden Wehrdienst und nicht, ob eine Person Reservist ist oder nicht. Männer können ihren Dienst-/Reservedienststatus bei der Militärbehörde überprüfen. Die meisten würden dies jedoch nur auf informellem Weg tun, um zu vermeiden, sofort rekrutiert zu werden. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob jemand tatsächlich zum Reservedienst einberufen wird (BFA 8.2017).
Befreiung und Aufschub
Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden oder diesen aufschieben. Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015). Diese Ausnahmen sind theoretisch immer noch als solche definiert, die Situation in der Praxis ist jedoch anders. Präsident al-Assad versucht den Druck in Bezug auf den Wehrdienst zu erhöhen, und es gibt nun weniger Befreiungen und Aufschübe beim Wehrdienst. Generell werden die Regelungen nun strenger durchgesetzt, außerdem gibt es Gerüchte, dass Personen trotz einer Befreiung oder eines Aufschubs rekrutiert werden. Was die Regelungen zur Befreiung oder zum Aufschub des Wehrdienstes betrifft, so hat man als einziger Sohn der Familie noch die besten Chancen. Das Risiko der Willkür ist jedoch immer gegeben (BFA 8.2017; vgl. DRC/DIS 8.2017).
Unbestätigte Berichte legen nahe, dass der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit über den Wegfall von Aufschubgründen informiert ist, und diese auch digital überprüft werden. Zuvor mussten Studenten den Status ihres Studiums selbst dem Militär melden, in den letzten zwei Jahren wird der Status von Studenten aktiv überprüft. Generell werden Universitäten nun strenger überwacht und von diesen wird nun verlangt, dass sie das Militär über die Anwesenheit bzw. Abwesenheiten der Studenten informieren. Kürzlich gab es eine Änderung bezüglich des Aufschubs aufgrund eines Lehramts-Studiums. Zuvor war es möglich, einen Aufschub des Wehrdienstes zu erwirken, wenn man ein Lehramts-Masterstudium begann, unabhängig davon welches Bachelor-Studium man zuvor absolviert hatte. Dieser Aufschubgrund funktioniert nun nur noch, wenn man auch den Bachelorabschluss im Lehramtsstudium gemacht hat (BFA 8.2017).
Es gibt Beispiele, dass Männer sich durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern vom Wehrdienst freigekauft haben, was jedoch keineswegs als einheitliche Praxis betrachtet werden kann, sondern schlicht Willkür darstellt. So war es vor dem Konflikt gängige Praxis sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen aber nicht davor schützt, im Zuge des aktuellen Konfliktes - manchmal sogar Jahre danach - trotzdem eingezogen zu werden (BFA 8.2017).
Es gibt ein Gesetz, das syrischen Männern, die mehr als fünf Jahre außerhalb des Landes gelebt haben, gegen Zahlung eines Bußgeldes die Befreiung vom Militärdienst ermöglicht. Diese Gebühr wurde von 5.000 USD auf 8.000 USD erhöht (BFA 8.2017).
Allgemeine Menschenrechtslage
Das Syrian Observatory for Human Rights dokumentierte 331.765 Todesfälle seit dem Beginn der Revolution im Jahr 2011 bis zum 15. Juli 2017, schätzt jedoch dass etwa 475.000 Personen getötet wurden (SOHR 16.7.2017).
Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt (UNHCR 11.2015).
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Ein Dekret erlaubt die Bildung anderer politischer Parteien, jedoch nicht auf Basis von Religion, Stammeszugehörigkeit oder regionalen Interessen. Gleichzeitig zeigt die Regierung außerdem wenig Toleranz gegenüber anderen politischen Parteien. Sie schikaniert und inhaftiert Mitglieder der Communist Union Party, der Communist Action Party, der Arab Social Union und islamistischer Parteien (USDOS 3.3.2017).
Die syrische Regierung, regierungstreue Einheiten und Sicherheitskräfte führen weiterhin willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen und Folter an Häftlingen durch, von denen viele in der Haft umkommen bzw. getötet werden. Das Regime und seine Verbündeten führten willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten durch. Sie führten Angriffe mit Fassbomben, Artillerie, Mörsern und Luftangriffe auf zivile Wohngebiete, Schulen, Märkte und medizinische Einrichtungen durch, was zu zivilen Opfern führte (UKFCO 21.4.2016, AI 22.2.2017 und USDOS 3.3.2017).
Die staatlichen Sicherheitskräfte halten nach wie vor Tausende Menschen ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft. Viele von ihnen sind unter Bedingungen inhaftiert, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen (AI 22.2.2017; vgl. SD 18.10.2017). Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser, Platz, Hygiene und Zugang zu medizinischer Versorgung. (USDOS 3.3.2017).
Lang anhaltende Belagerungen durch Regierungskräfte führen dazu, dass der eingeschlossenen Zivilbevölkerung Lebensmittel, ärztliche Betreuung und andere lebenswichtige Dinge vorenthalten werden. Außerdem werden Zivilisten beschossen bzw. angegriffen (AI 22.2.2017). Bezüglich der von Rebellen kontrollierten Bevölkerungszentren setzte die Regierung auf die Strategie, diese vor die Wahl zu stellen, aufzugeben oder zu (ver)hungern, indem sie Hilfslieferungen einschränkte und tausende Zivilisten aus zurückeroberten Gebieten vertrieb (FH 1.2017). Auch Rebellengruppen belagern Gebiete (USDOS 3.3.2017).
Auch aufständische Gruppen begingen schwere Menschenrechtsverletzungen wie Festnahmen, Folter und Exekutionen von wahrgenommenen politischen Andersdenkenden und Rivalen, wobei das Verhalten jedoch zwischen den unterschiedlichen Rebellengruppen variiert (FH 1.2017).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/2017 - The State of the World's Human Rights - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/336435/479102_de.html , Zugriff 23.11.2017
- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/341821/485142_de.html , Zugriff 23.11.2017
- SD - Syria Deeply (18.10.2017): Analysis: The Political Impasse Over Syria's Disappeared,
https://www.newsdeeply.com/syria/articles/2017/10/18/analysis-the-political-impasse-over-syrias-disappeared , Zugriff 4.12.2017
- SOHR - Syrian Observatory For Human Rights (16.7.2017): About 475 thousand persons were killed in 76 months of the Syrian revolution and more than 14 million wounded and displaced, http://www.syriahr.com/en/?p=70012 , Zugriff 4.12.2017
- UKFCO - UK Foreign and Commonwealth Office (21.4.2016): Human Rights and Democracy Report 2015-Chapter IV: Human Rights Priority Countries-Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/322999/448821_en.html , Zugriff 23.11.2017
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.2015): International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic Update IV,
http://www.refworld.org/pdfid/5641ef894.pdf , Zugriff 3.1.2018
- UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.7.2017): Syria Crisis: North East Syria Situation Report No. 13 (1- 31 July 2017),
https://ecoi3.ecoi.net/en/file/local/1405545/1788_1503323913_3107.pdf , Zugriff 4.12.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/337226/479990_de.html , Zugriff 23.11.2017
- USDOS - US Department of State (27.6.2017): Trafficking in Persons Report 2017 - Country Narratives - Syria, https://ecoi3.ecoi.net/de/dokument/1408502.html , Zugriff 4.12.2017
Todesstrafe
Die Todesstrafe [durch die syrische Regierung] ist für verschiedene Verbrechen in Kraft. Zahlreiche Todesurteile wurden durch das Anti-Terrorgericht und Militärgerichte oftmals in mangelhaften Gerichtsverfahren verhängt (UNHRC 23.8.2016; vgl. AI 24.2.2016; vgl. UNHCR 2.2017).
Die von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) erstellte "Verfassung von Rojava" verbietet die Todesstrafe (HRW 19.6.2014)
Quellen:
- - AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/336435/479102_de.html , Zugriff 25.8.2017
- HRW - Human Rights Watch (19.6.2014): Under Kurdish Rule; Abuses in PYD-Run Enclaves of Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/278458/417114_en.html , Zugriff 16.1.2018
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (2.2017): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR's Country Guidance on Syria; "Illegal Exit" from Syria and Related Issues for Determining the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Syria,
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1493896269_opendocpdf.pdf , Zugriff 25.8.2017
- UNHRC - UN Human Rights Council (23.8.2016): Summary prepared by the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights in accordance with paragraph 15 (c) of the annex to Human Rights Council resolution 5/1 and paragraph 5 of the annex to Council resolution 16/21; Syrian Arab Republic [A/HRC/WG.6/26/SYR/3], https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1475746920_g1618710.pdf , Zugriff 25.8.2017
Rückkehr
Laut der International Organization for Migration (IOM) sind zwischen Januar und Juli 2017 602.759 vertriebene Syrer in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt. 93 Prozent davon sind Binnenvertriebene gewesen und 7 Prozent kehrten aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak nach Syrien zurück. Rückkehrer aus der Türkei und Jordanien kehrten hauptsächlich in die Provinzen Aleppo und Hassakah zurück (IOM 11.8.2017). Am Beginn des Jahres kam es zur Rückkehr von etwa 150.000 Personen (Zeitraum Januar-April 2017) nach Ost-Aleppo, wobei die Dauerhaftigkeit dieser Rückkehr fragwürdig ist, da die Zahl der beschädigten Unterkünfte in Ost-Aleppo sehr hoch ist (IDMC 2017).
Die Hauptfaktoren, die die Entscheidung zurückzukehren, beeinflussen, sind primär die Wiedervereinigung mit Familienmitgliedern, den Zustand des eigenen Besitzes/Grundstücks zu prüfen und in manchen Fällen auch die tatsächliche oder wahrgenommene Verbesserung der Sicherheitslage in Teilen des Landes (UNHCR 30.6.2017 und IOM 11.8.2017). Andere Rückkehrgründe können eine Verschlechterung der ökonomischen Situation am Zufluchtsort oder soziokulturelle Probleme sein (Die Presse 14.8.2017, vgl. IOM 11.8.2017).
Das Konzept von Binnenvertriebenen ist jedoch viel weiter gefasst, als jenes von Flüchtlingen. Binnenvertriebene sind all jene, die ihr Zuhause verlassen haben und dabei sehr kurze oder auch weite Entfernungen zurückgelegt haben. Kürzere Distanzen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr. Beispielsweise kehren viele IDPs aus West-Aleppo nach Ost-Aleppo zurück, oder viele IDPs aus den Vorstädten von Damaskus kehrten in die Vororte Qabun oder Qudsaya zurück, nachdem diese von der syrischen Armee wieder erobert wurden. Das hauptsächliche Hindernis bei der Rückkehr bleibt das Fehlen von Sicherheit, wobei diese Einschätzung von der geographischen Herkunft, sozioökonomischen Lage und einer potentiellen Beteiligung im Widerstand gegen das syrische Regime beeinflusst wird (WI 7.7.2017).
Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen (AA 17.8.2017). Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage des Gesetzes Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt sind (UNHCR 2.2017).
Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Assad-Regimes angesehen wird (UK HOME 8.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.8.2017): Syrien: Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SyrienSicherheit_node.html , Zugriff 17.8.2017
- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,
https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf , Zugriff 19.10.2017
- DS - The Daily Star (2.1.2018): Syrian reconciliation minister visits Lebanon: report,
https://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2018/Jan-02/432123-syrian-reconciliation-minister-visits-lebanon-report.ashx# , Zugriff 2.1.2018
- IDMC - Internal Displacement Minitoring Centre (2017): Country Profiles - Syria - Mid Year Update 2017 (January-June), http://www.internal-displacement.org/assets/country-profiles/Mid-Year-update-2017/SYR-conflict.pdf , Zugriff 21.11.2017
- IOM - International Organization for Migration (11.8.2017): Over 600.000 Displaced Syrians Returnet Home in First 7 Months of 2017, https://www.iom.int/news/over-600000-displaced-syrians-returned-home-first-7-months-2017 , Zugriff 21.11.2017
- IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (19.1.2016): Syria:
Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion (2014 - December 2015),
https://www.ecoi.net/local_link/320204/459448_de.html , Zugriff 11.12.2017
- Die Presse (14.8.2017): UNO: 600.000 Syrer seit Jänner nach Hause zurückgekehrt,
http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5268787/UNO_600000-Syrer-seit-Jaenner-nach-Hause-zurueckgekehrt , Zugriff 17.8.2017
- SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (21.3.2017): Syrien:
Rückkehr,
https://www.ecoi.net/file_upload/1788_1492610569_syrruk.pdf , Zugriff 17.8.2017
- Spiegel - Spiegel Online (11.9.2017): Assads Top-General droht Flüchtlingen,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-krieg-top-general-issam-zahreddine-droht-fluechtlingen-a-1167093.html , Zugriff 21.11.2017
- The Telegraph (18.10.2017): Top Syrian general killed by Isil landmine near Deir Ezzor,
http://www.telegraph.co.uk/news/2017/10/18/top-syrian-general-killed-isil-landmine-near-deir-ezzor/ , Zugriff 21.11.2017
- UK HOME - UK Home Office (8.2016): Country Information and Guidance Syria: the Syrian Civil War, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1472706544_cig-syria-security-and-humanitarian.pdf , Zugriff 22.11.2017
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (2.2017): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR's Country Guidance on Syria; "Illegal Exit" from Syria and Related Issues for Determining the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Syria,
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1493896269_opendocpdf.pdf , Zugriff 17.8.2017
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.6.2017): UNHCR seeing significant returns of internally displaced amid Syria's continuing conflict,
https://www.ecoi.net/local_link/342857/486251_de.html , Zugriff 17.8.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria,
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- WI - The Washington Institute for Near East Policy (7.7.2017): A Half-Million Syrian Returnees? A Look Behind the Numbers, http://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/view/a-half-million-syrian-returnees-a-look-behind-the-numbers , Zugriff 21.11.2017
- Zeit Online (10.12.2017): Der Weg zurück nach Syrien,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/syrien-fluechtlinge-rueckkehr/komplettansich
, Zugriff 11.12.2017
2. Beweiswürdigung
Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen stützen sich auf das Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 25.01.2018, welche dem Rechtsvertreter anlässlich der mündlichen Verhandlung am 13.02.2019 ausgehändigt wurden. Eine Stellungnahme dazu erfolgte nicht.
Die Feststellungen zu XXXX gründen sich auf wikipedia und https://syria.liveuamap.com/
Die Identität des Beschwerdeführers wurde bereits von der belangten Behörde festgestellt. In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Schreibweise seines Namens XXXX sei und er ersuchte um Berichtigung. Dazu bleibt jedoch festzustellen, dass sich die Schreibweise seines Namens im gegenständlichen Verfahren aus seinem vorgelegten, unbedenklichen syrischen Reisepass, ergibt. Dieser Umstand wurde dem Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt und zur Kenntnis genommen.
Das Datum der Antragstellung nach illegaler Einreise sowie der bisherige Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Die Feststellungen zu seinen Familienverhältnissen, seiner Herkunft und seiner Ausbildung zum Bauingenieur ergeben sich aus seinen Angaben und der Nostrifizierung seiner Ausbildung durch ENIC NARIC AUSTRIA des BMBWF vom XXXX , welche "unter Voraussetzung der Echtheit und Richtigkeit der Verleihungsurkunde" den akademischen Titel aus Syrien anerkannte. (Nur am Rande sei bemerkt, dass es erstaunlich anmutet, dass eine Nostrifizierung anhand ungeprüfter Urkunden stattfindet.)
Die Feststellung, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers für das XXXX nicht festgestellt werden kann, ergibt sich einerseits aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer zwar Dokumente seine Ausbildung zum Bauingenieur betreffend mit nach Österreich genommen hat, um sie hier nostrifizieren zu lassen, andererseits keinerlei Unterlagen seiner behaupteten Tätigkeit im XXXX . Dies ist umso erstaunlicher, als sich der Fluchtgrund auf diese Tätigkeit gründen soll. Darüber hinaus waren seine Angaben anlässlich der mündlichen Verhandlung über seine Tätigkeit nur vage und detaillos.
Weiterhin wenig glaubhaft ist die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei am 15.09.2012 wieder nach XXXX zurückgekehrt und habe wieder seine Arbeitstätigkeit aufgenommen. Dies ist schon deshalb nicht glaubhaft, da der Beschwerdeführer vor dem BFA angab, ab 2011 nicht mehr im XXXX gearbeitet zu haben und mit seiner Familie durch ca. zehn verschiedene Städte in Syrien gereist zu sein. Von einer Rückkehr an seine ursprüngliche Arbeitsstätte war vor dem BFA nie die Rede; auch nicht in der Beschwerde. Diese Neuerung ergibt sich wohl daher, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung auf den Widerspruch seiner Aussagen hingewiesen wurde, weshalb er seine Aussagen dahingehend modifizieren musste.
Seine weiteren Ausführungen zu seiner Arbeitstätigkeit im XXXX ab 2012 sind nicht nachvollziehbar: Erstens sei seine monatelange Abwesenheit an seiner Arbeitsstelle nicht aufgefallen, zweitens wären zwar die Bediensteten zur Arbeitsstelle zurückgekehrt, wären aber anschließend kaum mehr dort anwesend gewesen, alle hätten keine Arbeitsaufträge bekommen und trotzdem pünktlich monatlich ihr Geld erhalten. Diese geradezu absurden Ausführungen können nur einem Umstand entspringen, nämlich dass sie nicht den Tatsachen entsprechen.
Im Übrigen erschließt sich dann auch nicht die Angst des Beschwerdeführers, dass er seine Arbeitsstelle 2013 wiederum ohne Zustimmung verlassen habe und nun als Oppositioneller angesehen werde, da ohnehin seine erste angebliche monatelange Abwesenheit im XXXX nicht aufgefallen ist. Da auch diese ohne Zustimmung der Arbeitsstelle erfolgt sein soll, dem Beschwerdeführer daraus keinerlei Verfolgungshandlungen erwachsen sein sollen, sondern er sogar ohne Arbeitstätigkeit weiterhin monatliche Bezüge erhalten haben soll, ist seine nunmehrige Angst vor Verfolgung nicht nachvollziehbar.
Gegen eine Verfolgung des Beschwerdeführers durch staatliche Behörden spricht auch der Umstand, dass er sich laut seinen Angaben nach seiner Abreise aus XXXX in ca. zehn verschiedenen, syrischen Städten mit seiner Familie niedergelassen habe, wobei er an den Checkpoints nie kontrolliert worden sei. Bei solch einer regen Reisetätigkeit innerhalb eines aufgrund des Bürgerkrieges von Kontrollpunkten und Grenzlinien übersäten Landes ist es denkunmöglich, dass der Beschwerdeführer nie kontrolliert worden sein soll. Dies lässt aber nur den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer die Checkpoints mit seiner Familie ohne Probleme passieren konnte und deswegen eben nicht staatlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen war. Auch spricht seine legale Ausreise aus Syrien gegen eine staatliche Verfolgung.
Zwar mag es möglich sein - wie der Beschwerdeführer in der Verhandlung erstmals behauptete - dass er aufgrund von Bestechung aus dem Land ausreisen habe können, es bleibt aber noch immer die Tatsache, dass er laut eigenen Angaben eine rege Reisetätigkeit über zwei Jahre in Syrien tätigten konnte, ohne jeglicher Verfolgungshandlung von staatlichen Behörden ausgesetzt gewesen zu sein.
Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung einen Internetauszug des Internetportals Zaman-Al-Wasl vor, wonach er auf einer Liste von 1,5 Mio. gesuchten Personen in Syrien stünde.
In diesem Zusammenhang darf auch ein Urteil des OVG Lüneburg vom 16.05.2017, Az; 2 A 3024/17 verwiesen werden:
"Soweit inzwischen berichtet worden ist, im Internet stehe eine Datenbank mit "geleakten" Daten vom syrischen Regime gesuchter Staatsbürger zur Verfügung (unter zamalalwsl.net), ist eine Überprüfung deren Inhalts, insbesondere der Richtigkeit und Verlässlichkeit etwa enthaltener Daten, schlechterdings nicht möglich. Selbst wenn eine Abfrage allerdings valide Daten ergäbe, wäre damit nicht bereits gesichert, dass diese eine politische Verfolgung bestätigten. Es müsste vielmehr zusätzlich dargetan sein, dass sich die angeblich zugrunde liegenden Daten von solchen in legalen Fahndungsbüchern anderer Länder unterschieden."
Auch das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass einzelne Seiten aus Internetquellen keine besondere Beweiskraft haben.
Im Zusammenhang mit der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführer ist daher trotzdem davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht vom Regime gesucht wird.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe aufgrund starker Schmerzen bei der Einvernahme vor dem BFA nicht alles wie bei der Verhandlung vor dem BVwG erzählen können, kann nur als Schutzbehauptung gewertet werden:
Zunächst nämlich erklärte der Beschwerdeführer vor dem BFA, psychisch und physisch in der Lage zu sein, die Fragen zu beantworten, weiters ergibt sich aus der vorgelegten ärztlichen Bestätigung lediglich ein kleines Geschwür an der Wade, welches zum Zeitpunkt der Einvernahme laut dieser Bestätigung schon im Verheilen war. Dass der Beschwerdeführer trotz Einnahme von Schmerzmitteln unter solch großer Schmerzen gelitten haben soll, so dass er nur einen Teil seines Fluchtvorbringens habe aussagen können, ist nicht glaubhaft. Ebenso seine Behauptung, dass er diesen Umstand in der Beschwerde nicht geltend machen habe können, da er von der Diakonie gedrängt worden sei, sich kurz zu fassen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
Im Umstand, dass im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine Furcht kann vielmehr nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in derselben Situation auch fürchten würde. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132).
In Hinblick darauf, dass weder eine Anstellung des Beschwerdeführers beim XXXX , noch eine damit zusammenhängende Bedrohung durch das syrische Regime bzw. regimetreue Milizen festgestellt wurde, die Ausreise aus Syrien legal unter Verwendung des Reisepasses erfolgte und dem Beschwerdeführer keine weitere Einziehung zum Militärdienst droht, kann mit der nötigen Wahrscheinlichkeit weder von einer allgemeinen Verfolgungsgefahr durch das Regime wegen des Fernbleibens von der Arbeit, einer illegalen Ausreise, noch von einer Verfolgungsgefahr wegen einer Einziehung zum syrischen Militär, wegen einer Einziehung zu einem Dienst bei einer regimetreuen Miliz, und somit nicht von einer ausreichend wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr wegen einer auch nur unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung ausgegangen werden.
Die gegenständliche Einschätzung soll keineswegs das Ausmaß an Willkür, Menschenrechtsverletzungen und die Gefahrenpotentiale, der bzw. denen vom syrischen Regime als oppositionell angesehene Personen ausgesetzt sein können, banalisieren. In Bezug auf das allgemeine Sicherheitsrisiko wurde dem Beschwerdeführer auch zu Recht subsidiärer Schutz gewährt. Dennoch fehlt es in seinen konkreten Umständen an Hinweisen auf eine persönliche, den Beschwerdeführer betreffende maßgeblich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr, weshalb der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht stattgegeben werden kann.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall erweist sich die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Wie der rechtlichen Beurteilung unzweifelhaft zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.
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