AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W111.2156238.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Äthiopien, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2017, Zl. 1108294607-160384372, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2018 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005
idgF iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein damals minderjähriger Staatsangehöriger Äthiopiens, stellte am 15.03.2016 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal ins Bundesgebiet gelangt war. Anlässlich seiner am gleichen Tag abgehaltenen niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei in Äthiopien geboren worden und besitze die äthiopische Staatsbürgerschaft. Er bekenne sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung, gehöre der Volksgruppe der Ogaden an und sei über eine näher dargestellte Route schlepperunterstützt ins Bundesgebiet gelangt. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, sein Vater sei Mitglied der Regierung gewesen und aus diesem Grund von der Rebellengruppe XXXX umgebracht worden. Sie hätten seine gesamte Familie der Spionage bezichtigt, weshalb der Beschwerdeführer mit seiner Familie geflohen sei.
Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde in der Folge zugelassen, nachdem ein durch das Bundesamt eingeholtes medizinisches Sachverständigen-Gutachten ein im Bereich der Minderjährigkeit liegendes Lebensalter seiner Person zum Antragszeitpunkt ergeben hatte.
Im Rahmen seiner am 15.02.2017 im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 121 bis 147), er fühle sich physisch und psychisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage und habe im Verfahren bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet. Die Angaben zum Fluchtgrund seien jedoch insofern nicht korrekt protokolliert worden, als sein Vater nicht von XXXX getötet worden sei, sondern - da er Mitglied der XXXX gewesen wäre - durch die Regierung getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe nie über identitätsbezeugende Dokumente verfügt, er sei gesund, äthiopischer Staatsbürger und habe von Geburt an gemeinsam mit seiner Familie in der äthiopischen Stadt XXXX gelebt. Der Beschwerdeführer sei Ogaden, gehöre dem Clan der Darod an, sei sunnitischer Moslem, habe sieben Jahre lang die Grundschule besucht und keinen Beruf erlernt. Seine Familie habe in ärmlichen Verhältnissen gelebt, er selbst sei nie politisch tätig gewesen. Sein Vater sei Mitglied der Rebellen der XXXX gewesen, aus diesem Grund seien sie ständig von den Soldaten der Regierung geschlagen, misshandelt und inhaftiert worden. Seine Familie befinde sich auf der Flucht, der Beschwerdeführer sei über deren aktuellen Aufenthaltsort nicht informiert. Weitere Verwandte habe er im Herkunftsstaat nicht. In Österreich besuche der Beschwerdeführer einen Deutschkurs, lebe von staatlicher Unterstützung und habe Freunde gefunden.
Der Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Geschwister hätten sich in ihrer Heimatstadt sechs Monate aufgrund der Mitgliedschaft des Vaters bei der XXXX in Haft befunden. Nach deren Freilassung sei der Vater des Beschwerdeführers Ende Oktober 2015 bei einer Auseinandersetzung zwischen der XXXX und den äthiopischen Truppen getötet und dessen Leiche in der Stadt zur Schau gestellt worden. Tags darauf hätten äthiopische Soldaten die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers zu Hause angegriffen, als der Beschwerdeführer gerade mit Freunden spazieren gewesen sei. Nachdem er von Leuten aus der Nachbarschaft davor gewarnt worden sei, nach Hause zu gehen, habe sich der Beschwerdeführer aus Angst bei Freunden versteckt und die Stadt am nächsten Tag verlassen. Seinen Vater habe er zuletzt im Alter von etwa sieben Jahren gesehen und seither keine Informationen über dessen Aufenthaltsort gehabt. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, getötet oder zumindest lebenslang eingesperrt zu werden.
2. Mit im Spruch angeführten Bescheid vom 22.03.2017 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Äthiopien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV).
In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Staatsbürger Äthiopiens handle, dessen präzise Identität mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht feststünde und der an keiner schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung im physischen oder psychischen Bereich leiden würde. Dessen Vorbringen hinsichtlich einer aktuellen Bedrohungssituation in Äthiopien erweise sich aufgrund näher dargestellter beweiswürdigender Erwägungen als nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer sei in der Lage, seine existenziellen Grundbedürfnisse selbständig zu decken und verfüge zudem über Familienangehörige in Äthiopien. Eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Falle seiner Abschiebung mit dem Tod oder schwersten Verletzungen zu rechnen hätte, sei in Äthiopien nicht gegeben. Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet weder über verwandtschaftliche Bindungen, noch seien sonstige private Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet feststellbar.
3. Gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 10.04.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst auf verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die damals geltende Fassung des § 16 Abs. 1 BFA-VG hingewiesen wurde. Zur Beschwerdebegründung wurde desweiteren zusammengefasst ausgeführt, dass sich die seitens der Behörde herangezogenen Länderinformationen zur Beurteilung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gefährdungssituation als unzureichend erweisen würden. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid gestalte sich insofern als mangelhaft, als sie sich vorwiegend auf eine Diskrepanz zwischen Erstbefragung und der weiteren Einvernahme gegründet hätte. Dem Beschwerdeführer drohe seitens der äthiopischen Regierung Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familienangehörigen von XXXX-Kämpfern. Wie aus den Länderfeststellungen desweiteren hervorginge, werde die Menschenrechtslage in ganz Äthiopien von einem langanhaltenden Konflikt dominiert, welchem auch Zivilisten zum Opfer fallen würden. Selbst in der Hauptstadt käme es immer wieder zu Anschlägen und terroristischen Aktivitäten, es gäbe in Äthiopien keine effektive Staatsgewalt. Der Beschwerdeführer zeige sich im Rahmen seiner Möglichkeiten um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht. Der Beschwerdeschrift beiliegend wurden Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen übermittelt.
4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 09.05.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Eingabe vom 05.02.2018 übermittelte der Beschwerdeführer ein ÖSD-Zertifikat A1 sowie eine Bestätigung über die Verrichtung von gemeinnützigen Hilfstätigkeiten im November 2016 sowie im März 2017.
5. Am 05.11.2018 fand zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen gewillkürter Vertreter sowie eine Dolmetscherin für die somalische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, hat jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung verzichtet.
Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung haben sich wie folgt gestaltet:
"(...) R: Möchten Sie Ihrem bisherigen Verfahren etwas hinzufügen oder korrigieren?
BF: Ich möchte darauf hinweisen, dass ich somalischer Staatsbürger bin, es wurde aber immer geschrieben, dass ich äthiopischer Staatsbürger bin.
R: Sie wurden im Zuge Ihres Verfahrens mehrfach einvernommen, die Einvernahmen wurden Ihnen rückübersetzt. In diesen Einvernahmen ist jeweils ausgeführt, dass Sie äthiopischer Staatsangehöriger sind, ebenso wurde dies im Bescheid ausgeführt und in der Beschwerdeschrift vom 10.04.2017. Warum monieren Sie diesen Umstand erst jetzt?
BF: Ich habe immer gesagt, dass ich in Äthiopien geboren bin, aber somalischer Staatsbürger bin. Meine Eltern sind aus Somalia und wir sprechen die somalische Sprache.
R: Einmal haben Sie das angegeben, und zwar auf einem Datenblatt (AS 15), trotzdem wurde das sonst nirgends erwähnt. Es wurde immer angegeben, dass Sie äthiopischer Staatsbürger sind.
BF: Ich weiß es nicht, ob es falsch verstanden wurde, weil ich immer gesagt habe, dass ich aus Äthiopien bin, jedoch habe ich immer gesagt, dass ich ein Somalier bin.
R: Haben Sie irgendwelche Beweise die das belegen?
BF: Ich habe keine Beweismittel, aber ich bin Somalier und meine Eltern sind auch somalische Staatsangehörige.
R: Hatten Sie einen somalischen Pass?
BF: Nein.
R: Hatten Sie somalische Dokumente?
BF: Nein. Ich habe auch keinen äthiopischen Pass.
R: Aus den Unterlagen zum Dublin-Verfahren lässt sich schließen, dass zumindest im Dublin-System Somalia als Ihre mögliche Staatsbürgerschaft angegeben wurde. Wieso haben Sie das in Österreich nicht deutlich zur Kenntnis gebracht, immerhin wurden Ihnen alle Unterlagen rückübersetzt? Insbesondere im Rahmen der Beschwerdeschrift wäre es naheliegend gewesen, diesen Umstand zur Kenntnis zu bringen.
BF: Bei der Polizeieinvernahme hatte ich keine Rückübersetzung erhalten. Bei der zweiten Einvernahme habe ich immer gesagt, dass ich somalischer Staatsbürger bin. Ich habe es sogar mehrmals erwähnt.
R: Zur Polizeieinvernahme ist zu sagen, dass Sie Ihnen laut Protokoll sehr wohl übersetzt wurde. Zur Einvernahme vor dem BFA ist anzumerken, dass aus dem Protokoll nicht hervorgeht, dass Sie dies vorgebracht hätten. Vielmehr geht aus dem Protokoll hervor (AS 129), dass Sie selbst angegeben haben, dass Sie äthiopischer Staatsbürger sind.
BF: Bei der Polizeieinvernahme habe ich keine Rückübersetzung bekommen. Ich erinnere mich genau, dass sie mir diese Papiere gegeben haben und ich diese unterschrieben habe. Und vor dem BFA habe ich immer angegeben, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin und nur in Äthiopien geboren wurde.
R: Der Spruch Ihres Bescheides vom BFA wurde in Ihrer Muttersprache verfasst, zumindest da müsste Ihnen ganz klar gewesen sein, dass man von Äthiopien ausgeht. Trotzdem wurde dies im Beschwerdeschriftsatz in keiner Zeile erwähnt.
BF: Ich habe immer gesagt, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin. Ich habe auch meiner Rechtsvertretung gesagt, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin.
R: Wo sind Ihre Eltern geboren?
BF: In Somalia in XXXX.
R: Haben Sie irgendwelche Beweise, die eine somalische Staatsbürgerschaft nahelegen würden?
BF: Was soll ich sagen, ich bin Somalier. Meine Eltern sind Somalier.
R: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf, bis zu dem Zeitpunkt wo Ihre Probleme begonnen haben.
BF: Ich bin in XXXX geboren. Ich bin sieben Jahre zur Schule gegangen. Ich heiße XXXX. Ich bin aus einer somalischen Region. Mein Vater war OLNF-Mitglied. Meine Mutter hat als Haushelferin gearbeitet. Ich habe drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester.
R: Ihr Vater hat auch bei Ihnen gelebt?
BF: Nein, mein Vater hat nicht bei uns gelebt. Er hat bei der OLNF gekämpft. Er hat uns ab und zu besucht. Er hat nicht zum Unterhalt der Familie beigetragen. Meine Eltern waren nicht geschieden.
R: Wie war Ihre Einkommenssituation?
BF: Meine Mutter hat nicht so gut verdient. Wir hatten nur ausreichend zu Essen. Wir haben in einem kleinen Haus gelebt.
R: Bitte schildern Sie mir detailliert und chronologisch richtig, aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben.
BF: Mein Vater war OLNF-Mitglied. Die Regierung hat meinen Vater gesucht. Sie haben auch uns gefragt. Als ich klein war, hat die Regierung meine Mutter immer nach meinem Vater gefragt. Als ich erwachsen wurde, fragten sie mich auch. Sie befragten auch meinen Bruder. Sie haben uns mehrmals gefragt, manchmal haben sie auch meine Mutter verhaftet. Als wir erwachsen wurden, meine Geschwister und ich, wurden wir auch verhaftet. Sie fragten uns immer nach unserem Vater. Eines nachts war ich im Gefängnis, die Regierung hat mich rausgeholt, mich geschlagen und mich nach meinem Vater gefragt. Ich war sechs Monate lang im Gefängnis. Wir haben sehr schlimme Sachen dort erlebt, ich, meine Mutter und mein Bruder. Nachgefragt gebe ich an, dass ich im Jänner 2015 im Gefängnis war. Wir haben unseren Vater nicht verraten und nach sechs Monaten wurden wir entlassen. Die Regierung hat uns freigelassen, weil sie dachten, dass mein Vater uns besuchen kommt. Als wir entlassen wurde, begann ein Krieg zwischen der OLNF und der Regierung. Während dieser Kämpfe ist mein Vater gestorben. Nachgefragt gebe ich an, dass dies ca. drei Monate nach meiner Freilassung war.
R: Wo wurden Sie während des Gefängnisaufenthaltes geschlagen (welcher Körperteil)?
BF: Ich wurde am Rücken geschlagen und sie haben meinen Kopf in Wasser getaucht.
R: Bitte fahren Sie fort.
BF: Als mein Vater getötet wurde, brachte die Regierung seine Leiche in die Stadt. Ich konnte die Leiche meines Vaters nicht sehen, weil ich Angst hatte. Während dieses Vorfalls war ich nicht zu Hause. Ich habe einen Anruf bekommen und mir wurde gesagt, dass die Regierungssoldaten zu meiner Familie gekommen sind. Ich bin nicht nach Hause gegangen, ich bin geflüchtet. Das war mein Fluchtgrund.
R: Aus Ihren bisherigen Ausführungen geht hervor, dass Sie Ihre Ausreise ohne Vorbereitungen vorgenommen haben. Stimmt das?
BF: Was meinen Sie damit?
R erklärt die Frage.
BF: Ich konnte nicht zu meiner Familie zurückkehren, weil ich Angst hatte und dort Regierungssoldaten waren.
R: Trotzdem widerspricht es jeder Lebenserfahrung, dass man eine Reise ohne Wiederkehr antritt, ohne sich von seiner Familie in irgendeiner Form zu verabschieden, bzw. sich nach solch einem Angriff sich irgendwie zu erkundigen wie es der Familie geht, bzw. man selbst nachschaut.
BF: Als ich im Gefängnis war habe ich viel Schlimmeres erlebt. Darum wollte ich nicht wieder zurückkehren. In meinem zu Hause waren noch Soldaten der Regierung.
R: Aber gerade deswegen wäre es doch naheliegend gewesen, sich zumindest über das Schicksal der Familienmitglieder zu erkundigen?
BF: Ich habe keine Probleme mit meiner Familie. Aber ich hatte große Angst, dass ich wieder ins Gefängnis müsse.
R: Warum ist die Armee eigentlich zu Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern gekommen (gemeint ist am Tag vor Ihrer Ausreise)?
BF: Die Armee hat meine Familie beschuldigt, dass sie meinen Vater versteckt haben und nicht gesagt haben, wo er ist bzw. wo er war.
R: Das müsste die Armee aber in den Monaten davor doch genauso getan haben? Immerhin ist Ihr Vater in einem Kampf umgekommen. Wieso sollte die Armee dann noch Interesse an Ihnen haben?
BF: Sie beschuldigten uns, dass wir OLNF-Mitglieder sind.
R: Das hätte man aber Ihnen schon jahrelang vorwerfen können und trotzdem hat man Sie freigelassen?
BF: In diesen Jahren hatten wir immer Probleme.
R: Warum hat man Sie freigelassen?
BF: Weil sie wollten, dass mein Vater zu uns zu Besuch kommt.
R: Wie viel hat Ihre Ausreise gekostet?
BF: 2.000 Dollar.
R: Woher nahmen Sie das Geld?
BF: Als ich Libyen war, gab es viele andere geflüchtete Leute, diese haben das Geld gesammelt und mir gespendet.
R: Ihre Flucht hat Sie persönlich nichts gekostet?
BF: Nein.
R: Es entbehrt jeder Lebenserfahrung, dass man schlepperunterstütz nach Europa komme, ohne selbst Geld aufbringen zu müssen.
BF: Ich verstehe die Frage nicht.
R erklärt die Frage.
BF: Wie gesagt, die Leute haben das Geld gesammelt und mir geholfen, weil ich keine Familie habe und ich nicht wusste, wo meine Familie ist.
R: An welchem Tag wurde Ihr Vater getötet?
BF: Das war ein Samstag, Ende Oktober 2015. Ich erinnere mich nicht genau, aber es war Ende Oktober 2015.
R: Das widerspricht der Lebenserfahrung, dass man sich an solch ein Datum nicht erinnern kann.
BF: Ich habe viele Probleme erlebt, deswegen habe ich es vergessen.
R: Sie schildern Ihr Fluchtvorbringen vage und oberflächlich. Können Sie diesbezüglich detailliertere Angaben dazu machen?
BF: Ich habe Ihnen erzählt, was ich erlebt habe und die Probleme die ich hatte geschildert. Ich bin geschlagen worden, mein Vater wurde getötet und meine ganze Familie wurde verhaftet. All diese Probleme habe ich schon erzählt.
R: Können Sie mir schildern, wie die Person hieß, welche Sie über den Angriff Ihrer Familie informiert hat?
BF: Er hieß XXXX.
R: Wissen Sie zwischenzeitlich was mit Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern passiert ist?
BF: Bis jetzt habe ich keine Ahnung, aber ich bin auf der Suche nach meiner Familie.
R: Haben Sie keine Bekannten oder Verwandten in Äthiopien die Sie fragen können?
BF: Nein ich habe keine. Nach XXXX gefragt, gebe ich an, dass ich keinen Kontakt zu ihm habe.
R: Wieso? Er hat Sie doch damals über den Vorfall über Ihre Familie informiert?
BF: Damals war ich in meinem Heimatort, aber jetzt habe ich seine Kontaktdaten verloren. Während der Flucht habe ich mein Handy verloren, daher kann ich ihn nicht anrufen.
R: Sie schildern mir also, dass Sie gegenwärtig gar keinen Kontakt nach Äthiopien haben?
BF: Jetzt habe ich keinen Kontakt, zu niemanden.
R: Kennen Sie die Namen der Personen, welche Ihnen das Geld geborgt haben um nach Italien zu kommen?
BF: Es waren viele Leute, mehr als 300 Leute. Ich kann mich an Namen nicht erinnern.
R: Leiden Sie unter schweren oder chronischen Krankheiten?
BF: Nein.
R: Falls Sie in Ihre Heimat zurückkehren müssten, wie würde es Ihnen dort gehen, wie wären Ihre Lebensumstände?
BF: Bis jetzt weiß ich nicht, ob meine Familie noch dort ist oder nicht. Zweitens, bestehen die Probleme, wegen denen ich geflüchtet bin noch immer. Ich weiß nicht genau, aber vorigen Donnerstag oder Mittwoch, sind 20 Leute verstorben. Die Probleme sind immer noch vorhanden, zwischen XXXX und XXXX.
R: Woher haben Sie diese Informationen?
BF: Aus dem Fernsehen. Ich habe das im S-TV gesehen. Das ist ein somalisches Fernsehprogramm.
R: Sie haben eingangs angegeben, dass Sie somalischer Staatsbürger wären.
BF: Ja.
R: Warum sind dann Ihre Verwandten und Sie nicht nach Somalia gegangen?
BF: Wir konnten nicht nach Somalia zurückkehren, weil wir dort niemanden kannten. Wir hätten keine Unterstützung gehabt.
R: Sie wollen mir also erklären, dass es leichter ist ohne Papiere und Geld nach Europa zu kommen, als in das Land dessen Staatsbürgerschaft man besitzt?
BF: Der leichte Weg war, dass ich nach Libyen flüchtete, weil ich nichts bezahlt habe.
RV: Ich glaube, dass es deshalb leichter ist, weil sie es nicht kennen. Und weil sie es in Facebook und anderen sozialen Medien sehen und denken, dass in Europa das Paradies sei. Niemand aber erzählt aber von den Vorfällen, welche auf der Flucht passieren.
R: Sind Sie arbeitsfähig?
BF: Ja.
R: Bitte schildern Sie mir Ihre Integrationserfolge in Österreich bzw. Ihre privaten Bindungen an dieses Land.
BF: Ich habe schon einen Deutschkurs besucht und besuche jetzt den B1 Kurs.
R: Dann müssen Sie ein A2 Zeugnis haben oder?
BF: Die A2 Prüfung habe ich noch nicht gemacht, aber die A1 Prüfung.
RV legt das A1-Prüfungszertifikat vor, weiters zwei Bestätigungen über gemeinnützige Hilfstätigkeiten am Wirtschaftshof in einer österreichischen Stadtgemeinde. Diese Unterlagen werden in Kopie zum Akt genommen.
R: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?
BF: Von der Grundversorgung.
R: Haben Sie familiäre oder private Bindungen in Österreich?
BF: Ich habe Pateneltern. Ich habe auch Kontakt zu meinem Deutschlehrer.
R: Wer sind denn die Pateneltern?
BF: XXXX, dies ist auch meine Deutschlehrerin (AS 249).
R: Wie drückt sich die Patenschaft aus?
BF: Sie unterstützen mich. Sie hat den Kurs, welchen ich gerade besuche für mich gefunden. Ich habe schon freiwillig gearbeitet.
R: Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?
BF: Nein.
R: Ich übergebe Ihnen bzw. Ihrer Rechtsvertreterin das LIB der Staatendokumentation zu Äthiopien (Stand 16.01.2017, letzte Kurzinfo eingefügt am 23.08.2018). Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?
RV ersucht um eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen.
R gewährt diese.
R: Möchten Sie noch etwas vorbringen?
RV: Nein.
BF: Nein. (...)"
Mit Schreiben vom 19.11.2018 langte am 20.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eine Vollmacht eines neuen Beschwerdeführervertreters ein, das auch eine Stellungnahme beinhaltete. Diese führte hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers aus, dass bei mehreren Asylwerbern aus gegenständlicher Region die Staatsbürgerschaft verwechselt worden sei und sich Personen aus der besagten Gegend oftmals als "Äthiopien-Somalier" bezeichnen würden, was zu Verwechslungen führt. Darüber hinaus sei das BFA unwillig solche Fehler aufzuklären. Weiters hätte der Verfasser der Beschwerde nie mit dem Beschwerdeführer gesprochen und wäre dieser von der zuständigen Betreuerin nicht mit den einschlägigen Informationen versorgt worden. Bei der seinerzeitigen Beschwerde würde es sich zudem um eine "eher oberflächliche, die nicht besonders in die Tiefe geht" handeln. Auch hätte der Beschwerdeführer der Vertreterin gegenüber angegeben, dass er somalischer Staatsbürger wäre. Dies wäre auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden. Desweiteren werden Erwägungen zu Versorgungssituation in Somalia(!) vorgebracht, hinsichtlich deren Inhaltes auf den Schriftsatz verwiesen wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Äthiopiens, welcher der Volksgruppe der Ogaden sowie dem Clan der Darod angehört und sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung bekennt. Bis zu seiner Ausreise im November 2015 lebte der Beschwerdeführer in XXXX, wo sich zuletzt noch die Mutter sowie drei Geschwister des Beschwerdeführers aufgehalten haben. Der damals minderjährige Beschwerdeführer gelangte im März 2016 über den Sudan, Libyen und Italien illegal in das Bundesgebiet und suchte am 15.03.2016 um internationalen Schutz an. Seither hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf.
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte oder dass ihm eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, in Äthiopien eine Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein.
Der Beschwerdeführer leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung nach Äthiopien darstellen würde. Der Beschwerdeführer verfügt über Schulbildung und ist zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts grundsätzlich in der Lage.
Der unbescholtene Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet nicht berufstätig und kann seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht eigenständig bestreiten. Er verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und führt hier keine Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse (zuletzt auf dem Niveau A2/B1) und hat ein Zertifikat über die Absolvierung einer ÖSD-Prüfung auf dem Niveau A1 in Vorlage gebracht. Im Zeitraum November 2016, März, Juni, Juli, September und November 2017 sowie Juni bis September 2018 hat der Beschwerdeführer gemeinnützige Hilfstätigkeiten verrichtet. Der Beschwerdeführer hat Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine besonderen Anknüpfungspunkte zu Österreich. Dem Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu.
Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.
1.2. Hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Situation in Äthiopien wird unter Heranziehung der dem Beschwerdeführer anlässlich der Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Länderberichte
Folgendes festgestellt:
KI vom 23.8.2018: Umbruch in der äthiopischen Somali-Region (betrifft: Abschnitt 3.1/ Sicherheitslage - Somali-Region; Abschnitt 9.1/Opposition)
Im Zuge eines Machtkampfs zwischen dem neuen äthiopischen Ministerpräsidenten und dem Präsidenten des äthiopischen Somali Regional State (SRS) (NZZ 16.8.2018) versuchte die äthiopische Armee am 3.8.2018 den Präsidenten des SRS, Abdi Mohamed Omar alias Abdi Illey, in der Regionshauptstadt Jijiga festzunehmen. Als die regionale paramilitärische Liyu-Police Widerstand leistete, kam es zu mehrtägiger Gewalt (BAMF 13.8.2018; vgl. AN 11.8.2018). U.a. begannen am 4.8.2018 inter-kommunale Auseinandersetzungen im SRS. Ausgehend von Jijiga breitete sich die Gewalt rasch nach Degahbur, Warder, Kebri Dehar, Gode und Babile aus (UNOCHA 17.8.2018). Bei der Gewaltwelle wurden u.a. gezielt Christen - Priester und einfache Gläubige - ermordet und Kirchen niedergebrannt (KP 17.8.2018). Plünderungen richteten sich gegen ethnische Minderheiten in Jijiga (DW 9.8.2018). Die militärische Präsenz der Bundesarmee im SRS wurde drastisch verstärkt (KP 17.8.2018).
Die Bilanz der Unruhen ist derzeit noch unvollständig. Die Zahl der Toten wird auf ein Dutzend geschätzt, zahlreiche Menschen wurden verletzt, tausende Christen aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben (KP 17.8.2018). Es könnte auch mehrere Dutzend Opfer gegeben haben (BAMF 13.8.2018). Abdi Ilay ist am 6.8.2018 von seinem Amt zurückgetreten und befindet sich in Gewahrsam äthiopischer Sicherheitskräfte (KP 17.8.2018; vgl. AN 11.8.2018). Im Vorfeld hatte es Rücktrittsforderungen an Iley gegeben, dem Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen worden waren (BAMF13.8.2018). Am 22.8.2018 wurde einer seiner Kritiker, Mustafa Muhumed Omer, zum neuen Interimspräsident für den SRS ernannt (EO 22.8.2018).
Im Zuge der Auseinandersetzungen wurden ca. 141.000 Personen intern vertrieben. Alleine in der Regionalhauptstadt Jijiga suchten rund 35.000 Personen Schutz in und um Kirchen. Andere flüchteten in Nachbarregionen, es kam zu einem Exodus von Bewohnern des SRS, die nicht ethnische Somali sind (UNOCHA 17.8.2018). Bis zum 13.8.2018 hat sich die Situation in Jijiga soweit beruhigt, dass erste Geschäfte wieder aufgesperrt haben. Der Flugbetrieb nach Jijiga war von 4.-10.8. ausgesetzt. Ab 15.8. kehrten ethnische Somali aus anderen Teilen des SRS nach Jijiga zurück. Die nicht-ethnischen Somali kehrten teils ebenfalls in ihre Häuser in Jijiga zurück, teils reisten sie weiter nach Addis Abeba, Harar oder Dire Dawa. Weitere zigtausende Personen bleiben in IDP-Lagern (UNOCHA 17.8.2018).
V.a. in den Bundesstaaten Oromiya und im SRS schwelt ein international kaum wahrgenommener Konflikt, der Hunderte Tote gefordert hat. Seit April wurden nach Angaben der Vereinten Nationen rund eine Million Menschen vertrieben (NZZ 16.8.2018). Die Gewalttätigkeiten sind religiös und ethnisch aufgeladen (AN 17.8.2018). Die Gewalt im SRS im August hat auch zu ethnisch motivierten Morden in anderen Landesteilen geführt, namentlich in Dire Dawa, Shashemene, Tape und Adama (AN 17.8.2018).
Die Ogaden National Liberation Front (XXXX) verkündete am 12.08.18 einen einseitigen Waffenstillstand (BAMF 13.8.2018). Dies muss allerdings als ein erster Schritt bewertet werden. Das Vorgehen gegen den Präsidenten des SRS hat sicher zu dieser Entscheidung beigetragen (SF 13.8.2018). Die XXXX hat eine Delegation nach Addis Abeba entsendet (EZ 13.8.2018).
Quellen:
- AN - Africanews (17.8.2018): Ethiopia PM's reform agenda threatened by rising insecurity - HRW, http://www.africanews.com/2018/08/17/ethiopia-pm-s-reform-agenda-threatened-by-rising-insecurity-hrw/ , Zugriff 23.8.2018
- AN - Africanews (11.8.2018): Ethiopia PM says 'fake news' fuelling Somali regional crisis, urges calm, http://www.africanews.com/2018/08/11/ethiopia-pm-says-fake-news-fuelling-somali-regional-crisis-urges-calm/ , Zugriff 22.8.2018
- BAMF - Deutschland, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.8.2018): Briefing Notes 13. August 2018
- DW - Deutsch Welle (9.8.2018): Ethiopia: Ethnic tensions continue to smolder in Somali region,
https://www.dw.com/en/ethiopia-ethnic-tensions-continue-to-smolder-in-somali-region/a-45022737 , Zugriff 23.8.2018
- EO - Ethiopian Observer (22.8.2018): The Ethiopia's Somali region gets new president,
https://www.ethiopiaobserver.com/2018/08/22/the-ethiopias-somali-region-gets-new-president/ , Zugriff 23.8.2018
- EZ - Ezega (13.8.2018): XXXX Abandons Bid for Secession of Somali Regional State,
https://www.ezega.com/News/NewsDetails/6500/XXXX-Abandons-Bid-for-Secession-of-Somali-Regional-State , Zugriff 23.8.2018
- KP - KathPress (17.8.2018): Äthiopien - Regierungschef sagt Christen Schutz vor Gewalt zu,
https://www.kathpress.at/goto/meldung/1666612/aethiopien-regierungschef-sagt-christen-schutz-vor-gewalt-zu , Zugriff 22.8.2018
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (16.8.2018): Priester getötet und Kirchen in Brand gesteckt: Weshalb in Äthiopien religiöse Unruhen wüten,
https://www.nzz.ch/international/bewaehrungsprobe-fuer-afrikas-hoffnungstraeger-ld.1411858 , Zugriff 23.8.2018
- SF - Stratfor (13.8.2018): Ethiopia: A Militant Cease-Fire Marks One More Accomplishment For the New Prime Minister, https://worldview.stratfor.com/article/ethiopia-militant-cease-fire-marks-one-more-accomplishment-new-prime-minister , Zugriff 23.8.2018
- UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Government of Ethiopia (17.8.2018): Ethiopia - Somali Region: Flash Number 1,
https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-somali-region-flash-number-1-17-august-2018 , Zugriff 22.8.2018
KI vom 3.7.2018: Anschlag auf Premierminister Abiy Ahmed (betrifft:
Abschnitt 2/politische Lage; Abschnitt 3/ Sicherheitslage; Abschnitt 9/Allgemeine Menschenrechtslage; Abschnitt 9.1/Opposition)
Auch wenn sich die Sicherheitslage in Äthiopien deutlich entspannt hat, kann diese zurzeit nicht als stabil bewertet werden. Die Sicherheitslage kann sich jederzeit wieder verschlechtern (AA 28.6.2018; vgl. BMEIA 28.6.2018; FD 28.6.2018).
Am Freitag dem 23.6.2018 kam es im Zuge des ersten öffentlichen Auftrittes von Abiy Ahmed, dem ersten äthiopischen Regierungschef aus der ethnischen Gruppe der Oromo (JA 24.6.2018), am Meskel-Platz in der Hauptstadt Addis Abeba, zu einem Attentat mit einer Handgranate. Zehntausende Menschen hatten sich am Morgen auf dem Meskel-Platz versammelt, um Ahmed zu unterstützen. Bei der Explosion sind mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden (BAMF 25.6.2018; vgl. DZ 23.6.2018).
Viele Anhänger trugen Kleidung mit Abiys Bild und Schilder mit der Aufschrift "One Love, One Ethiopia". Abiy sagte der Menge, dass die Veränderung kommen würde und es kein Zurück mehr gebe. Er betonte die Notwendigkeit weiterer Reformen (TG 23.6.2018). Seit seinem Amtsantritt im April 2018 hat der neue Premierminister mehrere Reformen eingeleitet (DW 23.6.2018). Beobachter meinten, dass die Größe der Menschenmenge die breite Unterstützung der Bevölkerung und den tiefen Wunsch nach Veränderung unterstreiche (TG 23.6.2018).
Die Explosion weckte Befürchtungen eines Rückschlags bzw. einer Gegenreaktion gegen die eingeleiteten Reformen. Abiy hat sich verpflichtet, die Transparenz der Regierung zu erhöhen und das seit 2015 von Protesten zerrissene Land zu versöhnen. Seit Anfang des Jahres hat Abiy große Veränderungen in Äthiopien bewirkt: Tausende von inhaftierten Dissidenten wurden freigelassen, darunter auch Mitglieder bewaffneter Gruppen. Es kam auch zu wirtschaftlichen Liberalisierungen (BAMF 25.6.2018; vgl. JA 23.6.2018; Reuters 25.6.2018), der Ausnahmezustand wurde beendet, es wurde eine umfassende Umbesetzung der Sicherheitsbeamten vorgenommen und es wurde beschlossen, den Streit mit Eritrea zu beenden (JA 24.6.2018).
Die Geschwindigkeit, mit der Abiy Reformen einleitete, erzeugte aber auch Spannungen (JA 24.6.2018). Beobachter gehen davon aus, dass der Anschlag mit Abiys Reformpolitik zusammenhängt (DW 23.6.2018), da das Reformprogramm bei einigen Gruppen Widerstand auslöste (TG 23.6.2018). Es wird auch spekuliert, dass in die Tat Kreise aus Militär und Sicherheitskräften verwickelt sein könnten, die durch die neue Linie ihre Interessen gefährdet sehen. Bisher gibt es hierfür jedoch keine Beweise (DW 23.6.2018). Und bereits am Montag, den 25.6.2018 standen neun Polizisten, unter Ihnen auch der stellvertretende Polizeikommissar von Addis Abeba vor Gericht. Die Polizeibeamten wurden wegen Sicherheitsversäumnissen bei dem Angriff am Samstag (23.6.2018) verhaftet. Insgesamt werden dreißig Verdächtige wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Angriff festgehalten (Reuters 25.6.2018). Weitere Hintergründe sind unklar (BAMF 25.6.2018).
Auch nach der Explosion, schwört der äthiopische Premierminister, an den Reformen festzuhalten (TG 23.6.2018). Obwohl Abiy Ahmed, als Erneuerer angesehen wurde, erwarten nur wenige Beobachter die Umsetzung der angekündigten Reformen. Für Analysten wird die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht ohne Spannung erfolgen (JA 23.6.2018).
Äthiopien hat eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Afrikas, aber die Gegner der regierenden EPRDF-Koalition, die seit 1991 regiert, sagen, dass ihre Vorteile nicht gerecht zwischen den ethnischen Gruppen und Regionen des Landes aufgeteilt wurden (Reuters 25.6.2018).
Auch wenn sich die Sicherheitslage in Äthiopien deutlich entspannt hat, kann diese zurzeit nicht als stabil bewertet werden. Die Sicherheitslage kann sich jederzeit wieder verschlechtern (AA 28.6.2018; vgl. BMEIA 28.6.2018; FD 28.6.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (28.6.2018): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504 , Zugriff 28.6.2018
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (25.6.2018): Briefing Notes, Äthiopien, Attentat in der Hauptstadt, Zugriff 3.7.2018DS - Der Standard (20.6.2018): Friedensgespräche:
Eritrea will Delegation nach Äthiopien schicken, https://derstandard.at/2000081929790/Friedensgespraeche-Eritrea-will-Delegation-nach-Aethiopien-schicken , Zugriff 22.6.2018
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (28.6.2018): Äthiopien, Reise Aufenthalt, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/ , Zugriff 28.6.2018
- DW - Deutsche Welle (23.6.2018): Attentat auf Reformer in Äthiopiens Hauptstadt,
http://www.dw.com/de/attentat-auf-reformer-in- äthiopiens-hauptstadt/a-44360146, Zugriff 26.6.2018
- DZ - die Zeit (23.6.2018): Tote und Verletzte bei Explosion während Regierungskundgebung,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/aethiopien-abiy-ahmed-explosion-kundgebung-tote-verletzte , Zugriff 26.6.
- FD - France Diplomatie (28.6.2018): Ethiopie, Conseils par pays, Sécurité,
https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ethiopie/#securite , Zugriff 28.6.2018FR - Frankfurter Rundschau (11.6.2018): Abiys Friedensinitiative,
http://www.fr.de/politik/aethiopien-abiys-friedensinitiative-a-1522443 , Zugriff 22.6.2018
- JA - Jeune Afrique (23.6.2018): Éthiopie : un mort et 154 blessés dans une explosion lors d'un meeting, http://www.jeuneafrique.com/582347/politique/ethiopie-plusieurs-morts-dans-une-explosion-lors-dun-meeting-de-abiy-ahmed/ , Zugriff 26.6.2018
- JA - Jeune Afrique (24.6.2018): Éthiopie : le bilan de l'attaque à la grenade passe à deux morts,
http://www.jeuneafrique.com/582644/politique/ethiopie-le-bilan-de-lattaque-a-la-grenade-passe-a-deux-morts/ , Zugriff 26.6.2018
- Reuters (25.6.2018): Twenty people in court in Ethiopia following grenade attack,
https://www.reuters.com/article/us-ethiopia-politics/twenty-people-in-court-in-ethiopia-following-grenade-attack-idUSKBN1JL0V8 , Zugriff 26.6.2018
- TG - The Guardian (23.6.2018): Ethiopian prime minister vows to stick to reforms after explosion at rally, https://www.theguardian.com/world/2018/jun/23/explosion-rally-new-ethiopian-prime-minister-abiy-ahmed , Zugriff 26.6.2018
KI vom 22.6.2018: Neuer Premierminister, erste positive Schritte (betrifft: Abschnitt 2/politische Lage; Abschnitt 9/Allgemeine Menschenrechtslage; Abschnitt 9.1/Opposition)
Der im Februar 2018 nach erneuten Oppositionsprotesten verhängte Ausnahmezustand wurde durch das Parlament vorzeitig beendet. Dies gilt als wichtigste politische Veränderung seit dem Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed Anfang April 2018 (DS 5.6.2018; vgl. BAMF 11.6.2018, FR 19.6.2018, NZZ 6.6.2018). Der Ausnahmezustand war im Zuge des überraschenden Rücktritts seines Vorgängers Hailemariam Desalegn in Folge anhaltender Proteste vor allem in der Region Oromia verhängt worden (BAMF 11.6.2018). Dabei war bereits im Oktober 2016 für zehn Monate der Ausnahmezustand verhängt worden. Im Zuge dessen kam es zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, mehr als 20.000 Menschen waren festgenommen worden (DS 5.6.2018).
Abiy Ahmed ist gerade dabei, in einem atemberaubenden Tempo ein autoritäres Regime umzukrempeln, ein ganzes Land neu zu erfinden. In den vergangenen acht Wochen hat er die Politik von Jahrzehnten rückgängig gemacht (SZ 6.6.2018). Der neue Premierminister Abiy Ahmed - ein Oromo - sucht den Dialog mit Oppositionellen (DS 5.6.2018) und hat auch schon Oppositionelle getroffen (FR 19.6.2018; vgl. NZZ 6.6.2018, DW 5.6.2018). Außerdem kam es zur Entlassung tausender politischer Gefangener (FR 11.6.2018; vgl. SZ 6.6.2018, FR 19.6.2018, NZZ 6.6.2018). Auch die Internetblockade hat Abiy Ahmed aufheben lassen (NZZ 6.6.2018). Man darf auf einmal sagen, was man will in Äthiopien (SZ 6.6.2018).
Armeechef Samora Yunis und Geheimdienstchef Getachew Asefa - beide Hardliner - hat der Premierminister abgesetzt (FR 19.6.2018). Gleichzeitig werden staatliche Firmen für private Unternehmen geöffnet (NZZ 6.6.2018). Außerdem will Äthiopien seinen jahrelangen Grenzkonflikt mit Eritrea beenden. Das Exekutivkomitee der äthiopischen Regierungspartei erklärte, das zwischen den beiden Staaten abgeschlossene Waffenstillstandsabkommen bedingungslos umzusetzen. Gleichzeitig wurde die Regierung von Eritrea aufgerufen, ähnliche Schritte einzuleiten, um den Frieden wieder herzustellen (BAMF 11.6.2018). Eritrea hat daraufhin angekündigt, eine Delegation nach Addis Abeba zu entsenden (DS 20.6.2018)
Widerstand gegen die Reformbemühungen ist noch keiner aufgetreten. Allerdings könnte sich das ändern, immerhin haben viele vom bisherigen System profitiert (FR 19.6.2018). Außerdem hat sich Abiy Ahmed in der Vergangenheit nicht gerade als Liberaler hervorgetan, war mitverantwortlich für den Aufbau der Internetkontrollbehörde (NZZ 6.6.2018).
Quellen:
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (11.6.2018): Briefing Notes vom 11. Juni 2018
- DS - Der Standard (20.6.2018): Friedensgespräche: Eritrea will Delegation nach Äthiopien schicken, https://derstandard.at/2000081929790/Friedensgespraeche-Eritrea-will-Delegation-nach-Aethiopien-schicken , Zugriff 22.6.2018
- DS - Der Standard (5.6.2018): Ausnahmezustand in Äthiopien aufgehoben,
https://derstandard.at/2000080995513/Ausnahmezustand-in-Aethiopien-aufgehoben?ref=rec , Zugriff 22.6.2018
- DW - Deusche Welle (5.6.2018): Äthiopien hebt Ausnahmezustand auf, http://www.dw.com/de/ äthiopien-hebt-ausnahmezustand-auf/a-44078868, Zugriff 22.6.2018
- FR - Frankfurter Rundschau (19.6.2018): Äthiopien im Umbruch, http://www.fr.de/politik/abiy-ahmed-aethiopien-im-umbruch-a-1527967 , Zugriff 22.6.2018
- FR - Frankfurter Rundschau (11.6.2018): Abiys Friedensinitiative, http://www.fr.de/politik/aethiopien-abiys-friedensinitiative-a-1522443 , Zugriff 22.6.2018
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (6.6.2018): Der neue Ministerpräsident sorgt für frischen Wind in Addis Abeba, https://www.nzz.ch/international/tauwetter-in-aethiopien-ld.1392179 , Zugriff 22.6.2018
- SZ - Süddeutsche Zeitung (6.6.2018): Ein Hoffnungsträger für Äthiopien,
http://www.sueddeutsche.de/politik/afrika-aethiopischer-fruehling-1.4002706 , Zugriff 22.6.201
1. Politische Lage
Entsprechend der 1995 in Kraft getretenen Verfassung ist Äthiopien ein demokratischer Bundesstaat. Die Einführung eines föderalen Systems bedeutete eine Abkehr von der Tradition starker Zentralisierung (AA 8 .2016; vgl. GIZ 1.2017a) und der früheren Dominanz der Volksgruppe der Amharen (AA 8 .2016). Auf allen administrativen Ebenen werden regelmäßig Wahlen durchgeführt, zu denen Oppositionsparteien zwar zugelassen werden, jedoch faktisch in ihren Handlungsoptionen stark eingeschränkt sind (AA 8 .2016). Der Präsident hat eine weitgehend repräsentative Rolle und darf keiner Partei angehören (AA 8 .2016; vgl. GIZ 1.2017a). Die politische Macht liegt beim Premierminister, der die Exekutive leitet, dem Ministerrat vorsitzt und die Streitkräfte befehligt (AA 8 .2016; vgl. CIA 14.12.2016; GIZ 1.2017a).
Nach dem Tod des Premierministers Meles Zenawi im August 2012 ging die Führung des Landes friedlich an den damaligen Außenminister Hailemariam Desalegn über. Unter seiner Führung haben sich Regierung und Partei zur Erhaltung des Status Quo und der politischen Kontinuität bekannt (AA 24.3.2016).
Dominierende politische Kraft ist die Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF), die sich aus vier Parteien zusammensetzt, der Tigray People's Liberation Front (TPLF), der Amhara National Democratic Movement (ANDM), der Oromo People's Democratic Organisation (OPDO) und der Southern Ethiopian Peoples' Democratic Movement (SEPDM) (AA 8 .2016). Traditionellen Führungsanspruch in der EPRDF hat die TPLF, die den Befreiungskrieg gegen das Derg-Regime anführte (AA 24.5.2016). Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Parlamentswahlen 2015 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt (AA 8 .2016).
Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Oberhaus "House of Federation" mit 108 Sitzen, die für eine fünfjährige Amtszeit von der Versammlungen der Regionalstaaten ernannt werden, und dem Unterhaus "House of Peoples' Representatives" mit 547 Sitzen, die für eine ebenfalls fünfjährige Amtszeit vom Volk gewählt werden (CIA 14.12.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Seit den letzten Parlamentswahlen im Mai 2015 hält die EPRDF alle 547 Sitze (CIA 14.12.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Die EU kritisierte im Vorfeld der Wahl die massiven Einschüchterungsversuche gegen Oppositionsparteien und Verhaftungen unabhängiger Journalisten (GIZ 1.2017a). Der Premierminister wird nach den Parlamentswahlen von der Partei ernannt, die die Wahlen für sich entscheiden konnte (CIA 14.12.2016). Der Präsident wird von den beiden Parlamentskammern für eine sechsjährige Amtszeit gewählt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober 2013 wurde Teshome Wirtu MULATU gewählt (CIA 14.12.2016).
Seit Ende des Jahres 2015 gab es immer wieder Proteste gegen den so genannten "Masterplan" für Addis Abeba, der eine Vergrößerung der Hauptstadt in den umliegenden Bundesstaat Oromia hinein vorsah. Im Januar 2016 gab die äthiopische Regierung nach anhaltenden (teils gewalttätigen) Protesten die Rücknahme des "Masterplans" bekannt. Die regierungskritischen Proteste hatten sich in 2016 stetig ausgeweitet. Angehörige der ethnischen Gruppen der Oromo und Amhara protestierten gegen die Korruption und die politische Dominanz der regierenden EPRDF, forderten eine bessere Verteilung der Früchte des Wirtschaftswachstums und mehr politische Mitbestimmung. Die Regierung ging weiterhin rigide gegen die Proteste vor. Hunderte Personen kamen ums Leben, Tausende sollen im Rahmen des im Oktober 2016 verhängten Ausnahmezustandes verhaftet worden sein. Es ist davon auszugehen, dass die Regierung durch ihre Maßnahmen im Rahmen des Ausnahmezustandes die Lage weitestgehend wieder unter ihre Kontrolle gebracht hat. Inwieweit politische Maßnahmen wie der Austausch des Regierungskabinetts durch Premierminister Hailemariam langfristig zu einer Harmonisierung beitragen können, bleibt abzuwarten (GIZ 1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 29.12.2016
- CIA - Central Intelligence Agency (14.12.2016): The World Factbook
- Ethiopia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html , Zugriff 3.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Äthiopien - Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/aethiopien/geschichte-staat/#c74 , Zugriff 3.1.2017
1. Sicherheitslage
Die äthiopische Regierung hat am 9. Oktober 2016 den Ausnahmezustand verhängt. Vorausgegangen waren Massendemonstrationen und teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung, überwiegend in den Regionen Oromia und Amhara (AA 3.1.2017). Diese hatten bereits Ende des Jahres 2015 begonnen, als die Hauptstadt Addis Abeba in den umliegenden Bundesstaat Oromia hinein vergrößert werden sollte. Die Proteste erweiterten sich später mit Forderungen nach einem Ende willkürlicher Festnahmen und ethnischer Ausgrenzung sowie gegen die Dominanz der Regierungspartei und mit der Forderung nach mehr politischer Mitbestimmung. Die Regierung ging rigide gegen die Proteste vor wobei mehrere hundert (AI: 800, GIZ: 400) Personen durch Sicherheitskräfte getötet wurden (AI 9.11.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Nachdem sich die Sicherheitssituation in den Provinzen Oromia und Amhara und im Gebiet Konso in der SNNPR (Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker) zwischen Juli und Anfang Oktober 2016 zeitweise massiv verschlechtert hat, ist in der Provinz Amhara nunmehr eine gewisse Beruhigung eingetreten. In der Provinz Oromia sowie im Konso-Gebiet bleibt die Lage jedoch weiterhin angespannt. Mit einem Wiederaufflammen gewalttätiger Proteste und einer erneuten Verschlechterung der Sicherheitslage in den Provinzen Oromia und Amhara muss gerechnet werden (BMEIA 3.1.2017a).
Die Grenze zu Eritrea ist gesperrt und die Lage im Grenzgebiet ist angespannt (BMEIA 3.1.2017b). Bei Fahrten in das direkte Grenzgebiet zu Eritrea und in die Danakilsenke in Nord-Afar können Überfälle durch Banditen und örtliche Untergrundorganisationen sowie Entführungen nicht ausgeschlossen werden (AA 3.1.2017).
In den letzten Jahren gab es vereinzelte (versuchte) Sprengstoffanschläge in Addis Abeba. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Äthiopien auch zukünftig Ziel von Anschlägen sein wird (AA 3.1.2017). In vielen Regionen Äthiopiens sind Minen verlegt, vor allem bis 80 km innerhalb der Grenzen zu Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan und Kenia (Borana Region); aber auch das Landesinnere ist teilweise vermint (BMEIA 3.1.2017b).
Als weitere Sicherheitsbedrohung gilt eine Reihe von bewaffneten Gruppen die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, wie die Oromo Liberation Front (OLF), die Ogaden National Liberation Front (XXXX) und Ginbot 7 (DCR 18.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.1.2017): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html , Zugriff 3.1.2017
- AI - Amnesty International (9.11.2016): Ethiopia: After a year of protests, time to address grave human rights concerns, http://www.ecoi.net/local_link/331838/459747_en.html , Zugriff 4.1.2017
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.1.2017a): Reise Aufenthalt - Äthiopien - Aktuelle Hinweise, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/ , Zugriff 3.1.2017
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.1.2017b): Reise Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/ , Zugriff 3.1.2017
- DCR - Dutch Council for Refugees (18.5.2016): Country of Origin Information Report Ethiopia,
http://www.refworld.org/pdfid/573f2f334.pdf , Zugriff 3.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Äthiopien - Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/aethiopien/geschichte-staat/#c74 , Zugriff 3.1.2017
1.1. Somali-Region (Ogaden) / Grenze zu Somalia
In der Somali Region (Ogaden) im Osten führt die äthiopische Armee bewaffnete Einsätze gegen Mitglieder die XXXX durch (AA 29.12.2016). Die XXXX ist eine separatistische Gruppe die seit 1991 für die Unabhängigkeit der Region kämpft (FH 27.1.2016). Nachdem Friedensgespräche zwischen der XXXX und der äthiopischen Regierung im Jahr 2013 gescheitert sind, setzten sich sporadische Gewaltakte in Ogaden fort. Seit 2013 operiert die XXXX von Somalia und erhält Unterstützung von Eritrea (DCR 18.5.2016).
Die Bedrohung der radikalislamistischen Terrororganisation al Shabaab, die von Somalia ausgeht, setzt sich fort. Im Grenzgebiet zu Somalia ist aufgrund möglicher militärischer Aktionen gegen al Shabaab grenzüberschreitend mit größeren Truppenbewegungen zu rechnen (AA 3.1.2017; vgl. USDOS 2.6.2016). Es kommt in der Region zu Kämpfen zwischen Rebellengruppen und dem Militär, zu Anschlägen, und es besteht Minengefahr (BMEIA 3.1.2017b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.1.2017): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html , Zugriff 3.1.2017
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.1.2017b): Reise Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/ , Zugriff 3.1.2017
- DCR - Dutch Council for Refugees (18.5.2016): Country of Origin Information Report Ethiopia,
http://www.refworld.org/pdfid/573f2f334.pdf , Zugriff 3.1.2017
- FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/327613/454676_en.html , Zugriff 29.12.2016
- USDOS - U.S. Department of State (2.6.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/324718/450854_en.html , Zugriff 3.1.2017
...
2. Rechtsschutz/Justizwesen
Das äthiopische Rechtssystem enthält Elemente mehrerer westlicher Rechtssysteme und ist schwer zu systematisieren (GIZ 1.2017a). Gesetzlich ist eine unabhängige Justiz vorgesehen (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 1.2017a), dennoch kommt es regelmäßig zu Einschränkungen von Rechtsstaatlichkeit, zuletzt durch die Erklärung des Ausnahmezustandes für eine Dauer von 6 Monaten am 9. Oktober 2016 (AA 8 .2016). Durch den Ausnahmezustand werden den Provinzverwaltungen Kompetenzen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entzogen und bei der äthiopischen Bundesregierung zentralisiert. Diese kann damit auf zukünftige Unruhen schneller reagieren (AA 3.1.2017).
Das Justizwesen wird als korrupt und undurchsichtig wahrgenommen. Richter gelten als schlecht ausgebildet und nicht immer über die geltenden Gesetze ausreichend informiert. Dies schlägt sich entsprechend in den Verfahren nieder (GIZ 1.2017a). Zivilgerichte arbeiten weitgehend unabhängig, die Strafgerichte sind aber weiterhin schwach, überlastet und werden politisch beeinflusst. Sowohl religiöse als auch traditionelle Gerichte sind verfassungsmäßig anerkannt. Viele Bürger in ländlichen Gebieten haben kaum Zugang zum formalen Justizsystem und sind auf traditionelle Konfliktlösungsmechanismen angewiesen. Scharia-Gerichte können religiöse und Familienrechtsfälle übernehmen, die Muslime betreffen. Scharia-Gerichte erhalten finanzielle Unterstützung durch den Staat und urteilten in der Mehrheit der Fälle in den vorwiegend muslimischen Somali- und Afar-Gebieten. Daneben gibt es noch weitere traditionelle Rechtssysteme, wie etwa Ältestenräte. Einige Frauen stellten fest, dass sie im traditionellen Rechtssystem keinen Zugang zu freien und fairen Verhandlungen haben, da sie traditionellerweise von der Teilnahme an Ältestenräten ausgeschlossen sind und in ländlichen Gebieten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbreitet ist (USDOS 13.4.2016).
Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht ersichtlich. Die äthiopische Regierung bestreitet zudem Strafverfolgung aus politischen Gründen. Allerdings berichten Oppositionspolitiker, Journalisten und inzwischen auch vereinzelt muslimische Aktivisten von Einschüchterungen, willkürlichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Dies geschieht inzwischen oft unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung und Wahrung der Sicherheit und Integrität des Landes. Bei einer vermuteten Nähe zu gewaltbereiten Gruppen (OLF, XXXX, Ginbot 7) oder einem (teilweise noch unbestätigten) Verdacht, zu Terrorismus anstiften zu wollen, wird hart durchgegriffen (AA 24.5.2016).
Das in der Verfassung verankerte Recht, nach der Verhaftung innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt zu werden, wird - unter anderem wegen Überlastung der Justiz - häufig nicht umgesetzt. Darüber hinaus gibt es regelmäßig Berichte über Misshandlungen, insbesondere in Untersuchungshaft, unbekanntem Verbleib zwischen Verhaftung und Vorführung vor Gericht bzw. Einlieferung in ein staatliches Gefängnis oder auch darüber, dass Familienangehörige von Verhafteten unter Druck gesetzt werden. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die z.B. das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung (AA 24.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 29.12.2016
- AA - Auswärtiges Amt (3.1.2017): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_7B87E3EFFF842E034C71AA5B64A842E2/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html , Zugriff 3.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Äthiopien - Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/aethiopien/geschichte-staat/#c74 , Zugriff 3.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
3. Sicherheitsbehörden
Die Bundespolizei untersteht dem Ministerium für Bundesangelegenheiten, das wiederum parlamentarischer Aufsicht unterliegt. Diese Aufsicht ist allerdings locker. Jeder der neun Regionalstaaten hat eine eigene Staats- oder Sonderpolizeieinheit, die jeweils den regionalen zivilen Behörden untersteht (USDOS 13.4.2016). Im ganzen Land gibt es zudem lokale Milizen, die sich in ihrer Arbeit mit regionalen und föderalen Polizei- und Militäreinheiten lose abstimmen. Das Ausmaß der Abstimmung variiert in den einzelnen Regionen. In vielen Fällen sind die Milizen der verlängerte Arm der Regierungspartei (USDOS 13.4.2016). Die Milizen sind von Gemeindevertretern gewählte, jedoch bewaffnete Personen, die ehrenamtlich militärische und Polizeidienste leisten und im Wesentlichen Polizeiaufgaben in (teilweise sehr entlegenen) ländlichen Gebieten erfüllen (vergleichbar mit "Community Police"). In manchen Fällen werden Milizen auch im Kampf gegen bewaffnete Rebellen eingesetzt, insbesondere in der Somali-Region im Osten Äthiopiens gegen die Ogaden National Liberation Front (XXXX) (AA 24.5.2016).
Die Sicherheitskräfte handeln im Allgemeinen diszipliniert und sind effektiv (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016), sind aber oftmals schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet und ohne Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften (AA 24.5.2016). Straffreiheit ist weiterhin ein ernstes Problem. Mechanismen zur Untersuchung von Missbräuchen durch die Bundespolizei sind nicht bekannt und die Regierung gibt die Untersuchungsergebnisse nur selten öffentlich bekannt. Sie bemüht sich aber, Menschenrechtsschulungen für Polizei- und Militärschüler anzubieten (USDOS 13.4.2016). Es wird zudem berichtet, dass sich in Einzelfällen die Sicherheitsorgane oder andere Behörden über Gerichtsurteile hinweggesetzt haben (z.B. in Ostäthiopien/ Ogaden) (AA 24.5.2016).
Die Streitkräfte wurden in den letzten Jahren mit dem Ziel umstrukturiert, sie von Aufgaben der inneren Sicherheit, die der Polizei obliegen, zu entbinden. Dies ist noch nicht landesweit umgesetzt. In einigen Regionen (Oromia, Somali Region/Ogaden, Gambella, Sidamo) gehen Polizei und Militär weiterhin gezielt gegen vermutete und tatsächliche Unterstützer und Angehörige der dort aktiven, z.T. militant bis terroristisch operierenden oppositionellen Gruppierungen XXXX, OLF, Ethiopian National United Patriotic Front (ENUPF) und Sidamo Liberation Front (SLF) vor (AA 24.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 30.12.2016
4. Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (USDOS 13.4.2016). Das in der Verfassung verankerte Verbot von Folter wird in der Praxis unterlaufen. Von verschiedener Seite werden immer wieder Vorwürfe über Misshandlungen durch Polizei und Militär laut (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Berichte von Folter und Misshandlung gibt es insbesondere während der Untersuchungshaft und von Häftlingen, die unter Verdacht stehen, mit Terrororganisationen in Verbindung zu stehen. Eine adäquate und konsistente Reaktion der Behörden auf z.B. in Gerichtsverfahren geäußerte Folter- und Misshandlungsvorwürfe ist nicht zu erkennen (AA 24.5.2016). Zudem verschwinden Berichten zufolge nach Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Rebellengruppen immer wieder Zivilisten - jedoch gibt es weniger glaubwürdige Berichte darüber als in den Vorjahren (USDOS 13.4.2016).
Systematische Verhaftungen und Folter bzw. Misshandlung durch Polizei, Militär und andere Mitglieder der Sicherheitskräfte sind nicht auszuschließen, insbesondere in Fällen, in denen der Verdacht oppositioneller Tätigkeit oder der Mitgliedschaft in bewaffneten Oppositionsgruppen und ein (vermuteter) Zusammenhang mit Terrorismus bestehen. Das Ersuchen des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates gegen Folter um einen Länderbesuch in Äthiopien wurde bisher abgelehnt (letzte Anfrage 2011) (AA 24.5.2016).
Laut NGO-Berichten, wurden tausende Oromos, denen die Regierung Terrorismus vorwirft, willkürlich festgenommen und in manchen Fällen gefoltert (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
5. Korruption
Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 27.1.2016). In Äthiopien hat es einige spektakuläre Korruptionsfälle gegeben, in die hochrangige Vertreter der Regierung verwickelt waren. In den bekannt gewordenen Fällen hat es Verurteilungen gegeben (GIZ 1.2017a). Trotz der Strafverfolgung vieler Beamter aufgrund von Korruption sind einige Beamte weiterhin in korrupte Praktiken involviert. Insbesondere auf niedriger Ebene ist Korruption - vor allem das Einfordern von Bestechungsgeldern - ein Problem. Auch bei der Polizei und in der Justiz ist Korruption weiterhin ein Problem (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 27.1.2016), ebenso im Alltag (GIZ 1.2017a). Auf dem Corruption Perceptions Index 2014 von Transparency International lag Äthiopien auf Platz 103 von 168 untersuchten Ländern (TI 2015).
Beim Justizministerium ist eine Bundeskommission für Ethik und Antikorruption (FEACC) eingerichtet. Der Strafprozess wegen Korruption gegen den Generaldirektor der Äthiopischen Steuer- und Zollbehörde, dessen Stellvertreter und weitere Regierungsbeamte und privater Geschäftsleute wurde im Jahr 2015 weitergeführt (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/327613/454676_en.html , Zugriff 29.12.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Äthiopien - Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/aethiopien/geschichte-staat/#c74 , Zugriff 3.1.2017
- TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index - Results, https://www.transparency.org/cpi2015/ , Zugriff 29.12.2016
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
6. Wehrdienst und Rekrutierungen
Die äthiopische Armee ist eine Freiwilligenarmee. Rekrutierungen werden im gesamten Land flächendeckend vorgenommen (AA 24.5.2016). Für einen freiwilligen Wehrdienst ist ein Mindestalter von 18 Jahren vorgesehen. Obwohl es keine Wehrpflicht gibt, kann das Militär Rekrutierungen durchführen und der Eintritt ins Militär ist dann verpflichtend (CIA 14.12.2016).
Fahnenflucht ist grundsätzlich nach Art. 288 des äthiopischen Strafgesetzbuches mit einer Haftstrafe bis zu fünf Jahren belegt, in Einzelfällen kann aber auch auf lebenslange Freiheitsstrafen oder gar auf Todesstrafe entschieden werden. Urteile von Militärgerichten werden nicht veröffentlicht, daher liegen keine verlässlichen Angaben vor. Fahnenflüchtige unter der Derg-Diktatur werden nicht mehr verfolgt (AA 24.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- CIA - Central Intelligence Agency (14.12.2016): The World Factbook
- Ethiopia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html , Zugriff 29.12.2016
7. Allgemeine Menschenrechtslage, Opposition
Der äthiopischen Regierung ist die Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität erkennbar wichtiger als demokratische Freiräume, Bürger- und individuelle Menschenrechte (AA 24.5.2016). Zu den signifikantesten Menschenrechtsproblemen in Äthiopien zählen die Einschränkung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit (unter anderem durch Festnahmen), politisch motivierte Gerichtsverfahren, Schikane und Einschüchterung von Oppositionspolitikern und Journalisten, sowie die Einschränkungen von Printmedien, Zivilgesellschaft und NGOs (USDOS 13.4.2016).
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor (USDOS 13.4.2016). Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen werden jedoch schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition werden überwacht und behindert (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung (AA 24.5.2016). Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).
Das Antiterrorgesetz schränkt auch die Meinungsfreiheit im Internet ein. Das Internet spielt in Äthiopien mit einer geschätzten Anwender-Zahl von unter 1,5% der Bevölkerung (die Regierung beziffert die Internetanwenderquote mit 4%) eine untergeordnete, aber im urbanen Bereich wachsende Rolle. Die Regierung filtert und sperrt im Internet den Zugang zu unerwünschten Seiten bzw. Inhalten. Eine ganze Reihe von (regierungs-)kritischen Webseiten, Blogs und Internetmedien werden blockiert, aber vereinzelt auch internationale Webseiten und Programme. Die staatliche Ethio-Telecom ist der einzige Anbieter von Telekommunikationsdiensten. Eine Privatisierung des Telekommunikationssektors lehnt die Regierung ausdrücklich ab (AA 24.5.2016).
Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (FH 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Versammlungen sind genehmigungspflichtig. Die Behörden können die Genehmigung (dem Gesetz nach) nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 24.5.2016). In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege (AA 24.5.2016). Seit den Protesten im Herbst 2015 kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden, bei denen es zahlreiche Tote und Verletzte gab (AA 3.1.2017).
Im Bereich der Vereinigungsfreiheit haben das NGO-Gesetz (Verbot für NGOs, in bestimmten Bereichen tätig zu sein) sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechtsbereich (AA 24.5.2016). Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften werden oftmals untergraben (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (3.1.2017): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise,http://www.auswaertiges-amt.de/sid_7B87E3EFFF842E034C71AA5B64A842E2/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html , Zugriff 3.1.2017
- FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Ethiopia, https://www.ecoi.net/local_link/327613/454676_en.html , Zugriff 3.1.2017
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Ethiopia, https://www.ecoi.net/local_link/318340/443520_en.html , Zugriff 3.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/306259/443531_de.html , Zugriff 2.1.2017
7.1. Opposition
Die zugelassene politische Opposition hat nur wenige Möglichkeiten, sich zu entfalten und zu arbeiten. Parteibüros werden durchsucht, Parteimitglieder und -anhänger (gelegentlich) verhaftet oder - v.a. von den Sicherheitskräften - eingeschüchtert. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitime politische Akteure anerkannt. Die Regierung hat wiederholt versucht, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen, extremistische islamische Gruppierungen oder ethnische Separatisten dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht), Sicherheitsgründen sowie der Bekämpfung des Terrorismus (AA 24.5.2016). Zu den wichtigsten Oppositionsparteien gehören das Forum for Democratic Dialogue in Ethiopia (Medrek), Oromo Federalist Democratic Movement (OFDM), Unity for Democracy and Justice (UDJ), Semayawi Party und All Ethiopian Unity Party (AEUP) (UKHO 12.2016a).
Einer Studie von Amnesty International vom Oktober 2014 zufolge sind zwischen 2011 und 2014 mindestens 5.000 Angehörige der Volksgruppe der Oromos (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) aufgrund einer tatsächlichen oder vermuteten Gegnerschaft zur Regierung verhaftet worden, die Mehrzahl hiervon offenbar ohne Haftbefehl oder wochenbis jahrelang ohne Anklage. Die in der Studie behauptete systematische Verfolgung der Oromo konnte allerdings auf im November 2014 stattfindenden Feldmissionen westlicher Botschaften nach Oromia nicht belegt werden (AA 24.5.2016). Bei den Protesten von 2015/2016 die in der Region Oromia begonnen haben und immer wieder als gewalttätig und terroristisch bezeichnet wurden, ging die äthiopische Regierung besonders gegen die Oromos und die Protestierenden dort vor. Dabei kam es zu vielen Toten und zahlreichen - zum Teil willkürlichen - Verhaftungen. Besonders betroffen waren u.a. Studierende, Aktivisten und Oppositionsmitglieder (UKHO 12.2016b).
Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen (AA 8 .2016). Gegen diese militanten Gruppen, insbesondere diejenigen, die vom Parlament als Terrororganisation gelistet wurden und/oder sich für Waffengewalt und Terrorismus aussprechen, wird hart vorgegangen. Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen. Dies betrifft vor allem die OLF, Teile der XXXX, Ginbot 7, al Qaida und al Shabaab, aber auch "al-Ittihad Al-Islamia" (AIAI), ENUPF und SLF. 2010 wurde jeweils ein Friedensabkommen mit Teilen der XXXX und der United Western Somali Liberation Front (UWSLF) abgeschlossen, das die Freilassung von Gefangenen, die Reintegration ehemaliger Kämpfer und eine Amnestie für diejenigen zusichert, die ihre Waffen freiwillig abgeben. Allerdings ist die Umsetzung der Abkommen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Manche ehemaligen Kämpfer wurden nach Freilassung wieder eingesperrt, andere Kämpfer sind zu dem noch kämpfenden Flügel der XXXX übergelaufen (AA 24.5.2016). Schätzungen bezüglich der Anzahl politischer Gefangener variieren erheblich (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 2.1.2017
- UKHO - UK Home Office (12.2016a): Country Information and Policy Note Ethiopia: Opposition to the government, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1482333473_cpin-eth-pol-opp-v1.pdf , Zugriff 9.1.2017
- UKHO - UK Home Office (12.2016b): Country Information and Guidance Note Ethiopia: Ethiopia: Oromos and the 'Oromo Protests', https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/575515/CPIN_ETH_Oromo_and_Oromo_protests.v1.pdf , Zugriff 9.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 2.1.2017
8. Haftbedingungen
Es gibt in Äthiopien 6 Bundes- und 120 regionale Gefängnisse. Die Behörden sperren manchmal Jugendliche mit Erwachsenen ein. Männliche und weibliche Gefangene werden in der Regel getrennt. Die Bedingungen in Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten sind weiterhin schlecht, in einigen Fällen lebensbedrohlich (USDOS 13.4.2016) und jedenfalls nicht mit europäischen Standards vergleichbar (AA 24.5.2016). Die Gefängnisse sind überfüllt (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). In der Regel erfolgt die Unterbringung in großen Gemeinschaftszellen. Verpflegung und sanitäre Anlagen sind landestypisch einfach. Aufgebessert werden die Haftbedingungen entweder durch finanzielle Mittel oder durch die weit verbreitete Unterstützung durch Angehörige (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Es wird immer wieder berichtet, dass Angeklagten und/oder Verurteilten unter dem Antiterrorgesetz der Zugang zu Anwälten, Besuch von Angehörigen sowie adäquate medizinische Versorgung verwehrt wird (AA 24.5.2016). Zudem gibt es Berichte, dass Wärter Häftlinge schlagen. Die medizinische Versorgung nach solchen Schlägen ist in manchen Fällen unzureichend (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
9. Todesstrafe
Einige Gesetze, zum Beispiel das Strafgesetz und das Antiterrorgesetz, sehen nach wie vor die Todesstrafe vor (AA 8 .2016). Sie ist daher in Äthiopien formell weiterhin in Kraft (AI 6.4.2016) und wird vereinzelt verhängt. Die Todesstrafe wurde in Äthiopien seit 1991 zwei Mal vollstreckt. Seit der letzten Hinrichtung im August 2007 herrscht ein de-facto Moratorium (AA 8 .2016).
Die Verhängung der Todesstrafe ist für folgende Straftaten möglich:
Mord, Verbrechen gegen den Staat, Hochverrat, Verletzung von internationalem Recht (u.a. Spionage, Kriegsverbrechen, Genozid), militärische Verbrechen, schwere Vermögensdelikte und schwere Straftaten aus den Bereichen Verbreiten von Krankheiten und Verschmutzen der Umwelt. Nach dem Antiterrorgesetz kann die Todesstrafe verhängt werden, soweit ein "terroristischer" Akt verübt wurde oder jemand dies versucht, vorbereitet, geplant, jemanden dazu angestiftet oder sich dazu verschworen hat (AA 24.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 29.12.2016
- AI - Amnesty International (6.4.2016): Death Sentences and Executions 2015,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1466066825_act5034872016english.pdf , Zugriff 9.1.2017
10. Religionsfreiheit
Im Zensus 2007 wurde geschätzt, dass 44% der Bevölkerung der äthiopisch-orthodoxen Kirche angehören, 34% sunnitische Muslime sind und 19% evangelikalen oder Pfingstkirchen angehören. Des Weiteren gibt es eine kleine Anzahl von Katholiken, Zeugen Jehovas, Juden, Mormonen und einige Anhänger indigener Religionen (USDOS 10.8.2016; vgl. GIZ 1.2017b).
Die Verfassung und die meisten Gesetze und Richtlinien schützen die Religionsfreiheit (USDOS 10.8.2016; vgl. AA 24.5.2016), Staat und Religion sind getrennt. Die Regierung bemüht sich, bei hochrangigen Personalentscheidungen (Ernennung von Vize-Premiers oder Ministerposten), die Muslime des mehrheitlich christlich geprägten Landes einzubinden. Ihr Anteil an politischen Entscheidungsfunktionen spiegelt aber unverändert nicht ihre Bedeutung in der Gesellschaft wider (AA 24.5.2016).
Grundsätzlich sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung (AA 24.5.2016) und ist für die friedliche Koexistenz der verschiedenen Glaubensgemeinschaften, vor allem für das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Christen, bekannt (GIZ 1.2017b). In den letzten Jahren kommt es jedoch vor allem durch den Einfluss (islamischer und christlicher) fundamentalistischer Kräfte zunehmend zu Konflikten. In der Praxis existieren daher vielschichtige Spannungen inter- und intrareligiöser Art. Inzwischen erkennt die Regierung religiöse Spannungen an und versucht, darauf zu reagieren (AA 24.5.2016).
Die Regierung beobachtet angeblich islamistisch-fundamentalistische Strömungen besonders kritisch, ebenso den wachsenden Einfluss wahhabitischer bzw. salafistischer Gruppen und begründet hartes Vorgehen gegen Muslime mit dem Kampf gegen extremistische Strömungen und Terrorismus. Äthiopische Muslime ihrerseits werfen der Regierung Einmischung in religiöse Angelegenheiten und eine Beschränkung der Ausübung der Religionsfreiheit vor, z.B. im Zusammenhang mit den Wahlen zum Islamischen Rat (Islamic Affairs Supreme Council) und mit vom äthiopischen Ministerium für föderale Angelegenheiten im Zusammenarbeit mit dem (regierungsnahen) Islamic Affairs Supreme Council organisierten Lehrgängen zur äthiopischen Verfassung und zu einer gemäßigten Form des Islam (Al-Ahbash) (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 10.8.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017b): Äthiopien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/aethiopien/gesellschaft/#c1307 , Zugriff 2.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/328320/455596_en.html , Zugriff 29.12.2016
11. Ethnische Minderheiten
In Äthiopien gibt es mehr als 80 ethnische Gruppen (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 1.2017b). 34,4% gehören der Gruppe der Oromo an, 27% sind Amharen, 6,2% Somali, 6,1% Tigray und die restlichen rund 26% gehören anderer Volksgruppen an (CIA 14.12.2016; vgl. GIZ 1.2017b). Die Grenzen der Regionalstaaten sind weitgehend entlang der Grenzen der Lebensräume der größten ethischen Gruppen gezogen. Die meisten politischen Parteien basieren vorwiegend auf ethnischer Zugehörigkeit (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 24.5.2016).
Die Verfassung gewährt den ethnischen Gruppen Gleichberechtigung und weitgehende Autonomierechte. Die meisten der derzeit 76 anerkannten Ethnien sind mit zumindest einem Vertreter in der zweiten Parlamentskammer, dem "House of Federations", vertreten (sowie einem weiteren Vertreter je 1 Million Angehöriger). Eine nach Hautfarbe, Herkunft oder Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis ist nicht feststellbar, es gibt jedoch nicht verifizierbare Berichte, dass kleinere indigene Gruppen in der Praxis diskriminiert werden. Angesichts eines wahrgenommenen überproportionalen politischen Einflusses der kleineren Ethnie der Tigray fühlen sich die beiden größten Ethnien der Oromos und der Amharen politisch unterrepräsentiert. Tigray haben zudem auch großen Einfluss in der Wirtschaft. Politisch in der Opposition aktive Mitglieder der Oromo werden von Sicherheitskräften häufig der Nähe zur OLF verdächtigt (AA 24.5.2016), einige, die als einflussreiche Mitglieder der Oromo-Gemeinschaft gelten, werden gezielt verhaftet (HRW 6.2016). Im Jahr 2014 und Ende 2015 bis Oktober 2016 protestieren vor allem Oromos gegen die langjährigen Missstände. Seit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Oktober 2016 ist die Zahl der Proteste jedoch zurückgegangen (UKHO 12.2016b).
Vorwürfe der Diskriminierung gegen bestimmte ethnische Gruppen werden auch im Zusammenhang mit Umsiedlungsprogrammen sowie mit landwirtschaftlichen Großinvestitionen im Westen (Gambella) und Süden (Südomo) des Landes vorgebracht. Verschiedene Fact-Finding-Missionen der Geber in die genannten Gebiete konnten systematische Menschenrechtsverletzungen nicht nachweisen, Einzelfälle sind hingegen nicht auszuschließen. Aus der vor allem von ethnischen Somalis bewohnten Somali Region/Ogaden wird in regelmäßigen Abständen von Menschenrechtsverletzungen bei Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und bewaffneten XXXX-Anhängern berichtet. Eine unabhängige Bestätigung der Vorwürfe ist nicht möglich (AA 24.5.2016).
Traditionell einflussreiche Ältestenräte, Clanführer oder andere, innerhalb einer ethnischen Gruppe angesehene Persönlichkeiten haben an Ansehen und Einfluss verloren. Konflikte werden deshalb in zunehmendem Maße "unkoordiniert" ausgetragen und traditionelle Mechanismen der Konfliktschlichtung funktionieren immer weniger. Die Antwort der Regierung auf die in Äthiopien herrschenden ethnischen Konflikte ist der Ethnische Föderalismus. Er soll durch weitgehende Autonomie der nach ethnischen Gesichtspunkten gegliederten Bundesländer den Wunsch nach Selbstbestimmung der ethnischen Gruppen befriedigen und sie so zu zufriedenen Angehörigen der äthiopischen Nation machen. Kritiker bemängeln jedoch, die an ethnischen Grenzen orientierte Verwaltungsstruktur verstärke die Besinnung auf ethnische Unterschiede und verstärke so bestehende Konflikte. Auch die Beibehaltung des Amharischen als alleinige Amtssprache ist nicht unumstritten (GIZ 1.2017b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- CIA - Central Intelligence Agency (14.12.2016): The World Factbook
- Ethiopia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html , Zugriff 2.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017b): Äthiopien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/aethiopien/gesellschaft/#c1307 , Zugriff 2.1.2017
- HRW - Human Rights Watch (6.2016): "Such a Brutal Crackdown" - Killings and Arrests in Response to Ethiopia's Oromo Protests, https://www.ecoi.net/local_link/318340/443520_en.html , Zugriff 9.1.2017
- UKHO - UK Home Office (12.2016b): Country Information and Guidance Note Ethiopia: Ethiopia: Oromos and the 'Oromo Protests', https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/575515/CPIN_ETH_Oromo_and_Oromo_protests.v1.pdf , Zugriff 9.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 3.1.2017
...
12. Bewegungsfreiheit
Obwohl im Gesetz die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit für Reisen innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr verankert ist, wird dieses Recht in der Praxis von der Regierung teilweise eingeschränkt. Die Regierung hat die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in und innerhalb der Somali-Region gelockert, aber nicht vollständig abgeschafft (USDOS 13.4.2016).
Unter dem seit Oktober 2016 ausgerufenen Ausnahmezustand kann die äthiopische Regierung u.a. Ausgangssperren verhängen (EDA 13.1.2017).
Internationale Menschenrechtsorganisationen üben Kritik an von der Regierung begonnenen Programmen zur Umsiedlung der ländlichen Bevölkerung, insbesondere in der Region Gambella und im Süden des Landes. Die Umsiedlungsmaßnahmen, die laut Regierung freiwillig sind und der Bereitstellung einer besseren Infrastruktur und Basisversorgung für die ländliche Bevölkerung dienen, werden nach Aussagen von Menschenrechtsorganisationen willkürlich durchgeführt und gehen mit ernsten Verletzungen der Menschenrechte einher (AA 8 .2016).
Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (AA 24.5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 2.1.2017
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (13.1.2017): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/aethiopien/reisehinweise-fueraethiopien.html , Zugriff 13.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 16.12.2016
13. IDPs und Flüchtlinge
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) beziffert die Anzahl der Binnenflüchtlinge im Land mit Juli-September 2015 mit
505.104. Im Quartal davor waren es 470.261 Personen. IOM zufolge sind mehr als 90% der IDPs langfristige IDPs, für die dauerhafte Lösungen (Rückkehr nach Hause, lokale Integration, Umsiedlung in andere Landesteile) derzeit nicht möglich sind, und zwar aufgrund des anhaltenden Konflikts, den ausstehenden politischen Entscheidungen oder Ressourcen zur Unterstützung lokaler Integration, oder der Unerwünschtheit von Umsiedlungen in andere Landesteile. Die Anzahl der IDPs nahm aufgrund von Konflikten und Naturkatastrophen insbesondere in den Regionen Somali, Oromia, Gambella und dem südlichen Omo-Tal zu. Die Regierung leistete humanitäre Hilfe über den Disaster Risk Management Food Security Sector (DRMFSS) und regionale und Bezirksverwaltungen. Humanitäre Organisationen stellten IDPs Unterstützung zur Verfügung (USDOS 13.4.2016).
In Äthiopien halten sich mit Stand 31.8.2016 gem. UNHCR-Angaben ca. 743.000 Flüchtlinge auf. Der Großteil (281.000) stammt aus dem Südsudan, gefolgt von Somalia (254.000), Eritrea (161.000) und Sudan (39.000) (UNHCR 15.9.2016; vgl. CIA 14.12.2016: ca. 321.000 Flüchtlinge aus dem Südsudan, 254.000 aus Somalia, 155.000 aus Eritrea und 37.000 aus dem Sudan). Somit hat Äthiopien mehr Flüchtlinge als jedes andere afrikanische Land. Die Grundversorgung der registrierten Flüchtlinge wird durch den UNHCR sowie das WFP gewährleistet. Sowohl das WFP als auch UNHCR sind jedoch unterfinanziert. Sollte die Mittelbeschaffung fehlschlagen, müssen die Lebensmittelrationen gekürzt werden. Die Nichtgewährleistung der Versorgung der Flüchtlinge würde eine Vergrößerung des Konfliktpotentials mit den aufnehmenden Gemeinden bedeuten. Aufgrund der unsicheren Verhältnisse in den jeweiligen Herkunftsländern ist eine Rückführung auf absehbare Zeit nicht möglich. Im Sinne einer mittel- bis langfristigen Perspektive für Flüchtlinge gibt es eine "out-of-camp-policy", die zurzeit jedoch lediglich für eritreische Flüchtlinge bereits umgesetzt worden ist. Eine weitergehende Integration der Flüchtlinge, die z.T. schon jahrelang auf äthiopischem Territorium ansässig sind, lässt die äthiopische Regierung nicht zu (AA 24.5.2016).
Generell haben alle Flüchtlinge aus Somalia in Äthiopien die Möglichkeit, sich entweder beim UNHCR (bei Einreise über Flüchtlingslager) oder bei der ARRA (äthiopische Asylbehörde) als Flüchtlinge zu registrieren. Gemäß Auskunft der äthiopischen Einwanderungsbehörde in Addis Abeba erfolgt auch nach Ablauf des Visums von "echten" somalischen Staatsangehörigen - solange diese nicht straffällig werden - keine Ausweisung nach Somalia. In der Praxis leben daher viele Somalier nicht registriert bereits seit Jahren in Äthiopien und sind bezüglich Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten sowie den Lebensumständen den Äthiopiern praktisch gleichgestellt (ÖB 15.4.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- CIA - Central Intelligence Agency (14.12.2016): The World Factbook
- Ethiopia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html , Zugriff 9.1.2017
- ÖB Addis Abeba (15.4.2013): Addis-Abeba-ÖB/KONS/0245/2013, Schreiben an das BAG
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (15.9.2016): Ethiopia Fact Sheet August 2016,
http://data.unhcr.org/horn-of-africa/country.php?id=65 , 9.1.2017
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
14. Grundversorgung und Wirtschaft
Äthiopien ist bei etwa 99,3 Millionen Einwohnern mit einem jährlichen Brutto-National-Einkommen von etwa 686,6 US-Dollar pro Kopf (2015) eines der ärmsten Länder der Welt, auch wenn das Wirtschaftswachstum in den letzten zehn Jahren wesentlich über dem regionalen und internationalen Durchschnitt lag. Ein signifikanter Teil der Bevölkerung lebt unter der absoluten Armutsgrenze: laut Weltbank-Daten von 2015 lebten im Jahr 2011 30,7% von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag, 2005 waren es noch 39% (AA 10 .2016). Jugendarbeitslosigkeit ist akut. Beschäftigung im öffentlichen Sektor, dem führenden Arbeitgeber in Äthiopien nach der Landwirtschaft, erfordert die Parteimitgliedschaft oder gute Verbindungen zur herrschenden Elite (UKHO 12.2016b). In den ländlichen Regionen ist die Arbeitslosigkeit niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft. Öffentliche Arbeitsagenturen bieten in regionalen Büros, die mit dem äthiopischen Ministerium für Arbeit und Soziales (MOLSA) www.molsa.gov.et in Verbindung stehen, ihre Dienste an (IOM 6.2014).
Der wichtigste Erwerbszweig bleibt die Landwirtschaft mit 81% der Erwerbstätigen, die 2014 rund 40% des Bruttoinlandsprodukts erzeugten (AA 10 .2016; vgl. GIZ 10.2016). Von der Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion hängt die Sicherheit der Lebensmittelversorgung ab (AA 10 .2016). Etwa 10% des jährlichen Nahrungsmittelbedarfs wird grundsätzlich ganzjährig durch internationale Hilfe gewährleistet (GIZ 10.2016). Rund 3 Millionen Äthiopier erhalten jährlich Nahrungsmittelhilfe zur Überbrückung ihrer Engpässe. Zusätzlich werden 7,8 Mio. Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigen würden (AA 10 .2016; vgl. AA 24.5.2016). Im Human Development Index 2014 liegt Äthiopien auf Platz 174 von 188 Ländern. Die strukturellen Probleme - Auswirkungen wiederkehrender Dürreperioden auf die Landwirtschaft, rasches Bevölkerungswachstum und daraus resultierende Folgen für Wirtschaftswachstum, fortschreitende Bodenerosion und Ressourcenmangel - bleiben trotz großer Anstrengungen ungelöst (AA 10 .2016).
Äthiopien hat nach dem Fall des Derg-Regimes 1991 einen langen Weg von der Umstellung einer marxistischen Planwirtschaft auf eine offenere Wirtschaftsform hinter sich. Die meisten Preise sind freigegeben (wichtige Ausnahme: Treibstoffe; es bestehen zudem verbilligte Preise für Zucker und Öl bei staatseigenen Verkaufsstellen) und Privatunternehmen in fast allen Sektoren zugelassen. Die Regierung übt allerdings durch staatliche Monopolunternehmen, parteinahe Unternehmensgruppen und eine kontrollierende Bürokratie unverändert beherrschenden Einfluss auf die Wirtschaft aus. Privater Landbesitz ist gemäß Verfassung nicht zulässig (AA 10 .2016).
Äthiopien bietet, mit der Ausnahme von Pensionskassen für Beamte und Offiziere, kein umfassendes staatlich gefördertes Sozialhilfesystem (BS 2016). Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kindergeld o.ä. werden von der äthiopischen Regierung nicht erbracht (AA 24.5.2016). Die äthiopische Bevölkerung verlässt sich auf die Solidarität der Großfamilie, der Clan- und Dorfstrukturen sowie auf religiöse und traditionelle Bräuche (BS 2016). Das Rückgrat der sozialen Wohlfahrt bilden die traditionellen Verbände. Es gibt im gesamten Land eine Reihe von Wohlfahrtsprogrammen, die auf religiöser, politischer oder familiärer Basis gegründet wurden. Zu den beiden am weitesten verbreiteten Verbänden zählen die sogenannten "iddir"-Systeme. Es handelt sich hierbei um Gemeinschaften, die Menschen aus der Nachbarschaft, aus dem gleichen Berufsfeld oder Freunden finanzielle und andere Hilfen gewähren (IOM 6.2014).
Farmer und Familien die vom landwirtschaftlichen Sektor leben, sind am ehesten davon betroffen, ihre Lebensgrundlage zu verlieren, da die Regierung sehr daran bemüht ist, ihr Land kommerziell zu nutzen (BS 2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- AA - Auswärtiges Amt (10.2016): Länderinformationen - Äthiopien - Wirtschaft,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_1405D462D27F69391D711CFFF6521ED1/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Wirtschaft_node.html , Zugriff 29.12.2016
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Ethiopia Country Report,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Ethiopia.pdf , Zugriff 9.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2016): Äthiopien - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/aethiopien/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 9.1.2017
- IOM - Internationale Organisation für Migration (6.2014):
Länderinformationsblatt Äthiopien
- UKHO - UK Home Office (12.2016): Country Information and Guidance Note Ethiopia: Oromos and the 'Oromo Protests', http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1482334032_cpin-eth-oromo-and-oromo-protests-v1.pdf , Zugriff 9.1.2017
15. Medizinische Versorgung
Die Gesundheitsversorgung ist trotz erheblicher Anstrengungen und bereits erzielter Fortschritte noch mangelhaft (GIZ 1.2017b). Medizinische Versorgungsmöglichkeiten sind begrenzt, die Qualität ist unvorhersehbar, eine staatliche notfallmedizinische Versorgung auf europäischem Niveau ist landesweit nicht vorhanden (BMEIA 3.1.2017c). Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren (AA 24.5.2016).
Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden (AA 24.5.2016).
Die wichtigsten Gesundheitsprobleme in Äthiopien betreffen vor allem Müttersterblichkeit, Malaria, Tuberkulose und HIV/AIDS die durch akute Unterernährung und fehlendem Zugang zu sauberem Wasser und zu sanitären Einrichtungen verstärkt werden (WHO o.D.). Viele Menschen sind von häufigen Durchfällen betroffen. Diese stellen bei Kindern die häufigste Todesursache dar (GIZ 1.2017b). Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kommt es bei bestimmten Medikamenten immer wieder einmal zu Versorgungsengpässen (AA 24.5.2016). Der Zugang zu den wesentlichen Medikamenten ist nur einem Teil der Bevölkerung möglich. Schätzungen zufolge lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung mehr als 10 km von der nächsten Gesundheitseinrichtung entfernt (WHO o.D.; vgl. GIZ 1.2017b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.1.2017c): Reise Aufenthalt - Äthiopien - Gesundheit Impfungen,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/ , Zugriff 3.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017b): Äthiopien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/aethiopien/gesellschaft/#c1307 , Zugriff 9.1.2017
- WHO - World Health Organization (o.D.): Health Action in Crises, http://www.who.int/hac/donorinfo/callsformobilisation/ethiopia_resmob.pdf , Zugriff 9.1.2017
16. Rückkehr
Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 24.5.2016).
Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen in unsicheren Regionen wird aber manchmal durch Behörden und bewaffnete Gruppen eingeschränkt (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien
- USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/322481/461958_de.html , Zugriff 29.12.2016
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinen persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus seinen dahingehenden Angaben vor dem BFA. Da seine behauptete Identität nicht durch entsprechende Dokumente belegt wurde, steht sie nicht fest.
Die Feststellung zur äthiopischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers resultiert daraus, dass sich der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchgehend selbst als äthiopischer Staatsbürger bezeichnet hat. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine identitätsbezeugenden oder sonstigen staatlichen Dokumente in Vorlage gebracht, welche dessen Staatsbürgerschaft belegen würden, weshalb die Frage seiner Staatsbürgerschaft anhand des Vorbringens des Beschwerdeführers zu klären war. Der Beschwerdeführer wurde unstrittig in der Somali-Region in Äthiopien geboren, wo er sich bis zu seiner Ausreise nach Europa im Jahr 2015 durchgehend aufgehalten hat. Soweit sich der Beschwerdeführer anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung - abweichend zu seinen früheren Aussagen - erstmals als Staatsangehöriger von Somalia bezeichnet hat, ist diesem Vorbringen kein Glauben zu schenken: Der Beschwerdeführer hat sich sowohl anlässlich seiner polizeilichen Erstbefragung am 15.03.2016 (vgl. Verwaltungsakt, Seite 7) als auch anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.02.2017 (vgl. Verwaltungsakt, Seiten 127 ff) ausdrücklich als Staatsbürger von Äthiopien bezeichnet. Soweit der Beschwerdeführer anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 05.11.2018 im Widerspruch dazu erstmals vorbrachte, somalischer Staatsbürger zu sein und die anderslautende Protokollierung mit einem etwaigen Missverständnis begründete bzw. aussagte, dass er bereits im Verfahren vor der Behörde mehrfach davon gesprochen hätte, in Wahrheit somalischer Staatsbürger zu sein, so muss diese Erklärung als unglaubwürdige Schutzbehauptung gewertet werden. Wie angesprochen, wurde der Beschwerdeführer - insbesondere anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt - dezidiert nach seiner Staatsbürgerschaft (und nicht etwa nach seiner Herkunft respektive seinem Geburtsort) gefragt und hat hierauf geantwortet, äthiopischer Staatsbürger zu sein. Sowohl die Niederschrift der polizeilichen Erstbefragung als auch jene seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.02.2017 wurden dem Beschwerdeführer ausweislich des Akteninhalts durch den jeweils anwesenden Dolmetscher in seine Muttersprache Somalisch rückübersetzt, wobei der Beschwerdeführer die Richtigkeit der aufgenommenen Niederschriften jeweils durch seine Unterschrift bestätigt hat. Selbst wenn es anlässlich der Erstbefragung des damals minderjährigen Beschwerdeführers zu einem Missverständnis bezüglich seiner Staatsbürgerschaft gekommen sein sollte, wäre jedenfalls anzunehmen, dass der Genannte dieses anlässlich seiner Befragung vor dem Bundesamt (im Rahmen derer er das Protokoll der Erstbefragung auch im Hinblick auf die niederschriftlichen Angaben zu seinem Fluchtgrund sowie zu seinem Reiseweg korrigierte) richtiggestellt hätte, und keinesfalls abermals eine äthiopische Staatsbürgerschaft zur Protokoll gegeben hätte. Die Unglaubwürdigkeit der anlässlich der Beschwerdeverhandlung erstmals vorgebrachten äthiopischen Staatsbürgerschaft wird auch insofern bekräftigt, als der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid in eindeutiger Weise als Staatsangehöriger Äthiopiens geführt wurde, sodass es dem - durch eine Rechtsberatungsorganisation vertretenen - Beschwerdeführer jedenfalls offen gestanden hätte, ein allfälliges Missverständnis im Hinblick auf seine Staatsbürgerschaft und demnach seinen Herkunftsstaat im Rahmen der Beschwerdeerhebung aufzugreifen. Dass der Antrag auf internationalen Schutz im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf den Herkunftsstaat Äthiopien geprüft wurde, wurde jedoch anlässlich der Beschwerdeschrift in keiner Weise beanstandet. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer - wie anlässlich des durchgeführten Konsultationsverfahrens bekannt gegeben wurde - in Italien unter einer Alias-Identität als Staatsangehöriger Somalias registriert wurde (vgl. Verwaltungsakt, Seite 69). Da er sich im Verfahren vor der österreichischen Behörde jedoch mehrfach als Staatsbürger Äthiopiens bezeichnet hat, die diesbezüglichen Protokollierungen nach erfolgter Rückübersetzung bestätigt hat, auch anlässlich der Beschwerdeerhebung keinen Hinweis auf eine etwaige somalische Staatsbürgerschaft dargetan hat und eine solche auch in keiner sonstigen Weise, etwa durch die Vorlage von Dokumenten, zu untermauern vermochte, war festzustellen, dass es sich beim Beschwerdeführer entsprechend seinen bisherigen Angaben um einen Staatsbürger Äthiopiens handelt und die erstmalige Behauptung einer somalischen Staatsbürgerschaft anlässlich der zuletzt abgehaltenen Beschwerdeverhandlung unglaubwürdig ist und mit dieser lediglich eine Verfahrensverzögerung bzw. die Herbeiführung eines für den Beschwerdeführer günstigeren Verfahrensergebnisses bezweckt war. In diesem Zusammenhang war zu bemerken, dass der Beschwerdeführer sowohl gegenüber den italienischen als auch gegenüber österreichischen Behörden ein um mehrere Monate von seinem tatsächlichen, durch ein medizinisches Sachverständigen-Gutachten (vgl. Verwaltungsakt, Seite 87) festgestellten, abweichendes Lebensalter bzw. Geburtsdatum angeführt hat, wodurch ebenfalls dessen Bereitschaft zur Erstattung unrichtiger Angaben zu seinen persönlichen Umständen zwecks Schaffung eines Vorteils im Verfahren nahegelegt wird.
An diesen Erwägungen konnten auch die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei im Schriftsatz vom 19.11.2018 nichts ändern, die in wesentlichen Teilen bloß Wiederholungen des bisher vorgebrachten waren. Auf ein Eingehen hinsichtlich der Vorbringen zu Somalia wird angesichts der festgestellten Staatsbürgerschaft verzichtet.
Die Feststellungen zu seiner Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Reiseweg und zu seinem Gesundheitszustand gründen darüber hinaus auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Äthiopien deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Mangels Erstattung eines dahingehenden Vorbringens respektive der Vorlage medizinsicher Unterlagen, konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aktuell an Erkrankungen leidet. Der Beschwerdeführer hat anlässlich der zuletzt abgehaltenen Beschwerdeverhandlung ausdrücklich angegeben, gesund zu sein.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.3. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers beruhen auf den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Länderberichten. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen großteils von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen, weswegen es keine Anhaltspunkte dafür gibt, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Der Beschwerdeführer ist den Länderberichten auch nicht substantiiert entgegengetreten. Insofern Quellen älteren Datums herangezogen werden, bleibt festzuhalten, dass sich die aktuelle Lage folglich laufender Medienbeobachtung bezogen auf den zu beurteilenden Fall im entscheidungsrelevanten Aspekt gegenüber den zitierten Feststellungen unverändert darstellt.
2.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Sofern daher einzelne Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben, ist die Mitwirkungspflicht in dem Maß höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erhebung wegen des Fehlens entsprechender Möglichkeiten geringer ist (vgl. VwSlg. 6511 F 1990).
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).
2.5. Im Sinne dieser Judikatur ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.
Der Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien keine individuelle Verfolgung drohen würde, muss sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch das Bundesverwaltungsgericht anschließen, zumal auch aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung keine diesem im Falle einer Rückkehr glaubhaft drohende Verfolgung erheblicher Intensität ableitbar ist.
Der Beschwerdeführer machte als den Grund seiner Antragstellung auf internationalen Schutz zusammenfassend eine Verfolgung seiner Person durch die äthiopische Regierung geltend, zumal sein Vater Mitglied der Rebellenorganisation XXXX gewesen wäre. Der Beschwerdeführer sei - ebenso wie seine Mutter und seine Geschwister - im Jänner 2015 inhaftiert und im Zuge der anschließenden sechsmonatigen Gefangenschaft Misshandlung und Folter ausgesetzt gewesen. Nach seiner Freilassung sei es zu Kampfhandlungen zwischen der XXXX und der Regierung gekommen, in deren Verlauf der Vater des Beschwerdeführers getötet worden wäre. Der Beschwerdeführer habe in der Folge einen Anruf erhalten, wonach Regierungssoldaten zu seiner Familie nach Hause gekommen wären. Der Beschwerdeführer sei daraufhin nicht mehr nach Hause zurückgekehrt und habe in weiterer Folge die Flucht aus dem Herkunftsstaat angetreten.
Insofern sich der Beschwerdeführer auf eine aktuell von der äthiopischen Regierung ausgehende individuelle Bedrohungslage aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft zu seinem Vater beruft, ist der Ansicht der Behörde, welche von einem unglaubwürdigen Vorbringen ausgeht, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, anlässlich derer dem Beschwerdeführer nochmals Gelegenheit zur ausführlichen Schilderung seiner Ausreisegründe und Rückkehrbefürchtungen geboten worden war, im Ergebnis beizupflichten, zumal es diesem auch anlässlich seiner Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht gelungen ist, die zu seiner Ausreise führenden Geschehnisse in nachvollziehbarer und widerspruchsfreier Weise darzustellen.
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Umständen des - seinen Angaben zufolge fluchtartigen - Verlassens seines Herkunftsstaates als keineswegs lebensnah erweisen. So hat der Beschwerdeführer einerseits vorgebracht, dass er, als er von Nachbarn erfahren hätte, dass Regierungssoldaten am Tag nach dem Tod seines Vaters in das Haus seiner Familie gekommen wären, nicht mehr nach Hause zurückgekehrt wäre, sondern, ohne weitere Vorkehrungen zu treffen, am folgenden Tag die Ausreise aus seinem Heimatland angetreten hätte. Es erscheint jedoch in keiner Weise verständlich, dass der Beschwerdeführer, selbst wenn er Angst vor einer neuerlichen Inhaftierung durch äthiopische Behörden gehabt hätte, keinerlei Erkundigungen zum Schicksal seiner Mutter und seiner Geschwister angestellt respektive versucht hätte, diese über seine Abreise aus dem Herkunftsstaat zu informieren oder sich von ihnen zu verabschieden. Der Beschwerdeführer hat auf entsprechenden Vorhalt auch anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht dargelegt, dass er infolge des Angriffs auf sein Elternhaus versucht hätte, Informationen über das Schicksal seiner Familienangehörigen einzuholen oder diesen umgekehrt Informationen über seinen eigenen Aufenthaltsort zukommen zu lassen; sollte sich die Situation tatsächlich in der vom Beschwerdeführer geschilderten Form zugetragen haben, so wäre jedenfalls anzunehmen, dass der Beschwerdeführer (welcher zudem offensichtlich über telefonische Kontakte in der Nachbarschaft verfügt hätte) dargelegt hätte, welche Schritte er unternommen hat, um in Kontakt mit seinen Angehörigen zu treten respektive um deren Schicksal in Erfahrung zu bringen (vgl. Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 05.11.2018, Seite 6).
Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur seiner Darstellung zufolge unvorbereiteten Ausreise aus seinem Heimatland erweisen sich andererseits auch aufgrund der Ausführungen zur Finanzierung der schlepperunterstützten Reise nach Europa als unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer schilderte, die Ausreise angetreten zu haben, ohne im Besitz jeglicher finanzieller Mittel gewesen zu sein. Es ist jedoch als höchst lebensfern zu erachten, dass sich der Beschwerdeführer ohne jegliche Geldmittel über den Sudan nach Libyen begeben hätte, wo die für die schlepperunterstützte Ausreise benötigten Kosten in der Höhe von USD 2.000,- durch dem Beschwerdeführer nicht bekannte Personen, die sich ebenfalls auf der Flucht befunden hätten, gesammelt und dem Beschwerdeführer gespendet worden wären. Da sich Angehörige dieser Personengruppe typischerweise selbst in einer prekären finanziellen Lage befinden, erscheint es nicht glaubwürdig, dass fremde Personen dem Beschwerdeführer die vergleichsweise hohe Summe geschenkt hätten (vgl. Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 05.11.2018, Seite 7).
Insgesamt haben sich die Schilderungen des Beschwerdeführers im Verfahrensverlauf als auffallend vage und oberflächlich erwiesen. Dem Beschwerdeführer war es in zentralen Teilen seines Vorbringens nicht möglich, präzise Angaben zu erstatten, so etwa was das genaue Datum des Todes seines Vaters betrifft (vgl. Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 05.11.2018, Seite 7). Der Beschwerdeführer stellte seinen Fluchtgrund anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung annähernd wortgleich mit seinen Ausführungen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dar, wobei er nicht den Eindruck einer freien Schilderung tatsächlich erlebter Ereignisse erweckt hat, sondern die - im Falle einer Wahrunterstellung zweifellos einprägsamen - Vorfälle lediglich in knapper und oberflächlicher Weise beschrieben hat.
Den Angaben des Beschwerdeführers lässt sich desweiteren nicht nachvollziehbar entnehmen, weshalb die äthiopischen Behörden infolge des Todes seines Vaters im Zuge von Kampfhandlungen im Jahr 2015 (nach wie vor) an einer Verfolgung des Beschwerdeführers respektive seiner Familie interessiert sein sollten. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren durchwegs angeführt, dass die Probleme seiner Familie mit den Behörden Äthiopiens ihren Grund darin gehabt hätten, den Aufenthaltsort des - der XXXX angehörenden - Vaters des Beschwerdeführers zu eruieren. Der Beschwerdeführer erklärte, dass auch die mehrmonatige Inhaftierung seiner Familie sowie die Freilassung aus selbiger den Zweck gehabt hätten, den Vater des Beschwerdeführers aus seinem Versteck zu locken. Der Beschwerdeführer führte an, selbst keine Kontakte zur XXXX unterhalten und sich nie politisch betätigt zu haben; hätte man ihn selbst der Mitgliedschaft bei XXXX bezichtigt, wäre jedenfalls anzunehmen, dass sich eine daran anknüpfende Verfolgung bereits während seines Aufenthalts in Äthiopien manifestiert hätte und eine Entlassung aus der Haft nicht erfolgt wäre. Da der Beschwerdeführer jedoch angeführt hat, dass sämtliche Verfolgungshandlungen gegen seine Person bezweckt hätten, den Aufenthaltsort seines Vaters in Erfahrung zu bringen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die äthiopische Regierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Interesse an einer gezielten Verfolgung des damals minderjährigen Beschwerdeführers aufweisen würde. Den vorliegenden Länderberichten lässt sich entnehmen, dass es nach Amtsantritt des neuen Premierministers Äthiopiens im April 2018 zur Entlassung tausender politischer Gefangener gekommen wäre und der Dialog zu Oppositionellen gesucht worden wäre. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen politischen Situation im Herkunftsland des Beschwerdeführers erscheint eine gezielte staatliche Verfolgung des zum Zeitpunkt seiner Ausreise minderjährig gewesenen Beschwerdeführers, welcher keinerlei besondere Stellung innerhalb der äthiopischen Gesellschaft innegehabt und sich nicht politisch respektive im Rahmen der XXXX betätigt hat, im hohen Maß unwahrscheinlich. Weshalb gerade der Beschwerdeführer einer gezielten staatlichen Verfolgung - noch mehr als drei Jahre nach seiner Ausreise - unterliegen sollte, hat selbiger auch anlässlich der Beschwerdeverhandlung in keiner Weise erläutert.
2.6. Wie von der belangten Behörde weiters festgestellt, kann nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien aus sonstigen Gründen einer konkreten Gefährdungslage unterliegen würde. Der Beschwerdeführer stammt aus der Somali-Region Äthiopiens und gehört der dortigen Mehrheitsvolksgruppe Ogaden sowie dem muslimischen Glauben an. Wenn auch nicht verkannt wird, dass die Herkunftsregion des Beschwerdeführers zuletzt von Unruhen sowie von Übergriffen (vorwiegend auf Christen) betroffen gewesen ist, so lässt sich aus den vorliegenden Länderberichten in Zusammenschau mit aktueller Medienbeobachtung nicht entnehmen, dass die Herkunftsregion des Beschwerdeführers derzeit von einer solch extremen Gefahrenlage betroffen wäre, die für jeden Rückkehrer ein reales Risiko eines Eingriffs in seine körperliche Unversehrtheit begründen würde. Aufgrund der unglaubwürdigen Angaben zu seiner Fluchtbewegung ist davon auszugehen, dass sich die Herkunftsfamilie des Beschwerdeführers unverändert in der Herkunftsregion aufhält und der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr demnach nicht komplett auf sich alleine gestellt sein wird. Es wäre ihm möglich, wieder in seiner früheren Unterkunft oder bei sonstigen sozialen Bezugspersonen unterzukommen (so sprach der Beschwerdeführer davon, im Heimatort Freunde sowie Kontakte in der Nachbarschaft gehabt zu haben). Es ist daher nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach XXXX, wo er den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat und eigenen Angaben zufolge die Schule besucht hat, bereits nach Ankunft, noch bevor er zur erneuten eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in der Lage wäre, dem realen Risiko unterliegen würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen alleinstehenden Mann, welcher an keinen seinen Alltag oder seine Erwerbsfähigkeit beeinträchtigenden Erkrankungen leidet. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer im Verfahrensverlauf davon gesprochen hat, dass seine Familie in Äthiopien in ärmlichen Verhältnissen gelebt hat und ausweislich der Länderberichte ein signifikanter Teil der äthiopischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt. Nichtsdestotrotz kann im Rahmen der durchzuführenden Prognosebeurteilung kein reales Risiko erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr aufgrund seiner individuellen Umstände - verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung, welcher ebenfalls ein Leben in der Herkunftsregion möglich ist, einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre, seine existenziellen Grundbedürfnisse nicht befriedigen zu können.
Auch aus den sonstigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ergaben sich keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat asylrelevanten oder sonstigen maßgeblichen Gefahren ausgesetzt sein könnte.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Zuständigkeit und Verfahren:
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.2. Soweit die Beschwerde aufgrund näher dargestellter Erwägungen anregt, die Aufhebung der Bestimmung des § 16 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 24/2016 beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, ist festzuhalten, dass die Bestimmung mit BGBl. I Nr. 56/2018 zwischenzeitig novelliert wurde, weshalb sich weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang erübrigen.
Zu A)
3.2. Status des Asylberechtigten:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs.1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs.2 leg.cit.)
Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Der Beschwerdeführer konnte aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen, und diese ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht besteht.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.
3.3. Status des subsidiär Schutzberechtigten:
Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat, der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.
Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.
Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine aktuelle Verfolgung im Sinne der GFK darzutun. Zu prüfen bleibt, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegen stehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zahl 99/20/0465; 08.06.2000, Zahl 99/20/0203; 17.09.2008, Zahl 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 08.06.2000, Zahl 99/20/0203).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;
13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;
16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).
Im gegenständlichen Fall haben sich ausgehend von der Unglaubwürdigkeit des vom Beschwerdeführer behaupteten Verfolgungssachverhaltes vor dem Hintergrund der diversen Länderberichte und den darauf basierenden Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Äthiopien entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zahl 98/21/0427; 20.06.2002, Zahl 2002/18/0028; vgl. dazu auch Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, Zahl BVerwG 10 C 10.09).
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden jungen Mann, welchem eine Teilnahme am Erwerbsleben möglich ist. Im Herkunftsstaat hielten sich zuletzt die Mutter und Geschwister sowie Freunde und Bekannte des Beschwerdeführers auf, sodass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in sein vertrautes familiäres Netz möglich wäre und ihm eine Wohnmöglichkeit und familiäre Unterstützung offen stünden. Der Mutter des Beschwerdeführers war es vor seiner Ausreise seinen Angaben zufolge möglich, den Lebensunterhalt der Familie eigenständig durch eine Tätigkeit als Tagelöhnerin zu bestreiten. Weshalb es nicht auch dem zwischenzeitig volljährigen Beschwerdeführer möglich sein sollte, seinen Lebensunterhalt nach einer Rückkehr eigenständig zu bestreiten, hat dieser im Verfahren nicht konkret dargelegt. Der Beschwerdeführer spricht die in seiner Herkunftsregion gebräuchliche Sprache Somalisch auf muttersprachlichem Niveau, absolvierte die Schule in seinem Herkunftsstaat, ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und verfügt über ein soziales Netz. Angesichts des relativ kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wird dem Beschwerdeführer eine Reintegration in Äthiopien leicht möglich sein.
Der Beschwerdeführer hat nicht konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Äthiopien jegliche Existenzgrundlage fehlen würde (vgl. VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059) und er daher in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit entscheidungsmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine lebensbedrohliche bzw. die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitende Notlage geraten würde. Eine durch die Lebensumstände im Zielstaat bedingte Verletzung des Art. 3 EMRK setzt in jedem Fall eine ausreichend reale, nicht auf bloße Spekulationen gegründete Gefahr voraus, die bloße Möglichkeit eines dem Art. 3 EMRK widersprechenden Nachteils reicht hingegen nicht aus (vgl. VwGH 6.11.2009, 2008/19/0174).
Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass in Äthiopien - trotz der vom Bundesverwaltungsgericht nicht außer Acht gelassenen teilweise angespannten Sicherheitssituation - derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX und gehört der dortigen Mehrheitsvolksgruppe der Ogaden sowie dem muslimischen Glauben an. Der im Februar 2018 verhängte Ausnahmezustand wurde infolge des Amtsantritts eines neuen Ministerpräsidenten im April 2018 vorzeitig beendet, seither ist eine gewisse Entspannung der Sicherheitslage eingetreten.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Weder droht dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
3.4. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Rückkehrentscheidung:
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit März 2016 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). Beim sogenannten "erweiterten Familienleben", zu Geschwistern, Onkel, Tanten, usw. wird ein "effektives Familienleben" gefordert, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder speziell engen, tatsächlich gelebten Banden zu äußern hat (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 343 f).
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen. Mit einer Rückkehrentscheidung geht sohin kein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers einher.
Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist
Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).
Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen - darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).
Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).
Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, 282ff).
Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellt eine Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.
Der Beschwerdeführer stellte am 15.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet war ihm bis jetzt nur durch diesen Antrag auf internationalen Schutz möglich und musste ihm bekannt sein, dass die damit verbundene sogenannte vorübergehende Aufenthaltsberechtigung lediglich ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens darstellt. Es war demnach vorhersehbar, dass es im Falle einer negativen Entscheidung zu einer Aufenthaltsbeendigung kommt.
Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der Beschwerdeführer nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.
Der unbescholtene Beschwerdeführer, welcher sich seit knapp zweieinhalb Jahren in Österreich befindet, ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und absolvierte eine Sprachprüfung auf dem Niveau A1. Desweiteren verrichtete er im Zeitraum November 2016, März, Juni, Juli, September und November 2017 sowie Juni bis September 2018 gemeinnützige Hilfstätigkeiten auf dem Wirtschaftshof einer Stadtgemeinde. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer jedoch keine besonderen Anknüpfungspunkte zu Österreich ins Treffen geführt und im Verfahrensverlauf keine Unterlagen über weitergehende Integrationsbemühungen (Ausbildungen, Mitgliedschaft in Vereinen, ehrenamtliche Tätigkeit, gesellschaftliche Integration) in Vorlage gebracht. Ein besonderes Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration hat der Beschwerdeführer somit gesamtbetrachtend unter Berücksichtigung seiner erst vergleichsweise kurzen Aufenthaltsdauer keinesfalls dargetan. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt insgesamt sehr schwach ausgeprägt, während er in seinem Herkunftsstaat, in welchem er den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens verbrachte, sozialisiert ist und dort über ein verwandtschaftliches Netzwerk verfügt.
Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19. 2. 2009, 2008/18/0721, VwGH 4. 6. 2009, 2009/18/0138) wäre der Beschwerdeführer nur dann unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK in weiterer Folge zu einer Legalisierung des Aufenthaltes vom Inland aus berechtigt, wenn eine rasche bzw. sofortige Erteilung einer (humanitären) Niederlassungsbewilligung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffes in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- oder Familienleben erforderlich wäre. Die angeführten persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich stellen jedoch nach den oben dargestellten Kriterien in der Judikatur des EGMR keine besonderen Umstände im Sinne des Art. 8 EMRK dar, die es ihm unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen.
Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach §§ 55 AslyG nicht gegeben.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den getroffenen Länderfeststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegt keine Abweichung von der Judikatur des EGMR bzw. der darauf abgestellten Judikatur des VwGH vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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