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Artikel 1 Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (Bund – Länder)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.2024

Artikel 1

— 1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand und gesundheitspolitische Zielsetzungen

(1) Die Vertragsparteien kommen unter Berücksichtigung der Sozialversicherung als gleichberechtigter Partner der Zielsteuerung-Gesundheit überein, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen dieser Vereinbarung

  1. 1. weiterhin eine Bundesgesundheitsagentur auf Bundesebene und Landesgesundheitsfonds auf Länderebene zur regionen- und sektorenübergreifenden Planung, Steuerung und zur Sicherstellung einer gesamthaften Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens unter Beachtung der Vereinbarung gemäß Art. 15a BVG Zielsteuerung-Gesundheit und der sich daraus ergebenden Festlegungen einzurichten, wobei die Bundesgesundheitsagentur maßgeblich im Interesse einer gemeinsamen und abgestimmten Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu stärken ist,
  2. 2. Mittel für Planungen und Projekte, die der Sicherstellung und der Verbesserung der Qualität, der Effizienz und der Effektivität der Gesundheitsversorgung dienen, vorzusehen,
  3. 3. das Transplantationswesen und wesentliche Gesundheitsförderungs- und Vorsorgeprogramme sowie Behandlungsmaßnahmen von überregionaler Bedeutung zu fördern,
  4. 4. Mittel zur Stärkung der ambulanten Versorgung, insbesondere der Primärversorgung, sowie zum Aufbau von neuen überregionalen Versorgungsangeboten und zum Aufbau von überregional erforderlicher Infrastruktur vorzusehen,
  5. 5. Zur Erreichung der Ziele im eHealth- und ELGA-Bereich und der Umsetzung der Maßnahmen zur Steigerung der Digitalisierung im österreichischen Gesundheitswesen solidarisch aufgebrachte Mittel gemäß Art. 31 vorzusehen.
  6. 6. die Beziehungen der Landesgesundheitsfonds, der Träger der Sozialversicherung, des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden: Dachverband) und der Träger der über Landesgesundheitsfonds finanzierten Krankenanstalten (im Folgenden: Träger von Krankenanstalten) untereinander festzulegen und
  7. 7. den Trägern der Krankenanstalten auf Rechnung von Landesgesundheitsfonds im Namen der Träger der Sozialversicherung leistungsorientiert Zahlungen für die Behandlung von Patient:innen, für die eine Leistungspflicht der Sozialversicherung besteht, zu gewähren.

(2) Zur nachhaltigen Ausrichtung des öffentlichen Gesundheitssystems und zur Sicherstellung einer hochqualitativen Gesundheitsversorgung sowie um weiteren Tendenzen zur Privatisierung des medizinischen Leistungsgeschehens entgegenzuwirken, wird das solidarische Gesundheitssystem substantiell auch durch zusätzliche öffentliche Mittel, die über die Bundesgesundheitsagentur abgewickelt werden, gestärkt und ausgebaut. Bei der Planung und Organisation der Gesundheitsversorgung im Rahmen der Zielsteuerung sind die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen sämtlicher Maßnahmen zu berücksichtigen. Ziel ist ein zweckmäßiger Einsatz begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitssystems mit Orientierung am „Best Point of Service“ unter besonderer Berücksichtigung des Grundprinzips „digital vor ambulant vor stationär“. Dies erfolgt insbesondere durch eine Steuerung von Patientenwegen mittels verstärktem Einsatz von eHealth und Telemedizin sowie durch einen bedarfsgerechten Einsatz dieser Ressourcen, um die wesentlichen Aufgaben der öffentlichen Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

(3) In Hinblick auf das Bevölkerungswachstum und die demografische Entwicklung ist die extra- und intramurale öffentliche Versorgung mit Gesundheitsleistungen entsprechend weiter zu entwickeln, wobei die Stärkung des ambulanten Bereichs zur Entlastung des akutstationären Bereichs im Mittelpunkt steht. Ziel ist es, der Bevölkerung nachhaltig eine wohnortnahe Versorgung auf der Grundlage des Sachleistungsprinzips auch zu Tagesrandzeiten und an Wochenenden möglichst multiprofessionell und interdisziplinär nachhaltig zur Verfügung zu stellen. Dafür sind Maßnahmen für eine integrative und sektorenübergreifende Planung, Steuerung und Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens zu forcieren. Im intra- und extramuralen Bereich sind Strukturveränderungen zu intensivieren und werden folgende Schritte gesetzt:

  1. 1. Dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ folgend, ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu forcieren.
  2. 2. Ausbau der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur als solides konvergentes Fundament für eine weitreichende Digitalisierung im Gesundheitswesen und an der Nahtstelle zum Pflegewesen
  3. 3. Quantitativ wird der ambulante insbesondere niedergelassene Bereich durch die Schaffung von zusätzlichen Vertragsstellen vorrangig in vergemeinschafteten Formen wie PVE sowie weiterer Angebote ausgebaut. Qualitativ wird die Sachleistungsversorgung im niedergelassenen Bereich durch die Herstellung verbindlicher, moderner und einheitlicher Leistungskataloge je Träger und eines bundesweit einheitlichen Gesamtvertrages der ÖGK samt harmonisierter Honorierung gestärkt.
  4. 4. Die gemeinsame Planung im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit ist so weiterzuentwickeln, dass die erforderlichen Strukturveränderungen sektorenübergreifend abgebildet und durch die Erhöhung der Verbindlichkeit entsprechend unterstützt werden.
  1. a) Auf Basis der Planungsvorgaben auf Bundesebene legt die Planung auf Landesebene die Kapazitäten und regionale Verortung von Gesundheitseinrichtungen im Sachleistungsbereich sowie deren konkrete und verbindliche Versorgungsaufträge sowohl im intra- als auch extramuralen Bereich verbindlich fest.
  2. b) Die Umsetzung der verbindlichen Planung einschließlich der Versorgungsaufträge im niedergelassenen Bereich erfolgt durch die Sozialversicherung unter Anpassung der notwendigen Regelungen.
  1. 5. Zur Umsetzung der erforderlichen Strukturmaßnahmen werden über den Weg der Bundesgesundheitsagentur zusätzliche öffentliche Mittel gemäß Art. 31 bereitgestellt, deren Verwendung gemeinsam durch die Zielsteuerungspartner festgelegt wird. Die Strukturmaßnahmen sind hinsichtlich ihrer kostendämpfender Auswirkung auf die Gesundheitsausgaben gesundheitsökonomisch zu bewerten. Zur gemeinsamen Steuerung werden entsprechende Prozesse vorgesehen und auf Bundes- sowie Landesebene umgesetzt.

(4) Optimierung der Patient:innenströme und –wege gemäß Art. 9 nach dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ zur Versorgung der Bevölkerung am „Best Point of Service“. Dazu ist die Gesundheitsberatung 1450 als niederschwellige, digitale Kontaktstelle bei Gesundheitsfragen und gesundheitlichen Problemen einzusetzen sowie die Primärversorgung als allgemeine und direkt zugängliche Kontaktstelle im Sinne einer umfassenden Grundversorgung zu stärken.

(5) Die Sicherstellung von ausreichend und entsprechend qualifiziertem Personal, auch unter Stärkung und Aufwertung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe im öffentlichen Gesundheitssystem ist ein weiterer gesundheitspolitischer Schwerpunkt.

(6) Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Arzneimitteln inkl. Sicherstellung von bundesweit einheitlich festgelegten Regelungen zum Einsatz von innovativen bzw. hochpreisigen Arzneimitteln unter Wahrung der nachhaltigen Finanzierbarkeit:

  1. 1. Etablierung eines bundesweit einheitlichen Bewertungsprozesses sowie eines Bewertungsboards für ausgewählte Arzneispezialitäten im intramuralen Bereich und an der Schnittstelle, wobei der EKO-Prozess unberührt bleibt.
  2. 2. Sicherstellung der Arzneimittelversorgung insbesondere durch Ausweitung der Lagerung von versorgungsrelevanten Arzneimitteln und kritischen Wirkstoffen in Österreich sowie Verbesserung der Rahmenbedingungen für alternative Beschaffungsmöglichkeiten.
  3. 3. Maßnahmen zur Stärkung der Transparenz auch hinsichtlich Versorgungsengpässen

(7) Gesundheitsförderung und Prävention werden deutlich ausgebaut und im Rahmen einer gesamtheitlichen und umfassenden Public Health Orientierung als wichtige Säule des Gesundheitssystems etabliert.

(8) Eine flächendeckende verbindliche Verankerung der Qualitätsarbeit auf allen Ebenen des Gesundheitswesens zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung sowie zur Erhöhung der Patient:innensicherheit gemäß der internationalen Patient:innensicherheitszielen der WHO

(9) Zur Verbesserung der Planung- und Qualitätsarbeit werden auch alle Ärztinnen bzw. Ärzte ohne Vertrag mit der Sozialversicherung bis 01.01.2026 an das e‑card System angebunden. Eine verpflichtende bundesweit einheitliche Diagnosencodierung ist schrittweise so umzusetzen, dass eine entsprechende Dokumentation durch die Vertragspartner:innen der Sozialversicherung spätestens mit 01.01.2025 und durch Nicht-Vertragspartner:innen spätestens mit 01.01.2026 sichergestellt ist.

(10) Die Diagnosedaten der Vertragspartner:innen sind im Wege der Abrechnung an die Sozialversicherung zu übermitteln und in weiterer Folge durch die Sozialversicherung an die ZS-Partner zu übermitteln.

(11) Die Verbesserung des Nahtstellenmanagements zwischen den verschiedenen Leistungserbringer:innen.

(12) Auf- und Ausbau der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur

  1. 1. Die Gesundheitsberatung 1450 ist in die eHealth Governance zu überführen und darüber hinaus als gemeinsames Projekt zu finanzieren, zu steuern, zentral auszubauen sowie um eine web- und app-basierte Gesundheitsberatung unter Einbindung gesundheit.gv.at zu ergänzen.
  2. 2. Weiterentwicklung, Ausbau und Modernisierung von ELGA und Verpflichtung aller GDA zur vollständigen Dokumentation in ELGA und Teilnahme am Austrian Health CERT.
  3. 3. Das ecard-System ist eIDAS-konform auszugestalten.
  4. 4. Entwicklung und Regulierung digitaler Gesundheitsanwendungen und Verankerung in der Regelversorgung
  5. 5. Telemedizinische Services werden ausgebaut und als ein wesentliches Element in der Versorgung etabliert.
  6. 6. Telemedizin soll auch für „Managed Care“ Modelle im Sinne von integrierten Versorgungsmodellen für einzelne Patienten:innengruppen und die stringente Steuerung der Patient:innen eine zentrale Rolle einnehmen.
  7. 7. Forcierung gesundheitsökonomischer Ansätze auch im Bereich der digitalen Gesundheitsanwendungen,

(12) Bei der gemeinsamen Steuerung und Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitswesens ist der Grundsatz zu beachten, dass die für die Planung zuständigen Entscheidungsträger auch für die Finanzierung verantwortlich sein müssen und dass zwischen den Gesundheitssektoren das Prinzip „Geld folgt Leistung“ gilt.

Schlagworte

Gesundheitsförderungsprogramm, Bundesebene, Effektivitätssteigerung, Planungarbeit, Aufbau

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2025

Gesetzesnummer

20012819

Dokumentnummer

NOR40267876

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