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BGBl III 73/2025

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

73. Kundmachung: Geltungsbereich des Europäischen Auslieferungsübereinkommens

73. Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich des Europäischen Auslieferungsübereinkommens

Nach Mitteilung des Generalsekretärs des Europarats hat Chile am 3. März 2025 seine Beitrittsurkunde zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen (BGBl. Nr. 320/1969, letzte Kundmachung des Geltungsbereichs BGBl. III Nr. 121/2023) hinterlegt.

Anlässlich der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde hat Chile nachstehende Vorbehalte erklärt bzw. Erklärungen abgegeben:

Vorbehalte:

In Bezug auf Art. 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass die Verpflichtung zur Auslieferung auf jene Straftaten beschränkt ist, die nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind, es sei denn, die Straftat lässt nach einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift die Auslieferung unabhängig von der verhängten Strafe zu.

Bei einer Straftat, die nicht mit dieser Mindeststrafe bedroht ist, wird, wenn eine innerstaatliche Rechtsvorschrift die Auslieferung zulässt, die Auslieferung nur dann bewilligt, wenn die Straftat mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist und wenn die gesetzliche Entscheidung, mit der die Straftat festgelegt wird, vor den Ereignissen liegt, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegen.

Wird die Auslieferung zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr beantragt, so muss die noch zu verbüßende Reststrafe mindestens ein Jahr betragen.

In Bezug auf Art. 12 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens behält sich die Republik Chile das Recht vor, von der ersuchenden Vertragspartei eine Kopie der Ermittlungsergebnisse und Beweismittel zu verlangen, die ausreichen, um ein Beweismaß zu schaffen, welches es ermöglicht, davon auszugehen, dass die Person in Chile wegen der ihr zur Last gelegten Straftat angeklagt werden würde.

Im Einklang mit Art. 26 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass die Übermittlung eines Ersuchens um vorläufige Festnahme zum Zwecke der Auslieferung gemäß Art. 16 Abs. 3 des Übereinkommens nur auf diplomatischem Wege oder dann akzeptiert wird, wenn das Ersuchen vom Außen- oder Justizministerium der ersuchenden Vertragspartei oder einer anderen gleichgestellten Institution dieses Staates direkt an das chilenische Außenministerium gerichtet wird, und zwar entweder auf dem Postweg oder auf einem anderen Weg, der eine schriftliche Aufzeichnung ermöglicht, oder der von beiden Vertragsparteien akzeptiert wird; die Übermittlung dieser Ersuchen über INTERPOL wird jedoch nicht akzeptiert.

Zu Art. 16 Abs. 4 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass die vorläufige Festnahme beendet wird, wenn das förmliche Auslieferungsersuchen nicht innerhalb der von der zuständigen Justizbehörde gesetzten Frist gestellt wird, die in keinem Fall zwei Monate ab dem Zeitpunkt überschreiten darf, zu dem der ersuchenden Vertragspartei die vorläufige Festnahme mitgeteilt wurde.

In Bezug auf Art. 23 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass Dokumenten, die in einer anderen Sprache als Spanisch abgefasst sind, eine spanische Übersetzung beizufügen ist.

Gemäß Art. 26 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens behält sich die Republik Chile das Recht vor, ein Auslieferungsersuchen abzulehnen, wenn die gesuchte Person im ersuchenden Staat von einem außerordentlichen oder Ad-hoc-Gericht verurteilt wurde oder verurteilt werden würde.

Gemäß Art. 26 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens behält sich die Republik Chile das Recht vor, das Auslieferungsersuchen einer Person abzulehnen, die zum Zeitpunkt der Straftat oder der Straftaten, für die um Auslieferung ersucht wird, jünger als achtzehn Jahre alt war.

Erklärungen:

In Bezug auf Art. 6 Abs. 1 lit. a des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass ihre Rechtsordnung weder auf verfassungsrechtlicher noch auf gesetzlicher Ebene Vorschriften enthält, die der Auslieferung chilenischer Staatsangehöriger entgegenstehen würden.

Zu Art. 11 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass in Fällen, in denen die einem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Handlungen mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedroht sind, die Auslieferung nur dann bewilligt wird, wenn die ersuchende Vertragspartei hinreichend gewährleistet, dass die zu verhängende Höchststrafe jene ist, die unterhalb der lebenslangen Freiheitsstrafe vorgesehen ist.

In Bezug auf Art. 16 Abs. 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass Ersuchen um vorläufige Festnahme Informationen zur Identifizierung der gesuchten Person, Informationen über das Vorliegen einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe oder Haftanordnung gegen die gesuchte Person und eine Erklärung, dass die Auslieferung förmlich beantragt wird, beizufügen sind.

In Bezug auf Art. 16 Abs. 5 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens erklärt die Republik Chile, dass die ersuchende Vertragspartei, wenn die gesuchte Person freigelassen wird, weil das förmliche Auslieferungsersuchen nicht rechtzeitig gestellt wurde, nicht erneut um die Festnahme dieser Person ersuchen kann, ohne ein förmliches Auslieferungsersuchen zu stellen.

Stocker

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