§ 1.
(1) Im Sinne dieser Verordnung ist
- 1. Polymerisation: Chemischer Prozess, bei dem durch stufenlose Reaktion zwischen Monomeren, welche reaktive Mehrfachbindungen enthalten, organische Polymere entstehen.
- 2. Polykondensation: Chemischer Prozess, bei dem in einer Folge von abgestuften Reaktionen zwischen Monomeren, die zwei oder mehrere funktionelle Gruppen enthalten, unter Abspaltung von Reaktionsprodukten kleiner Molekülgröße (zB Wasser, Ammoniak, niedere Alkohole, Halogenwasserstoffe) organische Polykondensate entstehen.
- 3. Polyaddition: Chemischer Prozess, bei dem in einer Folge von abgestuften Reaktionen zwischen Monomeren, die zwei oder mehrere funktionelle Gruppen enthalten, ohne Abspaltung von Reaktionsprodukten kleiner Molekülgröße (wie Z 2) organische Polyaddukte entstehen.
- 4. Kunstharz: Fester bis flüssiger organischer Stoff von amorpher Beschaffenheit mit breiter Verteilung der relativen Molmassen, geringer bis starker Vernetzung der Molekülketten und fester bis weicher Konsistenz ohne definierten Schmelzpunkt, der durch
- – Polymerisation, Polykondensation oder Polyaddition synthetischer Ausgangsstoffe oder
- – chemische Umsetzung (zB Verseifung, Veresterung) natürlicher Ausgangsstoffe (Naturharze)
- entstanden ist.
(2) Die inAnlage A festgelegten Emissionsbegrenzungen (Tageswerte) sind bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation vorzuschreiben, wenn es sich um Abwasser aus Betrieben oder Anlagen mit den folgenden Tätigkeiten handelt:
- 1. Herstellen von Kunstharzen durch
- a) Polymerisation von Vinylverbindungen (Vinylalkohol-, Vinylester- und Vinylacetalharze, Harze der Acryl- oder Methacrylsäure sowie ihrer Halogenide, Amide, Nitrile oder Ester, Styrolharze, Styrol-Divinylbenzolharze) einschließlich der weiterführenden chemischen Modifikation durch zB Sulfonierung, Chlormethylierung oder Aminomethylierung,
- b) Polykondensation von Carbonylverbindungen mit Phenolen, Alkylphenolen oder sonstigen Phenolderivaten (Phenolharze) einschließlich der weiterführenden chemischen Modifikation wie lit. a,
- c) Polykondensation von Carbonylverbindungen mit Amino-, Imino- oder Amidgruppen enthaltenden aliphatischen oder aromatischen Verbindungen (Aminoplastharze) einschließlich der weiterführenden chemischen Modifikation wie lit. a,
- d) Polykondensation von di- oder polyfunktionellen Carbonsäuren oder deren Anhydriden mit di- oder polyfunktionellen Alkoholen oder Hydroxycarbonsäuren (Polyesterharze) einschließlich deren Modifikation mit natürlichen Fetten und Ölen oder mit synthetischen Fettsäuren (Alkydharze),
- e) Polykondensation von verzweigten Di- oder Polycarbonsäuren und Di- oder Polyaminen (Polyamidharze),
- f) Polykondensation von aliphatischen Ketonen und aliphatischen Aldehyden (Ketonharze);
- 2. Herstellen von Kunstharzen aus Gemischen von Stoffen gemäß Z 1 oder durch Kombination von Verfahren gemäß Z 1;
- 3. Herstellen von Emulsionen oder Dispersionen von Stoffen der Z 1 oder 2 in wässrigen oder nichtwässrigen Medien;
- 4. Reinigen der Abluft aus Tätigkeiten gemäß Z 1 bis 3 unter Einsatz von wässrigen Medien.
(3) Die inAnlage A festgelegten Emissionsbegrenzungen (Tageswerte) sind bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation vorzuschreiben, wenn es sich um Abwasser aus Betrieben oder Anlagen mit den folgenden Tätigkeiten handelt:
- 1. Herstellen von Kunstharzen durch Polyaddition von Epichlorhydrin und Bisphenol A, Glycidilverbindungen, Cycloaliphaten oder epoxidierten Fettsäureestern (Epoxidharze);
- 2. Herstellen von Kunstharzen aus Gemischen von Stoffen gemäß Abs. 2 Z 1 und Abs. 3. Z 1 oder durch Kombination von Verfahren gemäß Abs. 2 Z 1 und Abs. 3. Z 1;
- 3. Herstellen von Emulsionen oder Dispersionen von Stoffen der Z 1 oder 2 in wässrigen oder nichtwässrigen Medien;
- 4. Reinigen der Abluft aus Tätigkeiten gemäß Z 1 bis 3 unter Einsatz von wässrigen Medien.
- Handelt es sich um die Einleitung des Gesamtabwassers aus Anlagen gemäß § 33c Abs. 6 Z 1 oder Z 2 WRG 1959 (im Folgenden: IE-Richtlinien-Anlagen), so sind zusätzlich die in Anlage B festgelegten Emissionsbegrenzungen (Jahreswerte) vorzuschreiben, sofern der Schwellenwert für die eingeleitete Jahresfracht der 3. Spalte der Anlage B für den jeweiligen Parameter überschritten wird. Dies gilt auch für die Einleitung des Gesamtabwassers in ein Fließgewässer bei gemeinsamer Behandlung von Abwässern aus verschiedenen Herkunftsbereichen, wenn die Hauptschadstofffracht auf Tätigkeiten laut Z 1 bis 4 von IE-Richtlinien-Anlagen zurückzuführen ist.
(4) Die Abs. 2 und 3 gelten nicht für die Einleitung von
- 1. Abwasser aus Kühlsystemen und Dampferzeugern (§ 4 Abs. 2 Z 4.1 Allgemeine Abwasseremissionsverordnung (AAEV), BGBl. Nr. 186/1996),
- 2. Abwasser aus der Wasseraufbereitung (§ 4 Abs. 2 Z 4.4 AAEV),
- 3. Abwasser aus der Herstellung von Monomeren, die für die Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und 3 als Rohstoffe dienen (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.1 AAEV),
- 4. Abwasser aus der Herstellung von
- a) Kunststoffen, Gummi und Kautschuk einschließlich der Herstellung von synthetischem Latex aus Polybutadienen, Polyisoprenen oder Polychloroprenen sowie deren Copolymerisaten mit Vinylverbindungen (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.3 AAEV),
- b) Klebstoffen, Druckfarben, Farben und Lacken, Holzschutz- und Bautenschutzmitteln und deren Vorprodukten (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.6 AAEV),
- c) Kunstfasern (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.14 AAEV),
- 5. häuslichem Abwasser aus Betrieben gemäß Abs. 2 und 3.
(5) Soweit diese Verordnung keine von der AAEV abweichende Regelung enthält, gilt die AAEV ausgenommen § 4 Abs. 7 AAEV für Abwasser aus der Reinigung von Abluft, die in Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und 3 anfällt.
(6) Auf Grund der Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall sind folgende Maßnahmen des Standes der Vermeidungs-, Rückhalte- und Reinigungstechnik zu treffen:
- 1. Anwendung einer integrierten Strategie für das Abwassermanagement und die Abwasserbehandlung, jedenfalls bei IE-Richtlinien-Anlagen gemäß Abs. 3, die eine geeignete Kombination von prozessintegrierten Techniken, Techniken zur Rückgewinnung von Schadstoffen an der Quelle sowie Techniken zur Abwasservorbehandlung beinhaltet, basierend auf den Informationen des in Z 2 beschriebenen Abwasserkatasters, zur Verminderung der Abwassermenge, der Schadstofffrachten, die der Endbehandlung zugeführt werden, sowie der Emissionen in Gewässer;
- 2. Maßnahmen zur Reduktion von Wasserverbrauch, Abwasseranfall und -verschmutzung sollen jedenfalls bei IE-Richtlinien-Anlagen gemäß Abs. 3 anhand eines über § 3 Abs. 8 AAEV hinausgehenden Katasters der Wasser-und Abwasserströme im Produktionsprozess geplant werden. Dieser Kataster ist als Teil des Umweltmanagementsystems zu führen, regelmäßig zu überprüfen und hat Informationen über die wesentlichen Prozesse in der Produktion und Informationen über die Abwasserströme in der Produktion zu enthalten:
- a) Reaktionsgleichungen samt Nebenprodukten,
- b) vereinfachte Verfahrensfließbilder und Massenbilanzen, welche Emissionsquellen und Wasserverbrauch/Abwasseranfall aufzeigen,
- c) Beschreibung prozessintegrierter Techniken der Abwasserbehandlung an der Quelle, einschließlich deren Leistungsfähigkeit,
- d) Mittelwerte und Schwankungsbreite des Durchflusses und von wasserspezifischen Eigenschaften wie zB pH-Wert, Temperatur, Leitfähigkeit,
- e) durchschnittliche Konzentrations- und Frachtwerte von an der Messstelle jeweils relevanten Schadstoffen/Parametern und deren Schwankungsbreite wie zB Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) oder Gesamter organischer Kohlenstoff (TOC), Stickstoff-Komponenten, Phosphor, Chlorid,
- f) Informationen über die zur Erfassung der vorgenannten Informationen implementierte Überwachungsstrategie;
- 3. Verminderung des Frischwasserverbrauches und des Abwasseranfalles durch
- a) weitestgehenden Ersatz nasser Kühlverfahren durch Trockenkühlverfahren,
- b) Anwendung des Kreislaufkühlverfahrens bei unerlässlichem Einsatz nasser Kühlverfahren,
- c) Einsatz gereinigter Prozesswässer in den Kreislaufkühlsystemen,
- d) Einsatz wassersparender Reinigungsverfahren (zB Hochdruckreinigung); Kreislaufführung oder Mehrfachverwendung schwachbelasteter wässriger Kondensate oder Wasch- und Spülwässer, erforderlichenfalls unter Einsatz von Zwischenreinigungsmaßnahmen,
- e) Einsatz wasserfreier Verfahren zur Vakuumerzeugung sowie zur Reinigung von Abluft; weitestgehender Verzicht auf den Einsatz von Mischkondensatoren;
- 4. Erfassung und Ableitung von Niederschlagswasser, Kühlwasser und Abwasser in gesonderten Kanalisationssystemen; vom Abwassersystem weitestgehend gesonderte Erfassung und Entsorgung der Niederschlagswässer jener Oberflächen einer Anlage, auf denen keine oder nur geringe Rohstoff- oder Produktverunreinigungen anfallen;
- 5. Bevorzugter Einsatz solcher Roh-, Arbeits- und Hilfsstoffe sowie Herstellungsverfahren, die eine Rückgewinnung und stoffliche Verwertung der im Abwasser enthaltenen Roh-, Arbeits- oder Hilfsstoffe oder der Herstellungsrückstände erlauben (zB Phenole, organische Lösemittel);
- 6. gesonderte Erfassung und bevorzugt thermische Verwertung oder Entsorgung hochkonzentrierter Abwässer oder wässriger Rückstände (zB Destillationssumpf aus der Lösemitteldestillation), die nicht gemäß Z 5 wieder- oder weiterverwendet werden können;
- 7. Beachtung der ökotoxikologischen Angaben in den Sicherheitsdatenblättern der eingesetzten Arbeits- und Hilfsstoffe; Auswahl und bevorzugter Einsatz solcher Stoffe, die selbst keine gefährlichen Eigenschaften gemäß § 30a Abs. 3 Z 7 WRG 1959 aufweisen, bei denen möglichst keine gefährlichen Reaktionsprodukte aus den Synthesen zu erwarten sind und welche durch bevorzugt biologische Abwasserreinigungsverfahren eliminiert werden können; Verzicht auf den Einsatz von Organoquecksilber- oder Organozinnverbindungen als Mikrobizide;
- 8. Ermittlung und Anwendung der geeigneten Risikomanagementmaßnahmen zur angemessenen Beherrschung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt resultierend aus dem Einsatz gefährlicher Stoffe und Gemische der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH);
- 9. Einsatz von Misch- und Ausgleichsbecken zur Abpufferung von Abwassermengen- und Schmutzfrachtspitzen, insbesondere bei Anwendung diskontinuierlicher Herstellungsverfahren;
- 10. Bereitstellung einer angemessener Rückhaltekapazität für Abwässer jedenfalls bei IE-Richtlinien-Anlagen gemäß Abs. 3, die unter den von normalen Betriebsbedingungen abweichenden Bedingungen anfallen; Dimensionierung der Rückhaltekapazitäten auf Basis einer Risikobewertung unter Berücksichtigung relevanter Faktoren, wie zB Schadstoffart, Auswirkungen auf die weitere Behandlung und die betreffende Umgebung; Durchführung angemessener weiterer Maßnahmen (zB Steuerung, Behandlung, Wiederverwendung);
- 11. Überwachung maßgeblicher Prozessparameter der Vor- und Endbehandlung der Abwasserströme jedenfalls bei IE-Richtlinien-Anlagen gemäß Abs. 3, insbesondere kontinuierliche Überwachung des Abwasserdurchflusses, des pH-Wertes und der Temperatur an maßgeblichen Messstellen (z. B. im Zulauf der Behandlungsanlagen);
- 12. Einsatz physikalischer, chemischer oder physikalisch-chemischer Abwasserreinigungsverfahren oder deren Kombinationen (zB Sedimentation, Neutralisation, Flotation, Fällung/Flockung, Strippung, Adsorption/Absorption, Extraktion, Oxidation/Reduktion, Membrantechnik) für Abwasserteilströme oder für das Gesamtabwasser bei Direkt- und Indirekteinleitern; Einsatz biologischer Abwasserreinigungsverfahren bei Direkteinleitern;
- 13. vom Abwasser getrennte Entsorgung nicht weiterverwertbarer Produktionsrückstände sowie der bei der Abwasserreinigung anfallenden Rückstände als Abfall (AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idgF);
- 14. für IE-Richtlinien-Anlagen bei Direkteinleitung des Gesamtabwassers aus Betrieben und Anlagen gemäß Abs. 3 Überwachung der folgenden Parameter mit der angegebenen Mindesthäufigkeit:
- a) monatliche Messung des Parameters Blei,
- b) monatliche Messung anderer Metalle, wenn sie in der wasserrechtlichen Bewilligung begrenzt werden.
- Es können andere Techniken eingesetzt werden, die ein mindestens gleichwertiges Umweltschutzniveau gewährleisten.
Schlagworte
Vinylalkoholharz, Vinylesterharz, Acrylsäure, Aminogruppe, Iminogruppe, Holzschutzmittel, Vermeidungstechnik, Rohstoff, Rückhaltetechnik, Arbeitsstoff, Waschwasser, Mischbecken, Organoquecksilberverbindung, Abwassermengenfrachtspitze
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2024
Gesetzesnummer
10011004
Dokumentnummer
NOR40265764
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