Normen
§ 21 Abs. 1 LAG
§ 74 BewG i.d.F. vor BewG 1965
§ 6 Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923 (RGBl I, 963)
§ 4 Gesetz über die Liquidierung des Umlaufs an Rentenbankscheinen vom 30. August 1924 (RGBl II, 252)
Teil VI, Kapitel III, Art. 1 Nr. 1 Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (RGBl I, 517, 592)
§ 3 Gesetz über die Rentenbankgrundschuld vom 11. Mai 1949
Tatbestand:
Bei der endgültigen Vermögensabgabe-Veranlagung der Eltern der Kläger, deren Erben die Kläger sind, durch die Einspruchsentscheidung des FA wurde die Belastung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes mit Rentenbankgrundschuldzinsen bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens nicht berücksichtigt.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus: Es sei zwar richtig, daß das der Abgabe unterliegende landwirtschaftliche Vermögen der Rechtsvorgänger der Kläger seit dem Inkrafttreten der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923 (RGBl I, 963) mit einer Rentenbankgrundschuld belastet gewesen sei und daß diese Belastung formalrechtlich auch am 21. Juni 1948 noch fortbestanden habe. Mit dem rechtlichen Fortbestehen der Rentenbankgrundschuld seien jedoch schon seit langem keine Leistungspflichten mehr verbunden gewesen. Es handle sich bei den Rentenbankgrundschulden um Reallasten im Sinne des § 1105 BGB. Das bedeute, daß der Grundeigentümer mit der Verpflichtung belastet sei, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten. Reallasten stellten eine bei der Ermittlung des Vermögens abziehbare Last nur dann dar, wenn am Stichtag die Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen aus dem Grundstück tatsächlich bestehe. Dies sei bei den Rentenbankgrundschulden am 21. Juni 1948 nicht der Fall gewesen. Die Zahlung der Rentenbankgrundschuldzinsen sei durch die Verordnung vom 1. Dezember 1930 (RGBl I, 517, 592) "außer Hebung gesetzt" worden. Seitdem seien bis zum Währungsstichtag auf die Rentenbankgrundschulden keine Leistungen mehr angefordert worden. Der Umstand, daß nach der Währungsreform durch das Gesetz über die Rentenbankgrundschuld vom 11. Mai 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 79) erneut eine Zahlungspflicht ab 1. April 1949 angeordnet worden sei, ändere daran wegen des Stichtagsprinzips nichts. Es sei auch unerheblich, daß vor dem Währungsstichtag bereits ein Gesetzentwurf über das Fortbestehen der Rentenbankgrundschulden veröffentlicht worden sei.
Mit der Revision beantragen die Kläger, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Rentenbankgrundschulden bei der Vermögensabgabe-Veranlagung als Schuldposten in Höhe des nach § 15 Abs. 2 BewG kapitalisierten Betrags zum Abzug zuzulassen. Sie sind weiterhin der Ansicht, daß eine Belastung der landwirtschaftlichen Grundstücke mit den Rentenbankgrundschuldzinsen in der Höhe, in der sie nach dem Gesetz vom 11. Mai 1949 erhoben wurden, bereits am 21. Juni 1948 vorgelegen habe.
Das FA hat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG ist zutreffend von dem am 21. Juni 1948 bestehenden Rechtszustand ausgegangen. Nach dem das Bewertungsrecht beherrschenden und nach § 21 Abs. 1 LAG auch für die Ermittlung des der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögens geltenden Stichtagsprinzip kann die erst durch das Gesetz über die Rentenbankgrundschuld vom 11. Mai 1949 (a. a. O.) eingetretene Änderung der Rechtslage, die keine rückwirkende Kraft hat, nicht berücksichtigt werden. Es ist also allein entscheidend, ob nach den am 21. Juni 1948 für die Rentenbankgrundschulden bestehenden gesetzlichen Vorschriften ein Abzug nach § 74 BewG zulässig war. Diese Frage hat das FG mit zutreffender Begründung verneint. Die durch die Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923 (a. a. O.) entstandene Belastung der landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücke mit einer Rentenbankgrundschuld betrug nach § 6 Abs. 1 der Verordnung zunächst 4 v. H. des Wehrbeitragswerts des Grundstücks und war nach § 6 Abs. 4 dieser Verordnung mit 6 v. H. jährlich zu verzinsen. Sie wurde durch § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Liquidierung des Umlaufs an Rentenbankscheinen vom 30. August 1924 (RGBl II, 252) auf 5 v. H. des Wehrbeitragswerts erhöht und war nach § 4 Abs. 3 dieses Gesetzes mit 5 v. H. jährlich zu verzinsen. Diese Rentenbankgrundschuld war eine öffentliche Last. Sie wurde zwar als Grundschuld bezeichnet, war jedoch ihrem Inhalt nach eher einer Reallast vergleichbar. Denn sie war von seiten des Grundstückseigentümers und der Rentenbank unkündbar (§ 6 Abs. 5 der Verordnung vom 15. Oktober 1923 und § 4 Abs. 4 letzter Satz des Gesetzes vom 30. August 1924), konnte von der Deutschen Rentenbank nicht abgetreten werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes vom 30. August 1924) und blieb in einer Zwangsversteigerung auch dann bestehen, wenn sie nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden war (§ 4 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes vom 30. August 1924). Ein Abzug der Belastung bei der Ermittlung des Gesamtvermögens war nach § 47 Abs. 1 Buchstabe a des Reichsbewertungsgesetzes 1925 (RGBl I, 214) und nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Reichsbewertungsgesetzes 1931 (RGBl I, 222) ausdrücklich ausgeschlossen. Das bedeutete, daß das Kapital überhaupt nicht und Zinsen nur insoweit abzugsfähig waren, als sie am Stichtag bereits entstanden und noch nicht bezahlt waren (vgl. Dziegalowski-Thümen, Reichsbewertungsgesetz, 3. Aufl., Anm. 3 zu § 67). Durch Teil VI, Kapitel III, Art. 1 Nr. 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (a. a. O.) wurden die am 1. April 1930 und später gesetzlich fällig werdenden Zinsen "außer Hebung gesetzt". Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich dabei nicht um eine Stundung, sondern um einen Wegfall der Zahlungspflicht. Das geht schon daraus hervor, daß die Reichsregierung ermächtigt war, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstages die Erhebung der Zinsen "vom nächstfolgenden gesetzlichen Fälligkeitstage" wieder anzuordnen. Eine Nacherhebung der außer Hebung gesetzten Zinsen war also nicht vorgesehen. Nur wenn das der Fall gewesen wäre, könnte von einer Stundung gesprochen werden. Diesem neuen Rechtszustand wurde dadurch Rechnung getragen, daß das ausdrückliche Abzugsverbot in § 67 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Reichsbewertungsgesetzes 1931 nicht mehr in den entsprechenden § 74 des Reichsbewertungsgesetzes 1934 (RGBl I, 1035) übernommen wurde. In der amtlichen Begründung zum Reichsbewertungsgesetz 1934 (RStBl 1935, 161, 180) wurde das damit begründet, daß die Vorschrift seinerzeit lediglich zur Klarstellung aufgenommen worden sei und jetzt entbehrt werden könne, zumal die Rentenbankzinsen außer Hebung gesetzt seien. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften des § 47 Abs. 1 Buchstabe a des Reichsbewertungsgesetzes 1925 und des § 67 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Reichsbewertungsgesetzes 1931 tatsächlich nur der Klarstellung dienten oder ob nicht ohne sie der Abzug des Kapitalwerts der zu erbringenden Zinsen zuzulassen gewesen wäre. Auf jeden Fall konnten die Vorschriften entbehrt werden, weil inzwischen die Zinsen außer Hebung gesetzt waren. Solange dieser Rechtszustand andauerte, war der Kapitalwert der zu erbringenden Zinsen gleich Null. Ein Abzug des Nominalbetrags der Belastung (4 v. H. des Wehrbeitragswerts des Grundstücks) kam nicht in Betracht, weil es sich aus den oben dargelegten Gründen bei dieser Belastung nicht um eine Grundschuld, sondern um eine Reallast handelte. An diesem Rechtszustand hat sich bis zur Währungsreform nichts mehr geändert. Es blieb lediglich die Rentenbankgrundschuld als solche fortbestehen, eine Wiedererhebung der Zinsen wurde nicht angeordnet.
Es ist zwar richtig, daß in den Drucksachen 1948 des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets auf S. 593 unter Nr. 352 der Entwurf eines Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank und die Genossenschaftskasse des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 14. Juni 1948 veröffentlicht wurde, der in § 3 das Fortbestehen der Rentenbankgrundschulden als Grundschulden in Höhe von 5 v. H. des Einheitswerts des Grundstücks und eine Verzinsung dieses Kapitalwerts der Grundschuld auf die Dauer von zehn Jahren mit 5 v. H. jährlich vorsah. Dieser Entwurf ist jedoch nicht Gesetz geworden. Die im Gesetz über die Rentenbankgrundschuld vom 11. Mai 1949 (a. a. O.) getroffene Regelung unterscheidet sich gerade hinsichtlich des Fortbestehens der Rentenbankgrundschulden von diesem Entwurf sehr wesentlich. Es wurde nämlich nicht mehr das Fortbestehen der Rentenbankgrundschulden in Form von Grundschulden mit einem Kapitalwert in Höhe von 5 v. H. des Einheitswerts angeordnet, sondern die Form einer Reallast gewählt, die ab dem 1. April 1949 mit 0,15 v. H. des Einheitswerts des Grundstücks zu verzinsen war. Damit war die in § 3 Nr. 4 des Entwurfs vorgesehene Vorschrift entbehrlich, daß das Kapital der Rentenbankgrundschuld rechtlich, besonders im Steuerrecht, wie das Kapital einer Grundschuld zu behandeln sei. Wäre diese Vorschrift Gesetz geworden, so hätte die Rentenbankgrundschuld bei der Ermittlung des Gesamtvermögens mit dem nach § 14 BewG zu bestimmenden Wert berücksichtigt werden müssen. Die Zinsen hätten nur berücksichtigt werden können, soweit sie am Stichtag rückständig gewesen wären. Nach der Regelung im Gesetz vom 11. Mai 1949 war dagegen, wie auch die Bewertungsreferenten der Länder anerkannt haben (vgl. Der Betrieb 1958 S. 670), der Abzug des Kapitalwerts der Zinsen bei der Ermittlung des Gesamtvermögens abzugsfähig. Eine Rückbeziehung dieser Vorschrift auf den 21. Juni 1948 ist nicht möglich, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer angeblich am Stichtag bereits bestehenden wirtschaftlichen Last. Denn eine solche hat der Senat nur dann anerkannt, wenn trotz Fehlens einer rechtlichen Verpflichtung jahrelang tatsächlich Leistungen erbracht wurden (vgl. Urteil III 276/56 U vom 5. Oktober 1956, BFH 63, 463, BStBl III 1956, 374).