In einem Freibetragsbescheid berücksichtigte besondere Verhältnisse gem. § 63 Abs. 1 EStG 1988 stehen nicht in der ausgewiesenen Höhe zu
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes N. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Bw. brachte eine "Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2007" beim Finanzamt ein.
An Sonderausgaben wurden vom Bw. u.a. unter KZ 455 für Unfall- und Lebensversicherung ein Betrag in Höhe von € 713,62 beantragt.
Das Finanzamt erließ am 12. Februar 2008 den Einkommensteuerbescheid 2008 für den Bw. und berücksichtige u.a. die beantragten Sonderausgaben betreffend Unfall- und Lebensversichung mit einem Betrag von € 178,41 (Topf-Sonderausgaben).
Der Bw. brachte mit Schriftsatz vom 22. Februar 2008 Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 ein und führte wie folgt aus:
"In offener Frist erhebe ich Berufung gegen Ihren Einkommensteuerbescheid vom 12.2.2008, da hier eine Nachzahlung von € 173,10 zu leisten wäre.
Meine Einkünfte in den Jahren 06 und 07 waren beinahe ident und 2006 wurde eine Gutschrift von 83,72 € festgestellt. Im Jahre 2006 haben Sie 2.184,19 an Lohnsteuer angerechnet und im Jahr 2007 nur 2.104,74 € angerechnet, obwohl mein Bruttoeinkommen um genau 449,56 € mehr war. Es ist denkunmöglich, dass bei einem Mehrverdienst 2007 weniger Lohnsteuer anzurechnen ist und zwar von genau 78,45 € als im Jahr 2006. Ich habe im Jahr 2007 auch mehr Lohnsteuer bezahlt und bitte Sie diesen Rechenfehler zu korrigieren."
Das Finanzamt wies mit einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO vom 18.3.2008 die Berufung vom 26.2.2008 gegen den Bescheid vom 12.2.2008 als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:
"Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 liegt ein Pflichtveranlagungsgrund vor, wenn die in einem Freibetragsbescheid berücksichtigten Aufwendungen nicht in vollem Umfang zustehen. Sind die im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung nachgewiesenen Aufwendungen niedriger als die - als vorläufige Maßnahme - im Freibetragsbescheid berücksichtigten Aufwendungen, kommt es zu einer Nachzahlung. Da dies bei Ihnen zutrifft, kann der Antrag nicht zurückgezogen werden."
Mit Schriftsatz vom 26. März 2008 brachte der Bw. einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.
Begründend führte der Bw. aus, dass seine Berufung gegen den ESt-Bescheid 2007 vom 26.2.2008 und vom 12.2.2008 (Bescheiddatum) am 18.3.2008 als unbegründet abgewiesen wurde. Dem Bw. wäre noch in keinster Weise erklärt worden, warum 2 x gleiche Einkünfte und 2 x gleiche Sonderausgaben einen Unterschied von 256,86 € zwischen 2006 und 2007 ausmachten. Das Finanzamt habe nach Ansicht des Bw. wahrscheinlich irrtümlich 2007 einen höheren Steuersatz angewandt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob die dem Bw. im Jahre 2007 nach Ansicht des Bw. mit einem geringeren Betrag angerechnete Lohnsteuer vom Finanzamt richtig berechnet wurde und weiters ob die u.a daraus sich ergebende Nachzahlung auf einer richtigen Berechnung des Finanzamtes beruht.
Der Unabhängige Finanzsenat geht vom folgenden Sachverhalt aus:
Der Bw. beantragte im Jahr 2005 bei den Sonderausgaben u.a. Ausgaben betreffend Personenversicherungen unter der KZ 455 in Höhe von € 1.877,00 und Ausgaben betreffend Wohnraumschaffung/-sanierung unter der KZ 456 in Höhe von € 1.896,00.
Das Finanzamt berücksichtigte ein Viertel des Höchstbetrages von € 2.920,00, das sind € 730,00, als Sonderausgaben im Jahr 2005.
Am 24.02.2006 wurde vom Finanzamt auf Basis der Daten von 2005 ein Freibetragsbescheid für den Bw. ausgestellt und lautet dieser Freibetragsbescheid wie folgt:
Freibetragsbescheid 2007
Der Lohnsteuerfreibetrag für das Jahr 2007 beträgt | 670,00 € |
Von den im Einkommensteuerbescheid für 2005 berücksichtigten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen werden folgende in den Freibetragsbescheid übernommen (§ 63 Abs. 1 EStG 1988): | |
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung, Genuss-Scheine und junge Aktien (Topf-Sonderausgaben) abzüglich Pauschbetrag (wird beim Lohnsteuerabzug automatisch berücksichtigt) | 730,00€ -60,00€ |
Jahresfreibetrag | € 670,00€ |
Monatsbeitrag | 55,83€ |
Hinweis: Wenn Sie die angeschlossene Mitteilung an Ihren Arbeitgeber weiterleiten, hat dieser den Freibetrag bei der Lohnverrechnung 2007 zu berücksichtigen. Dies ist jedoch nur eine vorläufige Maßnahme, die tatsächlichen Aufwendungen des Jahres 2007 sind bei der Veranlagung für das Jahr 2007 beim Finanzamt geltend zu machen. |
Die Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber wurde vom Bw. dem Arbeitgeber weitgergeleitet und hat der Arbeitgeber den Freibetrag (Monatsbetrag in Höheh von € 55,83) bei der Lohnverrechnung berücksichtigt. Dies geht aus aus dem Lohnzettel eindeutig hervor, in dem u.a. ausgeführt wird: Freibetr. lt. Mitteilg: 669,96.
Auch am Lohnzettel für 2007 ist ein bei der Lohnverrechnung berücksichtigter Freibetrag in Höhe von € 669,96 zu ersehen.
Dieser Sachverhalt war rechtlich wie folgt zu beurteilen:
§ 63 Abs. 1 EStG 1988 lautet - auszugsweise zitiert - wie folgt:
"(1) Das Finanzamt hat für die Berücksichtigung bestimmter Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Veranlagungsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen. Der Freibetragsbescheid und eine Mitteilung sind jeweils für das dem Veranlagungszeitraum zweitfolgende Jahr zu erstellen, wenn bei der Veranlagung mindestens einer der folgenden Beträge berücksichtigt wurde:
... 2. Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1, 6 und 7 und Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 nur hinsichtlich der Beträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtigungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, ...
Dem Freibetragsbescheid sind die gemäß § Z 1 bis 4 im Einkommensteuerbescheid berücksichtigten Beträge zugrunde zu legen."
§ 122 Abs 5 lautet - auszugsweise zitiert - wie folgt:
"(5) ... Freibetragsbescheide, die für Kalenderjahre ab 1999 ausgestellt werden, sind gemäß § 63 Abs. 1 oder 4 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 zu erlassen."
§ 63 Abs. 1 Z 2 idF BGBl 1996/201 lautet:
"Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 bis 4, soweit sie den Jahrespauschbetrag gemäß § 18 Abs. 2 übersteigen, sowie Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Penionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, weiters Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1, 6 und 7."
§ 64 Abs. 1 EStG 1988 lautet - auszugsweise zitiert - wie folgt:
"(1) Der Arbeitgeber hat den auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber (§ 63) ausgewiesenen Freibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu berücksichtigen und die Mitteilung zum Lohnkonto zu nehmen. ..."
§ 77 Abs. 1 EStG 1988 lautet - auszugsweise zitiert - wie folgt:
"(1) Ist der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber im Kalendermonat durchgehend beschäftigt, ist der Lohnzahlungszeitraum der Kalendermonat. ..."
§ 78 Abs. 1 u 5 lauten - auszugsweise zitiert - wie folgt:
"(1) Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. ....
(5) Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer spätestens mit der Lohnzahlung für den Lohnzahlungszeitraum eine Abrechnung für den im Kalendermonat ausbezahlten Arbeitslohn auszuhändigen. Diese Abrechnung hat zumindest folgende Angaben zu enthalten: - Bruttobezüge gemäß § 25, - Beitragsgrundlage für Pflichtbeiträge gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a, Z 4 und Z 5 - Pflichtbeiträge gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a, Z 4 und 5 - Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Lohnsteuer - die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zur Mitarbeitervorsorgekasse (§ 26 Z 7 lit d) und den geleisteten Betrag - Lohnsteuer."
§ 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 lautet wie folgt:
"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn ... 4. in einem Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr berücksichtigte besondere Verhältnisse gemäß § 63 Abs. 1 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen, ..."
Dem Bw. wurde ein Freibetragsbescheid auf der Grundlage des Jahres 2005 ausgestellt und gilt dieser Freibetragsbescheid für das zweitfolgende Jahr 2007. Der Bw. hat die Mitteilung betreffend Freibetragsbescheid an seinen Arbeitgeber weitergeleitet und berücksichtigte der Arbeitgeber die im Freibetragsbescheid ausgewiesenen € 55,83 bei der monatlichen Berechnung der abzuführenden Lohnsteuer.
Die monatlich abzuführende Lohnsteuer für den Bw. im Jahr 2007 ergibt in der Jahressumme die anrechenbare Lohnsteuer für den Bw. für das Jahr 2007.
Wenn der Bw. nun ausführt er habe im Jahr 2007 einen Bezug gehabt, der um € 449,56 höher gewesen sei als jener im Jahr 2006 und könne er nicht nachvollziehen, dass weniger anrechenbare Lohnsteuer vom Finanzamt festgestellt worden sei, so ist zu entgegnen, dass das Gehalt des Bw. sich zwar um 449,56 € erhöht hat, dieser Erhöhung jedoch ein monatlich vorgenommener Abzug von 55,83, dh. gesamt über das Jahr gerechnet ein Abzug von € 669,96 aus dem Freibetragsbescheid, gegenüberstand. Damit war im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum eine geringere Bemessungsgrundlage im Vergleich zu 2006 gegeben und wurde damit eine geringere Lohnsteuer vom Arbeitgeber errechnet und abgeführt. Diese über einen Zeitraum von 12 Monaten abgeführte Lohnsteuer ergibt aber die im Bescheid angeführte anrechenbare Lohnsteuer. Dies erklärt die vom Bw. angesprochenne geringere anrechenbare Lohnsteuer für das Jahr 2007.
Der Freibetragsbescheid ging von abziehbaren Sonderausgaben von 669,96 Euro im Jahr 2007 aus. Tatsächlich wurden vom Bw. Sonderausgaben gem. § 18 Abs 1 Z 2 und Z 3 EStG 1988 (Topf-Sonderausgaben) im Jahr 2007 in Höhe von nur € 178,41 beantragt.
Damit wurden für den Bw. bei der monatlichen Berechnung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber Sonderausgaben auf das gesamte Jahr 2007 gesehen in Höhe von € 669,96 berücksichtigt, obwohl tätsächlich im Jahr 2007 nur Sonderausgaben betreffend § 18 Abs. 1 Z 2 und 3 EStG 1988 nur in Höhe von € 178,41 angefallen sind.
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 war der Bw. daher zu veranlagen, da im Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr 2007 berücksichtigten besonderen Verhältnisse gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen.
Die Nachversteuerung der Differenz der im Freibetragsbescheid ausgewiesenen Sonderausgaben in Höhe von € 669,96 die im Jahr 2007 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurden und die vom Bw. tatsächlich getätigten Sonderausgaben in Höhe von € 178, 41 erklärt die errechnete Nachzahlung für den Bw.
Damit sind die vom Bw. im Bescheid beanstandeten Abweichungen der anrechenbaren Lohnsteuer für das Jahr 2007 und der berechneten Einkommensteuer für das Jahr 2007 geklärt.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 25. August 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Freibetragsbescheid, besondere Verhältnisse, anrechenbare Lohnsteuer, Nachzahlung |