BVwG W134 2118747-1

BVwGW134 2118747-14.1.2016

BVergG §108 Abs1 Z2
BVergG §292 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
GewO 1994 §94
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §108 Abs1 Z2
BVergG §292 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
GewO 1994 §94
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W134.2118747.1.00

 

Spruch:

W134 2118747-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "4020 Linz, Kunstuniversität, Hauptplatz 5-6 und 8, Sanierung und Erweiterung Brückenkopfgebäude Ost und West, Teil-Generalunternehmerleistungen - Dachneubauten (Glas- u. Stahlkonstruktion)", der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX vertreten durch XXXX vom 21.12.2015, verbessert mit Schreiben vom 22.12.2015, das Bundesverwaltungsgericht möge "der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagen, das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen; in eventu, falls das Bundesverwaltungsgericht diesem Antrag nicht stattgeben sollte, der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagen, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag über die ausgeschriebenen Leistungen zu erteilen" wie folgt beschlossen:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 21.12.2015, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, verbessert mit Schreiben vom 22.12.2015, begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und des Ausscheidens ihres Angebotes vom 10.12.2015, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin.

Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Antragstellerin habe im gegenständlichen Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben. Mit Schreiben vom 12.10.2015 sei die Antragstellerin von der Auftraggeberin zur Nachreichung des Antrags auf Genehmigung von Subunternehmern aufgefordert worden. Am 16.10.2015 habe die Antragstellerin der Auftraggeberin fristgerecht den ausgefüllten Antrag auf Genehmigung von Subunternehmern übermittelt. Mit Schreiben vom 06.11.2015 sei die Antragstellerin von der Auftraggeberin zu einem Aufklärungsgespräch eingeladen worden. Mit Schreiben vom 10.12.2015 habe die Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Zuschlag an das Bauunternehmen XXXX erteilt werden solle. Im selben Schreiben sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass ihr Angebot bei der Bestbieterermittlung nicht berücksichtigt werden könne, da es auszuscheiden sei. Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die Ausscheidensentscheidung und die Zuschlagsentscheidung vom 10.12.2015. Die Ausscheidensentscheidung sei damit begründet worden, dass der Antragstellerin die für die Ausführung der im Leistungsverzeichnis beschriebenen Arbeiten erforderliche Befugnis fehle und dass die Antragstellerin nicht gemäß § 108 Abs. 1 Z. 2 BVergG bereits im Angebot alle infrage kommenden Subunternehmer namentlich bekannt gegeben habe. Der Antragstellerin mangle es jedoch nicht an der erforderlichen Befugnis. Die Antragstellerin sei aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung "Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau (verbundenes Handwerk) gemäß § 94 Z. 59 GewO 1994" befugt, sämtliche im Leistungsverzeichnis beschriebenen Arbeiten auszuführen. Die Antragstellerin habe bereits in ihrem Angebot die infrage kommenden Subunternehmer im Langleistungsverzeichnis namentlich bekannt gegeben, weshalb kein Mangel vorliege. Da das Angebot der Antragstellerin nicht auszuscheiden sei habe sie laut dem festgelegten Zuschlagskriterien das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot gelegt, weshalb ihr der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 28.12.2015 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, und vergebende Stelle die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Unternehmensbereich Universitäten, Prunerstraße 5, 4020 Linz, sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich der in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip entsprechend dem der Ausschreibung beiliegenden Formblatt "Einladung zur Angebotsabgabe und Angebotsbestimmungen" unter Berücksichtigung der vorgegebenen Kriterien (98 % Preis, 2% Gewährleistung) vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 08.09.2015 in der EU am 07.09.2015 erfolgt. Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und des Ausscheidens des Angebotes der Antragstellerin vom 10.12.2015 sei am 11.12.2015 per Telefax bzw. per E-Mail erfolgt.

Die Auftraggeberin führte zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nichts aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, hat einen Bauauftrag im Wege eines offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 08.09.2015, in der EU am 07.09.2015 erfolgt. Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und des Ausscheidens des Angebotes der Antragstellerin vom 10.12.2015 erfolgte am 11.12.2015 per Telefax bzw. per E-Mail (Schreiben der Auftraggeberin vom 28.12.2015).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Zuschlagsentscheidung - behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax binnen 10 Tagen einzubringen. Die Zuschlagsentscheidung erfolgte am 11.12.2015 per Telefax bzw. per E-Mail. Der Nachprüfungsantrag ist am 21.12.2015 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat als vorläufige Maßnahme beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge "der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagen, das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen; in eventu, falls das Bundesverwaltungsgericht diesem Antrag nicht stattgeben sollte, der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagen, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag die ausgeschriebenen Leistungen zu erteilen".

Die beantragte Untersagung das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen wäre eine überschießende Maßnahme.

Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Zuschlagsentscheidung vom 10.12.2015 die Vergabe an die Bauunternehmung Rudolf Gerstl KG beabsichtigt ist, diese aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Die Auftraggeberin führte zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nichts aus.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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