Artikel 7
— 3. Abschnitt
eHealth, Gesundheitspersonal und Patientenversorgung digital vor ambulant vor stationär
eHealth
(1) Zur Erfüllung eines wichtigen öffentlichen Interesses kommen die Vertragsparteien überein, die öffentliche Gesundheitstelematik-Infrastruktur als Fundament für eine weitreichende digitale Transformation im Gesundheitswesen und an der Nahtstelle zum Pflegewesen auszubauen. Dieses öffentliche Interesse ergibt sich insbesondere aus nachstehenden Zielsetzungen:
- 1. den digitalen Zugang von eHealth Anwendungen in das Gesundheitswesen unter Nutzung der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur zu priorisieren und Regelungen für die Nutzung dieser Gesundheitstelematik-Infrastruktur festzulegen
- 2. der Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung durch und für die Nutzung digitaler Anwendungen
- 3. Sicherstellung und Verbesserung des niederschwelligen Zugangs zu digital unterstützten Gesundheitsleistungen unter Nutzung der öffentlichen Gesundheitstelematikinfrastruktur
- 4. der verbesserten Prävention und Erkennung von Krankheiten, der Ermöglichung individuell ausgerichteter Therapien und der Eröffnung neuer Heilungschancen durch die systematische Auswertung von medizinischen Daten
- 5. einer verbesserten, schnelleren Verfügbarkeit medizinischer Informationen, die zu einer Qualitätssteigerung diagnostischer und therapeutischer Entscheidungen sowie der Behandlung und Betreuung führt,
- 6. der Steigerung der Prozess- und Ergebnisqualität von Gesundheitsdienstleistungen sowie der Patient:innenzufriedenheit,
- 7. dem Ausbau integrierter Versorgung und eines sektorenübergreifenden Prozessmanagements im öffentlichen Gesundheitswesen,
- 8. der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung,
- 9. der zielgerichteten Unterstützung der Arbeit sowie der Leistungen aller Gesundheitsberufe
- 10. der Stärkung der Bevölkerungs- und Patient:innenrechte, insbesondere der Informationsrechte und des Rechtsschutzes gemäß den datenschutzrechtlichen und sicherheitstechnischen Vorgaben bei der Verwendung von personenbezogenen Daten,
- 11. einem Beitrag zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit,
- 12. einem Beitrag zur Optimierung der Patient:innenströme und –wege gemäß Art. 9 insbesondere unter Nutzung der Gesundheitsberatung 1450, sowie
- 13. der Verbesserung der Möglichkeit der Sekundärdatennutzung von Gesundheitsdaten unter Wahrung des Datenschutzes.
(2) Ausgehend von diesen Zielsetzungen werden die Vertragsparteien alle Anstrengungen unternehmen, die Informations- und Kommunikationstechnologien als Instrument zur Modernisierung des Gesundheitswesens unter Wahrung der sozialen, technischen, rechtlichen und ethischen Standards zu nutzen. Sie werden bei allen Maßnahmen und Entscheidungen die Sozialversicherung als gleichberechtigten Systempartner einbeziehen und Vorhaben mit überregionaler, bundesweiter oder europäischer Bedeutung unterstützen, deren Umsetzung für verbindlich erklären sowie die Einhaltung der diesbezüglich allenfalls festgelegten Vorgaben überwachen.
(3) Die Vertragsparteien bekennen sich zur sicheren und effizienten Betriebsführung sowie zur inhaltlichen und technischen Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Die Ziele und die Umsetzung sind gemeinsam zu definieren. In diesem Zusammenhang werden die Vertragsparteien insbesondere:
- 1. die öffentliche Gesundheitstelematik-Infrastruktur als Basisinfrastruktur dafür nützen, eHealth Anwendungen unter kontrollierten Rahmenbedingungen (Datenschutz, Datensicherheit), unter Sicherstellung von Interoperabilität und unter Einhaltung technischer Standards forcierter in die Regelversorgung auszurollen und bereits erfolgreich laufende Pilotprojekte rasch weiter zu entwickeln.
- 2. die ELGA GmbH zu einer wirkungsvollen und effizienten gemeinsamen eHealth-Einrichtung für die Planung und Koordination der Weiterentwicklung von eHealth und ELGA (insbesondere weitere eHealth- und ELGA-Anwendungen, z. B. soll die bundesweit einheitliche Diagnosencodierung für alle weiteren GDA in ELGA sichtbar gemacht und die „patient summary“ in ELGA implementiert werden) ausgestalten und erforderlichenfalls deren gesellschaftsrechtliche Grundlagen anpassen,
- 3. die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur, insbesondere durch die Nutzbarmachung von zentralen ELGA-Infrastrukturkomponenten für andere elektronische Gesundheitsdienste, verbessern,
- 4. die technische und ökonomische Evaluierung der Betriebsführung der verschiedenen ELGA-Komponenten und der Gesamtarchitektur durchführen und die daraus abzuleitenden Erkenntnisse zur Modernisierung und Stabilisierung der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur umsetzen,
- 5. die Verantwortung für die Durchführung und Finanzierung von Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich wahrnehmen und die dafür notwendigen Entscheidungen zeitgerecht treffen,
- 6. für wirkungsvolle Kontrollen der Betriebssicherheit und die Einhaltung der Betroffenenrechte im eigenen Wirkungsbereich sorgen,
- 7. die Transparenz aller Maßnahmen durch umfassende Informationstätigkeit sicherstellen,
- 8. alle notwendigen Schnittstellen eHealth-konform etablieren und der verbindlichen Nutzung zuführen.
(4) Die Vertragsparteien bekennen sich zur technologischen Unterstützung der Versorgungsprozesse und werden Rahmenbedingungen im Sinne des Abs. 2 für den breiteren Einsatz von elektronischen Gesundheitsdiensten folgend einer gemeinsam zu erarbeitenden eHealth-Strategie schaffen und weiterentwickeln. Dazu zählen insbesondere:
- 1. die Festlegung von fachlichen, prozessualen und infrastrukturellen Anforderungen,
- 2. die Verbesserung der technischen und semantischen Interoperabilität auf der Grundlage internationaler Standards und Nomenklaturen,
- 3. Das ecard-System ist eIDAS- konform auszugestalten,
- 4. Ausbau von Sicherheit (Cybersecurity) und Austrian Health CERT,
- 5. Maßnahmen zur Sicherstellung der Kontinuität der Versorgung an den Übergängen von Gesundheit und Pflege,
- 6. die Entwicklung patientenbezogener öffentlicher elektronischer Gesundheitsdienste auf der Grundlage eines festgestellten Bedarfs sowie unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von Betroffenen bei der Verwendung der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur und zum Schutz ihrer Privatsphäre,
- 7. die Intensivierung der Nutzung von leistungsanbieterspezifischen Diensten, wie Wissens- und Entscheidungsunterstützungssystemen,
- 8. die Errichtung bzw. Anpassung ökonomischer und sonstiger Regelwerke sowie die Evaluierung der Effekte von elektronischen Gesundheitsdiensten,
- 9. die Förderung der Kooperation und des Erfahrungsaustausches,
- 10. die Willensbekundung, gemeinsame Finanzierungsformen zu entwickeln und
- 11. die gemeinsame Finanzierung von ELGA gemäß Art. 35 Abs. 6.
(5) Die Vertragsparteien bekennen sich zum Ausbau der IKT-Sicherheitskompetenz im Gesundheitswesen. Hierzu werden sie insbesondere dafür Sorge tragen, dass vor allem die für Einrichtungen der kritischen Infrastruktur (insbesondere entsprechend EU-Richtlinie NIS2) notwendigen Ressourcen bereitgestellt und die organisationsübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen des „Austrian Health Computer Emergency Response Team (Austrian Health CERT)“ nachhaltig ausgebaut wird.
(6) Die Bundesgesundheitsagentur evaluiert die gemäß den Abs. 3 bis 5 erzielten Fortschritte. Die Zielsteuerungspartner berichten der Bundesgesundheitsagentur zumindest jährlich über den Stand der Entwicklung.
Schlagworte
Prozessqualität, Bevölkerungsrecht, Informationstechnologie, Wissensunterstützungssystem
Zuletzt aktualisiert am
24.01.2025
Gesetzesnummer
20012819
Dokumentnummer
NOR40267882
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