BVergG §106 Abs7
BVergG §12 Abs3
BVergG §126 Abs1
BVergG §129 Abs1 Z7
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §316 Abs1 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §4
BVergG §98 Abs7
BVergG §98 Abs8
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
BVergG §101 Abs4
BVergG §106 Abs7
BVergG §12 Abs3
BVergG §126 Abs1
BVergG §129 Abs1 Z7
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §316 Abs1 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §4
BVergG §98 Abs7
BVergG §98 Abs8
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W123.2112177.1.00
Spruch:
W123 2112177-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich RÖDLER als Mitglieder der Auftraggeberseite und Dr. Rosemarie SCHÖN als Mitglied der Auftragnehmerseite betreffend das Vergabeverfahren "1090 Wien, Garnisongasse 3, Dachgeschoßausbau Teil-GU Hochbau" der ARE Austrian Real Estate GmbH, Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien über den Antrag der XXXX , vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, vom 11.08.2015, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge die Ausscheidensentscheidung vom 04.08.2015 für nichtig erklären", wird abgewiesen.
Rechtsgrundlage: §§ 19 Abs. 1, 98 Abs. 8, 101 Abs. 4, 106 Abs. 7, 129 Abs. 1 Z 7 iVm 312 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006
II. Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge die Auftraggeberin zum Ersatz der Pauschalgebühren für den Nachprüfungsantrag zu Handen der Antragstellervertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution verhalten", wird abgewiesen.
Rechtsgrundlage: § 319 Abs. 1 BVergG 2006
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Antragstellerin stellte am 11.08.2015 das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen sowie Teile des Angebotes der Antragstellerin von einer allfälligen Akteneinsicht auszunehmen.
Am 04.08.2015 habe die ausschreibende Stelle die Mitteilung der Ausscheidensentscheidung betreffend das Angebot der Antragstellerin übermittelt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass im Angebot der Antragstellerin "in sämtlichen Bieterlücken keine Typenangaben bzw. Angaben zu exakten Fabrikaten" gemacht worden seien und deshalb das Angebot unvollständig und mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und daher gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG auszuscheiden sei. Dieser behauptete Ausscheidungsgrund sei der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt vor der Mitteilung der Ausscheidensentscheidung vorgehalten worden und es sei der Antragstellerin auch keine Gelegenheit gegeben worden, sich dazu zu äußern um allenfalls verbesserbare Mängel zu verbessern.
Die Auftraggeberin habe es in rechtswidriger Weise unterlassen, Gelegenheit zur Aufklärung im Sinne des § 126 Abs. 1 BVergG 2006 einzuräumen. Bereits aus diesem Grunde sei die Ausscheidensentscheidung rechtswidrig. Hätte die ausschreibende Stelle die Antragstellerin um Aufklärung ersucht, hätte die Antragstellerin auf die Ausführungen in ihrem Begleitschreiben zum Angebot vom 22.06.2015 hingewiesen, wonach die ausgeschriebenen Produkte als Angebote gelten, falls sich die in den Bieterlücken getätigten Angaben nicht als ausschreibungskonform erweisen sollten. Außerdem hätte die Antragstellerin aufgeklärt, dass in dem Fall, dass durch die Angaben in einer Bieterlücke mehr als ein ausschreibungskonformes Produkt möglich sein sollte, der ausschreibenden Stelle das Wahlrecht eingeräumt sei, unter den verbliebenen Produkten zu wählen, ohne dass dies zu Preisänderungen führe.
Zwar mag es zutreffend sein, dass nicht in allen Bieterlücken die angebotenen Produkte exakt spezifiziert worden seien, doch habe die Antragstellerin in ihrem Begleitschreiben vom 22.06.2015 eindeutig festgehalten, dass für den Fall, dass die in den Bieterlücken angegebenen Produkte nicht den Ausschreibungskriterien entsprechen würden, die ausgeschriebenen Produkte gelten würden. Eine Ausschreibungswidrigkeit sei daher im Falle der Benennung eines Leitprodukts im Leistungsverzeichnis der Ausschreibung denkunmöglich gewesen. Das BVA habe ausgesprochen, dass für die Frage, ob ein behebbarer Mangel vorliege, entscheidend sei, ob der Bieter nach Angebotsöffnung noch eine Wahl zwischen mehreren Produkten habe. Wenn aber (nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme) in Zusammenschau der Ausschreibung und des Angebots klar sei, welches Produkt angeboten wurde, liege ein behebbarer und kein unbehebbarer Mangel vor. Genau dieser Fall sei auch vorliegend gegeben, weil in Zusammenschau der Ausschreibungsspezifikationen mit dem Angebot der Antragstellerin ein Rückschluss auf das jeweilige angebotene Produkt möglich werde. Daher vermag auch der Verweis auf die Entscheidung des BVwG vom 28.08.2014, W138 2009787-2, die Rechtsansicht der Auftraggeberin nicht zu stützen. Darin seien die in den Bieterlücken angeführten Firmenbezeichnungen nämlich vom Bieter mit dem Zusatz "oder glw" ergänzt worden, sodass keinesfalls nachvollzogen werden habe können, welches Produkt konkret gemeint gewesen sei.
2. Die Auftraggeberin erstattete am 19.08.2015 eine Stellungnahme und führte darin aus, dass das Leistungsverzeichnis in einigen Positionen unechte Bieterlücken vorsehe. In sämtlichen dieser Positionen seien Leitprodukte angeführt. In den Zeilen darunter finde sich der Zusatz angebotenes gleichwertiges System samt den Bestimmungen zur Gleichwertigkeit. Verwiesen wurde auf Punkt 2 der Angebotsbestimmungen, wonach der Bieter Fabrikate und Type einzusetzen habe und die Gleichwertigkeit mit Angebotsabgabe nachzuweisen sei.
Das Leistungsverzeichnis sehe in zahlreichen Positionen Bieterlücken vor. Die Antragstellerin habe in sämtlichen dieser Positionen nur den Hersteller/die Firma genannt. Exemplarisch wurden zwei Positionen herausgegriffen. Die in den beiden Positionen genannten Hersteller würden über eine Vielzahl von Produkten verfügen. Nur die Bezeichnung des Herstellers zeige, dass die Antragstellerin keine exakte Produktangabe im Leistungsverzeichnis vorgenommen habe.
Ein Aufklärungsgespräch könne gesetzeskonform nur dann durchgeführt werden, wenn ein behebbarer Mangel vorliege. Im gegenständlichen Fall liege jedoch ein unbehebbarer Mangel vor. Die Antragstellerin habe in ihrem Angebot lediglich in den unechten Bieterlücken Firmennamen angegeben. Dies bestätige die Antragstellerin selbst in ihrem eigenen Schriftsatz. Unter Punkt 5.1.5. spreche sie von einem Wahlrecht der Auftraggeberin, für den Fall, dass durch die Angaben in einer Bieterlücke mehr als ein ausschreibungskonformes Produkt möglich sein sollte, unter den verbliebenen Produkten zu wählen, dies ohne Preisänderung. Somit sei eine genaue Bezeichnung, welches Produkte, Type etc. angeboten worden sei, nicht erfolgt. Bereits aus diesem Grund ist eine Prüfung der Gleichwertigkeit nicht möglich, da es nicht Aufgabe der Auftraggeberin sei, Vermutungen darüber anzustellen, was die Antragstellerin eigentlich angeboten habe.
Richtig sei, dass die Antragstellerin ein Begleitschreiben ihrem Angebot beigelegt habe. Dass die Antragstellerin gewusst habe, dass sie Produkte anzugeben habe, bestätige sie mit dem Inhalt ihres Begleitschreibens. Darin habe sie festgehalten, dass für den Fall, dass die in den Bieterlücken von ihr angegebenen Produkte nicht den Ausschreibungskriterien entsprechen würden, die ausgeschriebenen Produkte gelten würden. Damit lasse sich aber nichts gewinnen, da gerade eben keine Produkte angeboten worden seien, sondern nur die Nennung von Firmen z.B. XXXX oder XXXX , erfolgt sei. Es ist genau nicht möglich, dass eine "Zusammenschau der Ausschreibungsspezifikationen mit dem Angebot", wie die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag behauptet, genau auf ein einziges Produkt rückgeschlossen werden könne.
3. Mit Stellungnahme vom 09.09.2015 führte die Antragstellerin einleitend aus, dass richtig sei, dass das Leistungsverzeichnis etliche unechte Bieterlücken enthalte. Die Auftraggeberin führe in ihrer Stellungnahme "exemplarisch" zwei Bieterlücken an, die im Angebot der Antragstellerin nicht ausschreibungskonform ausgefüllt worden seien. Die Antragstellerin habe in der Position 56 V1 28 kein alternatives, gleichwertiges Produkt angeboten, sondern genau dieses Leitprodukt, in dem sie in die Bieterlücke " XXXX " eingetragen habe. Diese Bietererklärung sei völlig unzweifelhaft. Hätte die Auftraggeberin diesbezüglich auch nur den leisesten Zweifel gehegt, hätte sie nachfragen können und auch müssen, ob die Antragstellerin mit der Bezeichnung " XXXX " das Leitprodukt oder aber ein anderes Produkt anbieten wollen. Aus dem im Internet frei zugänglichen Datenblatt für das " XXXX " der Firma XXXX ergebe sich eine eindeutige Produktspezifikation. Schließlich wies die Antragstellerin - wie bereits im Nachprüfungsantrag - auf ihr Begleitschreiben hin.
Auch bezüglich der Position 23 09 044 A habe die Antragstellerin nicht ein alternatives, gleichwertiges Produkt angeboten, sondern genau dieses Leitprodukt, in dem sie in die Bieterlücke " XXXX " eingetragen habe. Auch diese Bietererklärung sei völlig unzweifelhaft. Im Falle des Zweifels hätte die Auftraggeberin auch diesbezüglich nachfragen müssen. Aus dem im Internet frei zugänglichen Produktdatenblatt " XXXX XXXX " der Firma XXXX ergebe sich eine eindeutige Produktspezifikation.
Zur mangelnden Gewährung der Möglichkeit zur Aufklärung führte die Antragstellerin aus, dass, wenn überhaupt, nur eine Unklarheit vorliege. Dies gestehe letztlich auch die Auftraggeberin zu, wenn sie auf Seite 6 ihrer Stellungnahme von der "fehlenden Klarheit des Angebotes" spreche. Bei Unklarheiten müsse dem Bieter gemäß § 126 Abs. 1 BVergG zwingend die Gelegenheit zur schriftlichen Aufklärung gegeben werden. Im Gegensatz zur Entscheidung des BVwG vom 28.08.2014, W138 2009787-2/16E sei im vorliegenden Fall eindeutig erklärt worden, welches konkrete Produkt angeboten gewesen sei: (i) durch die Bezugnahme auf das Leitprodukt im systematischen Zusammenhang, (ii) aufgrund der spezifischen Ausschreibungsspezifikationen und der frei zugänglichen Produktdatenblättern, die im Wege einer Aufklärung vorgelegt worden wären und schließlich (iii) aufgrund der Festlegung im Begleitschreiben, dass bei einer Ausschreibungswidrigkeit das Leitprodukt als angeboten gelte.
4. Am 10.09.2015 übermittelte die Auftraggeberin Unterlagen, insbesondere zu den Produkten der Firma XXXX . Aus diesen ergebe sich, dass keine eindeutige und klare Zuordnung, was die Antragstellerin nun angeboten hat, möglich sei, sondern vielmehr die alleinige Nennung des Firmennamens völlig offen lasse, welches Produkt von der Antragstellerin als gleichwertiges Produkt zum Leitprodukt angeboten werde.
5. Mit Schriftsatz vom 04.09.2015 nahm die Antragstellerin zur Vorlage der Auftraggeberin vom 10.09.2015 Stellung. Das Schreiben des Architekten DI XXXX sei mit 30.07.2015 datiert. Daraus ergebe sich, dass darin die in der Stellungnahme vom 09.09.2015 dargelegten Argumente nicht berücksichtigt worden seien. Aus diesem Grund werde auf das Vorbringen dieser Stellungnahme verwiesen. Mit der Eintragung " XXXX " in der Bieterlücke habe die Antragstellerin völlig unzweifelhaft das Leitprodukt angeboten. Dies ergebe sich auch aus den von der Auftraggeberin übermittelten Beilagen ./2 und ./3. Zwar sei es völlig unzweifelhaft, dass die Firma XXXX über eine Vielzahl an Produkten verfüge, doch sei aus den übermittelten Beilagen klar ersichtlich, dass es jeweils nur ein Produkt mit dem Zusatz " XXXX " gebe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1. Die ARE Austrian Real Estate GmbH hat das Vergabeverfahren "1090 Wien, Garnisongasse 3, Dachgeschoßausbau Teil-GU Hochbau" im Wege eines offenen Verfahrens ausgeschrieben.
2. Punkt 2 der Angebotsbestimmungen lautet auszugsweise:
Die im Leistungsverzeichnis namentlich genannten Erzeugnisse (Referenz, Fabrikate und Typen) sollen, über die Leistungsbeschreibung hinausgehen, den gewünschten Standard festlegen. Sofern der Positionstext "oder gleichwertige Art" enthält, kann der Bieter ein Fabrikat und eine Type seiner Wahl einsetzen. Der Bieter hat durch Prüfzeugnisse anerkannter Prüf- und Eichlaboratorien, sowie Inspektions- und Zertifizierungsstellen im Sinne des BVergG die Gleichwertigkeit vollständig nachzuweisen. Wenn die vom Bieter genannten Erzeugnisse nach sachverständiger Prüfung den in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Kriterien der Gleichwertigkeit nicht entsprechen, gilt gem. § 106 Abs. 7 BVergG 2006 das ausgeschriebene Erzeugnis nur dann als angeboten, wenn der Bieter dies in einem Begleitschreiben zum Angebot erklärt hat.
[...]
Setzt ein Bieter bei der entsprechenden Position in die hierfür vorgesehen Zeilen (Bieterlücken) keine Erzeugnisse oder Materialien seiner Wahl ein, so gelten die beispielhaft angeführten Erzeugnisse oder Materialien als angeboten.
3. Im Leistungsverzeichnis findet sich nachfolgende Bestimmung:
Ständige Vorbemerkungen
Soweit in Vorbemerkungen oder Positionstexten nicht anders angegeben gelten folgende Regelungen.
[...]
5. Beispielhaft genannte Materialien/Erzeugnisse/Typen/Systeme:
Sind im Leistungsverzeichnis zu einzelnen Positionen zusätzlich beispielhafte Materialien/Erzeugnisse/Typen/Systeme angeführt, können in der Bieterlücken gleichwertige Materialien/Erzeugnisse/Typen/Systeme angeboten werden. Die Kriterien der Gleichwertigkeit sind in der Position beschrieben.
Setzt der Bieter in die Bieterlücken keine Materialien/Erzeugnisse/Typen/Systeme seiner Wahl ein, gelten die beispielhaft genannten Materialien/Erzeugnisse/Typen/Systeme als angeboten.
4. Dem Angebot der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin bei Positionen, in denen ein genaues Leitprodukt festgelegt worden war und dem Bieter die Möglichkeit eingeräumt wurde, ein gleichwertiges Produkt anzubieten (vgl. den Wortlaut "oder Gleichwertiges"), lediglich den Firmen bzw. Herstellernamen eingesetzt hat. Dies betrifft nachfolgende Positionen:
230938A (ACO), 230943A ( XXXX ), 230944A ( XXXX ), 230945A ( XXXX ), 230947B ( XXXX ), 230947D ( XXXX ), 230949B ( XXXX ), 56V101G ( XXXX), 56V101L ( XXXX ), 56V101M ( XXXX ), 56V101N ( XXXX ), 56V128D ( XXXX ), 56V181G ( XXXX ), 56V181L ( XXXX ), 56V181M ( XXXX ), 56V181U ( XXXX ), 56V181V ( XXXX ), 56V181W ( XXXX ), 56V189G ( XXXX), 56V189L ( XXXX ), 56V189M ( XXXX ), 56V189N ( XXXX ), 56V191G ( XXXX ), 56V191L ( XXXX ), 56V191M ( XXXX ), 56V191N ( XXXX ), 56V192G ( XXXX ), 56V192L ( XXXX ), 56V192M ( XXXX ), 56V192N ( XXXX), 56V204G ( XXXX ), 56V204L ( XXXX ), 56V204M ( XXXX ), 56V204N ( XXXX ), 56V217G ( XXXX ), 56V217L ( XXXX ), 56V217M ( XXXX ), 56V217N ( XXXX ), 56V304 ( XXXX ), 56V305 ( XXXX ), 56V306 ( XXXX )
Das Begleitschreiben der Antragstellerin vom 22.06.2015 lautet auszusgweise:
Sollten die in den Bieterlücken von uns angegebenen Produkte nicht den Ausschreibungskriterien entsprechen, so gelten die ausgeschriebenen Produkte.
5. Mit Telefax vom 04.08.2015 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin die Ausscheidensentscheidung gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG mit. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin in sämtlichen Bieterlücken keine Typenangaben bzw. Angaben zu exakten Fabrikaten gemacht habe. Es sei lediglich ein Firmenname ( XXXX bzw. ...) angegeben worden. Aus der Nennung des Herstellers alleine sei nicht erkennbar, welches konkrete Produkt angeboten worden sei. Das Angebot sei damit unvollständig und mit einem unbehebbaren Mangel behaftet. Auf die Rechtsprechung des BVA bzw. des BVwG wurde hingewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen der Auftraggeberin keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung :
Zu A)
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit der Anträge
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten.
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die ARE Austrian Real Estate GmbH. Diese ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG (siehe dazu bereits BVwG 28.08.2014, W138 2009787-2/16E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag iSd § 4 BVergG. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR 1.350,000, sodass es sich gemäß § 12 Abs. 3 BVergG um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist entsprechend § 312 Abs. 1 und 2 BVergG iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit. e B-VG gegeben.
Da das Vergabeverfahren weder widerrufen noch ein Zuschlag erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht in concreto gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.
Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 321 Abs. 1 BVergG eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde jedenfalls in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs. 1 Z 1 BVergG iVm § 1 BVwG-PauschGebV). Ein sonstiger Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 322 Abs. 2 BVergG liegt nicht vor.
Inhaltliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.:
Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen.
§ 98 Abs. 8 BVergG lautet Erfolgt ausnahmsweise die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz "oder gleichwertig", sind in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses nach der entsprechenden Position vom Bieter Angaben über Fabrikat und Type der von ihm gewählten gleichwertigen Produkte und, sofern gefordert, sonstige diese Produkte betreffende Angaben zu verlangen. Die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit sind in der Beschreibung der Leistung anzugeben
Gemäß § 101 Abs. 4 BVergG darf während eines offenen Verfahrens mit den Bietern über eine Angebotsänderung nicht verhandelt werden.
§ 106 Abs. 7 BVergG lautet: Erfolgt ausnahmsweise gemäß § 98 Abs. 7 und 8 die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz "oder gleichwertig", so kann der Bieter in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses ein gleichwertiges Erzeugnis angeben. Den Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen. Die in den Ausschreibungsunterlagen als Beispiele genannten Erzeugnisse gelten als angeboten, wenn vom Bieter keine anderen Erzeugnisse in die freien Zeilen des Leistungsverzeichnisses eingesetzt wurden. Wenn die vom Bieter genannten Erzeugnisse nach sachverständiger Prüfung den in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Kriterien der Gleichwertigkeit nicht entsprechen, gilt das ausgeschriebene Erzeugnis nur dann als angeboten, wenn der Bieter dies in einem Begleitschreiben zum Angebot erklärt.
Gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.
Vorweg ist festzuhalten, dass die Ausschreibung nicht rechtzeitig angefochten wurde und daher bestandfest ist. Alle am Vergabeverfahren Beteiligten, inklusive der Auftraggeberin, sind daran gebunden (ständige Rechtsprechung, zum Beispiel VwGH vom 14.04.2011, 2008/04/0065).
Die Ausschreibung ist nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Gleiches gilt für die Willenserklärungen der Bieter (ständige Rechtsprechung, zum Beispiel VwGH vom 22.11.2011, 2006/04/0024). Die Festlegungen der Ausschreibung sind für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend (zum Beispiel EuGH vom 22.06.1993, Rs C-243/89 , Kommission/Dänemark-Brücke über den Storebaelt, Slg. 1993, I 3353, Rn 39; VwGH vom 07.09.2009, 2007/04/0090). Die Bieter müssen sowohl zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Angebote vorbereiten, als auch zu dem Zeitpunkt, zu dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden, gleich behandelt werden (EuGH vom 25.04.1996, Rs-C 87/94 , Wallonische Autobusse, Rz 54). Auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die vergebende Stelle bei Ausschreibungen der Rechtsträger in privatwirtschaftlichen Agenden zur Gleichbehandlung der Bewerber verpflichtet (OGH vom 17.12.2001, 1 Ob 284/01y-Turnsaal-Anlage).
Allfällige Rechtswidrigkeiten können auch von der Vergabekontrollbehörde nicht mehr aufgegriffen werden (zum Beispiel VwGH vom 07.11.2005, 2003/04/0234). Die Festlegungen der Ausschreibung sind der Auftragsvergabe zugrunde zu legen (zum Beispiel VwGH vom 07.09.2009, 2007/04/0090 mwN; 14.04.2011, 2008/04/0065). Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibungsunterlagen auszugehen (BVA vom 30.04.2009, N/0021-BVA/10/2009-28; BVA vom 02.05.2011, N/0021-BVA/10/2011-33), andernfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen würde (zum Beispiel EuGH vom 22.06.1993, Rs C-243/89 , BVA vom 28.11.2008, N/0131-BVA/12/2008-29).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis vom 28.08.2014, W138 2009787-2/16E - festgehalten:
Sofern ein Bieter, wie im gegenständlichen Fall (siehe Bieterlückentext als Angebotsbeilage) nicht das Leitprodukt anbieten will, so hat dieser Fabrikat und Type des gleichwertigen Produktes zu nennen, sodass das angebotene Produkt eindeutig und objektiv erkennbar ist. Auch ohne den Zusatz "oder glw." würde nach den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen die Nennung eines Firmennamens, hier A***, nicht ausreichen, da damit kein konkretes Produkt genannt ist. Lediglich dann, wenn ein Bieter bei der entsprechenden Position in der Bieterlücke nichts einsetzt, so gilt das Leitprodukt als angeboten. [...]
[...]
Bei Bieterlücken handelt es sich um freie Zeilen oder Teile davon in die der Bieter das von ihm angegebene Produkt, Verfahren oder Leistungsmerkmal einträgt. Die technischen Spezifikationen der Leistung können gemäß § 98 Abs. 7 und 8 BVergG ausnahmsweise, wie gegenständlich auch in Position 01.14.8000A, Position 01.14.8050B, Position 01.14.8050D, Position 01.14.8051 und Position 01.14.8052B durch Nennung eines bestimmten Produktes mit dem Beisatz "oder gleichwertig" erfolgen. Macht der Auftraggeber von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss er zur Wahrung des Wettbewerbs eine Bieterlücke vorsehen. Nennt der Bieter kein Produkt, gilt das Leitprodukt gemäß § 106 Abs. 7 BVergG als angeboten. Die §§ 98 Abs. 7 und 106 Abs. 7 BVergG sind die einzigen Stellen an denen das BVergG das Wort Bieterlücke erwähnt. Dabei handelt es sich um die Bieterlücken, die das BVergG definiert. Sie werden auch als "unechte Bieterlücken" bezeichnet. In den konkreten Bieterlücken wird nach einem "angebotenen Produkt" gefragt, sodass die Angabe eines Herstellers "A***" nicht den Vorgaben der Ausschreibung entspricht.
[...]
Der objektive Erklärungswert der Beilage "Bieterlückentexte" zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ist jener, dass sie gerade kein konkretes Fabrikat und Type (angebotenes Produkt) angeboten hat. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass die Bieterin eben nicht das angeführte Leitprodukt [...] anführt, sondern den Firmennamen A*** nennt und andererseits daraus, dass sich bei jeder Position der Hinweis "oder glw." findet.
Ein konkret angebotenes Produkt konnte bei objektiver Interpretation des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung dem Anbot nicht entnommen werden.
Der Hinweis "oder glw." zu den vorgenannten Leistungspositionen kann nur so verstanden werden, dass sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht festgelegt hat, welches Produkt sie konkret anbieten wird. Sie hat sich mit dem Hinweis "oder glw." die Möglichkeit eröffnet nachträglich ein anderes Produkt als eines der Firma A*** zu verwenden. Aber auch die Angabe des reinen Firmennamens A***, ohne nähere Präzisierung des konkreten Fabrikates und Type (angebotenes Produkt) hätte nicht bewirkt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mängelfrei wäre. Obwohl die gegenständliche Ausschreibung Standards hinsichtlich der anzubietenden Produkte genannt hat, kann aus der Nennung der Firma A***, welche nach Einsicht des Gerichtes in deren Homepage eine Vielzahl von Produkten anbietet, nicht geschlossen werden, dass das Anbot in diesem Fall mängelfrei wäre, da erst im Zuge der Auftragsausführung letztendlich feststehen würde, welches konkrete Produkt der Zuschlagsempfänger einsetzen würde. Keinesfalls kann jedoch der Nennung der Firma A*** unter Zusammenschau der Standards der Ausschreibung der Inhalt unterstellt werden, dass der Bieter objektiv nachvollziehbar immer das Leitprodukt anbieten wollte, zumal sich im Anbot kein sonstiger Hinweis darauf findet, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin das genannte Leitprodukt verwenden wird. Diesbezüglich unterscheidet sich der gegenständlich zu beurteilende Sachverhalt auch von jenem, welcher dem Bescheid des BVA vom 15.02.2010, N/0120-BVA/05/2009-52. Diese Überlegungen können jedoch dahinstehen, zumal die präsumtive Zuschlagsempfängerin jeweils den Hinweis "oder glw." angebracht hat.
Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin ist der Sachverhalt im Verfahren zu W138 2009787-2 mit dem gegenständlich zu beurteilenden vergleichbar. Zwar ist der Antragstellerin zuzugestehen, dass sie in den entsprechenden Bieterlücken nicht - so wie der Bieter im Verfahren W138 2009787-2 - den Hinweis "oder glw" hinzugefügt hat. Aus diesem Umstand folgt jedoch nicht, dass "in Zusammenschau der Ausschreibungsspezifikationen mit dem Angebot der Antragstellerin ein Rückschluss auf das jeweils angebotene Produkt möglich wird". Die Antragstellerin hat nämlich in fast sämtlichen Bieterlückenpositionen ausschließlich einen Namen (vgl. Feststellungen) genannt, das Produkt jedoch nicht exakt spezifiziert. Diesen Umstand bestätigt (wenngleich indirekt) im Übrigen die Antragstellerin selbst in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz (vgl. "Zwar mag es zutreffend sein, dass nicht in allen Bieterlücken die angebotenen Produkte exakt spezifiziert wurden"). Die seitens der Auftraggeberin am 10.09.2015 übermittelten Unterlagen verdeutlichen, dass beispielsweise die Firma XXXX hinsichtlich der Position 230944A eine Vielzahl von Produkten anbietet (vgl. auch Homepage der Firma XXXX ). Dieser Umstand wird von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 14.09.2015 ausdrücklich bestätigt. Die Antragstellerin hat jedoch als angebotenes Erzeugnis (beispielsweise) in der Position 230944A lediglich den Namen " XXXX " eingesetzt, ohne eine Differenzierung vorzunehmen, welches (der verschiedenen Produkte) nun tatsächlich angeboten werden soll. Dieselbe Vorgangsweise hat die Antragstellerin bei einer Vielzahl von unechten Bieterlückenpositionen gewählt.
Dass aber aus dem Angebot der Antragstellerin nicht eindeutig und zweifelsfrei hervorgeht, welches Produkt in den unechten Bieterlücken konkret (spezifizierbar) angeboten werden hätte sollen, verdeutlicht insbesondere die Position 230947B, " XXXX ". Darin hat die Auftraggeberin bereits im Positionstext (demonstrativ) drei verschiedene Produkte der Firma " XXXX " genannt (und dementsprechend spezifiziert), sodass einem redlichen Erklärungsempfänger klar sein musste, dass, sofern er ein anderes (gleichwertiges) Produkt anbieten möchte, der Name " XXXX " keinesfalls ausreichend sein kann. Auch in dieser unechten Bieterlücke hat jedoch die Antragstellerin als angebotenes Erzeugnis lediglich den Namen " XXXX " eingesetzt. Allein aus diesem Umstand wird aber offenkundig ersichtlich, dass die Antragstellerin diese Bieterlücke nicht exakt spezifiziert hat.
Dadurch, dass die Antragstellerin die unechten Bieterlücken nicht exakt spezifiziert hat, wird der Auftraggeberin aber von vornherein eine sachverständige Prüfung im Sinne des Punktes 2 der Angebotsbestimmungen (vgl. auch § 106 Abs. 7 BVergG) verunmöglicht. Eine sachverständige Prüfung kann nämlich nur dann durchgeführt werden, wenn das entsprechende Produkt, das ein Bieter an Stelle des ausgeschriebenen Erzeugnisses anbieten will, exakt beschrieben ist. Eine exakte hinreichend spezifizierte Nennung der Bieterlücke war jedoch dem Angebot der Antragstellerin nicht zu entnehmen. Folglich konnte die Auftraggeberin eine Prüfung im Sinne des § 106 Abs. 7 BVergG nicht vornehmen.
Soweit die Antragstellerin auf das Begleitschreiben in ihrem Angebot hinweist und vermeint, dass sie aufklären hätte können, dass "in dem Fall, dass durch die Angaben in einer Bieterlücke mehr als ein ausschreibungskonformes Produkt möglich sein sollte, der ausschreibenden Stelle das Wahlrecht eingeräumt ist, unter den verbliebenen Produkten zu wählen, ohne dass dies zu Preisänderungen führt", verkennt sie zunächst, dass das Nichtausfüllen bzw. unzureichenden Ausfüllen von Bieterlücken einen unbehebbarer Mangel darstellt (BVwG 28.08.2014, W138 2009787-2/16E). Der Antragstellerin stünde im Übrigen die Möglichkeit offen, nachträglich (nach Angebotsöffnung) ein anderes Produkt zu nennen, als jenes, das sie im Angebot eingesetzt hat. Auch ein "Wahlrecht", dass der ausschreibenden Stelle eingeräumt werden sollte, ist nach Angebotsöffnung nicht mehr zulässig. Eine solche Vorgehensweise verstieße gegen das Verhandlungsverbot im Sinne des § 101 Abs. 4 BVergG.
An diesem Ergebnis vermag auch die Stellungnahme der Antragstellerin vom 09.09.2015 nichts zu ändern. Die Antragstellerin vermeint, dass sie durch die Angaben der Firmen " XXXX " bzw. " XXXX " in der seitens der Auftraggeberin exemplarisch aufgelisteten Bieterlücken zum Ausdruck gebracht hat, dass sie das jeweilige Leitprodukt angeboten hat. Die Antragstellerin hat ausschließlich auf diese zwei seitens der Auftraggeberin exemplarisch aufgelisteten Bieterlücken repliziert (zu den anderen - ebenfalls lediglich durch den Firmennamen ausgefüllten - unechten Bieterlücken hat die Antragstellerin nichts vorgebracht). Das nunmehrige Vorbringen der Antragstellerin steht aber im diametralen Widerspruch zu jenem im verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 11.08.2015. Die Antragstellerin hat darin indirekt zugestanden, dass nicht "in allen Bieterlücken die angebotenen Produkte exakt spezifiziert wurden", womit sie aber offenkundig zum Ausdruck bringen wollte, dass die Nennung lediglich eines Firmennamens (etwa " XXXX ", " XXXX " oder " XXXX ") nicht einer exakten Spezifikation entspricht. Dies war auch die ursprüngliche Intention der Antragstellerin (siehe Begleitschreiben), was aber zur Konsequenz hat, dass die Antragstellerin nicht das ursprüngliche Leitprodukt, sondern ein anderes (gleichwertiges) anbieten wollte. Nunmehr - folgt man den Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 09.09.2015 - sollen aber offenkundig ausschließlich die im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Leitprodukte angeboten werden. Für das Bundesverwaltungsgericht ist dieses (neue) Vorbringen nicht nachvollziehbar.
Die Antragstellerin verkennt außerdem, dass sowohl Punkt 2 der Angebotsbestimmungen, als auch Punkt 5 der "Ständigen Vorbemerkungen" im Leistungsverzeichnis vorsehen, dass im Falle, dass ein Bieter bei den entsprechenden Positionen in den hierfür vorgesehen Zeilen (Bieterlücken) keine Erzeugnisse oder Materialien seiner Wahl einsetzt, die beispielhaft angeführten Erzeugnisse oder Materialien als angeboten gelten. Ein redlicher Erklärungsempfänger konnte diese Bestimmung nur folgendermaßen interpretieren: Möchte ein Bieter das Leitprodukt der Ausschreibung anbieten, dann ist in die Bieterlücke nichts (kein Produkt, keine Firma bzw. Hersteller) einzusetzen. Möchte er dagegen (wie offenbar ursprünglich die Antragstellerin) an Stelle des Leitproduktes ein anderes Erzeugnis anbieten, dann hat der Bieter den exakten Namen (konkret spezifiziert) einzusetzen. Die Antragstellerin hat sich aber offenkundig dafür entschlossen, an Stelle des jeweiligen Leitproduktes ein anderes (gleichwertiges) Produkt anzubieten, ansonsten die Einsetzung des jeweiligen Namens in der Vielzahl der Positionen sinnlos gewesen wäre.
Um gegenständlich tatsächlich zum Ergebnis zu kommen, dass die Antragstellerin ausschließlich die von der Auftraggeberin festgesetzten Leitprodukte anbieten hätte wollen, hätte die Antragstellerin in der jeweiligen unechten Bieterlücke (nach dem Vermerk "angebotenes Erzeugnis") somit entweder keinen Eintrag tätigen dürfen, oder in sonstiger unmissverständlicher Weise zum Ausdruck bringen müssen, dass sie ausschließlich das jeweils angebotene Leitprodukt anbieten möchte. Einer solchen (klaren) Ausdrucksweise hat sich die Antragstellerin jedoch nicht bedient. Ein nachträgliches "Verhandeln" darüber, wie die Antragstellerin "eigentlich" diese Position verstanden hat, ist aber - wie bereits festgehalten - mit den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung im Sinne des § 19 Abs. 1 BVergG sowie mit dem Grundsatz des Verhandlungsverbotes gemäß § 101 Abs. 4 BVergG nicht vereinbar.
Gemäß ständiger Rechtsprechung liegt im nicht Ausfüllen bzw. unzureichenden Ausfüllen von Bieterlücken ein unbehebbarer Mangel, wenn durch eine Mängelbehebung eine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung gegenüber den Mitbietern eintreten würde (VwGH 25.02.2004, 2003/04/0186; BVA 01.08.2008, N/0064-BVA/13/2008-35; BVA 10.01.2009, N/0109-BVA/08/2009-52).
Der Beilage zum Angebot der Antragstellerin ist kein konkret angebotenes Produkt entnehmbar. Dadurch, dass die Antragstellerin noch im Nachhinein die Möglichkeit hätte, die geforderten Spezifikationen über die exakten Typen und exakten Fabrikate vorzunehmen, würde man der Antragstellerin zusätzliche Zeit zur Verfügung stellen, die den anderen Bietern (die die Bieterlücken im Angebot ausschreibungskonform ausgefüllt haben) bei der Ausarbeitung ihres Angebotes nicht gewährt wurde. Bei der Antragstellerin würde somit im Sinne des Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2004, 2003/04/0186, durch eine Mängelbehebung eine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung eintreten (BVwG 28.08.2014, W138 2009787-2/16E).
Im Falle eines unbehebbaren Mangels, wie im gegenständlichen Fall bei der nicht eindeutigen Erkennbarkeit der angebotenen Fabrikate und Typen, ist die Auftraggeberin zur Ausscheidung des Angebotes ohne Gewährung einer vorhergehenden Verbesserungsmöglichkeit verpflichtet. Überdies ist das Angebot hinsichtlich der Angaben der Antragstellerin zu den Bieterlücken als ein der Ausschreibung widersprechendes Angebot zu werten, da weder das Leitprodukt noch ein konkretes gleichwertiges Produkt angeboten wurde. Eine solche Ausschreibungswidrigkeit stellt einen unbehebbaren Angebotsmangel dar.
Fordert die Auftraggeberin die Bieterin dennoch zu einer Mängelbehebung auf und korrigiert der Bieter den (unbehebbaren) Mangel, so kann der Mangel nicht als behoben gelten. Im Wege einer Mängelbehebung kann aus einem unbehebbaren Mangel kein behobener Mangel werden.
Das Angebot der Antragstellerin wurde daher zu Recht gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVG ausgeschieden.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 316 Abs. 1 Z 3 BVergG kann - soweit dem weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen - die Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen ist.
Die Voraussetzungen für den Entfall einer mündlichen Verhandlung liegen im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren vor. Sämtliche entscheidungsrelevanten Unterlagen ergaben sich aus den Schriftsätzen der Parteien sowie dem vorgelegten Vergabeakt. Das Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG wurde durch Übermittlung der verfahrensrelevanten Schriftsätze der Parteien jedenfalls gewahrt Abgesehen davon handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein behebbarer oder unbehebbarer Mangel vorliegt, um eine Rechtsfrage.
Zu Spruchpunkt II.:
Gemäß § 319 Abs. 1 BVergG hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
Da dem Nachprüfungsantrag nicht stattgegeben wurde, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Pauschalgebühren.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe zur Behebbarkeit von Mängeln grundlegend VwGH 25.02.2004, 2003/04/0186), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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